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Kapitel 6

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Sie hatte es getan!

Die Tage nach der Unterzeichnung des Vertrages waren voll innerer Unruhe. Sophie überlegte hin und her, ob sie abgedreht genug war, diese Sache durchzuziehen. Noch immer wusste sie nicht, mit wem sie es tun hatte. Ein Diener hatte den Vertrag aus dem Raum geholt und einige Minuten später hatte ihr künftiger Herr ihr erklärt, dass sie fünf Tage Bedenkzeit hätte. In diesem Zeitraum wäre er bereit, den Vertrag ohne weitere Konsequenzen aufzulösen. Niemand würde etwas erfahren. Ansonsten erwarte er sie nach diesen fünf Tagen bei sich und der Vertrag wäre gültig. Ihr Konto würde noch am selben Tag geleert und ihr Gehalt per monatlichem Dauerauftrag auf ein anderes Konto transferiert werden.

Außerdem hatte er ihr noch eine Visitenkarte überreichen lassen, wonach sie sich bei dem darauf genannten Gynäkologen einzufinden habe, um einen HIV-Test durchzuführen. Schließlich könne er ja nicht darauf vertrauen, dass sie bei ihrem Spieltrieb immer auf ihre gesundheitliche Sicherheit geachtet hätte. Der Arzt würde sich darum kümmern, dass ihrem Herrn das Ergebnis schnell und unbürokratisch zugestellt werde.

Sophie war zu überrascht, um Einwände vorzubringen.

Natürlich hatte Nadine von ihrer Freundin wissen wollen, wie das Gespräch verlaufen war. Gleich am nächsten Morgen hatte sie angerufen und sie hatten sich für abends verabredet. Sophie hatte ihr alles erzählt, alles – außer die Sache mit den Vollmachten und dem Arztbesuch. Aber auch ohne dieses Detail hatte Nadine sie gefragt, ob sie den Verstand verloren hätte. Die Tatsache, dass Sophie bislang weder seinen Namen kannte, noch wusste, wo er wohnte, was er arbeitete, wie er aussah, war erschreckend genug. Nadine schimpfte, wie realitätsfremd Sophie eigentlich wäre, ob sie nie die Horrornachrichten von Entführungen, jahrelangem Gefangen- und Versteckhalten, von Missbrauch und Folter mitbekäme.

Sophie nahm Verteidigungshaltung an. Immerhin habe doch Laurin, Nadines Top, den Kontakt hergestellt und müsse ihren künftigen Herrn mehr als flüchtig kennen, sonst hätte er sich doch wohl nicht dafür verwendet, wenn Gefahr im Verzug wäre.

»Ja, das stimmt. Aber ich habe ihn dazu überreden müssen. Gerne hat er es nicht getan. Ich habe keine Ahnung, wie gut sich die beiden kennen. Ich habe deinen Herrn jedenfalls noch nie zu Gesicht bekommen.«

»Trotzdem, Laurin hätte dir doch bestimmt etwas gesagt, warum du mir die Sache ausreden sollst, wenn mein künftiger Dom in irgendeiner Weise gefährlich wäre.«

Nadine verdrehte die Augen. »Natürlich! Ich hoffe nur, du findest, wonach du gesucht hast.«

Der Rest der Woche war eine einzige Qual. Nadines Bedenken waren nicht ohne Wirkung geblieben, schließlich beschäftigte Sophie ja auch immer wieder die Frage, ob sie sich verrannt hatte. Sie wünschte, die Tage vergingen schneller. Das Packen und sich entscheiden, was ihr wichtig war, was sie mitnahm, und die Warterei auf Tag X machten sie unzufrieden, mürrisch und unkonzentriert.

In ihrer Position konnte sie es sich nicht leisten, mit ihren Gedanken abzuschweifen. Zu schnell verfälschte ein Zahlendreher, eine falsche Summe, eine fehlerhafte Berechnungsformel, das Gesamtergebnis.

Selbst ihren Kollegen war aufgefallen, dass sie abgelenkt war und hatten sie gefragt, ob mit ihr alles in Ordnung wäre. Sophie hatte sich herausgeredet, Familienstress zu haben und da sie nur wenig über Privates sprachen, wusste niemand nicht, dass dies ihr kleinstes Problem war. Ihre Eltern waren seit langem geschieden, ihr Vater lebte im Ausland, und ihre Mutter in einer anderen Stadt. Weil sie nur gelegentlich telefonierten und sich selten sahen, würde es vorerst nicht nötig sein, ihre Mutter über ihren Umzug zu informieren.

Nervös und neugierig fragte Sophie sich ohne Unterlass, wie ihr neuer Herr wohl aussehen würde. Groß, muskulös und attraktiv? Das würde zu seiner Stimme passen. Ach, er musste einfach attraktiv sein!

Sie würde keinen Rückzieher machen. In ihren Augen wäre das nicht vernünftig, sondern feige. Und waren nicht sowieso ihre spontanen Entscheidungen immer die besten?

Der Chauffeur, der Sophie auch schon zum ersten Treffen gefahren hatte, holte sie pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt am Samstagmittag ab. Sie hatte ihn gefragt, ob er fest für ihren Herrn arbeite und er hatte erwidert, nur von Zeit zu Zeit, sozusagen auf Abruf. Mehr sei nicht erforderlich.

Als sie die Wohnungstür abschloss, erfasste Sophie ein mulmiges Gefühl. Hinter dieser Tür mit zwei Zimmern, Bad und Küche, lag die Vergangenheit der letzten sechs Jahre. Nun gab es endgültig kein Zurück mehr. Sie gehörte nicht mehr sich selbst.

Der Mann nahm ihren Koffer und ihre Reisetasche und lud beides in den Wagen ein. Die Fahrt war eine Qual. Als hätten sich die roten Ampeln gegen sie verschworen, kamen sie nur langsam voran.

Dann war es soweit. Sophie staunte über ihr Ziel, das sie nun endlich sehen durfte, ein modernes Appartementhaus unweit der Stadtmitte, nicht allzu weit von ihrer Arbeitsstelle entfernt. Ein Aufzug brachte sie schnell hinauf zum Penthouse.

Sophie wartete im selben Zimmer wie beim ersten Mal. Sie hatte vermutet, dass es zu seiner Wohnung gehörte. Aber es war eben nur eine Vermutung gewesen.

Ihre Finger trommelten nervös auf der Tischplatte. Nach einer Minute sah sie auf die Uhr, nach einer weiteren, und obwohl sie glaubte, sich beherrscht zu haben, waren nur knapp zwei Minuten vergangen, als ihr Blick schon wieder auf die Uhr fiel.

»Guten Tag, Sophie.«

Sie zuckte zusammen. Wie verführerisch diese Stimme war, von angenehmer Tiefe und Volumen. Wenn sie schon so aufregend aus dem Lautsprecher klang, wie erregend musste das erst ohne diese Distanz sein.

»Guten Tag, Herr. Ihre Sklavin meldet sich zum Dienst.«

Ein trockenes Lachen klang. »Langsam, noch bist du nicht meine Sklavin. Erst wenn auch ich den Vertrag unterzeichnet habe.«

»Dann tun Sie das bitte«, sagte Sophie mit Nachdruck. »Ich bin hier, ich bin bereit, Ihnen zu dienen.« Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie musste ihn endlich sehen, sonst würde sie noch durchdrehen.

»Du hast deine Meinung also nicht geändert?«

»Nein. Ich stehe zu meinem Wort.« Sophie atmete tief durch. Ihr Herz klopfte immer schneller. »Ich denke an nichts anderes mehr, obwohl ich nicht weiß, wer Sie sind.«

Er lachte leise. »In Ordnung, dann will ich dieser Qual mal ein Ende bereiten.«

»Danke, Herr.«

»Du hast nur deine wesentlichen persönlichen Dinge mitgebracht?«

»Ja, Herr. In zwei Koffern. Obwohl ich darin nicht alles untergebracht habe und vieles, was mir wichtig ist, zurücklassen musste«, erwiderte sie vorwurfsvoll.

Wieder lachte er leise, als nähme er ihren Einwand nicht ernst. »Wenn es dich beruhigt, ich werde deine Sachen in einem kleinen Lager, das ich angemietet habe, ein Jahr lang aufbewahren. Wobei du bald feststellen wirst, Sophie, dass du sie gar nicht vermissen wirst.«

In diesem Punkt war Sophie zwar anderer Meinung, aber sie verkniff sich eine Erwiderung. Es käme bestimmt nicht gut, sich schon jetzt aufmüpfig zu geben. Es war ihr nicht wohl dabei, ihm ihre Sachen zu überlassen.

»Inhalt deiner Handtasche auf den Tisch.« Der plötzliche Befehlston und die Strenge seiner Stimme machte Sophie bewusst, dass er ein Dom war und sie sich danach gesehnt hatte, ihm zu gehorchen. Trotzdem befolgte sie seinen Befehl nur widerwillig. Ihre Handtasche war so etwas wie das Allerheiligste. Geldbörse, Schminktäschchen, Schlüssel für Haus- und Wohnungstür, Keller und Briefkasten in dreifacher Ausfertigung, Ebook-Reader, Haarbürste, Kopfschmerztabletten, Taschentücher …

»Geldbeutel, Schlüssel und Lesegerät bleiben auf dem Tisch, alles andere darfst du wieder einräumen«, befahl er trocken.

Mist, sie hätte den Ebook-Reader irgendwo zwischen den Kleidungsstücken im Koffer verstecken sollen. Sophie biss wütend auf sich selbst die Zähne zusammen, bis sie knirschten. Hunderte für sie wichtiger Dokumente befanden sich auf dem Lesegerät, auch die Romanreihe, die sie noch nicht fertig zuende gelesen hatte.

»Wo ist dein Mobiltelefon? Leg es dazu.«

Sophie hob an zu protestieren, schluckte die Worte dann jedoch herunter und nahm ihr Handy aus der Jackentasche. Verdammter Mist, er beraubte sie all ihrer persönlichen Dinge, ohne die sie nicht leben konnte. Erst wenn sie wieder im Büro wäre, in zwei Wochen, hätte sie wieder Gelegenheit zu telefonieren, denn dass er ihr die Gnade zwischendurch gewähren würde, glaubte sie kaum. Sie war abgeschnitten von der Umwelt. Diese Erkenntnis durchzuckte Sophie kalt wie Eis. Internet schied damit ja wohl auch aus, sofern er überhaupt einen Computer besaß. Vielleicht gehörte er zur selten gewordenen Spezies, die außer einem normalen Telefon und einem Fernseher überhaupt nichts Technisches akzeptierte.

Kein Telefon, kein Skype, keine eMails, kein Facebook, kein Twitter. Konnte man ohne diese Errungenschaften moderner Kommunikation überhaupt existieren?

»Und du bist dir inzwischen ganz sicher, dass du meine Sklavin sein willst, Sophie?«, erklang es nun eher ermunternd und freundlich aus dem Lautsprecher.

… du … meine Sklavin … Sophie fühlte Schwindel aufkommen. Es hörte sich gut an, so persönlich. Und gleichzeitig erniedrigend, solange er ihr nicht erlaubte, ihn ebenfalls zu duzen. Sie hatte ihn bislang ganz bewusst höflich gesiezt und war sich nicht sicher, ob er diese Anrede auch in Zukunft von ihr erwartete. Kommt Zeit, kommt Rat.

»Dies ist deine allerletzte Chance, von unserem Vertrag zurückzutreten. Wenn du jetzt deine Schlüssel und deine Koffer nimmst und gehst, wird niemand davon erfahren. Wenn du bleibst, gehörst du ganz und gar mir.«

Wenn ihr Stolz einen Rückzug erlaubte, hätte sie dieses Angebot möglicherweise angenommen. Sophie holte tief Luft. Es kam auf die korrekte Wortwahl an, ihm ein Signal ihrer Unterwürfigkeit zu geben. »Ich gehöre ab sofort Ihnen, Herr.«

»Gut, dann soll es so sein. Hiermit beschlossen und durchzuführen. Knie dich devot auf den Boden und schließe deine Augen.«

Sophie gehorchte, schob den Stuhl zurück und kniete sich mit tief geneigtem Kopf Richtung Tür nieder, was sich mit ihren extrem hohen Stilettos nur schwer ausführen ließ. Ihr Magen war angesichts der Erwartung, dass sie in wenigen Minuten ihren Herrn von Angesicht zu Angesicht kennenlernen würde, ein wenig flau. Sie schloss ihre Augen, um sich für diesen lang ersehnten Augenblick zu wappnen.

Dein, Sein, Mein

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