Читать книгу 5G Mobilfunknetze: Strahlende Zukunft oder gefährliche Strahlung; Was erwartet uns? - Maik Lindner - Страница 21
Die Sache mit den Grenzwerten
ОглавлениеJedem Menschen dürfte es absolut einleuchtend sein, dass mehr Leistung mehr Energie bedeutet und umgekehrt. Und so ist es unerlässlich für einen neuen, leistungsfähigeren Mobilfunkstandard wie 5G, höhere Frequenzbereiche einzuführen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit in Deutschland (BMU) definiert den Unterschied auf seiner Webseite unter www.bmu.de wie folgt:
„Alle bereits für den Mobilfunk der dritten und vierten Generation (zum Beispiel UMTS, LTE) verfügbaren Frequenzbereiche zwischen 700 Megahertz und 2,6 Gigahertz können grundsätzlich auch für 5G genutzt werden. Aufgrund der erforderlichen hohen Bandbreiten für einige 5G-Anwendungen sind weitere Frequenzen notwendig. Daher wurde im Frühjahr/Sommer 2019 das Frequenzband von 3,4 bis 3,7 Gigahertz für bundesweite Nutzungen durch öffentliche Mobilfunknetze versteigert, in dem der 5G-Aufbau beginnen wird. Daneben kann seit November 2019 das Frequenzband von 3,7 bis 3,8 Gigahertz ohne Versteigerung (im sogenannten Antragsverfahren) vergeben werden, das für örtliche nichtöffentliche Mobilfunknetze ("Campusnetze") mit Anwendungen in Land- und Forstwirtschaft, Wirtschaft und Industrie vorgesehen ist. Darüber hinaus ist die Nutzung von Bändern im höheren Frequenzbereich ("Millimeterwellen") geplant und international und europäisch koordiniert. In Deutschland erfolgt die Frequenzvergabe im Bereich von 24,25 bis 27,5 Gigahertz, ebenfalls im Antragsverfahren. Dieser Bereich ist für Kleinzellennetze oder für die Anbindungen von Basisstationen mit Richtfunkstrecken, also stark gerichteten Funkverbindungen zwischen zwei Stationen, vorgesehen. Mit einer breiten Nutzung im öffentlichen Mobilfunk ist erst in einigen Jahren zu rechnen.”27
Dem können wir also entnehmen, dass eine Anhebung von bisher 700 MHz und 2,6 Gigahertz und 3,4 bis 3,7 Gigahertz auf bis zu 24,25 bis 27,5 Gigahertz stattfinden wird, welche sich bereits im Antragsverfahren befindet. Eine Erhöhung bis zum Zehnfachen des ursprünglichen Wertes. Was bedeutet das nun für die bisher zulässigen und als unbedenklich geltenden Werte, wie der Voltzahl pro Meter? Um die Strahlenbelastung von 5G besser zu verstehen, welche weltweit etwa die gleiche koordinierte Leistungsanpeilung der verschiedenen Anbieter finden wird, schauen wir einmal hinüber zu einem Bericht unseres Nachbarn, der Schweiz.
Vor Einführung von 5G waren in der Schweiz 5 bis 6 Volt pro Meter gesetzlich erlaubt. Dabei muss man beachten, dass je näher man der gebündelten Sendeanlage kommt, egal welchen Standard sie nun hat, umso mehr erhöht sich logischerweise auch die Strahlenbelastung. 5G sieht hier einen Abstand von 11,1 Metern vor, der auch als rote Zone oder Sicherheitsabstand bekannt ist, worin sich niemand länger als sieben Minuten aufhalten sollte, um seine Sicherheit nicht zu gefährden. Bei diesen 11,1 Metern Abstand erhält man dann zum Beispiel einen Wert von 120 Volt pro Meter. Früher, bei 2G bis 4G, waren es etwa 61 Volt pro Meter bei vier bis zehn Metern Abstand, je nach Sendeleistung oder Anbieter. Das bedeutet, dass sich der Strahlenwert mit 5G etwa verdoppelt!
Die bisherigen Richtlinien von sechs Volt pro Meter mit einem Sicherheitsabstand von 61 Metern werden aufgehoben und auf 200 Volt pro Meter angehoben. Mit diesen Grenzwerten wird aber auch etwas gespielt:
In einem Artikel von Hans Ulrich Jacob vom 25.07.2018 – Präsident von www.Gigaherz.ch28, wird laut einem Standardblatt der Swisscom ein Messwert bei 25 Metern Abstand zur Sendeanlage von 2,65 Volt pro Meter angegeben. Und in einer Distanz von 50 Metern mit 1,32 Volt pro Meter.
Der Mobilfunkriese ERICSSON gibt jedoch einen anderen Wert, nämlich 61 Volt pro Meter bei 25 Metern Abstand und 30,5 Volt pro Meter bei 50 Metern Abstand an. Also eine Grenzwertüberschreitung um das Fünffache. Wie geht das?
Swisscom drückt diesen Wert, so Hans Ulrich Jacob, indem sie den gebündelten Sender von 8 x 8 integrierten Anlagen (64 Sender) als nur eine Sendeanlage mit 100 Watt Leistung angibt. In der sich jedoch dann tatsächlich 64 gebündelte Sendeanlagen befinden, die bei UMTS (3G-Standard) mit 1000 Watt Leistung deklariert waren. So findet im wahrsten Sinne des Wortes eine Augenwischerei rund um die Grenzwerte und die tatsächliche Leistung statt.
Die Internationale Strahlenschutzkommission (ICNRIP) – eine private Institution mit Einfluss bei der WHO und vielen Regierungen, darunter der Regierung Deutschlands – hat die Grenzwertempfehlungen schon 5G-fähig gemacht, wobei diese dann neu so aussehen:
200 Volt pro Meter für Arbeitsplätze
90 Volt pro Meter für die Allgemeinbevölkerung.
Dass diese erhöhten Werte vielen Menschen Angst bereiten, darunter auch zahlreichen hoch dekorierten Wissenschaftlern und Experten, ist nur verständlich. Wobei wissenschaftliche Berichte und Aussagen auf wissenschaftliche Gegenberichte der Betreiber und Befürworter stoßen. Jede Seite hat hier Gründe, warum sie ihre Studienergebnisse hochhält. Und der unbescholtene, etwas „verwirrte“ Bürger – wie auch ich – soll sich offenbar aussuchen, was er gerne glauben will. Nach dem Motto: Wenn ich ruhig leben will, glaube ich einfach den Mobilfunkbetreibern und ihren in Auftrag gegebenen, oft womöglich etwas „geschönten“ Studien, und wenn ich Actionfilme und Horrorszenarien liebe und die Sache lieber gefährlicher und hysterischer will, gehe ich zu den Studien und Messergebnissen von Wissenschaftlern, die zu kritischen Ergebnissen kommen.
Nur dass sich mit dem Horrorszenario der Mobilfunkgegner wohl der treue Steuern zahlende Staatsbürger, der einfach nur seine Actionfilme nach einem langen oder langweiligen Arbeitstag auf einer Waldwiese sitzend herunterladen will, sicher nicht gern auseinandersetzt. Wer gern Zucker isst, wird über die Schädlichkeit von Zucker sicher nichts wissen wollen, oder? Daher hat um den neuen Mobilfunkstandard eine äußerst heiße Diskussion eingesetzt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) äußert sich dazu schon auf der ersten Seite ganz oben:
„Mit 5G verbindet sich allerdings bei einigen Menschen auch Besorgnis wegen der mit jeder Funkkommunikation unweigerlich verbundenen elektromagnetischen Felder und deren möglichen gesundheitlichen Auswirkungen. Das Bundesumweltministerium nimmt diese Sorgen und Ängste sehr ernst und wirkt mit einer transparenten und wissenschaftsbasierten Kommunikation gegenüber Medien, Verbänden und Bürgern auf eine faktenbasierte gesellschaftliche Diskussion hin.”29
Die „transparente, wissenschaftsbasierte Kommunikation“ der Bundesregierung beruht dabei auf den von der internationalen Strahlenschutzkommission ICNIRP festgelegten Richtwerten, die auf thermischen Messungen beruhen, denen Deutschland und verschiedene andere Länder folgen. Laut informationszentrum-mobilfunk.de hat sich auch die Europäische Union der Ratsempfehlung von 1999 angeschlossen, und die meisten Mitgliedstaaten haben folgende empfohlene Richtwerte übernommen30:
eine Feldstärke von 38 Volt/Meter (V/m) bei 800 Megahertz (MHz) -Sendern (LTE 800)
41 V/m bei 900 MHz (GSM 900)
58 V/m bei 1800 MHz (GSM 1800, LTE 1800)
61 V/m ab 2000 MHz (UMTS, LTE 2600)
Das sind, wie wir dem Text entnehmen können, Empfehlungen, wobei nach den zugrundeliegenden thermischen Messungen keine gesundheitlichen Folgen oder irgendein anderer Grund zur Besorgnis zu erwarten sind. Auf diesen Messungen beruht die gesamte politische und wirtschaftliche Akzeptanz und Argumentation.
Besorgniserregend sind im Gegensatz dazu die Forschungsergebnisse der nichtthermischen Messungen, die seit sehr langer Zeit – praktisch seit der globalen Einführung des Mobilfunks – vielen Wissenschaftlern Grund zur Sorge bereiten. Als Beispiel dafür ein Zitat von vor etwa 20 Jahren (!), das bis heute und jetzt seine Gültigkeit nicht verloren hat:
„Neueste Erkenntnisse [im Jahr 2000] des Medizinphysikers Dr. Lebrecht von Klitzling (Universität Lübeck) belegen, daß Menschen durch gepulste Hochfrequenzen (z.B. durch DECT-Telefone) schon bei 1 nW/cm² erkranken. Ein Nanowatt (nW) ist ein Milliardstel Watt, das auf einen Quadratzentimeter auftrifft. Von Klitzing bestätigt, daß zu Beginn im Allgemeinen Schlafstörungen und Konzentrationsschwäche auftreten, dann mit individueller Charakteristik Herzrhythmusstörungen, Ohrensausen, allergische Reaktionen bis hin zu einem veränderten Blutbild. Letzteres insbesondere bei Kindern beobachtete Krankheitsbild der nicht ausgereiften roten Blutkörperchen ist bei einer Entfernung aus dem Expositionsbereich, z.B. durch Abschalten der Telefonanlage, innerhalb weniger Tage reversibel.”31
Hinzu kommt, dass die Internationale Strahlenschutzkommission ICNIRP ein recht seltsamer Verein ist: Dr. Wolf Bergmann erwähnt in seinem sehr lesenswerten Beitrag vom April 2003 „Zum Sachstand wissenschaftlicher Erkenntnisse Mobilfunk und Gesundheit“ zu den Grenzwerten des ICNIRP folgendes:
„Die Grenzwerte der ICNIRP sind im Auftrag der neuseeländischen Regierung von dem Wissenschaftler Dr. Neil Cherry überprüft worden, der zu einer massiven Kritik an der tendenziösen wissenschaftlichen Einseitigkeit, der Nichtberücksichtigung wichtiger wissenschaftlicher Erkenntnisse und an dem Außerachtlassen biologischer Wirkungen von Seiten der ICNIRP gekommen ist.
Entgegen dem von der ICNIRP und von der Strahlenschutzkommission erweckten Eindruck, die ICNIRP handele im Auftrag der UNO / WHO oder sei eine ihrer Kommissionen, handelt es sich dabei um eine selbst ernannte Gruppe, sie ist ein eingetragener Verein mit Sitz in München ohne irgendeinen demokratischen, politischen oder wissenschaftlichen Auftrag und ohne jede politische oder wissenschaftliche Kontrolle. Sie ernennt ihre Mitglieder selbst, bei denen übrigens kein einziger Mediziner dabei ist. Nach Auskunft von Kofi Annan hat sie nichts mit der UNO zu tun und auch keinen Auftrag von dieser bekommen.”32
Wie kann eine selbsternannte Gruppe so viel Einfluss gewinnen, dass sie den Regierungen, der UNO, der EU oder womöglich weltweit Empfehlungen zu den Grenzwerten beim Mobilfunk geben kann? Wobei Regierungen wie Deutschland diese dann auch gern übernehmen? Das muss dann doch eine sehr mächtige selbsternannte Gruppe sein, die Staaten oder Kontinente beeinflussen kann, oder?