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Ein fehlgeschlagener Plan

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Ein fehlgeschlagener Plan

Am Vormittag hatte ich dem Schließer das Geld übergeben, und den ganzen Tag war ich ungemein erregt. Der Mann schaute mehrere Mal durch das Guckloch in der Türe, lächelte und nickte mir zu, was ich in der gleichen Weise erwiderte. Gegen Abend kam er jedoch wieder in meine Zelle und brachte das Geld zurück.

„Nehmen Sie, ich fürchte hereinzufallen ... Sehen Sie, da ist vor kurzem ein Kollege hereingefallen, der hatte zwei Uhren bei sich, die man fand, und er wurde entlassen ... Sehen Sie, der Dienst ist hier nicht schlecht, 25 Rubel bekommen wir monatlich; so etwas findet man nicht leicht wieder. Nein, ich fürchte mich, nehmen Sie es zurück ... ich habe Familie.“

Natürlich drang ich nicht weiter in ihn, weil ich wohl wusste, dass wenn der Mann keine Courage hat, er jedenfalls sich nicht zur „Brieftaube“ entwickeln wird. Da ich aber auf diese Weise keine Möglichkeit mehr hatte, das Geld insgeheim wechseln zu lassen, forderte ich ihn auf, die Scheine dem Verwalter zu übergeben, damit dieser sie zu dem übrigen Gelde lege.

„Sagen Sie ihm. Sie hätten es beim Durchsuchen meiner Sachen gefunden.“

„Nein, das geht nicht, es würde Skandal geben, weil ich nicht gleich ablieferte. Ich will lieber die Wahrheit sagen, dass Sie es mir erst jetzt übergeben haben.“

So waren meine Luftschlösser in Nebel zerronnen. Das Geld wurde dann richtig in Verwahrung genommen, ohne dass man weitere Nachforschungen unternommen hätte.

Meine Bücher wurden mir in einigen Tagen übergeben, und auch die Gefängnisbibliothek durfte ich benützen. Man kann sich denken, wie ich nach der langen Entsagung in der Feste mich in die Lektüre vertiefte. Auch Schreibzeug wurde mir bewilligt. In mancher Beziehung hatte ich es also besser in diesem Gefängnis als in der Peter-Pauls-Feste. Doch gab es auch manche Schattenseiten. Die kleinen Zellen mit den steinernen Fußböden wurden in der Sommerhitze zu wahren Backöfen; in der Zelle war es schwül zum Ersticken und staubig. Auch die Kost stand quantitativ und qualitativ der in der Feste nach. Am schlimmsten aber stand es mit den „Spaziergängen“; man stelle sich einen riesigen Kreis vor, der durch Zäune, die im Zentrum zusammenliefen, in eine Anzahl Sektoren geteilt ist; in diesen „Viehverschlägen“ ließ man uns herumlaufen; man sah dabei nur die Bretterzäune und ein winziges Stückchen Himmel. Allerdings durften wir alle Tage dreiviertel Stunden auf diese Weise Luft schöpfen, aber auf die Dauer wurde es recht fad, in dem „Verschlage“ sich zu „erholen“.

Im Gegensatz zu der unheimlichen Stille in der Peter-Pauls-Feste ging es hier ungemein lebhaft zu. Von allen Seiten hörte man Geschrei und Lärm. Die Fenster des Korridors führten nach der Straße hinaus, und so drang das Geräusch des Straßenlebens oft in die Zelle; man hörte die Wagen vorüberrasseln und das Schreien der Straßenverkäufer, oder ein Leierkastenmann gab seine Melodie zum Besten. Zuweilen träumte man sich in die Freiheit zurück und fühlte umso schwerer die Last des Kerkerlebens.

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Leo Deutsch: Sechzehn Jahre in Sibirien

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