Читать книгу Steintränen - Manja Gautschi - Страница 9

7 - Machtlos - Kero

Оглавление

Missmutig und wütend sass Kero am Frühstückstisch. Lustlos rührte er in seinem Frühstücksbrei herum, den er sonst nicht schnell genug auslöffeln konnte.

„Nun iss doch“ meinte Jolara, während Mara schmunzelte. Die drei waren alleine. Esmar und Jur hatten bereits Dienst, Boris und Aron auf Reisen. Und, es war Keros erster Schultag.

Esmar hatte ausdrücklich befohlen, dass Kero seine beiden letzten Schuljahre besuchte. Aber Kero wollte nicht. Nein, es gefiel ihm gar nicht. In den Bergen hatte Esmar ihn und die anderen Kinder selbst unterrichtet. Das war o.k. gewesen. Und in der Apotheke zu arbeiten gefiel ihm unterdessen auch sehr gut. Zu den Wachen als Kämpfer würde er auch gerne gehen. Nur nicht zur Schule, zu diesen Weicheiern und Idioten! Er wusste Besseres mit seiner Zeit anzufangen als das! Also schmollte er, was das Zeug hielt. Trotzte sich durchs Frühstück, zeigte allen, wie schlimm es war, dass er zur Schule musste. Denn er musste. Seine Mutter, Esmar, liess daran keinen Zweifel.

„Weißt du, wie du aussiehst?“ flüsterte Mara geheimnisvoll über den Tisch. Kero reagierte nicht. ‚Die können mich alle mal!’ „Wie ein Muttersöhnchen, dem der Schnuller geklaut wurde. Hihi...“ Mara lächelte, Jolara war entsetzt. Nun schmollte Kero und Mara provozierte ihn auch noch! Sie versuchte die Wogen zu glätten, bevor sie entstehen würden und sagte „Du wirst sehen, es wird dir gefallen. Viele andere Gesichter, neues Wissen. Du bist so neugierig und klug, Kero. Das gefällt dir bestimmt.“ Kero ignorierte Jolaras gut gemeinte Worte, rührte weiter in seinem Brei, brummelte nun „Ich bin kein Muttersöhnchen!“ „Doch, bist du!“ „Nein!“ „Ein blödes Weichei!“ „Nein!“ „Doch! Bockst hier rum wie ein Kleinkind.“ „Nein, tu ich nicht!“ „Dooooo...ch!“ „Nein, verdammt!“ „Und wie nennst du es sonst?“

Jolara schüttelte den Kopf. Unglaublich! Noch ein paar Sekunden, und die beiden würden sich in der Küche raufen. Sie stand demonstrativ auf und entfernte ihr leeres Geschirr, sicherheitshalber. Ein böser Blick zu Mara. Knirschte durch die Zähne „Mara, hör auf!“

Mara dachte nicht daran. „Also, wenn du mich fragst, wäre der Kindergarten geeigneter für dich.“ Nun reichte es. Kero stand auf, beugte sich zu Mara und hob ermahnend seinen rechten Zeigefinger „Ich weiss, was du versuchst! Denk nicht, ich hätte es nicht bemerkt.“ „So, so“ grinste Mara, biss von ihrem Brot ab und mampfte es genüsslich vor Keros Augen. „Ich bin nicht dumm.“ ergänzte Kero und setzte sich wieder „Statt in der Schulbank Zeit zu verplempern, könnte ich nämlich helfen Vater zu suchen.“ Mara nickte „Ja, könntest du. Weisst du denn wie das Terra Sonnensystem funktioniert? Ich meine, kennst du seine Befehlsstruktur? Wo sie überall stationiert sind? Und was weißt du von den anderen Planeten und Orten? Weißt du welche Kleidung du mit nach Orctak auf Perrodian oder nach Herrstadt auf Al Rhim mitnehmen musst? Weißt du wo nachsehen?“ „Nein! Weißt du es denn?“ „Das eine oder andere weiss ich ‚ja’. Aber vor allem weiss ich, wo nachsehen, wie rangehen und dass ich daran denken muss! Und du?“ Kero verschränkte die Arme, brummelte „Nein“ „Wie?“ „Nein, weiss ich nicht.“ „Ja, willst du es denn wissen? Ich wüsste, wo du das Meiste davon aufgetischt erhältst. Du darfst dreimal raten.“

Kopfschüttelnd glühte Kero zu Mara herüber „Du bist eine so unglaublich blöde Kuh!“ „Ich? Blöd? Aha.“ „Ja.“ Kero fing beleidigt an seinen unterdessen kalten Brei zu essen, denn eigentlich war er hungrig. Und er hatte keine passable Antwort. Also ass er.

Eine Schale Brei später hatte sich Keros Missmut verzogen. Mit vollem Mund erklärte er „Vielleicht ist es doch gut, wenn ich die Schule abschliesse. Dann kann ich ein hohes Tier werden und habe so richtig viel Macht, dass ich was bewegen kann.“ Stolz sah er Mara und Jolara an, beendete sein Frühstück und packte nun fast schon gut gelaunt seinen Rucksack „Aber ihr müsst mir versprechen, dass ihr mich auf dem Laufenden haltet und mitnehmt, wenn ich helfen kann.“

„Idiot! Was dachtest du denn?!“ antwortete Mara „Und jetzt hau ab! Oder muss ich dir zeigen wo’s langgeht?“ Kero grinste, war erleichtert. „Bist halt doch meine Lieblingsschwester.“ sagte er zum Abschied und marschierte los, liess Mara und Jolara alleine in der Küche zurück.

Später im Stall, Jolara und Mara kümmerten sich beide um die Tiere, die im neuen ‚Freilauf-Hof’ des Hauses gemeinsam untergebracht waren. Jur hatte Boris Hinterhof komplett umorganisiert. Statt der 8 Boxen, gab es 8 offene Nischen, in die sich jedes Tier nach eigenem Gutdünken zurückziehen konnte. Denn die Nischen waren alle offen. Der gesamte Hof war ein einziger Stall geworden. Die kleine Herde, bestehend aus Keros kleinem weissen Pony, Mix, Boris Packpferd, den drei Riesensteinböcken und Custa, fühlte sich wohl. Und auf diesem Weg käme garantiert keiner unerwünscht ins Haus.

„Ich versteh Kero.“ fing Jolara an zu reden, sie misteten gerade die Nischen, hob mit der Heugabel den Mist in die Schubkarre. „Ich finde es schrecklich, hier so machtlos herumsitzen zu müssen, während sich draussen ein Sturm aufbaut.“ „Geht mir ebenso. Aber du könntest doch wie Jur in der Wache Dienst leisten.“ „Und dann? Die trainieren und patrouillieren den ganzen Tag. Warten darauf, dass etwas geschieht, hoffen aber es passiert nichts. Nein, Nein, das ist keinen Deut besser.“ „Stimmt. Bist du fertig da?“ „Ja“ die beiden wechselten zu den nächsten Nischen. Um zu misten musste Mara dort aber Mix erst rausschieben. Jolara lächelte beim Zusehen.

„Boris will mich unbedingt raushalten. Als ich ihm das von diesen Terra Sonnensystem Soldaten erzählte, die ich auf dem Weg nach Rotsand angetroffen hatte, da erklärte er mir erst, dass die in offiziellem Auftrag nach Rotsand unterwegs sind, um sich den möglichen Standort ihrer Botschaft anzusehen. Sei alles in Ordnung. Und dann befahl er mir regelrecht, ich solle mich auf jeden Fall fernhalten von denen. Pahh! Ich tu was ich für richtig halte.“ Jolara sah über die Trennwand „Ja, das hat Koron auch immer zur Weissglut gebracht. Anordnungen zu befolgen ist nicht deine Stärke. Nur... DU... kannst es dir leisten. Mit dir kann sich kräftemässig niemand anlegen.“ „Das hat doch damit nichts zu tun.“

Den Blick wieder zum Stroh gerichtet meinte Jolara weiter „Doch, doch, ich denke ein wenig schon. Und wenn es nur unbewusst passiert. Wer niemanden scheuen muss, kann sich Konfrontation eher leisten.“ „Also, so unbesiegbar bin ich nun auch nicht. Schon vergessen?...im Wald?“ Jolara blickte auf, lächelte „Naja, aber fast. Musst du schon zugeben. Wenn ich daran denke, wie du Berok umgehauen hast. Hat der doof zur Wäsche raus gekuckt.“ „Ahh...Sowas Blödes!“ schimpfte Mara und stiess ihre Schubkarre weg.

„Wie auch immer“ fing Mara erneut an, während sie nun jetzt die Heusäcke auffüllte „Diese Ungewissheit und Machtlosigkeit ist erdrückend!“ Jolara nickte „Hmmm.... immerhin ist Boris da, das beruhigt ein wenig. Es hätte keinen Besseren als Stadtmeister treffen können wie ihn.“ „Mir wär’s egal gewesen, wäre es jemand anderer. Aber immerhin lebt er.“

„So wie du das betonst: ‚immerhin LEBT er’. Du denkst wohl immer noch viel an diesen unsympathischen grünen Typen. Wie?“ schlussfolgerte Jolara aus Maras Antwort. „Ich weiss nicht, was du an dem findest. Da scheinst du liebesimmun zu sein und nun sowas. Du hast ihn gar nicht gekannt.“ Jolara schüttelte den Kopf. „Da ist man wohl machtlos.“

Klingel! Klingel!

Ohne weitere Worte verliess Mara den Hof und ging in die Apotheke um zu bedienen. Froh und dankbar für die Ablenkung. Auch wenn sie den Kunden gegenüber manchmal ein schlechtes Gewissen hatte. Sie fand es ja nicht nett, die Kunden zu missbrauchen um ihre Stimmung aufzubessern. Aber angenehm war’s schon und sie war ja freundlich mit allen. Also ‚Was soll’s’, beschloss sie.

„Guten Tag Herr Senderoz!“ grüsste sie den mittelgrossen Mann in ihrem Alter, der mit einer roten Schnupfnase in der Apotheke stand. „Ich bin gleich bei Ihnen, muss mir nur kurz die Hände waschen.“ er winkte und nieste gleichzeitig in sein Taschentuch. „Hatschi!...“ Schnief, Schnief.. „Keine Eile, Frau Me, alles gut.“


Steintränen

Подняться наверх