Читать книгу Michelangelo – Der überhörte Weckruf - Lieselotte Bestmann - Страница 16

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Vorbereitende Arbeiten

Vor Beginn der Ausmalung musste das riesige Tonnengewölbe so eingerüstet werden, dass im unteren Bereich die Gottesdienste reibungslos weiter durchgeführt werden konnten und keinerlei später sichtbare Mauerlöcher für eventuell erforderliche Stützbalken zurückbleiben würden. Eine außerordentlich schwierige Aufgabe, an der der zunächst beauftragte Baumeister Bramante scheiterte. Michelangelo löste auch dieses Problem.

In der Zwischenzeit gelang Michelangelo die Anwerbung von Gehilfen, die ihm bei der Ausführung der Fresken zur Hand gehen sollten. Zu diesem Zeitpunkt muss die grundlegende Idee für die inhaltliche Gesamtgestaltung des Deckenraumes im Kopfe Michelangelos bereits ausgereift gewesen sein (Abb. 1). Als Struktur für das Zentrum der Decke, den Deckenspiegel, wählte Michelangelo neun querrechteckige Bildfelder in rhythmisch zwischen klein und groß wechselndem Format, beginnend an der Eingangswand mit einem kleinen und endend an der Altarwand ebenfalls mit einem kleinen Rechteck, dazwischen dann die großen Bildfelder.

Das gesamte auszugestaltende Deckengewölbe wurde mit einem gemalten, wie aus hellem Marmor gemeißelt wirkendem Architektursystem überzogen: Zehn Gurtbögen überspannen die Tonnenwölbung und trennen die Bildfelder des Deckenspiegels voneinander. Ein umlaufendes gemaltes Gesims begrenzt die großen Bildfelder und schafft neben den kleinen Bildfeldern Raum für weitere Gestaltungsmöglichkeiten. Die Mitte des zwischen den Schmalseiten der kleinen Bildflächen des Deckenspiegels und des Gesimses entstehenden Raumes füllt ein bronzefarbenes Medaillon aus und seitlich vor den begrenzenden Gurtbögen zeigen sich auf dem hier vorspringenden Gesims auf wie zu Hockern ausgebildeten Podesten an den vier Ecken der kleinen Bildfelder die berühmten Ignudi, nackte Jünglingsgestalten, in heftigster Bewegung. Dieses umlaufende Gesims rahmt die Zone mit den Bildfeldern des Deckenspiegels ein, während die durchlaufenden Gurtbögen die Verbindung zu der darunter liegenden Zone herstellen. Auch in diesem Bereich sind die Gurtbögen unterhalb der die Ignudi tragenden Gesimsvorsprünge zu besonderen Bildträgern ausgestaltet: Auf einem von vergoldeten Balustern gestützten vorspringenden Podest scheinen sich jeweils zwei kleine nackte Kinder in lustiger Zweisamkeit ihres Lebens zu freuen. Lediglich im Eingangsbereich deuten sie durch statischere Haltung und hochgereckte Arme stärker das Motiv des Stützens an. Ihre farbliche Gestaltung lassen sie wie wunderbare kleine Marmorskulpturen wirken. Sie dienen unterhalb der Medaillons der seitlichen Begrenzung der dort zur Aufnahme der sieben Propheten und fünf Sibyllen vorgesehenen Throne.

Ganz anders ist die Gestaltung des Raumes unterhalb der Schmalseite der großen Deckenfelder. Dort schneiden Stichkappen ein, deren Spitzen durch einen marmorfarbenen, gemalten Widderkopf mit dem umlaufenden Gesims verbunden sind und den jeweils seitlich verbleibenden Raum in zwei Dreiecke teilen. Diese zwei dunkel eingefärbten Dreiecke dienen der Aufnahme von zwei nackten, bronzefarbenen Jünglingsgestalten in unterschiedlichsten Stellungen – von versuchter Kontaktaufnahme mit dem gleich gestalteten Gegenüber über wildes Aufbäumen und Stemmen gegen die sie beengenden Begrenzungen bis hin zu müder Resignation.

Die Grundflächen der Stichkappen leiten dann über zu den sich oberhalb der Fensterrundungen befindlichen Lünetten, deren Grundflächen an die vorhandene Wanddekoration anschließen.

An den Stirnseiten der Kapelle dienen Gewölbezwickel nicht nur der architektonischen Gestaltung der mittig vorgesehenen Propheten-Throne, sondern bilden gleichzeitig große Freiflächen für die Aufnahme weiterer Bildformulierungen.

Michelangelo – Der überhörte Weckruf

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