Читать книгу Venjava Eine magische Welt jenseits des Portals - Laura Wolf - Страница 12
10. Kapitel
ОглавлениеEin Wecker klingelte und riss mich aus meinem Schlaf. Ich gähnte, streckte mich und machte mich daran, aus dem Bett zu kommen. Rose schlief immer noch. Ich schlich mich an ihr Bett und blickte erst einmal auf den Wecker. 5:30 Uhr.
Leise weckte ich sie. Danach ging ich zum Schrank, kramte ein T-Shirt und eine lange Hose heraus, ohne lange darüber nachzudenken, ob die Sachen wirklich für mich waren. Immerhin blieb ich sowieso nur eine Woche hier, warum also sollten sie nicht für mich sein? Der Anzug gehörte mir ab jetzt ja auch. Ich ging ins Bad und machte mich frisch. Danach zog ich mich um und ging ich wieder zurück in mein Zimmer.
Rose saß verschlafen auf ihrer Bettkante.
„Guten Morgen nochmal.“
„Morgen“, gähnte sie. „Springst du immer gleich aus dem Bett, wenn der Wecker klingelt?“
Ich schmunzelte. „Wenn der einmal klingelt, kann ich nicht mehr einschlafen.“
„Dann werde ich mich jetzt umziehen. Es gibt gleich Essen.“ Ich sah noch einen roten Kopf durch die Tür verschwinden und schon war ich wieder alleine im Zimmer. Meine Gedanken richteten sich wieder um das, was sie mir gestern erzählt hatte. Was für eine grauenvolle Zeit muss das gewesen sein? So viel Schmerz und Leid. Mich beschlich auf einmal ein unerklärliches und komisches Gefühl und ich versuchte an etwas anderes zu denken. Mir kam ein weiterer Gedanke, nämlich das mit dem Symbol, aber als Rose zur Tür herein kam vergaß ich meine Frage.
„Können wir los?“, fragte sie lächelnd. Sie trug ein hellgraues T-Shirt und eine blaue Jeans.
„Natürlich“, sagte ich ebenfalls lächelnd. Wir liefen gemeinsam den Gang entlang und andere Schüler begegneten uns und schauten uns neugierig an. Vor den Türen des Speisesaals, standen Sky und Rubi. Ihre schwarzen Haare hatten sie beide zu einem Zopf zusammen gebunden. Sie betrachteten uns mit ihren blauen Augen. Ihre prüfenden Blicke verfolgten uns bis in den Speisesaal.
Rose und ich steuerten wieder auf den Tisch zu, an dem wir gestern gesessen hatten. Scretch war schon da und grüßte uns.
„Habt ihr gut geschlafen?“ Ich setzte mich neben ihn und Rose setzte sich mir gegenüber. „Ja, haben wir“, sagten wir wie aus einem Mund. Dann lachten wir beide und verabschiedeten uns kurz von ihm, damit wir uns etwas zu Essen holen konnten. Wir nahmen uns beide ein Tablett mit zwei Brötchen.
„Möchtest du ein Glas Orangensaft?“, fragte sie mich, als wir an den Getränken standen.
Ich verneinte dankend. „Wasser reicht mir.“
Sie zuckte mit den Schultern und füllte sich ein Glas auf. „Wie du willst.“
Wir schwiegen alle drei und aßen mit Genuss unsere Brötchen. Ich stellte den beiden die Frage, die mich schon die ganze Zeit brennend interessierte.
„Also ihr beiden.“ Ich schaute sie ernst an.
„Rose hat mir schon erzählt, dass ich, wenn ich mich für dieses Leben hier entschieden habe, ein gewisses Symbol bekomme und…“, weiter kam ich nicht, da Selene plötzlich neben unserem Tisch auftauchte.
„Ja, ganz recht. So wie ich das gerade mitbekommen habe, hat Rose dich schon ausreichend über alles informiert. Wenn du nun bitte mitkommen würdest?“, sagte Selene und ich konnte ihre Ungeduld deutlich spüren.
Irritiert blickte ich Scretch und Rose an, doch die beiden nickten mir beruhigend zu. „Wenn du willst kann ich dich dann abholen“, sagte Scretch. Also bekam ich das Symbol schon am ersten Tag.
„Okay.“ Ich stand auf. „Bis nachher.“
Als ich mich noch einmal zu ihnen umdrehte, winkten die beiden mir zu, ehe ich aus ihrem Blickfeld verschwand. Selene war heute nicht sehr gesprächig und das wunderte mich auch nicht. Sie hatte es sehr eilig.
„Trödel nicht rum“, mahnte sie mich. Ich verdrehte genervt die Augen, als sie an mir vorbeistürmte. Das war genau die Art von Mensch, die ich nicht ausstehen konnte.
Bevor wir jedoch die Treppe nach oben zu den Klassenzimmern nahmen, bog sie links in einen Raum ein.
„So da wären wir.“ Wir standen jetzt in einem Raum, der auch sehr imposant eingerichtet war. Marmorboden, zwei alte Schränke, zwei Stühle in der Mitte und ein Tisch.
„Setz dich. Mr. Black wird jeden Moment kommen. Wenn du fertig bist, kannst du sofort mit dem Training beginnen.“ Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer. Ich schaute mich noch ein bisschen in dem Raum um und setzte mich schließlich auf einen Stuhl. Ich war aufgeregt. Rose und Scretchs Symbole hatte ich noch nicht gesehen, da ich noch keine Gelegenheit hatte, danach zu fragen. Ich wartete und nach ein paar Minuten öffnete sich die Tür. Ein großer braunhaariger Mann kam herein. Ich schätzte ihn auf 30 Jahre.
„Guten Morgen. Du musst Catherine sein.“
„Ja und sie Mr. Black?“
Er lächelte. „Korrekt. Ich finde dann können wir gleich anfangen. Aber zunächst. Haben dir schon deine Freunde diesbezüglich etwas erzählt?“
„Nicht sehr viel.“
Er lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück. „Dann werde ich es dir erzählen. Fangen wir einfach mal damit an, dass ich verschiedene Fähigkeiten besitze, die durch mein Symbol hervorgekommen sind. Irgendwann wird dieses dir helfen, verschiedene Fähigkeiten in dir wach zu rufen, die tief in dir verankert sind. Zu gegebener Zeit werden sie sich dir zeigen. Bei manchen allerdings dauert es Jahrzehnte und es kann auch passieren, dass du, bevor du deine Fähigkeiten erhalten hast, schon längst nicht mehr auf der Erde weilst. Außerdem ist es auch schon passiert, dass viele, die Zugang zu ihren Fähigkeiten erhalten haben, noch nicht bereit dazu waren und gestorben sind.“
In diesem Moment wusste ich wirklich nicht, was ich denken sollte. Aber ich beschloss ihm zu glauben, denn all das hier wirkte ziemlich real. Als hätte er meine Gedanken erraten sagte er: „Ich verstehe dich. Das ist alles sehr schwer zu glauben, doch wenn du das erste Mal gegen diese Ungeheuer da draußen kämpfst, wird es leichter werden.“
Ich dachte kurz nach. „Was ist wenn ich sterbe. Dann war das hier doch alles total sinnlos?“
Zu meinem Erstaunen lachte er. „Nichts in dieser Welt ist sinnlos. Genauso ist es mit den Zufällen. Es gibt sie nicht und es wird sie niemals geben. Alles passiert genauso, wie es für dich richtig ist. Du bist noch hier, oder? Nach allem was du jetzt erfahren hast, würdest du tatsächlich wieder in den Alltag eines normalen Menschen gehen wollen? Die Entscheidung musst du alleine treffen. Aber ich kann dir wenigstens etwas erzählen, dass deine Entscheidung vielleicht erleichtern wird. Bist du damit einverstanden?“ Ich nickte.
„Ich erzählte dir vorhin, dass einige sterben würden. Aber sehr viele überleben auch und sind sehr froh darüber, dass sie sich für dieses Leben entschieden haben. Du kannst Dinge tun, die du vorher nie für möglich gehalten hättest. Außerdem, hörst du ab einem bestimmten Alter auf, älter zu werden. Jede Fähigkeit ist besonders und unterscheidet sich von den anderen.“
„Sie sagten, dass sehr viele auch überleben. Das heißt dann bestimmt das sie auch dazu gehören?“
Diesmal nickte er und lächelte. „Ja, das stimmt.“
„Kann ich ihr Symbol mal sehen?“
Mr. Black musste dafür den Stoff seines linken Pullovers hochkrempeln. Darunter kam ein schwarzer Buchstabe hervor. Es war ein W in einer sehr verschnörkelten alten Schrift. Außerdem waren in dem W noch zwei kleine springende Wölfe zu erkennen und im Hintergrund ein altes Gebäude, vermutlich das Schloss in einem früheren Zeitalter. Um das Tattoo herum, gingen noch weitere Zeichen und Symbole hinweg, die sich weiter ausbreiteten und unter dem Pullover verschwanden.
„Hier siehst du das eigentliche Zeichen. Die anderen die du erkennen kannst sind meine eigenen, da sich meine Fähigkeiten erweitert haben. Sie leuchten dann in einer bestimmten Farbe.
„Wahnsinn“, staunte ich. Es wirkte so echt, als ob die Wölfe mir entgegen springen würden. Mr. Black krempelte den Ärmel seines Pullovers wieder herunter.
„Wie alt sind sie wirklich?“, fragte ich neugierig.
„Über dreihundert Jahre, aber das ist jetzt nicht so wichtig.“ Erwartungsvoll schaute er mich an.
Ich zuckte mit den Schultern. „Wenn ich so darüber nachdenke, finde ich, dass sie Recht haben. Es gibt keine Zufälle.“
Er lächelte wieder, denn er wusste instinktiv, wie ich mich entscheiden würde.
„Gut. Dann fangen wir an.“ Mr. Black stand auf und holte sich aus einem der Schränke ein Blatt Papier, ehe er sich wieder mir gegenüber setzte. Er reichte mir das Blatt Papier auf dem verschiedene Vorlagen zu sehen waren.
„Für eure Generation ist dieses Symbol hier gedacht. Es ist das der Academy.“ Mit seinem Finger deutete er auf das Bild rechts unten. Es zeigte wieder ein W, jedoch sah es moderner gestaltet aus und es fehlten die Wölfe darauf. Stattdessen waren dort zwei ineinander verkeilte Rosen zu sehen. In der Mitte stand eine Kriegerin, die mit einem Schwert bewaffnet war und die mich von ihrer Erscheinung, sehr an Selene erinnerte. Und das gefiel mir überhaupt nicht.
„Mir gefällt das nicht. Kann ich nicht das haben, was sie haben?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Es ist doch viel zu altmodisch für dieses Jahrhundert, findest du nicht?“
„Ganz im Gegenteil. Es ist wunderschön.“
Mr. Black schüttelte wieder den Kopf. „Selene hat es verboten. Sie will, dass jeder das gleiche bekommt.“
„Jetzt hören sie mir mal zu. Das Symbol von dieser Schule sind doch zwei Wölfe, oder irre ich mich? Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen, deshalb glaube ich, dass das, das eigentliche Zeichen der Wächter ist. Und aus diesem Grund, möchte ich diese beiden jetzt auch auf meinem Arm haben.“
Mr. Blacks Augen bekamen für den Bruchteil einer Sekunde einen merkwürdigen Glanz.
„Zwei Wölfe? Das kann nicht sein, denn wenn man das Eingangstor betritt sieht man zwei Dornenranken ineinander verschlungen, sowie die Statue einer bewaffneten Wächterin. Es sei denn der Frieden kehrt…“ Mr. Black hörte abrupt auf.
„Was?“
Seine Stimme klang komisch, anders als vorher. Er überging meine Frage.
„Weißt du was, vergessen wir das einfach. Wir werden die Rosen nehmen.“ Ich sträubte mich innerlich und äußerlich und ich hatte das Gefühl, dass ich diese auf gar keinen Fall nehmen durfte.
„Nein, das können sie vergessen. Sie sagten, dass sich keine Wolfsstatuen am Eingang befanden, sondern eine Frau mit Rosen. Entweder sie klären mich jetzt auf und ich werde die Rosen nehmen oder sie lassen es und ich bekomme im Gegenzug das, was ich haben will. Ich werde es auch niemandem verraten.“
Mr. Black schien zu überlegen. Seine Stimme hatte wieder seine gewohnte Tonlage, als er zu sprechen begann.
„Na gut. Du bekommst es und im Gegenzug vergisst du einfach die Sache. In Ordnung?“
„Einverstanden.“
Wir gaben uns gegenseitig die Hand. „Wo ist die Maschine für das Tattoo?“
Er lachte. „Haben die anderen dir nicht erzählt, dass es gar kein Tattoo ist?“
„Aber die anderen sagten doch…“ Er unterbrach mich mit einer Handbewegung.
„Ja, vermutlich sagten sie dir das, damit es einfacher für dich ist, es zu verstehen. Es sieht zwar aus wie eins, aber es ist viel mehr.“
Er schloss seine Augen und fing an, Worte in einer Sprache zu murmeln, die ich nicht verstand. Da ich ein T-Shirt trug, konnte ich genau sehen, was vor sich ging. Langsam begann sich auf meinem Arm ein Muster zu formen. Dieses erstrahlte in einem seltsamen rötlichen Licht. Ich verzog kurz das Gesicht, da es anfing weh zu tun, wie wenn man sich an einem offenen Feuer verbrannte. Noch einmal begann es ganz hell aufzuleuchten und man konnte die Konturen zweier Wölfe und das W erkennen, die rot aufleuchteten und sich dann in schwarz verwandelten.
„Wahnsinn.“
Mr. Black öffnete die Augen und schaute auf seine Uhr.
„Mist, schon so spät? Ich muss heute noch verschwinden. Es war falsch was ich getan habe. Aber bevor ich es noch vergesse, zeige mir noch mal dein Symbol.“
Ich war irritiert. „Wieso?“
„Hör auf so viele Fragen zu stellen und mach es einfach.“
Ich tat was er wollte. Er hob seine linke Hand und fuhr mit dem Zeige- und Mittelfinger über das Symbol, welches daraufhin grün zu leuchten anfing und sich ganz kurz in die Wächterin verwandelte, ehe es wieder zu den Wölfen wurde. Ich konnte es nur ungläubig anstarren.
„Jetzt sollte jeder die Wächterin sehen und nicht mehr die Wölfe. Du natürlich ausgeschlossen. Es ist das was du dir ausgesucht hast.“
„Das heißt das Selene…“
„Sie wird denken, dass du das andere genommen hast und jetzt muss ich gehen.“
Gerade als er die Tür aufmachen wollte hielt ich ihn zurück. „Mr. Black. Ich will ihnen noch was sagen.“
Er drehte sich um und sein Blick war ernst. „Doch zuerst muss ich dir noch etwas mit auf den Weg geben. Es wird dir wahrscheinlich jetzt noch nicht viel nützen, aber irgendwann hoffe ich, dass du dich daran erinnern wirst. Ich habe schon so viele Dinge erlebt, die grausam und schlimm waren, dass wenn ich sie jemandem erzählen würde, keiner auch nur annähernd dasselbe fühlen würde, was ich dabei erlebte. Doch nach all diesen finsteren Jahren, Monaten, Tagen oder auch manchmal nur Stunden oder Minuten, ja vielleicht auch nur Sekunden des Schreckens, wurde mir schließlich klar, dass all das vorbei geht, egal wie schlimm es auch war. All dies wurde schließlich zur Vergangenheit und war weit davon entfernt auf derselben Wellenlänge wie die Gegenwart oder die Zukunft zu schwingen. Ich möchte dir damit sagen, dass es immer negative Erlebnisse geben wird, doch genauso viele gute und schöne Ereignisse wirst du erleben. Denke immer daran, wenn dir etwas Schlimmes passiert, es geht vorbei, schau nach vorne und finde den Funken Licht auf deinem Weg und sorge dafür, dass er zu einem riesigen Feuer des Glücks und der Hoffnung wird.“
Ich schloss für einen Moment die Augen, um diese Erzählung zu verinnerlichen.
„Vielen Dank, für alles.“
Er nickte mir zu. „Selbst wenn du den Weg des Verrats wählst, wirst du dennoch wieder zum richtigen Weg zurückkehren.“
Das sagte er mehr zu sich selbst als zu mir und er schien aus irgendeinem Grund dankbar zu sein. Seine letzten Worte waren: „Pass auf dich auf Catherine.“