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Kapitel 4: Tante Rosie
ОглавлениеAm nächsten Morgen wurde ich von einem wütenden Bellen geweckt.
Schlaftrunken fragte ich mich, ob Wotan noch immer bellte, aber dann erinnerte ich mich daran, dass er, als ich am Abend zuvor endlich die Haustür aufgeschlossen hatte, in ein begeistertes Jaulen verfallen war, das erst aufgehört hatte, als ich ihn in den Garten ließ, damit er noch mal das Beinchen heben konnte. Konnte es sein, dass ich ihn im Garten vergessen hatte? Offenbar - denn ich war nach den Geschehnissen des vorherigen Abends todmüde in mein Bett gefallen und in einen traumlosen, bleiernen Schlaf gesunken. Ein schlechtes Gewissen beschlich mich: der arme Wotan hatte die ganze Nacht draußen verbringen müssen. Aber es war nicht kalt und er hatte ein dickes Fell. Nach meiner nächtlichen Begegnung mit mysteriösen Waldbewohnern war es vielleicht auch gar nicht schlecht, wenn das Pelzmonster ein paar Wachrunden gedreht hatte.
Noch etwas benommen lauschte ich nach draußen. Wotan bellte aus vollem Halse. War womöglich der seltsame, niesende Vogel wieder zurückgekehrt? Aber inzwischen war es hell geworden und Sonnenstrahlen schimmerten durch meine Gardinen. Nachttiere waren um diese Tageszeit sicher nicht mehr unterwegs. Überhaupt verloren die Ereignisse des vergangenen Abends bei Licht betrachtet ihren Schrecken. Wahrscheinlich war ich panisch vor einer harmlosen Eule geflohen. Nur gut, dass mich dabei niemand gesehen hatte.
Ich schaute auf die Uhr und schrak hoch. Es war schon Mittag. Ich hatte fast zwölf Stunden geschlafen. Mit einem Satz war ich aus dem Bett und riss meine Gardinen beiseite. Ich spähte hinaus und versuchte vergeblich den Grund für Wotans wütendes Bellen auszumachen, konnte aber nichts sehen. Ich öffnete die Balkontür, trat im Schlafanzug hinaus und versuchte es mit rufen.
„Wotan! Ruhig jetzt! Es ist Sonntag.“
Unbeeindruckt von meinem Appell bellte Wotan weiter aus Leibeskräften. Das Bellen wurde gelegentlich von einem wütenden Knurren unterbrochen. Es schien von der Vorderseite des Hauses zu kommen.
Entnervt lief ich ins Erdgeschoss und spähte durch das Fenster neben der Haustür. Mein Blick fiel auf unsere geschlossene Gartenpforte. Hinter der Pforte stand Wotan mit gesträubtem Nackenfell und gebleckten Zähnen. Davor stand ein roter Porsche Cabrio mit offenem Verdeck. Hinter dem Lenkrad erkannte ich eine grell geschminkte Frau mit Sonnenbrille und Kopftuch, die heftig gestikulierend auf das Fellmonster einredete. Wild entschlossen öffnete sie plötzlich die Autotür, stieg aus und ging um den Wagen herum auf den Gartenzaun zu. Wotan verfolgte ihre Bewegungen mit wütendem Bellen. Mir stockte der Atem. Diese Verrückte wollte doch wohl hoffentlich nicht versuchen, den Garten zu betreten. Barfuß und im Schlafanzug riss ich die Haustür auf und lief in den Garten.
„Wotan, hierher, bei Fuß!”, rief ich, während ich so schnell ich konnte, den Weg zum Gartentor hinunter rannte. Wotan sah sich nur kurz um und fühlte sich offenbar durch meine Anwesenheit aufgefordert, mich bis aufs Blut zu beschützen, denn nun sprang er auch noch hoch und legte die Vorderpfoten auf den Gartenzaun.
Die Frau blieb erschrocken stehen, als sie sich Auge in Auge mit Wotan sah.
„Bleiben Sie wo sie sind!”, rief ich verzweifelt und fasste Wotan am Halsband. Mit Mühe gelang es mir, ihn wieder mit allen vier Pfoten auf den Boden zu befördern. „Wotan, aus!”, brüllte ich ihn an. Wotan knurrte sich die Seele aus dem Leib und Geifer floss in Strömen aus seinem Maul.
„Du musst Mia sein“, hörte ich plötzlich eine Stimme den infernalischen Lärm übertönen. Mit aller Kraft hielt ich Wotan am Halsband fest und blickte über den Gartenzaun.
„Das stimmt“, antwortete ich und mit einem Mal wurde mir klar, dass mir Tante Rosie gegenüberstand, die ja versprochen hatte, spätestens am Sonntagmorgen zu erscheinen. Irgendwie hatte ich mir meine Großtante anders vorgestellt und auch ihre Ankunft weniger spektakulär erwartet.
„Ich wusste nicht, dass du schon von einer Bestie beschützt wirst. Deine Mutter hatte mir eigentlich gesagt, dass das mein Part sein sollte“, brüllte sie über den Zaun. „Hätte sie dir von Wotan erzählt, wärst du womöglich nicht gekommen“, versuchte ich einen Scherz, während ich gleichzeitig den Hund Richtung Haus zog. Widerstrebend und knurrend folgte er mir und es gelang mir tatsächlich, ihn durch die Haustür zu bugsieren, die ich mit einem raschen Ruck schloss.
Und dann stand ich da. Im Schlafanzug, mit ungeputzten Zähnen, nicht gekämmt und - ohne Haustürschlüssel. Die Erkenntnis durchzuckte mich im selben Moment, in dem ich die Tür schloss. Mist – natürlich hatte ich nicht an den Schlüssel gedacht, als ich mehr oder weniger direkt vom Bett in den Garten gerannt war.
Tante Rosie hatte inzwischen das Gartentor geöffnet und kam über den Kiesweg auf hohen Absätzen auf mich zu gestöckelt. Obwohl sie die Sechzig bestimmt schon überschritten hatte, wirkte sie mit der engen Jeans und der Lederjacke, die sie dazu trug, ziemlich jugendlich. Diese Klamotten stammten sicher nicht aus dem Schlussverkauf.
„So, mein Kind, nun lass dich erstmal drücken!”, rief sie mir zu und kam vor mir zum stehen. Mit erstaunlicher Kraft packte sie mich bei den Schultern und zog mich zu sich heran. Dann hielt sie mich eine Armeslänge von sich und sah mir ins Gesicht. „Meine Güte, du bist deiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Dieselben grünen Augen, dieselben Sommersprossen und dieselben roten Haare. Hübsch siehst du aus.“
Hübsch fand ich mich ganz sicher nicht, aber jetzt war wohl kaum der Zeitpunkt, um darüber zu diskutieren.
„Schön, dass du da bist“, stammelte ich und kramte gleichzeitig in meinem Gedächtnis nach einer Situation, in der ich dieser Frau schon einmal begegnet war. Als könne sie meine Gedanken lesen, sagte sie zu mir: „Ich glaube nicht, dass du dich noch an mich erinnern kannst. Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, hast du noch Windeln getragen und deinen Obstbrei auf meine Bluse gespuckt. Das war kurz vor meiner Abreise in die USA.“
Sie ließ mich los und ich trat einen Schritt zurück. „Ich würde dich ja gerne herein bitten, aber es gibt da zwei Probleme“, sagte ich mit einem schiefen Grinsen. „Mein Hund will dich fressen und ich habe keinen Schlüssel.“
„Na, das fängt ja gut an!”, Sie lachte, während sie aus ihrer Handtasche ein Smartphone zog. Ich sah sie fragend an. „Ich ruf jetzt erstmal im Tierheim an, damit dieses Ungeheuer abgeholt wird.“
„Nein, das darfst du nicht, Wotan muss hier bleiben!“
„Beruhig dich, Kindchen, das war nur ein Scherz“, grinste sie mich an. „Das mit Wotan kriegen wir schon irgendwie auf die Reihe. Ich glaube nicht, dass er tatsächlich Menschen frisst. Wir müssen jetzt erstmal einen Schlüsseldienst finden, der uns die Tür aufsperrt.“
Ich hatte da so meine Bedenken, dass wir im ländlichen Oberbayern an einem Sonntagmittag einen Schlüsseldienst finden würden, der uns aus unserem Dilemma befreite. Tante Rosie schien da zuversichtlicher, denn in Windeseile hatte sie im Internet eine Reihe von Telefonnummern gefunden, die sie in ein kleines goldenes Notizbuch kritzelte.
Die letzte Nummer, die sie fand, wählte sie sofort, um nach zwanzigfachem Läuten mit einem Stoßseufzer aufzulegen und eine andere Nummer aus ihrem Notizbuch einzutippen. Während Tante Rosie erfolglos einen Anschluss nach dem anderen ausprobierte und entweder keine Antwort erhielt oder mit einem Anrufbeantworter verbunden wurde, der sie auf Montag vertröstete, fühlte ich mich langsam unbehaglich in meiner Nachtwäsche.
„Tante Rosie, vielleicht können wir ja ein kleines Fenster einschlagen, dann brauchen wir keinen Schlüsseldienst.“
„Warte mal Mia, ich versuche noch diese Nummer aus München, wenn wir dann keinen Erfolg haben, dann brechen wir bei dir ein.“
Tante Rosie hob erneut ihr Telefon ans Ohr und bereits nach wenigen Sekunden sprach sie erfreut in den Apparat. Offenbar hatte sie tatsächlich einen Schlüsseldienst erreicht, der sich auch am Wochenende zuständig fühlte. Leider verschwand das Lächeln schnell wieder aus ihrem Gesicht und ich hörte sie unwirsch sagen:
„Zwei Stunden, wieso brauchen Sie zwei Stunden von München bis zu uns? Das kann ja wohl nicht wahr sein! Sind Sie mit dem Fahrrad unterwegs?“
Augenscheinlich hatte ihr Gesprächspartner keinen Sinn für Humor und fand einen Auftrag in der Provinz auch nicht besonders reizvoll, denn ich hörte sie noch: „Hallo? Hallo?“, ins Telefon rufen, bevor sie es mit einem unwirschen Schulterzucken zurück in ihre Tasche gleiten ließ.
„Der Mistkerl hat einfach aufgelegt. Den sollte man doch wegen unterlassener Hilfeleistung drankriegen.“
Sie blickte mich an.
„Mensch, Mia, du hast ja bloß einen Schlafanzug an!“ Ich sah sie einigermaßen überrascht an und fragte mich, ob ihr das bisher wirklich noch nicht aufgefallen war. Hatte sie gedacht, mein Aufzug wäre die traditionelle Sonntagskleidung dieser Region?
„Äh, ja“, antwortete ich. „Wotan hat mich geweckt, als er dich verbellt hat und dann bin ich gleich raus gerannt, um zu verhindern, dass du ihm zum Opfer fällst.“
„Na, dann wird es aber Zeit, dass wir ins Haus kommen. Gibt es hier irgendwo Werkzeug?“ Ich schüttelte den Kopf. Einen Geräteschuppen oder ähnliches gab es bei uns nicht, die Garage war verschlossen und wenn sich überhaupt ein Hammer oder dergleichen in unserem Hausstand befunden hätte, dann ganz bestimmt irgendwo im Keller unter dem Haus.
Tante Rosie ließ mich vor der Haustür stehen und ging zurück zu ihrem schnittigen Sportwagen. Sie öffnete den Kofferraum und begann darin zu kramen. Nach wenigen Augenblicken tauchte sie mit einem Wagenheber in der Hand wieder auf. Triumphierend schwang sie ihn über ihrem Kopf.
„Damit werden wir jetzt ein Fenster einschlagen und im Nu bist du wieder gesellschaftsfähig.“
Mit gemischten Gefühlen sah ich zu, wie sie die Kofferraumklappe wieder zuschlug und sich aufrichtete.
Mit einem Mal starrte sie angestrengt in die Ferne. „Schau mal, da hinten auf dem Bauernhof sind ein paar Leute. Sieht so aus, als ob da ein Möbelwagen vorfährt.“
„Das kann nicht sein, der Hof ist schon lange verlassen und total runtergekommen.“
„Doch, ich bin mir sicher, da steht ein Möbelwagen.“
Neugierig ging ich barfuß durch den Garten und trat neben sie auf die Straße. Tatsächlich, sie hatte Recht. Ich konnte sogar zwei LKWs erkennen, die vor dem Brunnen im Innenhof standen und mehrere Männer hatten sich im Hof verteilt.
„Los, komm, die haben bestimmt Werkzeug dabei. Wir fahren da mal schnell rüber.“
„Äh, nein, ich warte hier lieber auf dich. Ich glaube, ich bin nicht richtig angezogen“, antwortete ich mit einem Blick auf meine nackten Füße.
„Du hast Recht“, rief sie mir zu, während sie sich in ihr Auto schwang. „Ich bin gleich wieder da“, konnte ich noch durch den aufbrausenden Motorenlärm hören und dann blieb ich auch schon, in eine Staubwolke gehüllt, zurück.
Gespannt und mit tränenden Augen blickte ich dem Wagen hinterher und sah, wie Tante Rosie mit maximaler Geschwindigkeit den schmalen Schotterweg zum Eulenhof entlang brauste. Mit einer schwungvollen Kurve umrundete sie den alten Brunnen und kam mit quietschenden Reifen vor einer Gruppe von drei Männern zum Stehen. Tante Rosie redete mit wilden Gesten energisch auf sie ein und ich war eigentlich nicht verwundert, als ein älterer Herr sich aus der Gruppe löste und mit schnellen Schritten im Haus verschwand, um im nächsten Augenblick mit einer Werkzeugkiste wieder zu erscheinen. Ohne lange zu zögern stellte er die Kiste auf den Rücksitz des Wagens und nahm selber auf dem Beifahrersitz Platz. Tante Rosie trat wieder aufs Gas und wenige Augenblicke später war ich eine neue Staubwolke gehüllt.
„Hilfe naht“, rief sie mir entgegen. Ihr Begleiter stieg für sein Alter sehr behände aus dem Wagen, eilte auf die Fahrerseite und öffnete Tante Rosie galant die Wagentür. „Vielen Dank, mein Lieber. Darf ich sie kurz mit meiner Nichte Mia bekannt machen?“ Er lächelte mich an und streckte mir seine Hand entgegen.
„Sehr erfreut, Sie kennen zu lernen. Mein Name ist Dr. Malinkow und ich glaube, wir sollten mal schauen, dass sie ihren Schlafanzug loswerden. Es ist ja schon fast Nachmittag.“
Noch bevor ich antworten konnte, beugte er sich über den Rücksitz und entnahm dem Werkzeugkasten einen kleinen Haken, mit dem er zielstrebig auf die Haustür zuging. Während Tante Rosie und ich noch zögerten, ob wir ihm folgen sollten, hatte er sich schon zum Türschloss herabgebeugt, den Haken ins Schloss gesteckt und ein paar Mal hin und her bewegt. Dabei bewegte er die Lippen, als ob er leise vor sich hin fluchen würde. Wir hörten ein kurzes „Schnapp“ und die Tür war offen.
„Seien Sie vorsichtig, da drin ist der Hund“, rief ich erschrocken und setzte zu einem Spurt Richtung Haustür an. „Gehen Sie nicht ins Haus. Wotan ist unberechenbar.“
Eigentlich war Wotan sogar sehr berechenbar. Ich konnte mir gut ausmalen, was geschehen würde, wenn dieser nette ältere Herr auch nur einen Schritt über unsere Schwelle setzen würde. Atemlos erreichte ich die Haustür und griff nach dem Türknauf. Dr. Malinkow richtete sich auf. „So, bitte schön. Der Weg ist frei.“ Er sah mich aus freundlichen Augen an.
„Wie haben Sie das so schnell hinbekommen?”, fragte ich erstaunt. „Da kann ja kein Einbrecher mithalten!“
Er zog eine Augenbraue hoch.
„Oh, ich wollte Sie nicht beleidigen“, stammelte ich und schämte mich für meine vorlaute Bemerkung. Statt dankbar zu sein, brachte ich meinen Retter in Verlegenheit.
„Vielen Dank, mein Lieber, Sie sind die Rettung in der Not“, ertönte Tante Rosies Stimme hinter uns und befreite mich aus dieser peinlichen Situation. „Hoffentlich können wir uns bei Ihnen bei passender Gelegenheit revanchieren.“
„Sie können sich bereits jetzt revanchieren, indem Sie mich wieder zu meinen Leuten zurück fahren. Wir haben heute noch viel zu erledigen.“
„Natürlich, natürlich, kommen Sie.“ Tante Rosie winkte einladend und Dr. Malinkow nahm wieder auf dem Beifahrersitz Platz. „Mach’s gut Mia. Bis zum nächsten Mal“, rief er mir noch zu, bevor er wieder in einer Staubwolke verschwand.
Erleichtert öffnete ich die Haustür und sah mich zuerst nach Wotan um. Ich musste die Bestie irgendwie bändigen, bevor Tante Rosie zurück war. Zu meiner Überraschung lag er friedlich auf seiner Decke neben der Tür und schaute Schwanz wedelnd zu mir hoch.
„Da bist du ja, du Monster. Ich muss dich jetzt erstmal entschärfen“, sagte ich zu ihm, während ich nach dem Maulkorb griff, der neben der Tür hing. Widerstandslos ließ er ihn sich umbinden. Schließlich legte ich ihm noch Leine und Halsband an und führte ihn dann in das Arbeitszimmer meiner Mutter, schloss die Tür und drehte den Schlüssel um, der von außen im Schloss steckte.
„Kindchen!”, hörte ich auch schon ein Rufen auf dem Gartenweg.
„Ich bin im Haus, du kannst reinkommen“, antwortete ich, während ich beobachtete, wie Tante Rosie die Tür einen Spalt weit öffnete und vorsichtig hindurch lugte.
„Wotan ist eingesperrt. Die Gefahr ist gebannt“, rief ich ihr zu.
Tante Rosie setzte zögernd einen Fuß über die Schwelle.
„Weißt du was?", sagte sie zu mir, als sie schließlich im Hausflur stand.
„Jetzt hätte ich gerne eine starke Tasse Kaffee und ein kleines Gläschen Cognac.“
So begann mein neues Leben mit Tante Rosie.
„Also“, sagte sie, als wir zusammen am Küchentisch saßen. „Deine verrückten Eltern haben dich alleine gelassen, und sind an den Nordpol gezogen.“
„Südpol“, korrigierte ich sie. „Na, dann eben Südpol, das Ergebnis ist das selbe“, brummte sie und nippte an ihrem Kaffee. „Deine Mutter hat als Kind schon nichts als Flausen im Kopf gehabt, das scheint bei uns irgendwie in der Familie zu liegen.“
Sie sah mich prüfend an. „Was ist mit dir?“
Ich selber fühlte mich eigentlich sehr normal – vielleicht war ich etwas aus der Art geschlagen.
„Was ist mit dir?”, gab ich die Frage zurück. Sie sah mich fragend an.
„Wie kommt es, dass du alle Zelte abbrichst und für ein Jahr mein Kindermädchen spielen kannst?“
Und so kam es, dass wir den restlichen Nachmittag mit Tante Rosies Lebensgeschichte verbrachten. Ein aufregendes Leben, das mit ihrer Kindheit in einem kleinen norddeutschen Dorf begann, ihre Zeit im Internat, dann an der Uni, ihre Zeit als Journalistin, ihre drei Ehemänner und ihr eigener Zeitungsverlag in den USA zogen in bunten Bildern an mir vorbei.
„Tja, und als mein lieber Henry das Zeitliche gesegnet hatte, beschloss ich, meinen Zeitungsverlag zu verkaufen und nach Deutschland zurückzukehren“, schloss sie ihre Geschichte. „Ich bin also frei und kann tun und lassen was ich möchte.“