Читать книгу Dein Verein - Dein Wappen - Leonard Jägerskiöld Nilsson - Страница 19
FC ST. PAULI
ОглавлениеDer FC St. Pauli ist Kult – und dafür braucht er gar keine großen Titel. Leitlinien allerdings können hilfreich sein: Der offiziell im Jahr 1910 gegründete, im Hamburger Stadteil St. Pauli auf dem Heiligengeistfeld unweit der Reeperbahn kickende Verein ist nämlich der erste Lizenzclub Deutschlands, der solche Leitlinien formuliert und auf einer Jahreshauptversammlung mehrheitlich verabschiedet hat. Darin ist von der gesellschaftlichen Verantwortung des FC St. Pauli die Rede und davon, dass der Verein »über den sportlichen Bereich hinaus für die Interessen seiner Mitglieder, Angestellten und Ehrenamtlichen« eintritt. Toleranz und Respekt im gegenseitigen Miteinander werden als wichtige Eckpfeiler im Verein bezeichnet. Vor allem aber, heißt es darin: »Der FC St. Pauli vermittelt ein Lebensgefühl und ist Sinnbild des authentischen Sports. Dies ermöglicht eine Identifikation mit dem Verein, unabhängig von etwaigem sportlichen Erfolg.«
Mehr muss man eigentlich gar nicht wissen: Ein Verein, der es schafft, ein Lebensgefühl zu vermitteln, hat es geschafft. Auch ohne große Titel. Wichtiger scheint es da zu sein, dass ein Verein wie dieser schon durch seine bloße Existenz in der Lage ist, dem etablierten Fußballbetrieb immer mal wieder den Mittelfinger zu zeigen, wenn das nötig ist. Und am allerwichtigsten ist, dass man hier immer willkommen ist; egal wer oder was man ist – sofern man sich an die formulierten Leitlinien hält, versteht sich. Das ist die wichtigste Botschaft von St. Pauli, sie deckt sich mit dem Milieu, aus dem der Club hervorgegangen ist, und sie ist der beste Grund dafür, dass der so stark (und übrigens ebenfalls qua Leitlinie) in seinem Stadtteil verwurzelte Verein eine riesige Fangemeinde hat, die sich bis weit über die Landesgrenzen hinaus erstreckt. Sie erklärt auch, warum im Millerntor-Stadion gleich neben der Piraten- die Regenbogenflagge weht, ein wichtiges Symbol der LGBT-Bewegung.
Was jetzt aber nicht heißt, dass das Geschehen auf dem grünen Rasen gar keine Rolle spielen würde. Auch dafür gibt es eine Leitlinie, und sie besagt konkret adressiert an die eigenen Fans: »Das Wesentliche beim Sport ist das Spiel der Mannschaften, deshalb soll dieses auch im Vordergrund stehen.«
Immerhin belegt die Mannschaft des FC St. Pauli in der Ewigen Tabelle der 2. Fußball-Bundesliga den dritten Rang. Ist das nichts?
VEREIN: FUSSBALLCLUB ST. PAULI VON 1910
SPITZNAMEN: DIE KIEZKICKER, DIE FREIBEUTER DER LIGA
GRÜNDUNGSJAHR: 1910
SPIELSTÄTTE: MILLERNTOR-STADION, HAMBURG (29 546 PLÄTZE)
BERÜHMTE SPIELER: PETER OSTERHOFF, FRANZ GERBER, KLAUS THOMFORDE, THOMAS MEGGLE
1. Offiziell gegründet wurde der Fußballclub St. Pauli am 15. Mai 1910 – als selbstständiger Verein eingetragen wurde er aber erst 14 Jahre später, 1924. Bis dahin handelte es sich um die Fußballabteilung des Hamburg-St. Pauli Turnverein 1862. Das Vereinszeichen zeigt die Hammaburg, nach der die Freie und Hansestadt Hamburg benannt wurde und die auch im Stadtwappen zu sehen ist.
2. 1924–1947. Das erste Wappen des nun selbstständigen Vereins FC. St. Pauli.
3. 1947–1998. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde St. Pauli Hamburger Meister. Bei der Umgestaltung des Wappens blieb die Hammaburg im Zentrum, aber der Text wurde neu umlaufend angeordnet. In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre hat man diese Gestaltung noch einige Male leicht variiert.
4. 1998 bis heute. Zwei Jahre vor der Jahrtausendwende wurde das Logo erneut aktualisiert. Diesmal wählte man einen dunkleren Braunton und ein helleres Rot, die Typografie wurde modernisiert.
5. Bekannter als das Wappen des FC St. Pauli ist vermutlich die offizielle Fanflagge des Vereins mit ihrem Totenkopfmotiv – Ausdruck einer »freibeuterischen« Selbstbewusstseins der Fans, die sich in der Rolle des unangepassten Underdogs sehen, der gegen übermächtig reiche Clubs kämpft – und trotz geringerer finanzieller Budges beachtliche Ergebnisse erzielen kann.