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2.2 Satzebene

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Unter der primären und obersten Ebene der Textbeschreibung, der Textebene, liegt die Satzebene.1 Für die Beschreibung der Satzebene ist es zunächst sinnvoll, auf grundlegende Prinzipien des Satzaufbaus, auf Form und Eigenschaften syntaktischer Strukturen und Elemente sowie auf die Beziehungen zwischen diesen Strukturen und Elementen innerhalb eines Satzes einzugehen.

Der Begriff ‚Struktur‘ setzt die Annahme von Elementen voraus, die einerseits so miteinander verknüpft sind, dass sie Funktionen innerhalb der Struktur erfüllen, und andererseits bestimmte Eigenschaften miteinander teilen, die die Zuordnung zu Kategorien ermöglichen. Die komplexe Struktur des Zeichensystems Sprache lässt sich dabei anhand von zwei grundlegenden Relationen beschreiben: erstens syntagmatischen, zweitens paradigmatischen Beziehungen.2 Um syntagmatische Relationen handelt es sich, wenn sprachliche Einheiten in einem Ausdruck zusammen vorkommen (können). So stehen die Laute [b], [l], [ɑ] und [t] in dem Wort Blatt in syntagmatischer Beziehung zueinander. Auf der Satzebene liegen syntagmatische Beziehungen in Fällen wie Er wirft (den Ball) vor, denn zwischen er und wirft besteht die syntagmatische Beziehung der Kongruenz, d.h. der Übereinstimmung bestimmter grammatischer Merkmale (z.B. in Person und Numerus). Syntagmatische Beziehungen werden also durch die Kombinierbarkeit auf horizontaler (linearer) Ebene definiert.

Demgegenüber bestehen paradigmatische Beziehungen zwischen sprachlichen Elementen, die austauschbar sind – also prinzipiell an der gleichen Position innerhalb eines sprachlichen Ausdrucks stehen können – und auf der vertikalen Ebene liegen. So bilden die Anlautphoneme /b/, /t/ und /g/ in Bier, Tier und Gier ebenso eine paradigmatische Austauschklasse auf der lautlichen Ebene wie gehen, latschen, schlurfen auf der lexikalischen oder Pizzas und Pizzen auf der morphologischen. Auf der syntaktischen Ebene können die Elemente ebenfalls ähnliche oder gleiche grammatische Eigenschaften aufweisen. So lassen sich klein, groß, stark, schwach alle der Wortart Adjektiv zuordnen, weil sie deklinierbar sind und über kein festes Genus verfügen. Aufgrund der grammatischen Eigenschaften, die die Mitglieder einer Wortart teilen, werden diese auch als syntaktische Kategorien bezeichnet. Die syntagmatische Ebene ist die Ebene der Kombination; dagegen ist die paradigmatische Ebene die Ebene der Selektion.

Die Differenzierung zwischen syntagmatischen und paradigmatischen Relationen ist somit für alle sprachlichen Beschreibungsebenen relevant. Das Verhältnis von Syntagma und Paradigma auf der Ebene des Satzes veranschaulicht die folgende Darstellung:

Paradigma 1Paradigma 2Paradigma 3Paradigma 4Paradigma 5
Syntagma 1DerHandballerwirftdenBall.
Syntagma 2SiefängteinenPass.
Syntagma 3EinFußballerschießteinTor.
Syntagma 4EineFußballerinschlägtFlanken.

Bei der Beschreibung sprachlicher Phänomene lassen sich jedoch syntagmatische und paradigmatische Relationen nicht immer scharf voneinander abgrenzen. So werden etwa Wortartenzuschreibungen einerseits über die Einordnung in ein Paradigma bestimmt, andererseits lassen sie sich mitunter erst über ihre für das Syntagma relevanten Eigenschaften durchführen.

Grammatikalität und Akzeptabilität

Korrekte Syntagmen ergeben sich auch im Deutschen nicht aus einer willkürlichen linearen Aneinanderreihung von Wörtern, sondern unterliegen bestimmten Regularitäten. So würde ein Muttersprachler den folgenden Satz sehr wahrscheinlich nicht als wohlgeformt und grammatisch richtig bewerten:

1 a) *Danach ich habe Fußball gespielt.

Ebenso verhält es sich mit dem nächsten Satz, bei dem nicht nur gegen die übliche Wortstellung, sondern auch gegen die reguläre Genuszuordnung verstoßen wird:

b) *Er gestern gelaufen ist eine Marathon.

Beide Sätze sind ungrammatisch, weil erst die richtige Reihenfolge und die richtige Verbindung von Einzelelementen eine sprachlich korrekte syntaktische Einheit ergibt. Das heißt, der Begriff der Grammatikalität bezieht sich auf die Wohlgeformtheit einer sprachlichen Äußerung in Bezug auf einzelne Aspekte der Sprachbeschreibung (z.B. der Syntax). Grammatikalität kann durch die Urteile kompetenter Sprecher einer Sprache aufgrund deren intuitiven Regelwissens eingeschätzt werden. Dabei ist Grammatikalität zu unterscheiden von Kategorien wie ‚Akzeptabilität‘ und ‚Angemessenheit‘, die insbesondere für die stilistische Analyse bedeutsam sind (vgl. Kap. 3.2.4). So können Sätze auch dann für kompetente Sprecher nicht akzeptabel sein, wenn sie grammatisch sind. Relevant können hierbei etwa die Satzlänge oder der Komplexitätsgrad eines Satzes in Zusammenhang mit einer bestimmten Kommunikationssituation sein. Beispielsweise ist der nachfolgende Satz (2) wohl nicht nur wegen seines Themas für ein Kinderbuch inakzeptabel, obwohl er das Kriterium der Grammatikalität erfüllt:

Die Anglerin, die die Rute, welche sie sich von ihrer Freundin, die sie bereits aus der Schule kennt, geborgt hatte, nicht zum Blinkern, das in manchen Gewässern verboten ist, einsetzen wollte, verhält sich meistens nach den Vorschriften.

Was von den Sprechern einer Sprache als akzeptabel oder inakzeptabel bzw. als grammatisch oder ungrammatisch bewertet wird, kann sich mit der Zeit und mit Blick auf den jeweils dominanten Sprachgebrauch und die jeweilige Kommunikationssituation ändern, denn Sprache unterliegt einem stetigen Wandel. Dieser Sprachwandel bewirkt auch, dass es Uneinheitliches und Schwankungen in Bezug auf die Bewertung von Sprache gibt. So wäre der Satz Die hebe ich auch immer auf, weil die ist so witzig. vor einigen Jahren noch eindeutig als inakzeptabel empfunden worden (weil in Hauptsatzstellung), ebenso wie die doppelte Negation im folgenden Textbeispiel (3), die im Mittelhochdeutschen akzeptabel und grammatisch war, heute als ungrammatisch gilt.3

Nû giengen sî ouch ezzen,und enwart des niht vergezzensî enbuten dem gastevolleclîcher vastealsô grôze êre4(Hartmann von Aue „Iwein“, Vers: 6545–6549 [Hervorhebung nicht im Original])

Linguistische Stil- und Textanalyse

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