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1 Einleitung

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Im 8./7. Jh. v. Chr. schlossen sich einige kleine latinische Hügelsiedlungen am unteren Lauf des Tibers zu einer folgenreichen Gemeinschaft zusammen. Mit der Vereinheitlichung des Siedlungsgebiets der künftigen Stadt Rom hatte ein beispielhafter Aufstieg begonnen, der spätere Generationen immer wieder faszinierte. Das neu entstehende politische Zentrum in Mittelitalien stand gegen 600 v. Chr. zunächst unter dem Einfluss der Etrusker, die ihre Macht von der Toskana her weiter nach Süden ausdehnten. Unter der Zuwanderung aus weiteren angrenzenden Gegenden bildete sich in Rom eine neue herrschaftliche Schicht, welche die Macht nach anfänglichem Königtum um 500 v. Chr. unter sich aufteilte und ihr Territorium erfolgreich ausbaute.

In der Folge sind nicht nur die Etrusker selbst, sondern auch die anderen umliegenden italischen Völker von Rom zurückgedrängt bzw. vereinnahmt worden. Bis zum Jahre 270 v. Chr. war ganz Italien südlich des Arno an Rom gebunden und kurz darauf kam es zu den langjährigen Auseinandersetzungen mit dem punischen Karthago als der wichtigsten gegnerischen Macht im westlichen Teil der alten Welt. Im Jahre 201 v. Chr. erreichte die Stadt einen entscheidenden Sieg über die Punier und übernahm damit auch die Kontrolle über das ganze westliche Mittelmeer. Kurz darauf wurde sogar das östliche Mittelmeergebiet erobert, und unter Pompeius und Caesar erreichte das Imperium Romanum im 1. Jh. v. Chr. die Grenze von Rhein und Euphrat.

Die Herrschaftsausdehnung zur Zeit der Republik hatte freilich auch ihre Kehrseite. Durch die Vergrößerung des Machtbereichs waren die gemeindestaatlichen Strukturen und die aristokratische Regierung des Senats überholt worden, wurden aber keiner grundlegenden Revision unterzogen. Einzelpersönlichkeiten, die sich der Macht von Heereseinheiten bedienten, versprachen den Bürgern und Soldaten im 1. Jh. v. Chr. konkrete Lösungen existenzieller Probleme, wozu insbesondere Landzuweisungen gehörten. Die herausragende Position und der politische Anspruch dieser Politiker und Feldherren ließen sich schwerlich im Gefüge der alten Führungselite der Nobilität einbinden, sodass die Republik grundsätzlich gefährdet oder sogar »verloren« erschien: »Res publica amissa est«, wie es Cicero wiederholt ausdrückte,1 wobei gerade er bis zuletzt verbissen um den Erhalt der traditionellen Strukturen kämpfte. Nach der Ermordung Caesars im Jahre 44 v. Chr. und dem kriegerischen Nachfolgestreit sollte unter Augustus eine neue politische Ära beginnen, an deren Spitze fortan ein princeps stand. Die Republik wurde im Jahre 27 v. Chr. vom »Prinzipat« abgelöst, das die »Kaiserzeit« einläutete und Roms Existenz nochmals 500 Jahre lang sicherstellte.

Die Ursache der Größe Roms stellte schon beim römischen Schriftsteller Livius (59 v. Chr.–17 n. Chr.) eine Leitfrage dar. Roma aeterna (»Ewiges Rom«) wurde unter Augustus als erstem Kaiser zu einem Leitgedanken, der auch im Mittelalter und in der Neuzeit faszinierte. Sowohl das Heilige Römische Reich Deutscher Nation als auch Napoleon knüpften an ihn an. Durch die Rezeption des römischen Rechts in Westeuropa wurde der römischen Rechtsidee ein dauerhaftes Nachleben gesichert. Sowohl das deutsche Kaisertum als auch das Papsttum konnten sich als Rechtsnachfolger der römischen Kaiser im Westen erachten.

In der Neuzeit erhielt aber auch die römische Republik wieder neue Bedeutung. In ihr wurde eine Mischverfassung mit »checks and balances« erkannt, die einer Volksherrschaft, wie sie in der athenischen Demokratie gegeben war, vorgezogen wurde.2 Die englischen Aufklärer des 17. Jhs. sahen in der Monarchie nach wie vor Vorteile. Thomas Hobbes verband die Demokratie mit Unordnung und einer ungerechten, entscheidungsschwachen Pöbelherrschaft (Leviathan 19), während John Locke das Volk über die Staatsform entscheiden lassen wollte und eine Mäßigung durch Gewaltenteilung forderte (Zwei Abhandlungen über die Regierung 2,132. 143–148). Dementsprechend galt die Demokratie auch in der »Glorious Revolution« (1688/89), welche das Zusammenspiel von König und Parlament regelte, als Grundlage für Chaos und Anarchie. Erst im 18. Jh. stellte der schottische Philosoph David Hume die Idee einer repräsentativen Demokratie in den Vordergrund.3

Die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung setzte in den 1770er-Jahren ebenfalls auf republikanische Freiheit und Stabilität. Auch in der Französischen Revolution von 1789 rückte nicht die Demokratie ins Zentrum, da Frankreich dafür allein schon durch seine Größe als ungeeignet erschien und ein Repräsentativsystem nach dem Muster der römischen Republik als adäquater galt.4 Der Revolutionär Gracchus Babeuf, der sich gegen die Regierung des Direktoriums wandte (1795–1799), orientierte sich an den römischen Volkstribunen, welche die Interessen des Volkes wahren sollten, und trat entsprechend für eine republikanische Verfassung ein. Somit hatte die römische Republik insgesamt eine geeignete Vorlage für die atlantischen Revolutionen abgegeben und die daraus resultierenden modernen Verfassungen mitgeprägt.


Abb. 1: Archaisches Rom, Modell im Museo della Civiltà Romana, Esposizione Universale di Roma (E.U.R.); links Iuppitertempel, davor Forum Boarium und Holzbrücke (Pons Sublicius), Mitte Palatin.

Die römische Republik

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