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Tristan

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Heilige Mutter Gottes, dieser Kuss. Ich versuchte, meine Reaktion vor Blue zu verbergen, aber innerlich war ich ein Klumpen zitternder Wackelpudding. Den Mund dieses Mannes so einzunehmen, war die sinnlichste Erfahrung meines Lebens.

Das war nicht der weiche, elegante Kuss einer Frau, züchtig und unsicher, und … artig. Das war Stärke, ein prickelnder Nacken und nacktes, lüsternes Verlangen.

Und verdammt, ich wollte das. Ich wollte ihn so sehr, dass es mir den Atem verschlug. Wären wir für uns gewesen statt in der Bar des Weinguts, das mir gehörte, hätte ich ihn angesprungen wie eine Katze ein Wollknäuel. Ich wollte ihn auswickeln.

Blue fühlte sich unglaublich unter meinen Händen an und schmeckte wunderbar. Als ich meine Zunge in seinen heißen Mund gleiten ließ, fühlte es sich an, als steckte ich den Schlüssel in die Tür des Zuhauses, nach dem ich mein ganzes Leben gesucht hatte. Die Gefühle, die mich überkamen, hätten mich zu Tode erschrecken müssen, aber aus irgendeinem Grund machten sie mich ruhig.

Sobald ich diese Ruhe spürte, beendete ich den Kuss und zog mich zurück. Obwohl ich innerlich noch immer bebte, fühlte es sich gut an. Wie das nervöse Flattern der Vorahnung statt einer zitternden Angst. Ich wollte ihn noch einmal küssen und irgendwie wusste ich, dass ich einen erneuten Weg in diesen Mund finden würde.

Wir lachten wieder, vermutlich wegen der sprudelnden Erleichterung darüber, dass es sich nach meinem Überfall nicht merkwürdig zwischen uns anfühlte.

Nachdem ich ein weiteres Glas meines liebsten Rotweins bestellt hatte, erzählte Blue mir von der Zeit, als seine Weisheitszähne gezogen worden waren. Er war achtzehn Jahre alt gewesen und so voll mit Schmerzmitteln, dass er alles doppelt gesehen hatte.

»Ich hätte schwören können, dass ich gesehen habe, wie mein Vater in der Küche einen Kerl geküsst hat. Ich hab darauf bestanden, dass Mom reingeht und meinen Vater davon abhält, schwul zu sein. Meine ganze Familie war der Meinung, dass das das Witzigste war, das je passiert ist. Sie haben sich sogar eine Geschichte über ›Dads besonderen Freund Kevin‹ ausgedacht. Dass es okay war, wenn Dad und Kevin geheime Küsse austauschten. Als wir älter wurden, wurden die Storys immer abstruser. Mom gab zu, dass sie und Dad eine Dreierbeziehung mit Kevin haben. Und bis heute jammert sie immer mal wieder mit übertriebener Stimme ›Blue, hör auf, so schwul wie Dad zu sein‹, als ob das der beste Witz auf der ganzen verdammten Welt wäre.« Blue verdrehte die Augen. »Meine Familie ist übrigens verrückt. Nur für den Fall, dass du da nicht allein drauf kommst, weil ich so normal bin.«

Dann war es an mir, zu lachen, was ihn nur noch mehr lachen und sich am Bier verschlucken ließ, sodass ich ihm auf den Rücken schlagen musste.

»Tristan, danke für das Lachen, Mann. Ich kann dir wirklich nicht genug danken. Ich hab das echt gebraucht heute«, sagte Blue. Sein Lächeln war Dank genug.

Ich drückte seine Schulter noch einmal, um ihm zu versichern, dass das Vergnügen ganz auf meiner Seite war, und nahm einen Schluck Wein. Eine Stimme erklang hinter uns. Als ich mich auf meinem Stuhl umdrehte, sah ich zwei Männer, die auf uns zukamen.

»Blue?«, fragte der ältere Mann. Ich kannte Blues Ex bisher nicht, aber ich hasste ihn bereits. Offensichtlich.

Der Mann sah von Blue zu mir.

»Hi, Jeremy«, sagte Blue mit neutraler Stimme.

Unsere Stühle waren nun zueinander gedreht und ich nutzte die Chance, mich ein Stückchen näher zu Blue zu lehnen und meine Hand auf sein Knie zu legen. Ich spürte, wie sein Körper sich kurz verkrampfte und sich dann wieder entspannte. Unsere Knie streiften einander und ich presste meines gegen seines.

Jeremy lehnte sich zu Blue und umarmte ihn verkrampft. Ich spürte, wie mein Körper sich anspannte und ich die Zähne aufeinanderbiss. Was zur Hölle? Er war gerade dabei, meinen Freund anzufassen, und das direkt vor mir? Jesus, Tristan. Beherrsch dich. Dieser Fremde ist nicht dein Freund. Aber trotzdem. Es ist rüde.

Als Jeremy zurücktrat, legte ich meinen Arm um Blue und platzierte meine Hand auf seinem oberen Rücken. Ich wollte nur … ich weiß auch nicht. Wahrscheinlich wollte ich nicht, dass er sich allein fühlte. Er sollte wissen, dass jemand hinter ihm stand.

Blues Körper schien sich bei meiner Berührung zu entspannen und ich war erleichtert, dass er nicht sauer war, weil ich ihn angefasst hatte. Jeremy stellte seinen kleinen Kumpanen vor.

»Blue, das ist Brad. Brad, das ist Blue.«

Brad streckte seine Hand aus, um Blues zu schütteln. »Schön, dich kennenzulernen. Blue, oder? Wie die Farbe? Woher kennst du Jeremy?«

Er hatte die Frage mit ehrlicher Neugierde und Höflichkeit gestellt, aber ich zuckte dennoch zusammen. Offenbar hatte Jeremy seinem Ehemann nichts von seiner vorherigen dreijährigen Beziehung erzählt, die er erst vor sechs Monaten beendet hatte. Das ergab nicht einmal Sinn. Wie konnte das sein?

Blue saß dort wie gelähmt. Ich begann zu sprechen, um den merkwürdigen Moment zu umschiffen. »Blue ist kurz für Bartholomew. Er und Jeremy waren bis vor ein paar Monaten drei Jahre lang zusammen.«

Es lag Gehässigkeit in meiner Stimme. Ich fühlte den sauren Geschmack, als die Worte aus meinem Mund kamen. Brads Augen weiteten sich, als er Jeremy überrascht ansah. Für den Bruchteil einer Sekunde bereute ich, mich eingemischt zu haben. Aber als ich spürte, wie Blue sich etwas in meine Richtung lehnte, bemerkte ich auch, dass er zitterte. Es war so dezent, dass ich es beinahe nicht wahrgenommen hätte. Mein Daumen kreiste langsam in seinem Nacken, um ihn zu beruhigen.

»Ich bin Tristan«, stellte ich mich vor und streckte meine Hand aus. Brad nahm sie und schüttelte sie, während meine Worte über Blue und Jeremy noch nachwirkten. Dann war Jeremy an der Reihe und er schüttelte meiner Hand mit etwas zu viel Kraft. Ich erwiderte dies mit meiner eigenen.

Danach legte ich meinen Arm wieder um Blue. Jeremys Blick verfolgte jede meiner Bewegungen. Als seine Augen zu meinen zuckten, grinste ich wissend. Richtig, Kollege. Er ist mit mir hier.

Jeremy sah zurück zu Blue. »Ich hab gehört, du bist befördert worden und ziehst bald um.«

»Es wurde noch nicht öffentlich bekanntgegeben, aber ja, ich schätze, der Redakteur war von meinem Willen zur Wahrheit beeindruckt«, sagte Blue mit einem stechenden Blick zu Jeremy.

Jeremy sah zur Seite, seine Nasenflügel blähten sich.

Brad schien derweil seine Gedanken beisammen zu haben und entschied, dass es Zeit war, ein Wörtchen mit seinem Mann zu sprechen.

»Entschuldigt ihr uns bitte? Jeremy und ich sollten zu unserem Tisch zurückgehen«, sagte er und zog an Jeremys Hand. Ich fragte mich, ob er wohl das legendäre Temperament von Rothaarigen hatte. »Es war nett, euch beide kennenzulernen.«

Blue und ich drehten unsere Stühle zurück. Wir nahmen einen Schluck Wein und blieben für ein paar Minuten still. Dann tat Blue etwas vollkommen Unerwartetes.

Er drehte sich zu mir, lehnte sich in meine Richtung und vergrub sein Gesicht an meinem Hals. Ich legte sofort meine Arme um ihn und hielt ihn fest.

»Ist schon okay, ich versprech’s«, flüsterte ich in sein Ohr. »Bald wird’s dir besser gehen. Eine Woche noch und du bekommst deinen Neustart.« Ich rieb seinen Rücken in langsamen Bewegungen und schmiegte mein Gesicht an seinen Kopf. Gott, wie sehr wünschte ich, dass es anders für ihn sein könnte. Wenn er doch nur direkt in sein Zimmer gegangen wäre, statt zur Bar. Aber dann hätte ich ihn nicht getroffen und ich war nicht sicher, ob ich selbstlos genug war, um mir das zu wünschen.

Borrowing Blue

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