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Kapitel 7

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Völlig erledigt gehen Ian, Preston, Howard und Vincent von der Bühne. Das war kein Konzert, das war eine Katastrophe.

Sie haben sich dazu entschlossen, Matthews Stimme vom Band einzuspielen und dazu auf einer großen Videoleinwand Bilder von ihm zu zeigen.

Leider hat die Technik nicht funktioniert. Zweimal ist Matthew komplett aus dem Lied geflogen. Einmal hat er etwas anderes gesungen als der Rest. Die Videoleinwand hat ausgesetzt. Die einstudierten Tanzschritte haben ohne ihn nicht geklappt und Vincent hat sich mitten im Lied auf die Nase gelegt. Howard –ausgerechnet Howard, der sonst so gut wie nie so emotional ist- ist in Tränen ausgebrochen und musste einen Augenblick pausieren. Nichts, aber auch gar nichts lief wie geplant.

Das begann bereits bei den M&G´s vor dem Konzert. Jeder, ausnahmslos jeder Fan hat nach Matthew gefragt. Vincent hat dann zu Boden geschaut und hatte Mühe, sich zu beherrschen. Ian oder Preston haben so souverän wie möglich gelogen, dass Matthew mit Fieber im Bett liegt und keine Stimme hat. Die Reaktionen der Fans haben von Heulkrämpfen bei den Matthew-Girls bis hin zu Ratschlägen gereicht, wie er möglichst schnell wieder fit wird. Klar, die Mädels waren enttäuscht. Übel genommen hat Matthew das jedoch niemand. Er ist auch nur ein Mensch und das haben alle eingesehen. Einem typischen CSK Fan ist es lieber, wenn ein Member einmal aussetzen muss, als dass er sich nachhaltig die Gesundheit ruiniert.

Die Fans haben sich an den technischen Pannen während des Konzerts nicht gestört. Sie haben ihre Band unterstützt. Dennoch – die vier Männer sind total am Ende. Sie stellen sich unter die Dusche und lassen sich auf dem schnellsten Weg wieder ins Hotel zurückfahren. Hoffentlich gibt es etwas Neues von Matthew!

Sie sehen bereits am Gesichtsausdruck des Kommissars, dass sich nichts ereignet hat. Frustriert lassen sie sich auf einen Platz sinken. Normalerweise herrscht Partystimmung nach einer Show, doch heute sagt niemand etwas.

„Einer der Hotelmitarbeiter hat im Gebüsch auf dem Parkplatz einen Wäschewagen gefunden. Er ist auf dem Weg ins Labor. Vermutlich wurde ihr Freund darin transportiert. Der Korb hat eine sehr scharfe Ecke, eventuell hat sich der Täter oder Mr. Mitchell daran verletzt. Das würde das Blut auf dem Boden erklären“, erläutert Svenson. „Wir gleichen alle Spuren mit unserer Kartei ab. Wenn wir Glück haben, ist der Täter schon einmal aufgefallen und registriert. Wir haben die Daten auch an das FBI und Interpol weitergeleitet, vielleicht werden die Kollegen fündig.“

„Ich hoffe, dass sie Erfolg haben“, erwidert Ian bedrückt.

„Alle verfügbaren Einsatzkräfte sind auf der Suche nach ihrem Freund. Leider ist diese Stadt sehr groß. Er kann überall sein.“

„Was meinen sie, wann er sich meldet?“ will Vincent wissen.

„Das weiß ich nicht. Im Normalfall geschieht so etwas relativ zeitnah ein paar Stunden nach der Tat. Ich rechne jeden Augenblick mit einem neuen Anruf.“

Direktor Albrecht betritt erneut den Saal.

„Herr Kommissar, ich habe alles überprüft. Es hat in der letzten Woche einen Zwischenfall in der Wäscherei gegeben, zwei der Mitarbeiter haben sich gestritten. Einer der Pagen hat seine Uniform vermisst und die Kollegen in der Wäscherei dafür verantwortlich gemacht.“

„Und dann?“ fragt Svenson interessiert.

„Nichts weiter. Die Uniform hat sich nicht wieder anfinden lassen und der Page hat auf eigene Kosten in unser Partner-Schneiderei eine neue bestellt.“

„Auf eigene Kosten?“

„Das ist in dieser Branche üblich.“

Svenson schüttelt verständnislos den Kopf.

„Das fehlte mir noch, dass jemand auf die Idee käme, ich müsste meine Uniform selbst bezahlen.“

„Haben sie eine?“ will Direktor Albrecht wissen und betrachtet Svensons Zivilkleidung.

„Sicher. Ich habe ja auch mal als Streifenpolizist angefangen. Außerdem gibt es immer wieder einmal offizielle Anlässe, in denen ich in das Blau schlüpfe.“

„Ich werde darüber nachdenken“, sagt Direktor Albrecht und macht sich eine kleine Notiz in seinen Gedanken. „Dennoch kann ich ihnen nicht sagen, wo die verschwundene Uniform ist.“

„Schade. Haben sie den Wäschereimitarbeiter überprüft?“

„Selbstverständlich. Er weiß nur, dass er die Uniform gebügelt auf den Ständer gehängt hat und als der Page sie abholen wollte, war sie weg.“

„Wer hat Zugang zur Wäscherei?“

„Nahezu jeder. Sie ist nie abgeschlossen.“

„Kommt es vor, dass niemand dort ist?“

„Selten, kann aber passieren, leider. Der Krankenstand ist ziemlich hoch von Zeit zu Zeit.“

Svenson nickt erneut.

„Ich danke ihnen. Ich gehe davon aus, dass der Entführer die Uniform einfach bei passender Gelegenheit genommen hat. Das Ganze war also definitiv keine spontane Aktion. Da steckt mehr dahinter.“

„Kann ich etwas für die Herren tun?“ will Direktor Albrecht nach einer kleinen Pause wissen und blickt in die Runde.

Die CSK schütteln die Köpfe. Kommissar Svenson sieht den Direktor an und meint:

„Ein kleiner Mitternachtssnack wäre toll. Und wenn es nicht allzu viel Mühe macht: Stellen sie ein paar Feldbetten auf. Die Herren Sänger brauchen Schlaf und ich glaube nicht, dass ich sie dazu bringe, in ihre jeweiligen Zimmer zu gehen.“

„Natürlich. Wird sofort erledigt!“ erwidert Herr Direktor Albrecht diensteifrig und verbeugt sich. Dann gibt er die Anweisungen sofort an seine Angestellten weiter. Nur wenige Minuten später sind vier Feldbetten aufgestellt und auf dem Tisch steht ein sehr reichhaltiges Abendbüffet.

„Kann ich sonst noch etwas tun?“ will Herr Direktor Albrecht wissen.

„Nein, ich denke nicht. Vielen herzlichen Dank“, sagt Svenson.

Herr Direktor Albrecht verbeugt sich erneut und geht.

„Greifen sie zu meine Herren“, sagt Svenson und deutet auf das Essen.

„Lieb gemeint, aber ich bekomme jetzt wirklich nichts herunter“, sagt Vincent.

„Das sollten sie aber“, antwortet Svenson. „Es bringt überhaupt nichts, wenn sie nicht auf sich selber aufpassen. Das ist sicher auch nicht im Sinne ihres Bruders.“

„Da hat er Recht“, meint Ian zu Vincent. „Matthew hat schon genug Probleme am Hals. Er muss sich nicht auch noch um dich Gedanken machen.“

„Jaja“, meint Vincent und greift lustlos nach einem Brötchen. Die anderen machen es ihm nach.

„Ich weiß ja nicht, wie ihr das seht, aber ich könnte jetzt eine Runde Schlaf vertragen“, meint Ian nach dem Essen und sieht dabei schuldbewusst aus.

„Geht mir ähnlich“, gähnt Preston. „Hauen wir uns eine Weile aufs Ohr.“

„Na, wenn ihr schlaft, dann kann ich auch pennen“, stimmt Howard zu und liegt schon beinahe.

„Schlaft gut ihr drei“, sagt Vincent.

„Und was ist mit dir?“, will Ian wissen.

„Ich kann beim besten Willen nicht schlafen.“

„Du solltest aber“, sagt Preston.

„Ich weiß. Aber Matthew ist mein Bruder. Wir stehen uns so nahe. Ich kann einfach nicht.“

„Mr. Mitchell“, mischt sich der Kommissar ein „ihre Freunde haben Recht. Gerade sie haben den Schlaf nötig. Versuchen sie es zumindest.“

Vincent schüttelt den Kopf.

„Es ist sinnlos. Aber ich lege mich hin, falls euch das beruhigt.“

„Okay Vincent“, meint Ian. „Das ist immerhin etwas.“

Alle vier putzen sich noch im angrenzenden Waschraum die Zähne und machen es sich dann auf den Feldbetten so bequem wie möglich. Preston und Howard schlafen fast augenblicklich ein. Bei Ian dauert es ein wenig länger. Vincent kann gar nicht schlafen. Er liegt einfach da, starrt die Decke an und wird fast verrückt bei dem Gedanken, dass Matthew vielleicht gerade sonst was angetan wird.

***

Matthew knallt auf das dreckige Kopfsteinpflaster. Das fahle Mondlicht, das hin und wieder durch die Regenwolken scheint, macht die Sache nicht besser. Der Schmerz raubt ihm den Atem. Carl hat ihn in den rechten Oberschenkel getroffen, nur ein paar Zentimeter über dem Knie. Matthew fühlt das Blut –sein Blut- in seinen Schuh laufen. Das Blut ist warm, doch der kalte Wind lässt es fast eisig wirken.

Carl und Ralph sind bei Matthew angekommen.

„Nun bist du nicht mehr so mutig, hm?“ höhnt Carl und tritt Matthew in die Rippen. Es knackt verdächtig. Matthew schreit noch einmal vor Schmerz auf. Kurz bleibt ihm die Luft weg.

„Komm da hoch!“ befiehlt Carl und zerrt an Matthews Oberarm. Ralph fasst an den anderen Arm und zieht ebenfalls daran.

„Mit dir habe ich eine Rechnung offen!“ zischt er. Matthew schließt die Augen und stöhnt leise. Die beiden Täter ziehen ihn auf die Knie. Carl beugt sich zu Matthew herunter und grinst ihm mitten ins Gesicht.

„Das war ein großer Fehler Mister. Nun ist Schluss mit lustig. Beweg deinen Arsch!“

Matthew spürt blanke Panik. Was auch immer die Beiden mit ihm vorhaben, es wird mit Sicherheit kein Zuckerschlecken werden. Mühsam versucht er aufzustehen. Das rechte, getroffene Bein versagt ihm den Dienst. Allein der Versuch, es zu belasten, lässt ihm schwarz vor Augen werden.

„Was ist? Schaffst du das nicht?“ höhnt Carl weiter. „Ich dachte, du bist so stark!“ Er holt aus und schlägt Matthew noch einmal mit der Faust ins Gesicht. Der Schlag wirft ihn sofort wieder um. Er knallt wieder auf das Pflaster.

„Nun sieh sich einer dieses Weichei an!“ lacht Ralph gemein. „Macht einen auf großer Macker und kriegt es dann nicht einmal hin, auf seinen eigenen Füßen zu stehen!“

Matthew schmeckt Blut. Verdammt, das war einer seiner Backenzähne. Er ist wütend, aber er hat keine Kraft mehr, um sich zu verteidigen.

Ralph geht um ihn herum. Er sieht sich die Schusswunde an und sagt:

„So schlimm sieht das nicht aus. Da geht noch was!“

Dann tritt er mit der Schuhspitze gegen die Wunde. Der Schmerz raubt Matthew das Bewusstsein und er fällt in gnädige Schwärze.


Späte Rache

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