Читать книгу Borrowing Blue - Lucy Lennox - Страница 10
Blue
ОглавлениеIch wünschte, ich hätte Tristan sagen können, wie viel es mir bedeutete, ihn in meiner Nähe zu haben, als Jeremy mit Brad näher gekommen war. Tristan wirkte wie ein guter Mann. Vielleicht weil er wusste, wie es war, sich zu trennen und mit all den Erinnerungen konfrontiert zu werden, oder weil er einfach von Grund auf eine empathische Person war. Seine unterstützende Berührung zu spüren und zu wissen, dass ich nicht aussah wie ein erbärmlicher Loser, der allein in einer Bar saß und aß, ließ mich erleichtert und besser fühlen.
Nachdem ich mich aus der Umarmung zurückgezogen und einmal tief durchgeatmet hatte, lächelte ich ihn voller Dankbarkeit an. Sein Gesicht war so offen und aufrichtig, dass ich keinerlei Unwohlsein ihm gegenüber verspürte. Bei irgendeinem anderen fremden Kerl hätte ich mich vielleicht geschämt, so bedürftig zu wirken. Dieser hier jedoch war jemand, den ich vermutlich nicht wiedersehen würde, und er wirkte, als würde es ihm nichts ausmachen.
Tristan winkte Frank und der trat zu uns. »Zwei Red Headed Sluts, bitte«, bestellte er mit starker, selbstbewusster Stimme.
Mir klappte der Mund auf bei seiner Bestellung und ich starrte ihn an. Er sah zu mir herüber und hob eine Augenbraue. »Was? Die sind gut«, sagte er. »Ist ja nicht meine Schuld, wenn der Drink, den ich mag, zufälligerweise noch besonders gut passt.«
Und schon lachte ich wieder. Wie machte Tristan das nur? In einem meiner schrecklichsten Momente seit Monaten brachte er mich zum Lachen.
Die Shots gingen leicht runter und er bestellte eine zweite Runde. Während wir auf Frank warteten, erzählte Tristan mir eine andere Geschichte aus seiner Vergangenheit, um mich abzulenken.
Wir stürzten unseren zweiten Shot hinunter, bevor Tristan Frank nach zwei Gläsern Eiswasser fragte. Ich blickte über meine Schulter und sah Jeremy, der nahe bei Brad saß. Sie lehnten ihre Stirnen aneinander. Unabsichtlich entkam mir ein Seufzen.
»Vergiss die beiden, Blue. Du verdienst was Besseres als diesen Kerl«, sagte Tristan mit leiser Stimme, sodass nur ich ihn hören konnte.
»Mein Kopf weiß das«, gab ich zu. »Aber es ist trotzdem schwer, das zu sehen. Es ist nicht mal so, dass ich ihn will. Ich will nur diese Intimität, verstehst du? Berührungen. Ich vermisse es, mit jemandem zusammen zu sein.«
»Du sagtest, du hast dich mit einigen getroffen seit der Trennung?«, fragte er mich.
»Ja, aber es ist scheiße, wieder in der Situation zu sein. Sobald man in seinen Dreißigern ist, scheint es, dass alle entweder schon in einer Beziehung sind oder bloß einen Club-Aufriss machen wollen. Was ist mit dir? Hast du seit der Scheidung andere Frauen getroffen?«, fragte ich.
»Nicht wirklich. Ich war ein paar Mal aus, aber … Ich weiß nicht. Irgendetwas fehlt. Ich hab irgendwie aufgehört, es zu versuchen. Und ich gebe dir recht, dass es in unserem Alter schwerer ist als noch vor ein paar Jahren.«
Ich beobachtete seine Lippen, während er sprach. Diese vollen, roten Lippen, die von dunklen, glänzenden Stoppeln umrahmt wurden. Bartstoppeln, die sich kratzig an meiner Haut angefühlt hatten, aber die gegen Morgen möglicherweise weicher würden. Seine Lippen waren perfekt. Rot und noch immer feucht von dem Schluck aus seinem Wasserglas. Während ich ihn anstarrte, fuhr er mit der Zunge über seine Unterlippe. Meine Augen zuckten ertappt nach oben und ich bemerkte einen Blick in seinen Augen, den ich nicht erwartet hatte. Verlangen.
Bestimmt lag ich falsch. Der Kerl war hetero. Ich musste aufhören, zu trinken. Eilig griff ich nach meinem Wasserglas und stürzte es hinunter. Versuchte ich etwa, die Aufregung zu löschen, als wäre sie eine Art Feuer? Auf alle Fälle war sie heiß wie ein Feuer. Kam das von den Drinks oder von der Anziehung, die der Hetero-Mann neben mir auf mich ausübte? Was zur Hölle dachte ich da? Da lief ich Jeremy über den Weg und hatte nichts Besseres zu tun, als mich an den ersten Kerl zu hängen, der mir begegnete? Ich musste hier raus.
»Ähm«, stammelte ich. »Frank, ich glaube, ich bin bereit für die Rechnung, bitte.«
»Nein, nein«, sagte Tristan. »Ich mach das. Frank, das geht auf mich.«
»Das kann ich nicht«, sagte ich und zog meine Geldbörse heraus. Tristans Hand legte sich auf meine.
»Bitte lass mich zumindest dein Abendessen bezahlen, Blue. Ich habe deine Gesellschaft genossen und andernfalls hätte ich allein gegessen. Ich werde ein Nein als Antwort nicht akzeptieren.« Er schenkte mir ein Lächeln, das ich automatisch erwiderte.
»Danke Tristan. Das schätze ich sehr.«
Als ich meine Geldbörse wieder in meine hintere Hosentasche schob, bemerkte ich, dass Jeremy mich anstarrte. Tristan drehte sich um, um zu sehen, was ich sah, und musste ihn auch gesehen haben.
Dann sah ich, wie Tristan von Jeremy zu mir sah, mein Gesicht in beide Hände nahm und sich vorlehnte, um mich direkt auf die Lippen zu küssen. Und es war nicht nur ein Schmatzer. Der Kuss passierte in einer Art sanfter Zeitlupe. Zärtlich, liebkosend, mit Zunge und Lippen. Alles zusammen kam in einer Explosion aus Sternen, die mir den Atem nahm.
Tristans Mund war warm und schmeckte nach Red Headed Slut. Ich saugte ihn auf und wollte mehr. Meine Hände legten sich auf seine Hüften, während mein Hirn versuchte, eine rote Warnflagge zu hissen, die schrie: ›Er ist hetero, er ist hetero!‹
Mein Schwanz hisste eine andere Flagge. Diese war schwarz-weiß kariert und schrie: ›Auf die Plätze, fertig, los!‹
Tristans Finger vergruben sich in meinem Haar und zogen meinen Kopf noch näher zu seinem. Meine eigenen Finger fanden Gürtelschlaufen, hakten sich ein und zogen seine Hüfte näher. Seine Zunge wirbelte umher und erkundete meinen Mund. Ich fühlte seine steife Länge gegen meinen Bauch drücken und schauderte, als mir klar wurde, dass er ebenso hart war wie ich.
Warte. WARTE. Was zur Hölle passierte gerade? Das hier fühlte sich genauso wenig nach einem Fake-Kuss an wie der letzte. Ich fühlte den langen, steifen Beweis dafür, dass nicht alles so hetero war, wie es wirkte. Und zuvor war sein Blick voller Verlangen gewesen.
Ich riss mich los und trat einen kleinen Schritt zurück, keuchte, hob meine Hand zu meinem Mund und starrte ihn überrascht an.
Tristans Augen huschten zu Jeremy und Brad, die uns noch immer anstarrten. Beide saßen mit offenem Mund da, nachdem sie uns beobachtet hatten. Ich spürte, wie mir Blut ins Gesicht schoss, als ich mich daran erinnerte, was Tristan gerade getan hatte. Ich hatte ihm so leidgetan, dass er mich geküsst hatte, um Jeremy eifersüchtig zu machen. Schon wieder.
Obwohl das unglaublich süß von ihm war, besonders wenn man bedachte, dass er hetero war, fühlte ich mich sofort wie ein gottverdammter Fall für die Wohlfahrt. Wie der Empfänger des Preises für den erbärmlichsten Mann der Welt. Ich war auf einen Mitleidsball gekommen und zu dessen Königin gewählt worden. Das war nicht echt. Vielleicht zeigte sein Körper physikalische Reaktionen auf seine kleinen sexuellen Experimente, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er daran interessiert war, Männer zu vögeln.
Ich drehte mich um und stob aus dem Restaurant, hörte nur noch Tristans Stimme hinter mir: »Warte, Blue! Bleib da.«
Nope, ich blieb nicht. Ich rannte.
Blind folgte ich den Schildern, die mich auf den Gästeflur führten. Mit zitternden Händen zog ich den Zimmerschlüssel aus meiner Tasche und suchte die Nummer, die auf diesem abgebildet war.
Ich bekam die Schlüsselkarte nicht in den Slot und schließlich fiel sie auf den Teppich. Frustriert stieß ich die Luft aus und lehnte meine Stirn an die Tür, um für eine Sekunde zu verschnaufen.
»Blue.« Es war Tristans tiefe, beruhigende Stimme. Diesmal klang sie jedoch, als läge auch ein Flehen darin. Ich war zu müde dafür. Der lange Tag erwischte mich plötzlich und ich wollte nur noch in die kühlen Laken fallen und schlafen. Ich versuchte so sehr ich konnte, mir nicht vorzustellen, dass Tristan direkt neben mir liegen würde. Verdammt.