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Tristan

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»Ich konnte eben nicht anders. Du bist nicht der Einzige, der eben Jesus getroffen hat.« Blue lachte.

Ich streckte mich und fühlte etwas kalt-feucht Schleimiges an meinem Fuß und gab ein erschrockenes Quietschen von mir. Blue setzte sich auf, um zu sehen, warum.

»Feuchter Fleck«, sagte ich, bevor mir klar wurde, dass der feuchte Fleck eigentlich das Shirt war, das ich getragen hatte. Ich sah Blue mit hochgezogener Augenbraue an. Er wurde rot bis zu den Spitzen seiner Ohren.

»Ups.« Er grinste. »Ich werd dir für deinen Gang der Schande eins von meinen leihen.«

Er war so verdammt süß. Sein gewelltes, rotblondes Haar war durcheinander und seine blauen Augen glänzten in einer Klarheit, die ich selten zuvor darin gesehen hatte. Ich wollte meine Arme so gern um ihn legen und ihn halten, während er schlief. Aber vielleicht wollte er mir etwas damit sagen.

»Ich sollte wohl besser gehen«, begann ich. Blues Lächeln gefror.

»Was? Nein, das hab ich damit nicht gemeint«, sagte er.

Ich sah ihn an, um seine Gedanken vielleicht erahnen zu können. »Es ist okay, wenn du willst, dass ich gehe. Ich weiß, dass du dir deinen Abend so nicht vorgestellt hattest.«

»Da hast du recht. So hab ich ihn mir nicht vorgestellt. Ich dachte, ich veranstalte eine große, Solo-Mitleids-Party an der Bar und falle danach allein in mein Bett. Stattdessen habe ich ein prächtiges Stück männliche Süßigkeit bekommen und dran geleckt«, beendete er neckend seinen Satz.

Ich schlug ihm gegen die Brust. »Sei ernst, du Arsch.«

»Okay. Stattdessen hab ich einen interessanten, lieben Mann getroffen, der sich gesorgt und um mich gekümmert hat. Wir hatten ein wundervolles Abendessen zusammen, abgesehen davon, dass ich herausgefunden habe, dass mein Ex vermutlich ein Neugeborenes geheiratet hat. Der mysteriöse Fremde hat mir die Lippen wund geküsst, um meinen Ex eifersüchtig zu machen. Er hat mir erlaubt, seinen exquisiten Körper zu benutzen, um einen Wahnsinnsorgasmus zu haben, und, so Gott es will, das Bett in dieser Nacht mit ihm zu teilen.« Er sah mir aufrichtig in die Augen. »Na, wie war das?«

Was ich sagen wollte, war, dass es mir die Sprache verschlagen hatte. Er verschlug mir die Sprache. Und alles, was ich sagte, war: »Meh.«

Nun war er an der Reihe, mich zu schlagen, aber stattdessen küsste er mich. »Bleib«, sagte er mit leiser Stimme. »Bitte bleib.«

An diesem Punkt flutete die Stimme des Zweifels mein Hirn. Schlaf nicht bei einem Gast. Fang in der Woche, in der dein Bruder heiratet, nichts an. Dieser Kerl wird bald weiterreisen und nächste Woche nicht mehr da sein. Was dann? Oh, und er ist ein Kerl.

Aber noch während mein Hirn nach Antworten suchte, glitt mein Körper – nackt unter der riesigen Bettdecke, angeschmiegt an den warmen, sinnlichen Mann neben mir – in den Schlaf. Blues Körper roch leicht nach Zitronen und dem eindeutig männlichen Geruch eines Körpers nach einem langen Tag. Ich atmete tief ein, als wäre es Lachgas und ich beim Zahnarzt, verzweifelt danach, es auf der Suche nach süßer Unterwerfung in meinen Körper zu bekommen.

Ich wachte einige Stunden später wieder auf und musste dringend aufs Klo. Als ich zu mir kam, fühlte ich Brusthaar unter meiner Hand und erschrak kurz, bis ich mich daran erinnerte, dass es Blue war. Dann sank ich zurück zu ihm, wollte bloß einen Augenblick lang vollkommen mit ihm verbunden sein, bevor ich ins Bad ging.

Meine Lippen fanden sein Schulterblatt und ich küsste es sanft, streckte meine Zunge heraus, um seine Haut zu schmecken. Ich hatte unrecht gehabt, als ich Wein mit Ambrosia verglichen hatte. Der wahre Nektar der Götter war die Haut dieses Mannes.

Schließlich zwang ich mich, aufzustehen und ins Bad zu gehen. Ich verfluchte die Drinks, die zu dieser drückenden Blase geführt hatten. Ich ließ die Lichter aus und tat mein Bestes, um leise zu sein, aber als ich zurück zu Blues warmem Körper kroch, wusste ich, dass er wach war.

»Entschuldige«, flüsterte ich. »Ich wollte dich nicht wecken.«

»Is’ okay«, murmelte er verschlafen. »Muss auch auf’s Klo.«

Als er zurückkam, grinste er mich an. »Hast dich ja gar nicht aus dem Staub gemacht.«

»Nope. Ich bin unerschrocken«, scherzte ich. »Außerdem bist du warm und kuschelig. Und flauschig. Das ist wie Schmusen mit einem Welpen oder so.«

»Ist das eine ausgefallene Art, mir zu sagen, dass ich deine Schlampe bin?«, fragte er.

»Ich würde dich niemals so nennen. Außer wir wären im Gefängnis. In dem Fall, ja. Ich wäre erfreut, dich als meine Schlampe zu haben, und es wäre eine Ehre, dich meine Knastschlampe nennen zu können. Genauer gesagt, nun, da ich zum ersten Mal darüber nachdenke, seit ich herausgefunden habe, dass ich mich zu dir hingezogen fühle: Wir sollten auf einen Raubzug gehen und uns gefangen nehmen lassen. Denk an all den Sex, den wir haben könnten, während wir einsitzen. Jemand würde sogar für uns kochen. Da sollte man mal drüber nachdenken.«

»Klingt herrlich. Ich sag dir was: Du versuchst es zuerst und lässt mich wissen, wie es war.« Er kicherte in meine Brust. Ich hob einen Arm, sodass er näherkommen und seinen Kopf auf meiner Schulter ablegen konnte. Es fühlte sich gut an. Es fühlte sich richtig an. Ich küsste ihn auf den Kopf, atmete den Duft seines Shampoos ein.

Ich schob meine Zehen unter eine seiner Waden und zog sein Bein näher zu mir. Besser. Er legte den Kopf schief und sah mich an, aber ich konnte seinen Gesichtsausdruck in dem dunklen Raum nicht erkennen.

»Was ist los?«, fragte ich und hätte ihn fast, fast, »Baby« genannt. Was zur Hölle? Vielleicht war ich gestürzt und nun in einer Art künstlichem Koma. Ich war am Morgen aufgewacht und als ganz gewöhnlicher Hetero-Kerl zur Arbeit gegangen. Und nun lag ich hier im Bett, nackt, mit einem fremden Mann, den ich mit Zuneigung überschütten wollte.

»Nichts«, sagte Blue.

»Lügner.«

»Verdammt, Tristan. Es ist zu spät für tiefgründige Gedanken. Lass uns einfach wieder schlafen.«

Ein Teil von mir wollte weiterdrängen. Wollte wissen, welche tiefgründigen Gedanken in seinem Kopf herumgingen. Aber er hatte recht. Es war wirklich spät und ich musste am nächsten Tag arbeiten. Außerdem musste ich irgendwie aus diesem Zimmer kommen, ohne dass meine Angestellten mich das Undenkbare tun sahen: den Gang der Schande aus dem Zimmer eines Gastes.

Ich sollte gehen, aber ich konnte mich nicht dazu durchringen, ihn zu verlassen. Nur ein kleines Bisschen länger. Nur ein paar Stunden mehr meine Haut gegen seine und das Gefühl seines warmen Atems auf meiner Brust.

Mein Handywecker ging um Punkt sechs und ich stellte ihn innerhalb von Sekunden ab. Zum Glück begann er erst leiser und ich reagierte so schnell, dass Blue nicht davon wach wurde. Mich von ihm wegzustehlen, brach mir fast das Herz, weil ich nicht wusste, wann ich ihn wiedersehen würde. Ich duschte schnell und zog mir die Jeans über, als ich mich an mein ruiniertes Shirt erinnerte.

Nachdem ich ein Notizbuch und einen Stift gefunden hatte, von denen ich wusste, dass sie im Nachttisch lagen, kritzelte ich eine Nachricht und ließ sie vor dem Badezimmerwaschbecken liegen.

Blue war gerade erst angekommen, also nahm ich an, dass er länger bleiben würde als eine Nacht. Das bedeutete, dass ich ihn vermutlich wiedersehen würde, aber würde er etwas von mir wissen wollen? Würde er mich wieder in sein Bett lassen? Oder würde er am Morgen aufwachen und alles bereuen?

Ich lehnte mich zu ihm und küsste seine Stirn. Er sah im Schlaf so friedlich und entspannt aus. Der Mann war umwerfend. Nicht perfekt, aber so wunderbar unperfekt, auf alle richtigen Arten. Ein Goldjunge. Ich musste mich selbst daran erinnern, dass ich ein verdammt glückliches Arschloch war, weil ich eine Nacht mit ihm verbracht hatte, selbst wenn ich nie wieder eine Chance bekommen würde, ihn zu berühren.

Ich griff ein graues T-Shirt aus Blues Koffer und schlüpfte hinein, bevor ich mich auf den stillen Flur stahl und mich durch eine Hintertür zu meinem Wagen schlich.

Ich fuhr die Viertelmeile zu meiner Hütte und sah Piper, die gegen den Zaun lehnte und mich aus dem Garten beobachtete. Sie sah angepisst aus. Ihre blauen Augen bohrten sich durch mich hindurch. Super. Genau das, was ich jetzt brauchte. Jemand, der Schuldgefühle weckte. Ich hatte es verdient. Ich hatte die Hütte letzten Abend verlassen und ihr versprochen, dass ich eine Stunde später zurück sein würde. Sie war nicht glücklich darüber gewesen, aber ich war trotzdem gegangen. Und dann war all das mit Blue passiert und ich hatte nicht mehr an sie gedacht.

Okay, vielleicht verdiente ich diese Schuldgefühle. Einmal mehr hatte ich die Liebe meines Lebens zurückgelassen, aber ich wusste nur zu genau, dass sie mir vergeben würde, wie sie es immer tat.

Borrowing Blue

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