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VII. Veränderte Gefängnisordnung

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VII. Veränderte Gefängnisordnung

Als der Gendarmerieoffizier mich dem Gefängnisdirektor übergab, deutete er mit dem Finger auf eine Stelle in dem Begleitschein. Jener fixierte mich hierauf scharf: es war klar, dass es sich um die Warnung handelte, mich streng zu überwachen wegen meiner früheren Flucht.

Ich sah sofort, dass die Gefängnisordnung hier minder scharf war: meine Habseligkeiten wurden mir, nachdem sie noch einmal visitiert waren, in die Zelle gebracht. Als ich sie zu Gesichte bekam, sah ich vor allen Dingen nach, ob das verborgene Geld und die Schere noch vorhanden waren, und richtig, ich fand sie! Trotz der eifrigen Untersuchung in der Feste und hier hatte man sie ebenso wenig gefunden wie bei den früheren Visitationen. Die Schere versteckte ich auf alle Fälle wieder, die deutschen Banknoten wollte ich wechseln, um wenigstens einen Teil des Geldes zur Verfügung zu haben. Das war freilich nicht so einfach! Ich begann die Schließer zu beobachten; es waren ihrer drei auf dem Korridor, an dem meine Zelle lag. Am zugänglichsten schien mir der, welcher mein Gepäck untersucht hatte, und ich beschloss, ihn zu kapern. Ich holte das Geld aus dem Versteck und rief den Mann, als er Dienst hatte, in meine Zelle.

„Was wünschen Sie?“ fragte er eintretend und die Türe hinter sich schließend.

„Haben Sie mein Gepäck richtig durchsucht, als man mich hier einlieferte?“

„Ja freilich! Was ist los?“ Er tat ganz erschrocken.

„Ei, nichts Besonderes“, beruhigte ich ihn. „Nur muss ich Ihnen sagen, dass Sie nicht zu suchen verstehen. Da sehen Sie, das Geld war dabei, Sie haben es nicht gefunden.“ Damit hielt ich ihm die Banknoten unter die Nase.

„Das kann nicht sein, ist ganz unmöglich! Ich habe alles durchsucht. Wo hatten Sie es versteckt?“

„Nun, das ist mein Geheimnis. Aber jetzt passen Sie mal auf: es ist deutsches Geld; wenn man es wechselt, gibt es ungefähr 50 Rubel; nehmen Sie es, und wenn Sie abgelöst werden, gehen Sie damit nach einer Wechselstube – es hat deren viel auf dem „Prospekt“ – und lassen es wechseln. Die Hälfte gehört Ihnen, das übrige mir. Einverstanden?“

„Gut, ich besorge es.“ Er nahm das Geld und ging.

„Er beißt an!“ dachte ich bei mir und begann alsbald daraufhin Pläne zu schmieden. Ich wusste aus früherer Erfahrung, dass vor allem geheime Verbindungen mit der äußeren Welt herzustellen sind. Wir Revolutionäre hatten schon wiederholt solche Verbindungen hergestellt, indem die Schließer gegen hohe Belohnung es unternahmen, Briefe hin und her zu befördern? [Im Süden, in Kiew, nannten wir einen solchen Schließer „Brieftaube“.] – Als ich jetzt sah, wie leicht der Mann auf meinen Vorschlag einging, überlegte ich alsbald weitere Schritte. Nach einigen Tagen, sagte ich mir, versuchen wir es mit einem Brief, den er zur Post schafft, dann schicke ich ihn mit einem Auftrag an einen meiner Bekannten; ist erst die Verbindung hergestellt ... wer weiß, vielleicht wird etwas daraus ...

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Leo Deutsch: Sechzehn Jahre in Sibirien

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