Читать книгу Michelangelo – Der überhörte Weckruf - Lieselotte Bestmann - Страница 12

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Erster Plan für das Julius-Grabmal

Nach seiner Ankunft in Rom vergingen jedoch viele Monate bis es Julius II. einfiel, wie er Michelangelo zum Einsatz bringen könnte. Er entschloss sich schließlich, Michelangelo um Entwürfe für sein Grabmal zu bitten.21 Die von Michelangelo vorgelegten Pläne begeisterten den Papst sofort. Vorgesehen war ein freistehendes Mausoleum, im Untergeschoss ringsum mit Nischen für Figurenpaare, von denen jeweils die eine als Darstellung des positiven Prinzips das negative überwand,22 dazwischen Hermen und die Darstellung der freien Künste als gefesselte Gefangene und weitere, zum Teil überlebensgroße Statuen auf einer darüber liegenden Plattform. Weiter aufsteigend auf einer oberen Ebene dann zwei Engel, die sich auf einen Sarg stützten. Im Inneren des Grabmals sollte dann in einer Art kleinen Tempels in einem großen Marmorsarkophag der Leichnam des Papstes beigesetzt werden. Über vierzig Statuen wies der Plan aus, außerdem waren geschichtliche Darstellungen in Bronze und Halbrelief vorgesehen.23

Die Pläne und Entwürfe begeisterten den Papst so, dass er Michelangelo mit der Ausführung und der sofortigen Beschaffung des dafür erforderlichen Marmors beauftragte. Michelangelo erhielt von Julius II. 1000 Dukaten und begab sich nach Carrara, um das Brechen des Marmors, die Auswahl der Blöcke und den Transport zu überwachen. Condivi schreibt dazu: „Sobald der Marmor in genügender Menge gebrochen und ausgewählt war, schaffte er ihn zur Küste, ließ einen seiner Leute dabei, der ihn verladen lassen sollte, und ging selbst nach Rom. Und weil er sich einige Tage in Florenz aufgehalten hatte, fand er, als er ankam, dass ein Teil davon schon in Ripa angelangt war, wo er ihn ausladen und nach dem Sankt-Peters-Platz bringen ließ, hinter Santa Catarina, wo er neben dem Korridor seine Wohnung hatte. Die Menge der Marmorblöcke war groß, so dass sie, auf dem Platz ausgebreitet, die Leute in Erstaunen, den Papst aber in frohe Laune versetzten. Dieser erwies dem Michelangelo viele und ungemessene Gunst; so suchte er ihn, als er mit der Arbeit angefangen hatte, sehr oft in seinem Hause auf und unterhielt sich dort mit ihm über das Grabmal und andere Dinge nicht anders, als er es mit einem Bruder getan haben würde. Und um bequemer hingehen zu können, hatte er angeordnet, dass vom Korridor zu der Wohnung Michelangelos eine Zugbrücke geschlagen wurde, über die er unbemerkt kommen konnte.“24

Doch dann trat für Michelangelo schlagartig eine veränderte Situation ein. Der Rest des Marmors wurde in Ripa angelandet und Michelangelo begab sich auf den Weg zum Papst, um die zur Zahlung des Transportes erforderlichen Gelder abzuholen. Der Papst hatte ihm aufgetragen, sich, wenn er Geld benötige, immer direkt an ihn zu wenden. Dieses Mal erwies sich jedoch der Zutritt als schwierig und der Papst war beschäftigt. Michelangelo ging nach Hause und bezahlte die Leute aus eigener Tasche, um sie nicht in Not geraten zu lassen. Condivi berichtet dazu: „Als er nun eines anderen Morgens wiederkam und in das Vorzimmer trat, um Audienz zu erhalten, da stellte sich ihm ein Reitknecht in den Weg und sagte: „Verzeiht, ich habe den Auftrag, Euch nicht einzulassen.“ Es war ein Bischof anwesend, der, als er die Worte des Reitknechts hörte, ihn schalt und sagte: „Du scheinst nicht zu wissen, wer dieser Mann ist.“ – „Wohl kenne ich ihn“, versetzte der Reitknecht, „aber ich bin gehalten, das zu tun, was mir von meiner Herrschaft aufgetragen ist, ohne weiter zu fragen.“ Als Michelangelo (dem bis dahin niemals eine Tür verschlossen oder der Eintritt verwehrt worden war) sich so behandelt sah, antwortete er ihm, voll Empörung über den Vorfall: „Und Ihr werdet dem Papst sagen, wenn er mich von nun an braucht, möge er mich anderswo suchen!“ Er ging also nach Hause und befahl den beiden Dienern, die er hatte, seinen ganzen Hausrat zu verkaufen und, sobald sie das Geld dafür erhalten hätten, ihm nach Florenz nachzufolgen. Er selbst nahm die Post und kam um zwei Uhr nachts nach Poggibonsi, einem Kastell auf Florentiner Gebiet (…). Hier, als an einem sicheren Orte, legte er sich nieder.“25 Condivi berichtet weiter, dass kurz darauf fünf Eilboten von Julius eintrafen mit dem Auftrag, ihn zurückzubringen, wo immer sie ihn finden würden. Michelangelo weigerte sich entschieden und drohte ihnen sogar, sie erschlagen zu lassen. Auf das drängende Bitten der Eilboten hin las er den an ihn gerichteten Brief, mit dem der Papst ihn aufforderte, „sofort nach Rom zurückzukommen, bei Vermeidung seiner Ungnade.“ Michelangelo antwortete kurz: „Er werde niemals zurückkommen, und er verdiene es nicht, für seine guten und treuen Dienste eine solche Vergeltung zu erfahren, dass er von seinem Angesicht gejagt werde wie ein schlechter Kerl; und weil Seine Heiligkeit vom Grabmal nichts mehr wissen wolle, so sei er seiner Pflicht enthoben und wolle sich auch zu nichts anderem verpflichten.“26 Mit dieser schriftlich festgehaltenen Botschaft an den Papst mussten die Kuriere mit unerledigtem Auftrag nach Rom zurückkehren.

Doch Julius II. gab keineswegs nach. Er wandte sich an die Stadtverwaltung von Florenz, die auf seine ersten beiden Schreiben nicht reagierte. Als der Papst jedoch in seinem dritten Breve mit Gewalt drohte, rief der damalige Gonfaloniere der Republik Florenz, Piero Soderini, Michelangelo zu sich und bat ihn nachzugeben, um nicht einen Krieg heraufzubeschwören und die Sicherheit des Landes aufs Spiel zu setzen. Michelangelo ließ sich nach anfänglichem Widerstreben schließlich dazu überreden, wieder Kontakt mit dem Papst aufzunehmen.

Julius II. war in der Zwischenzeit in den Krieg gezogen, hatte Bologna eingenommen und hielt sich in der Stadt auf. Michelangelo hoffte auf einen gut gelaunten Papst bei einem Zusammentreffen.

Condivi berichtet dazu: „Als er nun eines Morgens in Bologna angekommen war und in die Kirche San Petronio ging, um die Messe zu hören, da kamen Reitknechte des Papstes, die ihn erkannten und ihn vor Seine Heiligkeit führten, die gerade im Palast der Sechzehn zu Tisch saß. Als dieser ihn vor sich sah, sagte er zu ihm mit zorniger Miene: „An dir war es, zu kommen und uns aufzusuchen, du aber hast gewartet, bis Wir zu dir gekommen sind.“ Womit er andeuten wollte, dass Seine Heiligkeit, indem sie nach Bologna gekommen sei, welcher Ort viel näher bei Florenz liegt als bei Rom, gleichsam ihn aufgesucht habe. Michelangelo kniete nieder und bat ihn mit lauter Stimme um Vergebung, indem er sich entschuldigte, er habe nicht aus Böswilligkeit gefehlt, sondern aus Zorn, da er es nicht habe ertragen können, so fortgejagt zu werden, wie ihm geschehen war. Der Papst saß da, mit gesenktem Kopfe und erregter Miene, ohne etwas zu erwidern, als ein Monsignore, der vom Kardinal Soderini geschickt war, um ihn zu entschuldigen und zu empfehlen, sich ins Mittel legen wollte und sagte: „Eure Heiligkeit möge nicht auf sein Vergehen achten; denn er hat aus Unwissenheit gefehlt. Die Maler, außerhalb ihrer Kunst, sind alle so.“ Zornig antwortete ihm der Papst: „Du sagst ihm eine Grobheit, wie Wir sie ihm nicht gesagt haben. Der Unwissende bist du und der Elende, nicht er! Geh mir aus den Augen und zum Henker!“ Und als er nicht ging, wurde er von den Dienern des Papstes mit derben Püffen, wie Michelangelo zu erzählen pflegte, hinausgestoßen. Nachdem der Papst so seinen größten Zorn über den Bischof entladen hatte, rief er den Michelangelo näher heran, verzieh ihm und trug ihm auf, nicht von Bologna fortzugehen, ehe er ihm nicht einen anderen Auftrag gegeben habe.“27

21 Condivi XXIV., S. 33.

22 Acidini Luchinat, S. 108.

23 Acidini Luchinat, S. 108.

24 Condivi XXIV., S. 34.

25 Condivi XXVIII., S. 37 f.

26 Condivi XXIX., S. 38.

27 Condivi, XXXII., S. 40 f.

Michelangelo – Der überhörte Weckruf

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