Читать книгу Späte Rache - Lydia Jablonski - Страница 15

Kapitel 3

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Es ist vier Uhr morgens, als Preston, Ian, Howard und Vincent von der Party zurück ins Hotel kommen. Sie sind leicht angetrunken und sehr müde. Vincent sieht trotzdem nach Matthew, er kann einfach nicht anders. Er ist der große Bruder und dass ausgerechnet Matt so traurig ist, ist ungewöhnlich. Normalerweise heitert er Vincent auf.

Die anderen drei verschwinden schnell in ihren jeweiligen Räumen. Vincent klopft bei Matthew, doch er wartet die Antwort nicht ab. Er spaziert direkt ins Zimmer hinein.

„Matthew? Wo bist du?“

Er bekommt keine Antwort. Das ist seltsam. Der Fernseher läuft noch und Vincent schaltet ihn automatisch aus. „Was macht das denn hier?“ denkt er, als er Matthews Portemonnaie auf dem Bett findet. Nun bemerkt Vincent auch, dass der Laptop noch aufgeklappt ist. Der Bildschirmschoner zeigt eine Diashow von Matthews Familie. Weit kann Matt also nicht weg sein.

„Matthew?“ ruft Vincent noch einmal. Wieder erhält er keine Antwort. Ihn überkommt ein fürchterliches Gefühl. Irgendetwas stimmt hier nicht. Vincent greift in seine Brusttasche und holt sein Handy heraus. Via Kurzwahltaste wählt er die Nummer seines Bruders. Es tutet, doch Vincents Enttäuschung ist groß, als er Matthews Klingelton „You make me feel brandnew“ hinter sich hört. Wo ist Matthew? Er würde niemals ohne Handy und Portemonnaie weggehen. Vincent geht auf den Flur, um den Bodyguard zu fragen, doch dieser ist auch nicht da. Das war Vincent vorher nicht aufgefallen. Die Band ist Sicherheitsleute so gewöhnt, dass sie sie kaum wahrnehmen. Nun wird es Vincent wirklich mulmig. Er geht in Matthews Zimmer zurück. Der Fernseher und der Laptop an, Handy und Portemonnaie noch da, sogar Matthews geliebte Lederjacke liegt auf dem Sessel. Das Bett ist zerdrückt, aber die Tagesdecke liegt noch darauf. Geschlafen hat Matthew also nicht. Vincent setzt sich auf die Bettkante. Moment… was ist das? Auf dem hellen, cremefarbenen Teppich sind zwei kleine rote Flecken. Blut! Vincent stürmt aus dem Zimmer und hämmert zwei Türen weiter gegen Ians Tür.

„Geh weg!“ tönt es knurrend von innen.

„Ian, komm raus! Matthew ist weg!“

Drinnen rumpelt es und schließlich macht Ian die Tür auf und blickt schon ziemlich verschlafen in Vincents Gesicht.

„Was ist los?“ brummt er.

„Matthew ist weg! In seinem Zimmer ist Blut und alle seine Sachen sind noch da! Ian, da stimmt was nicht. Irgendwas ist passiert.“

„Ich komme!“ sagt Ian, plötzlich wieder hellwach. „Ich zieh mir nur schnell was an.“

Er geht in sein Zimmer und kramt seine Jeans vom Sessel. T-Shirt und Turnschuhe komplettieren das Outfit.

Ebenso verschlafen sind auch Preston und Howard, als sie von den beiden geweckt werden. Doch wie Ian sind sie hellwach, als sie von Matthews Verschwinden erfahren. Zusammen mit zwei Bodyguards gehen die vier Männer in Matthews Zimmer. Vincent setzt sich wieder auf die Bettkante. Er zittert vor Angst, eine seiner Panikattacken hat ihn voll erwischt. Howard setzt sich neben ihn und legt einen Arm um seine Schultern. Preston holt ein Glas Wasser.

„Wo ist Kolja?“ fragt Ian, nachdem er sich kurz umgesehen hat. Er wendet sich an die anderen beiden Bodyguards. „Wisst ihr was davon?“

„Sorry, keine Ahnung. Wir waren mit euch unterwegs. Kolja war bei Matthew.“

„Matthew ist nicht einfach so weggegangen“, stellt Ian fest.

„Hätte mich auch gewundert“, merkt Preston an.

„Kann er im Wellnessbereich sein? Oder an der Bar?“ fragt Howard.

„Quatsch“, sagt Ian. „Dann nimmt er doch alles mit und schaltet vorher die Geräte aus. Außerdem trinkt er nicht.“

„Vielleicht hat er irgendwo eine süße Maus aufgetrieben und amüsiert sich?“ versucht es Howard noch einmal, zweifelt aber an seinen eigenen Worten.

„Das glaubst du doch selber nicht“, meint Vincent. „Nicht Matthew.“

„Ja, ich weiß“, seufzt Howard.

„Dann bleibt ja nur noch eine Möglichkeit“, sagt Preston.

„Ganz genau“, bestätigt Ian. „Matthew wurde entführt!“

Vincent zittert stärker. Seine schlimmsten Befürchtungen scheinen sich zu bewahrheiten. Howard streicht ihm beruhigend über den Rücken, aber er ist genauso aufgewühlt.

„Wir sollten Hilfe holen. Das ist definitiv nicht normal.“ Mit diesen Worten greift Ian zum Telefon.

„Rezeption? Zimmer 312 hier, Ian Johnson am Apparat. Haben sie unseren Freund Matthew Mitchell gesehen? Nein? Bitte schicken sie den Sicherheitschef nach oben. Vielen Dank.“ Ian fragt nicht lange, ob der Mann vielleicht freundlicherweise 5 Minuten erübrigen kann. Er ist ein warmherziger und höflicher Mensch, aber hier geht es um seinen Freund und da macht Ian keine Kompromisse.

Fünf Minuten später klopft es an der Tür.

„Herein!“ rufen alle vier gleichzeitig. Ein breitschultriger Mann betritt den Raum. Er trägt einen gut sitzenden Anzug und ist mit einem Funkgerät ausgestattet. Seine Glatze lässt ihn ein wenig wie Kojak aussehen.

„Guten Morgen. Sie haben mich rufen lassen? Mein Name ist Frederik Ansel. Was kann ich für sie tun?“

„Unser Freund Matthew Mitchell ist verschwunden. Wir glauben, dass das nicht freiwillig geschehen ist. Die Geräte waren noch an, seine Jacke und sein Portemonnaie liegen hier und vor dem Bett sind Blutflecken. Außerdem vermissen wir seinen Bodyguard.“ Ian fasst die Lage zusammen.

„Das klingt wirklich nicht gut. Ich werde rasch das Hotel durchsuchen lassen, vielleicht hält er sich ja doch in einem der öffentlichen Bereiche auf.“

Herr Ansel greift nach seinem Funkgerät und gibt eine Anweisung durch.

„Ich gehe meine Kollegen unterstützen. In ein paar Minuten komme ich zurück. Hoffentlich haben wir ihren Freund dann gefunden.“

Damit verlässt er den Raum. Wie versprochen kommt er nach rund einer Viertelstunde wieder.

„Es tut mir leid. Wir konnten Mr. Mitchell nicht finden.“

„Das haben wir ja gleich gesagt“, erwidert Ian. „Matthew ist nicht freiwillig weg. Er wurde entführt.“

„Es sieht ganz danach aus“, stimmt Herr Ansel zu. „Ich werde den Direktor informieren. Er muss die Polizei rufen. Das kann ich ohne seine Einwilligung in diesem Fall nicht tun. Es ist sein Hotel und er legt sehr viel Wert auf den Sicherheitsstandard.“

Abermals greift Herr Ansel nach seinem Funkgerät.

„Suzi, bitte wecke Direktor Albrecht. Er soll so schnell es geht in 312 kommen. Wir haben sehr wahrscheinlich eine Entführung.“

Zehn Minuten später klopft es erneut an der Tür.

„Herein!“ rufen wieder alle gleichzeitig.

Ein älterer Herr im perfekt sitzenden, schwarzen Anzug betritt den Raum. Seine Nickelbrille sitzt genau gerade auf seiner kleinen Nase, aber er rückt sie dennoch zurecht. Außerdem ist er nur 146cm groß und erinnert an einen Vorgartenzwerg. Lediglich der graue Haarkranz und der fehlende Bart machen eine Verwechslung unmöglich.

„Guten Morgen. Ich bin Direktor Albrecht. Sie haben einen Wunsch?“

„Guten Morgen Herr Direktor“, sagt Ian und deutet sogar eine kleine Verbeugung an. „Wir bedauern, dass wir sie wecken mussten. Aber unser Freund Matthew ist verschwunden und wir glauben, dass das nicht freiwillig geschehen ist.“

Herr Direktor Albrecht runzelt die Stirn und das Lächeln verschwindet aus seinem freundlichen Gesicht.

„Wie meinen sie das?“

„Wir meinen, er wurde entführt“, bringt Ian es auf den Punkt. „Ich kann das bestätigen Herr Direktor“, mischt sich Ansel in das Gespräch ein. „Meine Kollegen und ich haben bereits das Hotel durchsucht. Auch der Page an der Tür und die Rezeption wurden schon befragt. Mr. Mitchell ist verschwunden.“

„Ach du lieber Himmel“, sagt Herr Direktor Albrecht. Er zieht sein Taschentuch aus der Brusttasche und tupft seine Stirn ab. „Eine Entführung! In meinem Hotel! Das erlaube ich nicht!“

Er läuft im Kreis und tupft sich den Schweiß mit einem sehr elegant aussehenden Stofftaschentuch von der Stirn. Dann greift er zum Telefon.

„Frau Sonnenschmied, bitte rufen sie die Polizei und schicken sie sie hier herauf. Wir müssen eine Entführung anzeigen.“

Der Sicherheitschef setzt sich auf den Schreibtischstuhl. Das bringt ihm einen strafenden Blick des Direktors ein und mit einem automatischen Lächeln erhebt er sich wieder. Direktor Albrecht setzt seinen Spaziergang im Kreis fort. Ian und Preston haben sich inzwischen zu Vincent und Howard auf die Bettkante gesetzt. Es sieht seltsam aus, wie sie so da sitzen, wie die Hühner auf der Stange. Alle sehen sehr besorgt aus und Vincent zittert nach wie vor.

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis zwei Polizisten den Raum betreten. Preston übernimmt die Vorstellung und erzählt, was sie bisher wissen. Die Polizisten schreiben mit und stellen viele Zwischenfragen, um so viele Details wie möglich zu erfahren. Anschließend fordern sie Verstärkung von der Kripo an. Außerdem bugsieren sie alle Anwesenden aus Matthews Zimmer hinaus, dort geht gleich die Spurensicherung ans Werk. Die Band, ihre Bodyguards, der Hoteldirektor und die beiden Polizisten gehen nach unten in einen der Sitzungssäle des Hotels. Dort ordert der Direktor zunächst einmal Frühstück für alle. Dann warten sie gemeinsam auf die Kripo.

Späte Rache

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