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Ländliche Verwandte

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Wir hatten eine uralte Großtante, die ihrerseits wieder einen Neffen hatte. Dieser Neffe war sehr arm und lebte eigentlich nur von den harten Nüssen, die ihm das Leben zu knacken gab.

Nun besaß diese alte Großtante eine immer verschlossene Truhe. Und der sinnende Blick des Neffen ruhte oft auf dieser Truhe und er führte listige Reden: »Frau Tant’, Sie sind gar zu sparsam, Sie vergönnen sich rein gar nichts! Sie haben am Land ein schweres Leben gehabt, bei uns in der Stadt können Sie sich’s schon ein wenig gut gehen lassen –, mitnehmen können Sie einmal doch nichts von dem, was da in der Truhe ist!«

»Fei recht hast, lang leb i nimmer! Di hab i gholfen auf die Welt z’bringen und deine Sechse. Bald bin i neunzig –, dein siebenten Buam erleb i nimmer! Sieben Manner hab i gholfen, daß s’ a die Sonn sehgn auf unserer schönen Welt, das is mei Stolz, i brauch nix mehr!«

Das waren so ihre Reden.

Und es kam, was einmal kommen mußte.

Der Tag, an dem er als Erbe die Truhe aufschloß, feierlich und behutsam.

Da lagen seidene Schürzen, alte Spenzer, vergilbtes Leinen.

Er suchte unruhig und unruhiger.

Es war nichts Erwartetes zu finden.

Doch – da ganz unten lagen sieben kleine, sorgsam verschnürte Päckchen. Auf jedem Name und Datum sauber verzeichnet.

Sein und seiner sechs Buben Geburtstag.

Er öffnete eines – alle enthielten dasselbe.

Liebevoll aufgehobene, abgeschnittene, eingetrocknete Nabelschnüre!

Eine alte Bauernsitte, längst nicht mehr gehandhabt. Sie bewog den Städter, die Truhe wieder, diesmal aber rasch zu schließen.

Das Buch ohne Titel

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