Читать книгу Steintränen - Manja Gautschi - Страница 14
12 - Freundschaften - Djorak & Greg
ОглавлениеStolz auf sich selbst beobachtete Greg Becker wie Peter Bachschaum zusammen mit Admiral Torns ins Büro liefen. Stolz, weil dieser Bachschaum dick war, unförmig. So wie er einmal. Aber er, Greg Becker, hatte sich richtig entschieden und Djorak seine Loyalität zugesagt um einen Platz in dessen neuem Team zu erhalten. Dank Jeffs Neugier war er in dieses Labor gesperrt worden. Als Versuchsperson gegen seinen Willen benutzt worden. Anfangs war es keine angenehme Zeit gewesen. Um sein Leben gefürchtet, hatte er. All diese medizinischen Untersuchungen und Versuche. Das tägliche Training im Fitnessraum unter Anleitung und Beobachtung dieser sadistischen Wachmännern, die ihn bis zum Umfallen trainieren liessen.
Und als er Jeffs Zustand gesehen hatte, wie es seinem Freund immer dreckiger ging. Nein, das war Horror gewesen. Eingesperrt in diese kleine fensterlose Zelle. Menschenunwürdig. Er hatte keine Privatsphäre, war wertlos gewesen. War nur noch ‚Versuchsmaterial’ gewesen. Zeitweilen hatte er sich gewünscht zu sterben. Das zu beenden, denn er würde eh nie wieder da rauskommen. Brrr.... diese Gedanken liessen ihn immer wieder erschaudern. Manchmal hatte er Alpträume.
Aber eines Morgens war er aufgewacht und hatte festgestellt, dass er trotz allem auf einmal seinen Wunschkörper erhalten hatte. Was auch immer die ihm da gespritzt hatten. Zusammen mit dem Training und dem elenden Hunger wurde er binnen einiger weniger Monaten zum ‚Supersoldaten’. Richtig cool. Er fühlte sich plötzlich grandios.
Und als ihn dieser grinsende Commander, oder was auch immer, auch noch gefragt hatte, ob er in eines seiner Teams wolle... war Gregs Traum in Erfüllung gegangen. Endlich ein ‚Supersoldat’ im coolen, aufregenden Ausseneinsatz. Er war so stolz und dieser Bachschaum so dick. Greg lächelte. ‚Pfeiffe‘ dachte er.
Dass er für den Rest seines Lebens nun von diesen Serumsinjektionen abhängig war, war der einzige, kleine Makel. Diese monatlichen Spritzen taten denn auch jedes Mal aufs Neue höllisch weh. Für mindestens 3 Tage fühlte er sich danach wie ein 100-jähriger alter Mann, der sich vor Muskel- und Gelenkschmerzen kaum bewegen kann. Aber was sind schon 3 Tage im Monat? Frauen haben das von Geburt an. Also was soll’s.
Schlimmer als die Injektionen selbst war es nämlich die Injektion zu spät zu setzen. Ein paar Tage genügten und er drohte zu ersticken. Die Lungen brannten, fühlten sich an, als ob sie gleich in Flammen aufgehen und ein Loch in seine Brust brennen würden. Mehr als einmal hatten sie das im Labor getestet. Das ein oder andere Mal war er bestimmt fast daran gestorben. Er verstand Jeff nicht, dass er nicht auch ‚Ja’ gesagt hatte. Ist im Labor geblieben, der Trottel! Ein klein Wenig war Greg deswegen enttäuscht. Sein Freund hatte ihn allein gelassen. Irgendwie.
‚Naja’ Greg schüttelte den Gedanken weg. Sah hinunter auf seine neue Uniform. Mann! sah er gut aus. Fühlte sich super.
„Was grinst du da so dumm herum?! Beweg gefälligst deinen Hintern.“ unterbrach eine kantige Frauenstimme Gregs Gedanken. 'Jah!' dachte Greg, grinste weiter 'Genau das liebte er. Derbe Umgangsweise, Geschrei und Sprüche. So cool!
"Mensch Klara. Musst du so schreien? Wir sind doch nicht auf dem Feld. Es geht auch leiser." hörte Greg eine weitere, deutlich freundlichere Frauenstimme. Sein Gehör hatte sich durch dieses Serum ebenfalls verbessert. Einfach stark!
Aber diese Stimme kam ihm bekannt vor? Nun drehte er sich doch um und beschloss nicht weiter herumzustehen. Seine Arbeit zu erledigen.
Einen Stapel Akten unter dem Arm. Die Haare streng zu einem Knopf zusammengebunden, frische Uniform. Die Frau blieb mit offenem Mund vor Greg stehen. Greg grinste stolz.
"Greg!" staunte Simone. "Hab ich richtig gehört. Simone!" gab Greg zurück.
Simone legte die Unterlagen auf den Boden und fiel Greg um den Hals. "Bin ich froh dich zu sehen!" sagte sie. Drückte Greg so fest sie konnte und Greg sie. "Tut das gut!"
Danach stellte sie sich vor ihn hin. Betrachtete ihn. "Wahnsinn! Du siehst gut aus. Richtig gut. Wie geht es dir? Wo ist Jeff? Wie lange seid ihr schon hier?" „He, he. Mach langsam. Ich finde es auch schön dich zu sehen. Du siehst natürlich auch toll aus. Wie immer. Ist schon eine Weile her seit....“ Greg räusperte sich „Naja, du weißt schon.“ „Und Jeff? Wo ist er?“ Greg schüttelte den Kopf, schwankte zwischen Beschämtheit und Wut. Es war ihm bewusst, dass er Simone mit seiner Antwort entweder enttäuschen oder erzürnen würde. Beides wollte er nicht. Also zögerte er merklich.
Das Strahlen auf Simones Gesicht verschwand trotzdem. Sie blickte kritisch, fragend. Ahnte was Gregs Antwort sein wird. In ihrer Uniform wirkte das schon fast bedrohlich, fand Greg. „Ist ihm was passiert? Was ist mit ihm?“ Greg schwieg weiter.
„Ah! Wie ich sehe habt ihr euch bereits getroffen. Sehr gut.“ Djorak lief nun ebenfalls durch den Gang zu dieesm Büro. Blieb neben Simone stehen, hatte sein übliches, kühles Grinsen im Gesicht.
Das Terra Sonnensystem hatte die Anlagen des trotarischen Arbeitslagers auf Steinwelten eingenommen und als Kommandozentrale eingerichtet. In Gefechtsszeiten eignete sich eine Gefängnisanlage als Kommandozentrale wunderbar: Abgelegen, geschützt, mit Büros und Zellen für allfällige Gefangene. Ideal. Das Arbeitslager von Trotarum erfüllte alle Kriterien. Und viele Gefangene konnten gleich als neue ortskundige Soldaten rekrutiert werden. Ein weiteres Plus der Anlage waren die eigenen Felder, die zur Selbstversorgung dienten. Die Berge auf der einen Seite boten zudem einen gewissen Schutz vor unerwünschten Angriffen, zumal es hinter den Bergen nur Wüste und Steine gab, wo sich keine Siedlungen mehr befanden. Aber die Gleiter unbemerkt landen und parkieren konnten, denn die Zone befand sich ausserhalb der Sensorenreichweite Rotsands.
Und genau hier, hatte der Feldherr Peter Bachschaum zu einer Besprechung geladen, wohin Simone und Djorak unterwegs waren. Gregs Schattenteam war für die Bewachung auf diesem Stockwerk zuständig. Die sechs Mitglieder hatten sich aufgeteilt und patroullierten auf den Gängen. Darum hatte Klara vorhin Greg so angeschnauzt: Er war einfach stehengeblieben, hatte das Treiben, nein SICH!, beobachtet.
Böse blickte Simone in Djoraks grinsendes Gesicht. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, jedes Mal wenn sie diesen Typen ansehen musste. Fürchterlich, wie konnte man nur so verschlagen und falsch sein.
„Wie du siehst, habe ich mein Wort gehalten.“ meinte Djorak. „Ich hoffe, du hältst auch deines.“ „Nein“ antwortete Simone barsch. Greg war überrascht, er verstand nicht, wovon die beiden sprachen. Djorak grinste weiter.
„Ich hatte gesagt BEIDE. Wo ist Jeff? Jeff Edelmann?! Ich kann ihn nicht sehen.“ sagte Simone weiter. „Och komm schon. Jetzt sei nicht so kleinlich. Ich habe auch meine Grenzen, weißt du. Ich bin kein Gott.“ „Aber du benimmst dich so, also ‚nein’. Erst wenn...“ Djorak hob die Hand „Schon gut, warte.“ er schüttelte den Kopf, hob die Schultern „Ich hab’s versucht, aber Torns und Kitel halten die Hand auf ihm. Da konnte ich nichts tun. Wirklich. Keine Chance.“ „Dann ist unsere Abmachung nichtig.“ bestimmte Simone. So langsam dämmerte es Greg, worauf diese Diskussion hinauslief und es gefiel ihm nicht.
Immer noch lächelnd antwortete Djorak „Siehst du, genau deswegen möchte ich, dass du auch für mich arbeitest. Konsequent, direkt, bestimmt. Weicheier kann ich keine gebrauchen. Fabelhaft.“ kopfschüttelnd hörte sich Simone Djoraks lobende Worte an. ‚Ein unglaublicher Mistkerl.’ dachte sie. „Ist dein Problem. Hol ihn da raus.“ „Oder Greg wieder hinein.“ ergänzte Djorak lächelnd. Simone stockte der Atem. „Das wirst du nicht tun.“ Djoraks Lächeln verschwand „Und ob. Ist einfacher als umgekehrt. Glaub mir.“ drohte er. Greg holte Luft, wollte etwas entgegnen, aber Djorak hob sofort mahnend seinen Zeigefinger um ihn zu stoppen. Dann neigte er sich etwas nach vorne, flüsterte zu Simone „Würde mich kein Augenzwinkern kosten.“ er stellte sich wieder aufrecht hin, senkte den Zeigefinger und ergänzte in normaler Lautstärke „Und zudem wollte er gar nicht. Selbst wenn ich ihn hätte rausholen können, er wäre nicht mitgekommen.“ lächelnd schloss er die Diskussion mit „Was für ein Dummkopf.“
„Stimmt das?“ stellte Simone die Frage an Greg, der mit einem beschämten Nicken bejahte. Genau beobachtete Simone Gregs Gesichtsausdruck. ‚Würde er sie anlügen?‘ Sie dachte nach. Überlegte und kam enttäuscht selbst zum Schluss, dass es schon stimmen würde. Sie konnte sich eigentlich gut vorstellen, dass sich Jeff nicht von seinen Prinzipien trennen würde und sich geweigert hatte.
Nach einem tiefen Atemzug und in resigniertem Tonfall lenkte Simone ein „Also gut, ich setz dich auf die Liste. Ich halte meine Versprechen.“ „Wunderbar. Besten Dank. Es ist mir ein Vergnügen...“ nun hob Simone ihre Hand „Lass stecken. Und damit du’s weißt: Erpressen, lass ich mich nicht.“ sie hob ihre Unterlagen vom Boden auf, klemmte sie wieder unter den Arm „Greg?“ Greg sah sie an, sagte aber nichts „Vielleicht können wir nachher etwas zusammen essen. Hast du Zeit?“ unsicher antwortete Greg „Ich... eigentlich schon.“ er sah sich um, blickte zu Djorak der auf die stumm gestellte Frage nach Erlaubnis spöttisch meinte „He, Kleiner. Was du mit deiner Freizeit anstellst ist deine Sache.“
Hatte dieser Spruch sein müssen?! Djorak gab Greg auf diese Weise unmissverständlich zu verstehen, dass er nur ‚Greg‘ war. ‚Kleiner‘ hatte er gesagt! Und es funktionierte wunderbar. Etwas geknickt begutachtete Greg diesen Djorak. Strenger, kurzer Haarschnitt, der sein asiatisches, glatt rasiertes Gesicht noch kantiger und gefährlicher wirken liess. Er trug ein weisses, hautenges, langärmeliges, weisses Poloshirt, die Konturen seiner Muskeln waren klar zu sehen. Darüber die dunkelblaue Uniform-Weste, dazu die dunkelblauen Uniform-Hosen. Keine Rangabzeichen, die trug Djorak nie. Das kleine Kommunikationsgerät drückte sein Relief in die Seitentasche der Hose. Am anderen Bein ein Messerhalfter mit Messer, eigentlich nicht erlaubt in den Büroetagen, doch alle wussten, dass das Djorak nicht kümmerte und nahmen es hin. Alle fanden ihn grundsätzlich nett, konnten ihm nichts wirklich abschlagen, aber keiner kannte ihn wirklich. Und wirklich mögen, tat ihn auch keiner. Nur fürchteten ihn irgendwie alle, er hatte Verbindungen und Einfluss und vor allem, er war intelligent und gerissen. Eine unheimliche Mischung.
„Nun denn“ Djorak sah erst Greg, dann Simone an. Also ‚sah’, er lächelte die beiden ganz selbstzufrieden an „Ich muss. Kommst du?“ an Simone „Ja, gleich. Auf DIE Minute kommt’s nun auch nicht mehr an.“ machte Simone klar, dass sie nicht mit ihm zusammen in das Büro gehen würde. Djorak nickte, er akzeptierte Simones Haltung, respektierte das und verschwand ohne weitere Worte in besagtem Büro. Gab der immer noch wütend dreinschauenden Klara kurz per Handzeichen zu verstehen, dass sie mit Greg tauschen soll, damit die Patroullienreihe wiederhergestellt würde ohne Greg gleich davon zu scheuchen. Greg konnte auf diese Weise noch einen Moment mit Simone stehen bleiben.
Klara passierte die beiden und Greg bedanke sich „Danke Klara.“ worauf Klara bloss den Kopf schüttelte. Derweil war Djorak in derselben Tür wie vorhin Bachschaum und Torns verschwunden.
„Stimmt es wirklich?“ flüsterte Simone „Was?“ „Na, das mit Jeff?“ sie wollte es nochmals hören, unbedingt. „Oh“ verstand Greg „Ja“ bestätigte er „Jeff hatte gesagt, dass er nichts mehr mit diesen feigen Mördern zu schaffen haben will. Und schon gar nicht für sie arbeiten, da würde er vorher sterben.“ Simone verstand „Wegen Sila? Nicht wahr?“ Greg nickte „Ja. Das wird er denen nie verzeihen. Denke ich.“ ergänzte er traurig. „Aber sag, was war das eben? Ich verstehe das nicht. Was hast du mit Djorak zu tun? Und vor allem, was hat das mit mir zu tun?“ Simone blickte Greg an. „Hat er mich deinetwegen ins Team genommen?“ Simone nickte „Das will ich nicht.“ seufzend sagte Simone darauf, während sie sich ein Haar aus dem Gesicht strich „Ach Greg. Ich konnte doch nicht zusehen, wie man euch in diesem Labor als Versuchskaninchen einsperrt. Wichtig ist nur, dass es euch gut geht. Das tut es doch, oder?“ Greg nickte „Ja, ja. Also mir sicher. Und Jeff ging’s auch wieder gut, nachdem sie aufgehört hatten ihn zu verhören und foltern. Eigentlich geht es ihm in physischer Hinsicht ebenso gut wie mir. Dieses Serum, das sie da spritzen, ist unglaublich.“ „Immerhin.“ sagte Simone erleichtert. Betrachtete Greg nochmals, lächelte „Du siehst wirklich super aus, Greg.“ Greg lächelte genauso „Dann bis nachher?“ fragte er und sie nickte „Unbedingt.“ sie zwinkerte ihm zu und ging um ebenfalls hinter dieser Bürotür zu verschwinden wie Djorak vor ihr.
Immer noch an Greg und Jeff denkend, betrat Simone das Büro. Sie war erleichtert. Sie hatte so ein schlechtes Gewissen gehabt, dass Jeff und Greg ihretwegen in diesem Labor gefangen gehalten wurden, dass sie schlussendlich diese Abmachung mit William oder neu ‚Djorak’ getroffen hatte: Jeff und Gregs Freiheit, dafür würde sie mit Djorak zusammenarbeiten.
Simones Position erlaubte es ihr nämlich, selbst zu bestimmen, von wem sie Befehle annahm und von wem nicht. Es obliegt ihr selbst, die Liste dieser Personen und Abteilungen zu führen. In Absprache mit ihrem Vorgesetzten wurde diese Liste dann von Zeit zu Zeit überprüft und angepasst. Sie gehörte zu einer internen Abteilung der Armee, die sich zwischen allen anderen Gruppen bewegte, als Verbindungsglied. Und das nicht nur intern, sondern auch extern. Und nicht jedermann konnte jeden aus ihrer Abteilung anfordern. Darum diese Liste. So wurde sichergestellt, dass sich die verschiedenen Abteilungen nicht gegenseitig über Simone und ihre Leute ausspielen konnten. Stand man nicht auf der Liste, musste oder durfte sie keine Befehle annehmen. Djorak hatte sich nun einen Platz auf besagter Liste ‚erkaufen’ können.
"Was wollt ihr mit denen?" "Wir könnten sie laufen lassen." "Laufen lassen? Nein, dafür wissen sie zuviel. Und wir brauchen nicht deren Reihen mit mehr Leuten stärken." Bachschaum schüttelte den Kopf "Nein, nein. Macht kurzen Prozess. Ist das Beste. Wir brauchen den Platz und die Ressourcen. Von mir aus biete ihnen nochmals an sich für uns nützlich zu machen. Aber wenn nicht" Bachschaum hob die Schultern "weg damit." machte eine Wischbewegung in der Luft mit seiner rechten Hand.
"Weg womit?" warf Simone keck ihre Frage in die Runde.
Peter Bachschaum, Richard Torns, Marcel Ragor, Djorak Ikrov und ein Mann im grauen Anzug sassen um einen Tisch herum. Auf dem Tisch standen Gläser, gefüllt mit Wasser. Das Wasser bewegte sich. Die Sonne schien hindurch und es entstand ein kunstvolles schönes Schattenspiel auf dem Tisch.
Das Büro war hell. Grosszügig. Zwei Arbeitsplätze und ein Besprechungstisch mit 12 Stühlen fanden leicht Platz darin. Die Wandregale waren voll mit Akten unterschiedlichsten Alters. Dass trotz der Computer trotzdem noch so viel Papier zu sehen war erstaunte Simone. Das musste das Büro der Aufsicht gewesen sein.
Es gab drei Türen: Die, durch welche Simone eben hereingekommen war und eine andere, die vermutlich direkt zum Zellentrakt führte. Die dritte, schmalere Tür war allem Anschein nach keine wirkliche Tür, sondern ein Abstellraum.
Immer noch mit den Akten unter dem Arm stand Simone also vor dieser illustren Männerrunde und hatte mit ihrer Frage alle Blicke auf einmal auf sich gezogen.
Peter Bachschaum reagierte als erster. Wie immer sehr freundlich begrüsste er das letzte Mitglied der Runde "Ah, Frau Gelbjellow. Schön, dass es geklappt hat." er stand auf und reichte ihr die Hand "Ich bin Peter Bachschaum". Zeigte mit der anderen auf einen freien Stuhl am Tisch. "Bitte, setzen Sie sich doch. Die anderen Herren kennen Sie ja bereits."
"Zu trinken?" fragte Djorak und griff nach der Wasserflasche um Simone ein Glas einzuschenken. Was er auch tat, ohne Simones Antwort abzuwarten. Es war ihr egal. Stattdessen nickte sie allen kurz zu, stockte bei Marcel. "Wo ist Captain Sol?"
Sofort stand Marcel Ragor auf "Entschuldigung. Markus konnte nicht und hat statt seiner mich geschickt. Wenn ich mich vorstellen darf" er reichte Simone die Hand "Commander Marcel Ragor" "Lieutenant Simone Gelbjellow" "Freut mich. Man hat mir völlig unterschlagen, dass wir so ein erfreulich hübsches Mitglied erwarten."
Um sich den Wahrheitsgehalt von Ragors Aussage bestätigen zu lassen, blickte Simone fragend zu Torns. Admiral Torns sass mit verschränkten Armen auf einem Freischwinger, wie immer mit grimmigem Gesicht, perfekt sitzender Uniform und sauberem Haarschnitt. Er nickte Simone zu, Ragors Auskunft entsprach der Wahrheit, sie konnte ihm glauben.
Simone musste stets aufpassen, mit wem sie was für Informationen austauschte. In diesem Fall, war sie im Auftrag von Admiral Torns unterwegs. Er war ihre sogenannte Primär-Listen-Person, seine Befehle hatten Vorrang vor allen anderen, er war eine Vertrauensperson. Dass Bachschaum hier sein würde, hatte sie gewusst, sich informiert.
Der Mann im grauen Anzug war vom Geheimdienst. Keine Namen. Diese Typen mochte Simone überhaupt nicht, aber sie tauchten immer und überall irgendwie auf, dagegen konnte sie nichts tun, waren einige Befehlsstufen über ihr. Die Spürhunde der Regenten, wie man sie in der Armee auch nannte.
Über Djorak Ikrov, vorher William Cullen, hatte sie nicht viel herausfinden können, aber Torns verbürgte sich für ihn.
Dieser Commander Marcel Ragor war unangekündigt und neu für sie hier, da musste sie skeptisch sein. Auch wenn er im ersten Augenblick einen vertrauenswürdigen Eindruck machte. Er sah auch gut aus, fand Simone, sehr attraktiv, strahlte eine gewisse Intelligenz aus. Sein Lächeln war nicht so kalt wie das von Djorak. Es war ehrlich und warm.
Den Blick zurück zu Ragor meinte Simone „Na gut.“ nahm sich den freien Stuhl und setzte sich. Legte ihre mitgebrachten Unterlagen bereit.
Das Gespräch von eben aufnehmend stellte Torns eine Frage an Bachschaum „Peter, wie stellst du dir das vor? Das sind gut 100 Personen. Wir sind keine Schlächter.“ Bachschaum seufzte „Ach, ist doch nicht mein Problem. Verteil sie auf Arbeitslager, verfüttert sie, macht ein Loch oder ein Feuer. Ist mir egal. Du hast eine Woche Zeit, dann sind sie weg. Ende der Diskussion.“
Nach diesem Wortabtausch hatte Simone begriffen um was es ging und es schauderte ihr. Wie dieser Bachschaum über so etwas sprechen konnte, als wären es die Brötchen fürs morgige Frühstück. Brrr.... Denn es waren keine Brötchen, nein, er sprach offensichtlich, von den hier inhaftierten Menschen. Schrecklich.
Der Mann im grauen Anzug machte schweigend Notizen. Djorak trank Wasser, Ragor hörte aufmerksam zu. Bachschaum sah Simone an, lächelte „Also dann, Themenwechsel. Lieutenant Gelbjellow. Sie haben Informationen für uns. Wenn ich bitten darf.“
Obwohl Simone wusste, was in ihren mitgebrachten Unterlagen stand, tat sie so, als ob sie es nachschlagen müsste. Dieser Bachschaum machte sie nervös. Sicherheitshalber trank sie nun doch einen Schluck Wasser, was Djorak mit einem Lächeln quittierte.
„Meine Aufgabe war es gewesen, relevante Steinwelten-Lieferanten ausfindig zu machen, auf die das Terra Sonnensystem Einfluss hat. Verbindungskontakte und Schwachstellen zu eruieren.“ sie sah Torns an, dann Bachschaum, beide nickten. Djorak kniff die Augen zusammen, lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und wartete gespannt.
„Ich weiss zwar nicht, woher ihre Kontaktperson diese Informationen hat“ fuhr Simone fort „aber sie waren alle korrekt und ohne diese Informationen wären wir nie darauf gestossen. Zumindest nicht so schnell. Woher kommen diese Angaben?“ stellte sie Torns die Frage. Erhielt als Antwort lediglich ein Kopfschütteln, was bedeutete, dass er es ihr nicht sagen wird.
Den Blick zurück zu Bachschaum, dieser schob seine Brille zurecht.
„Es stimmt also: Es werden riesige Mengen an Vitamin D importiert. Offenbar fehlt dem Sonnenlicht der Bestandteil, der es dem menschlichen Körper ermöglicht, das lebensnotwendige Vitamin D selbst zu produzieren. Das ist ein überaus gut gehütetes Geheimnis. Die Lieferungen erfolgen über verschiedene Kanäle und getarnt als alles Mögliche. Für jemanden, der es nicht weiss, unmöglich zu entdecken. Und ohne diese Anfragepapiere, hätte ich keine Auskunft erhalten, von niemandem. Also nochmals: Woher stammen diese Informationen?“ sie hob abwehrend ihre Hände „Es ist nicht, weil ich neugierig bin. Aber das Ganze ist so kompliziert, dass es schon eine abgesprochene Falschauskunft sein könnte, die mich, die uns in Schwierigkeiten bringen könnte.“ sie senkte die Arme, tippte auf ihren Papierstapel „bevor ich hier irgendwelche Namen ausgebe, will ich sicher sein, dass es keine Falle ist. Also bitte, ich stelle die Frage anders: Wie könnt ihr sicher sein, dass es keine Falschinformationen sind?“
Bachschaum sah Torns an, Torns Bachschaum. Torns hob die Schultern „Ist deine Entscheidung“ meinte er trocken. Dann sah Bachschaum den Mann im Anzug an, der ihm ein Nicken zurückgab. Simone trank erneut einen Schluck Wasser, die Anspannung im Raum war höchst unangenehm und sie hoffte, dass man sich der Informationsquelle nicht sicher war, damit ihre Informationen erst einmal nicht nach aussen gingen.
„Werte Frau Gelbjellow“ fing Bachschaum ganz freundlich an „Sie machen ihrem Namen alle Ehre, meinen Respekt. Nicht jeder verweigert sich seinem Vorgesetzten Admiral und einem amtierenden Feldherrn, also mir.“ ‚Oje’ fürchtete Simone, vielleicht war sie zu weit gegangen.
„Natürlich kann ich keine Namen nennen. Zumindest nicht jetzt. Aber so viel“ Bachschaum nickte langsam mit dem Kopf „JA, wir können ganz sicher sein. Und das nicht, weil ich es sage, sondern weil die Informationen in erster Linie von jemandem kommen, dessen Falschaussage, das Leben anderer kosten würde, was er weiss und in zweiter Linie von jemandem aus dem System direkt bestätigt werden konnte, der die weiteren Anfragepapiere bereitgestellt hatte. Wohlweisslich ohne Inhalt, diesen fügten wir selbst ein aufgrund der Auskünfte der ersten Person. Ich denke, es entstehen Ihnen keine Probleme, noch wird es eine Falle sein, da bin ich mir sicher. Aber ‚DANKE’ für Ihren Hinweis. Sehr gut.“ er lächelte Simone an, dann streckte er seine rechte offene Hand aus, wollte die Papiere endlich in Händen halten. Seine dicken Finger lächzten förmlich nach dem Papier.
Ohne etwas zu sagen, reichte ihm Simone also die Liste. Danach schob sie jedem am Tisch eine weitere Kopie der Liste hin, die sofort aufmerksam studiert wurde.
„Hmmm...“ machte Bachschaum als erster. „Sehr gut.“ er sah auf zu Simone „Sie haben nicht zufällig...“ mitten im Satz hielt ihm Simone ein weiteres Papier hin „Hier. Ebenfalls auf Papier. Alle diese Daten sind nur auf diesen Papierversionen verfügbar. Es gibt keine digitale Version davon. Um keine Spuren zu hinterlassen.“ „Ah, sehr gut mitgedacht. Danke.“ bedankte sich Bachschaum, studierte das zweite Papier.
Nach einem Moment suchte er Torns Blick und fragte „Was meinst du, Richard? Kannst du damit etwas anfangen?“ die Augen auf dem Papier antwortete Torns „Natürlich, frag nicht so blöd.“ Bachschaum schob sich etwas betupft, dass konnte man sehen, die Brille zurecht. Torns blickte auf „Tschuldigung. Im Ton vergriffen.“ Bachschaum war wieder versöhnt. Torns fuhr fort „Dann ist’s ja klar“ er sah Djorak an „Pendente Lieferungen abfangen. Unauffällig. Und die Lager räumen. Das dürfte eine nützliche Verhandlungsbasis schaffen und für einen späteren Angriff ihre Reihen bedrohlich schwächen. Wir werden leichtes Spiel haben, auf diese Weise.“ Djorak nickte „Klar. Wo anfangen?“ „Spielt keine Rolle. Mach’s so, dass sie’s nicht bemerken. Sonst“ „Schon klar. Nur früher oder später werden sie’s merken. Oder sie sind dumm. Also wo?“ „Na gut“ Torns sah Bachschaum an, gab die Frage schweigend weiter. Bachschaum studierte, machte dabei so eine Schnute, bewegte seine Gesichtsmuskulatur.
Als keine Antwort kam, schlug Djorak vor „Vielleicht die Lieferungen für die rupianische Ebene?“ Bachschaum schüttelte den Kopf „Nein. Wir wissen nicht, was dieser Stadtmeister noch alles für Fähigkeiten ausgräbt.“ Djorak nickte „Verstehe“ „Nein, fängt mit den weiter entfernten Gebieten an und arbeitet euch langsam vor zu Rotsand und Rupes. Wir versuchen ihre Armee, wenn man so will“ Bachschaum zeigte mit beiden Armen eine Weite an „auseinander zu ziehen, weg von Rotsand und Rupes. Sie zu verdünnen um schlussendlich die beiden Städte mit so wenig Aufwand und Verlusten als möglich einzunehmen.“
Alle am Tisch nickten, ausser Simone und der Anzugmann.
„Ich habe verstanden. Wird erledigt.“ bestätigte Djorak während Torns zu Ragor meinte „Ihr braucht in der Hinsicht vorerst nichts zu unternehmen.“ Ragor nickte, bestätigte mit „Verstanden, wir halten die Stellung.“
Für einen Moment schwiegen alle. Draussen auf dem Flur hörte man Schritte und dumpfe Stimmen.
„Wenn“ fing Bachschaum an „wenn sich die Lage mit diesem Vitamin D tatsächlich so verhält.“ er dachte nach „dann müssen wir uns und unsere Leute ebenfalls dahingehend im Auge behalten.“ Torns nickte „Stimmt“ „Ich werde eine medizinische Einheit dafür organisieren.“ Bachschaum sah dabei den Mann im Anzug an, der etwas fragend in die Runde sah „Versteht sich eigentlich von selbst. Oder?“ erwartungsvoll starrte Bachschaum weiter auf den Mann im Anzug. „Das gehört nicht zu meinen Aufgaben.“ erwiderte dieser plötzlich mit einer überraschend leisen Stimme, fand Simone.
Schlagartig spannte sich die Stimmung unangenehm an. Djorak schien’s nicht zu kümmern. Torns und Ragor jedoch wirkten leicht aufgeschreckt. Und Bachschaum hörte auf zu lächeln. „Tatsächlich?“ fragte er in ironischem Tonfall. „Ja, tatsächlich.“ „Dann beende ich hiermit diese Besprechung.“ bestimmte Bachschaum. „Peter“ mischte sich Torns ein „Lass, dass kann ich übernehmen.“ Bachschaum winkte ab „Nein, nein. Du hast genug zu tun.“ Bachschaum fixierte den Mann im grauen Anzug.
Nun blickte der Anzugträger etwas überrascht. Man konnte sehen, dass er sich nicht sicher war, ob Bachschaums Worte ernst gemeint waren oder nicht.
Nach einem kurzen Moment stand Bachschaum kommentarlos auf, ging zur Tür, hielt den Griff in der Hand. „Bitte sehr.“ mit einer einladenden Geste deutete der dem Mann im Anzug zu kommen. „Hat mich gefreut.“ ergänzte er nun wieder mit einem Lächeln, schob sich die Brille zurecht.
„Das ist nicht witzig.“ meldete sich nun endlich der Anzugträger zu Wort, blieb auf seinem Stuhl sitzen. Bachschaum öffnete die Tür, von wo aus ein überraschter Soldat fragend ins Zimmer blickte.
„Es ist ganz einfach“ fing Bachschaum an zu erklären, ganz freundlich „an dieser Besprechung nehmen nur unmittelbar betroffene Verantwortungspersonen teil. Alle, deren Aufgaben nichts mit dem hier Besprochenen zu tun haben, sind nicht geladen. Das hier ist keine Peepshow für schaulustige, neugierige Zuschauer.“
Während Djorak anfing schadenfroh zu grinsen, wurden Torns und Ragors Gesichter immer bleicher. Simone schauderte es. Denn alle von der Armee hatten vor diesen Anzugträgern Respekt und Angst. Verärgerte man einen von denen, oder sagte man etwas im falschen Tonfall, oder man blickte einen von denen etwas zu schief an, sah man sich plötzlich irgendwo am Arsch des Universums in einem Militärgefängnis sitzen. Und das ohne einen wirklichen Grund dafür zu kennen.
In ihrem Fall, bedurfte es nicht einmal so einer banalen Kleinigkeit, es genügte, man würde herausfinden, dass sie der gesuchte Spitzel war. Sie mied diese Kerle, wie es nur ging, blieb so unauffällig sie konnte.
Dass sich Bachschaum so etwas mit diesem Typen erlaubte?!
„Mein lieber Peter...“ „Ich bin weder ‚lieb’, noch bin ich ‚dein’ Peter“ unterbrach Bachschaum den Mann im Anzug „Also was ist jetzt?“ forderte Bachschaum den Anzugmann auf endlich zu antworten.
Gespannte Blicke der Uniformierten Besprechungsteilnehmern wanderten vom dicken Mann mit Brille im dunkel-türkis farbigen Hemd an der Tür zum schmächtigen Mann im grauen Anzug am Tisch hin und her. Alle warteten.
Der Mann im Anzug verdrehte als dann die Augen, hob Schultern und Hände, schnaufte demonstrativ und meinte „Schon gut. Schon gut. Ich besorge das nötige medizinische Personal. Wäre ja eh bei mir gelandet.“
Auf Bachschaums Gesicht erschien kein zufriedenes Grinsen oder dergleichen. Er nickte bloss, schloss die Tür, schob sich die Brille schon wieder zurecht und setzte sich zurück an den Tisch. „Gut, danke Dir.“
Bachschaums Feingefühl war unglaublich. Während Djorak immer noch sau blöd grinste, wie Simone fand, beherrschte sich Bachschaum. Er war spürbar zufrieden mit sich, aber er wusste offensichtlich, wann die Grenze erreicht war und demütigte den Anzugträger nicht noch mehr, indem er überheblich wurde. Nein, er blieb einfach freundlich und sachlich. Mehr nicht.
„Damit das klar ist.“ ergriff der Anzugträger das Wort „Erstens, kann sich das nur der Dicke da erlauben“ „He, he“ warf Bachschaum ein „und zweitens“ alle hörten genau zu „ein Ton davon nach draussen und ihr werdet es bereuen. Versprochen.“
Ragor nickte, Torns nickte, Djorak schüttelte immer noch lächelnd den Kopf, so als ob alles ein lustiges Spiel war, Simone bestätigte mit „natürlich“ und Bachschaum: „Können wir dann endlich weitermachen? Bitte?“
Der Anzugmann nickte „Bitte, schiess los.“ „Danke dir.“
Bachschaum trank einen Schluck Wasser, ehe er sich wieder an Simone wandte „Frau Gelbjellow, da“ Simone reichte ihm kommentarlos einen weiteren Schnellhefter mit einigen Papieren darin. Sie wusste ja, weswegen sie hier waren. Sie liess Bachschaum einen Moment Zeit, die Seiten zu sichten. Erneut verzog er sein Gesicht zu diesen komischen Formen.
Nach einigem Hin- und Herblättern meinte er „Hmm... das sieht doch vielversprechend aus. Mehr als ich erwartet hatte.“ „Ich nehme an, die Anstossinformationen kamen von denselben Personen?“ wollte Simone wissen. Bachschaum nickte. „Sie vermuten richtig. Und ich muss sagen, was Sie damit angestellt haben, ist beeindruckend. Ist alles dabei, sogar detaillierte Reisepläne.“ „Kann ich mal sehen?“ unterbrach Djorak.
„Aber ‚ja’ natürlich“ lächelte Bachschaum zurück, Djorak streckte seine Hand aus und Bachschaum ergänzte „wenn ich es für nötig halte. Danke“ er lächelte Djorak ganz freundlich an. Im Gegensatz zu Bachschaums Lächeln war Djoraks Lächeln kühl und gefährlich. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, zog Djorak seine Hand zurück „Wie Sie meinen, Herr Regent.“ sein Tonfall war leicht ironisch, was Torns zum Kopfschütteln veranlasste, barsch flüsterte er seinem unterstellten Commander zu „Djorak, beherrsch dich.“ „Aber Richard“ Djorak sah Torns an „Du weißt schon, dass ich mich immer beherrsche.“ Torns atmete zur Antwort nur pathetisch aus.
Das kleine Geplänkel gegenüber am Tisch ignorierend fuhr Bachschaum zu Simone fort „Wie ich sehe, schlagen Sie hauptsächlich eine Anreise via Wasserwege vor?“ „Ja, die Landwege sind lückenlos überwacht. Und tatsächlich, wie Sie, oder Ihre Informanten bereits vermutet hatten, schenkt Rotsand, und sonst auch niemand, den Wasserwegen keine oder zumindest nicht viel Beachtung. Der gesamte Planet besteht zu drei Vierteln aus Wasser. Knapp 90 Mio km2 Land gegenüber über 400 Mio km2, die mit Wasser bedeckt sind. Die Landfläche hängt zu 99% zusammen. Es wird an den Küsten entlanggefahren, ein paar Flüsse werden benutzt, aber sonst nichts. Man konzentriert sich auf die Landwege.“ führte Simone aus „Um sich also so unbemerkt als möglich auf dem Planeten Steinwelten zu bewegen, bieten sich tatsächlich die Wasserwege an. Luft können wir vergessen. Fast alles überwacht. Die Gegend hier ist eine abslute Ausnahme. Ich frag gar nicht erst, woher ihr das wusstet. Also Wasser. Wobei“ Simone hielt inne „wie Sie unbemerkt in die rupianische Ebene gelangen wollen“ sie hob die Schultern „wenn es stimmt, was ihre Quelle sagt“ sie schüttelte den Kopf „der Stadtmeister wird es bemerken, so oder so.“
Simone sah in die Runde „Von meiner Seite war’s das. Weitere Anweisungen? Soll ich noch bleiben? Oder gehen?“
Mit Abstand war Simone die Rangniedrigste hier am Tisch. Ihre Aufgabe war mit Abgabe der Informationen erledigt. Natürlich hoffte Sie auf einen nächsten Auftrag, der es ihr irgendwie ermöglichen würde, Aron und Ilrimi wiederzusehen. Die Hoffnung darauf war allerdings verschwindend klein, das wusste sie selbst. Und es forcieren würde sie verdächtig machen, erst recht, wenn so ein Anzugträger mit im Raum sass.
‚Ach’ stöhnte sie innerlich, vielleicht wäre es am besten, direkt aus der Armee auszutreten. Mit dem Risiko halt dann doch noch aufzufliegen und in Sarg zu landen. Immer wieder riss sie dieser Gedanke hin und her.
Einerseits war die Armee nach dem Tod ihrer Eltern zu ihrer neuen Familie geworden. Richard Torns sogar zu einem Vaterersatz, lange bevor er Admiral wurde. Das Terra Sonnensystem stand für die Werte, für die sie sich einsetzte. Die Regenten hatte sie bestaunt.
Andererseits hatte sie vor ein paar Jahren durch Zufall Aron und Ilrimi kennengelernt. Und nach Ilrimis Recherchen über sie und ihre Familie hatte sich ihr komplettes Leben auf den Kopf gestellt. Das Terra Sonnensystem war verantwortlich für den Tod ihrer Eltern, die Menschen, die ihre neue Familie geworden waren, hatten ihre eigentliche Familie ausgelöscht! Sie getäuscht und missbraucht, als ob sie ein Stück lebloses Material wäre. Und so erging es noch vielen anderen, wie sie unterdessen erfahren hatte.
Simone setzte sich weiterhin für ihre Sache ein, nur dass die nicht immer auch im Sinne der Armee waren. Diese Sache mit dem Krieg hier, fühlte sich nicht gut an. Es tat ihr leid, gegen ihre Freunde zu arbeiten. Das wollte sie nicht mehr. Aber sie könnte ihnen ebenso helfen, wenn sie ihnen diese Informationen zukommen lassen könnte. Es war zum Verzweifeln und sie freute sich riesig auf das Essen mit Greg nachher. Immerhin eine wirklich gute, gute Sache an diesem Tag.
„Meinetwegen bleiben Sie ruhig. Bitte.“ antwortete Bachschaum auf Simones Frage. „Wenn es nach mir ginge, würde ihr mir ohnehin auf der Stelle Ihre weiteren Dienste für mich sichern. Aber das ist Richards Privileg und neuerdings auch Djoraks, wie ich höre.“ hielt Bachschaum fest und sah dabei Torns an, während Djorak stolz nickte und sich Simone ärgerte, wieso Djorak das diesem Bachschaum sofort hatte auf die Nase binden müssen?
„Das ist korrekt. Und falls es Sie tröstet: Als Angehörige der Armee ist es mir so oder so nicht erlaubt für die politische Ebene ausserhalb der Armee zu arbeiten. Interessenkonflikt und Spionage, wie Sie bestimmt wissen. Dafür haben Sie ihre Graumänner, also Leute in den grauen Anzügen. Geht also nicht persönlich gegen Sie, Herr Bachschaum.“ erklärte Simone und Bachschaum strahlte übers ganze Gesicht, was irritieren war. Der Mann im grauen Anzug zeigte keine Reaktion, während Torns einen ziemlich ernsten Blick in Simones Richtung warf. Ihr Tonfall und ihre Wortwahl waren grenzwertig gewesen.
„Graumänner!“ Bachschaum strahlte wie ein kleines Kind in Richtung des Mannes mit Anzug „Hast du das gehört? Mein neues Lieblingswort!“ und der Mann im Anzug glühte Bachschaum böse an, während Bachschaum wiederholte „Graumänner, stark.“
„Natürlich hat sie Recht, aber wenn du es für sinnvoll erachtest, setzte ich Lieutenant Gelbjellow gerne weiter nach Absprache für dich ein.“ unterbreitete Torns sein Angebot und zu Simone „Ich denke, du wirst so oder so eine neue Aufgabe hier erhalten, also bleib.“ Simone nickte.