Читать книгу Ein Fohlen für Doria - Lise Gast - Страница 7

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Mutter kam ihnen nicht entgegen. Sie fanden sie auch nicht in der Küche, sondern endlich im oberen Flur.

„Ich muss fort, Vater hat eben angerufen. Sucht euch etwas zu essen – Tag, Dori! Wie schön, dass du da bist ...“ Schon war sie um die Ecke der Garderobe verschwunden. Peter lachte vergnügt.

„Na schön, können wir machen, was wir wollen. Spiegeleier oder –“

„Hast du Hunger?“, unterbrach ihn Dori. „Ich nicht. Bloß Durst. Lass, ich trinke Wasser.“ Peter hatte den Kühlschrank aufmachen wollen. „Damit wir fortkommen.“

„Fort? Wohin denn?“

„Na, zum Reitverein natürlich. Wohin denn sonst?“

Dori warf den Rucksack in eine Ecke und die Taschen darauf. „Komm, los, desto mehr Zeit haben wir dort.“

„Na schön.“

Peter wäre lieber in der kühlen Küche geblieben, aber er konnte seinen Gast nicht gut allein loslaufen lassen. Außerdem wusste Dori ja nicht, wo der Reitverein war. So trank auch er nur ein Glas Wasser und wollte Dori folgen, besann sich aber und erwischte sie noch am Arm, ehe sie die Treppe hinunter war.

„Komm noch mal her, ich will dir was zeigen.“

Aus der Küche führte eine zweite Tür in den oberen Flur und von da aus ging eine Wendeltreppe hinab, bei der man rundum sausen konnte, wenn man sich am mittleren Geländer festhielt. Peter machte es vor, Dori folgte. Dann standen sie in einem großen Raum, der nach zwei Seiten hin Fenster hatte.

„Das ist das Atelier. Früher war es der Pferdestall.“

Bei dem Wort Pferdestall riss Dori die Augen weit auf.

„Richtig. Das müssen die Boxen gewesen sein.“ Sie ging von einem der Pfosten, die noch vorhanden waren, zum anderen. „Hier – und hier – und da –“

„Dort hinten war der Wassertrog. Der Kutscher pumpte ihn immer abends voll, sagt Mutter.“

„Damit das Wasser abgestanden war. Pferde müssen abgestandenes Wasser bekommen, kein eiskaltes.“

„Und dort oben ist die Luke.“ Peter deutete zur Decke hinauf. „Da durch warfen sie das Heu herunter.“

„Das ist praktisch“, lobte Dori. „Bei uns im Reitstall ist das auch so: oben der Heuboden mit den vielen Katzen.“

„Gibts dort so viele?“, fragte Peter.

„Klar. Wo Pferde sind, die Hafer zu fressen bekommen, sind immer Mäuse, deshalb hält man sich Katzen. Nur bekommen sie oft Junge, ohne dass man es merkt – im Heu. Meist findet man sie erst, wenn sie schon ziemlich groß sind. Was glaubst du, wie oft ich schon mit jungen Katzen herumgezogen bin und sie Leuten angeboten habe, in der Hoffnung, dass sie sie nehmen würden. Katzen vermehren sich wahnsinnig schnell. Ich habe mal ein Bild bei unserem Tierarzt gesehen, da war oben eine Katze, darunter zwei, dann vier und acht und so weiter, zuletzt lauter, lauter, lauter Katzen, ein ganzer Berg. Kein Mensch will so viele. Aber man kann sie ja beim Tierarzt sterilisieren lassen. Das sollten alle Leute tun, die sich eine Katze wünschen.“

„Kann man das?“, fragte Peter.

„Man kann. Man muss. Du, im Reitverein hatten wir mal eine Ratte. Die saß in einer leeren Tonne, in der vorher Kraftfutter gewesen war. Da haben wir unseren größten Kater geholt und dazugetan. Und weißt du, was dann passierte?“

„Er brachte die Ratte um.“

„Denkste! Überhaupt nicht. Er hat sich gefürchtet wie vor wer weiß was, hat gemaunzt und ist schließlich aus der Tonne herausgesprungen und weg war er.“

„Und die Ratte?“

„Die hinterher! Über den Hof haben wir beide fegen sehen und dann waren sie weg. Das heißt, der Kater kam eines Tages zurück. Er gehörte ja zu uns. Den haben wir aber ausgelacht.“

„Ob er das gemerkt hat?“

„Na sicher. Katzen sind sehr feinfühlige Tiere.“

„Aber so eine Ratte ist auch was zum Fürchten. Ich kann den Kater verstehen. Der kannte bis dahin vielleicht nur Mäuse. Ich hab mal eine Ratte von nahem gesehen, die war ganz fett und hatte scheußliche Zähne ...“ Peter schüttelte sich noch, während er daran dachte. Dori nickte zustimmend.

„Ja, Ratten sind ekelhaft. Aber Mäuse sind niedlich.“

Sie schoben die Fahrräder nebeneinander den Weg hinunter, der zu steil war um hinunterzufahren.

„Ich hatte mal eine Haselmaus“, erzählte Dori, „die war süß! Ganz klein, etwa so groß wie das vordere Glied von meinem Daumen. Und zahm! Und rennen konnte die! Ich war damals krank, lag im Bett und langweilte mich. Mutter ist ja berufstätig, halbtags, aber oft war sie den ganzen Tag nicht da. Damals hab ich mir heimlich die Haselmaus geholt und auf die Bettdecke gesetzt. Aber –“

„Sie rannte dir fort?“, fragte Peter gespannt.

„Im Gegenteil. Sie kletterte sofort von der Bettdecke auf meine Hand. Und lief mir den Arm rauf und runter und auf die andere Hand, wenn ich sie hinhielt.“

„Mensch, lustig“, sagte Peter begeistert. Sie waren auf der Straße angekommen und stiegen auf die Fahrräder. „Erzähl weiter!“

„Weiter gar nichts. Aber ich hatte keine Langeweile mehr. Sie sauste hin und her auf meinen Händen, ganz süß. Und ich hab sie natürlich gefüttert, mit Krümeln. Die nahm sie und aß sie im Sitzen, so wie ein Eichhörnchen ungefähr, sehr niedlich.“

„Und in der Nacht? Hattest du da nicht Angst sie zu zerdrücken?“

„Ja, doch. Da hab ich sie dann wieder in ihr Kästchen gesetzt, vorsichtshalber. Sie wohnte in einem viereckigen Glasbehälter, in den hatte ich unten Watte gelegt, damit sie nicht fror, und eine kleine flache Schüssel mit Milch dazugestellt. Über das Glas hatte ich einen durchsichtigen Stoff gespannt, aber eines Morgens war der angenagt und die Maus fort. Ich hab schrecklich geheult, weil ich nun nichts mehr zum Spielen und Füttern hatte, und Mutter versprach mir eine weiße Maus aus einer Zoohandlung mitzubringen. An dem Tag konnte sie es aber nicht, da waren die Läden zu und am nächsten –“

„Brachte sie auch keine? Die Erwachsenen versprechen oft viel und dann ...“

„Nein, so ist Mutter nicht. Aber am nächsten Tag war die Haselmaus wieder da, auf einmal. Ich konnte es gar nicht fassen. Mutter rief: ‚Dori, Dori, was glaubst du, was ich hier habe?‘ Na, was schon, sagte ich maulig. Aber da kam sie angelaufen und hatte das Mäuschen in der hohlen Hand, obwohl sie sich sonst vor Mäusen graulte. Das war eine Freude!“

Ein Fohlen für Doria

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