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Kapitel 2 - David 6 Jahre

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Zwanzig Jahre zuvor

An meinem ersten Tag an der Schule fiel es mir zwar nicht zum ersten Mal auf, dass ich anders war.

Doch es war der Tag, an dem ich erkannte, dass sich das nie ändern würde.

Egal in welche Stadt ich lebte und mit welchen Menschen ich zusammen war.

Ich würde nie richtig gesehen werden.

Meine Familie lebte in Kanada. Ich hatte einen älteren und einen jüngeren Bruder.

Und beide schienen für meine Eltern immer mehr da zu sein, immer wichtiger zu sein.

Als ich dann durch die Tür in das Klassenzimmer kam, hatte ich gehofft, dass es anders sein würde.

Doch die Enttäuschung traf mich wie ein Schlag.

Keines der Kinder blickte auf, niemand nahm mich wahr. Nicht einmal die Lehrerin mit ihrer runden Brille und den hellbraunen Haaren, dem freundlichen Lächeln.

Ich hingegen keuchte erschrocken auf und wollte schwankend zurück auf den leeren Flur, weg von diesen Schülern. Ihre Anwesenheit spürte ich so viel intensiver, als würden sie alle schreien.

Ihre Aufregung brach über mich herein.

Alle waren bunt, hell, Farben trennten sich und vermischten sich wieder.

Ich wich zurück, prallte gegen jemanden.

Ich erkannte sie sofort.

Meine Mutter würde ich immer erkennen, nicht wegen ihrer hellen Haare und den intensiven kalten, blauen Augen.

Wegen ihres fröhlichen sonnengelben Lichts, das sich immer in alle Richtungen ausdehnte, um die anderen mit einzuhüllen.

„Na, willst du nicht?“, fragte meine Mutter mich und lächelte aufmunternd.

Ihr Licht gab mir Mut, als würde ich ein bisschen von ihrer fröhlichen Aura mitnehmen.

„Es ist so hell, es blendet so sehr.“, versuchte ich zu erklären.

Doch ihre Aufmerksamkeit war schon wieder in den Klassenraum gewandert. So war es immer.

Sie schob mich einfach mit in den Raum und lächelte der Lehrerin zu.

Die Aufregung im Raum schien sich mit jeder verstrichenen Sekunde zu steigern.

Es war so grell, so anstrengend, dass ich die Augen schließen musste.

Doch es half nichts. Das Licht drang durch meine geschlossenen Lider und ich spürte es. Als würde jedes einzelne Licht mein Innerstes berühren, durchdringen, nur um mir zu zeigen, was mir fehlte.

Ich begann zu zittern.

„So jetzt seid bitte ruhig!“, rief die Lehrerin mit freundlicher Stimme in den Raum.

Die Kinder wurden etwas ruhiger, aber ihre Unruhe blieb, ich spürte es. Die Lichter blendeten immer noch.

„Möchtest du dich setzen?“, fragte die Lehrerin, nah bei mir.

Ich öffnete die Augen, wollte sehen, ob die Worte wirklich an mich gerichtet waren.

Und tatsächlich stand sie vor mir.

Die grünen Augen blickten skeptisch auf mich hinab.

Ihr Licht war stärker als der gesamte Eindruck ihres Äußeren, selbst die grün leuchtenden Augen konnten nicht mit ihrem Licht mithalten.

Es war marineblau.

So eines hatte ich noch nie gesehen, kräftig und stark und ruhig wie die See.

Ohne etwas zu sagen, setzte ich mich auf einen freien Platz.

Die Lehrerin gab mir eine Ruhe zurück, die mich die Aufregung der vielen Lichter um mich herum ausblenden ließ.

Das marineblaue Licht war in dem Moment das Einzige, was mir Kraft gab im Klassenzimmer zu bleiben.

Das war der Moment, in dem ich begann Blau zu lieben.

Licht

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