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I. Die Finanzportfolioverwaltung
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Als aus Sicht des Anlegers wohl einschneidenste und mit den meisten Eingriffsbefugnissen ausgestaltete Wertpapierdienstleistung sei zuvorderst die Finanzportfolioverwaltung i.S.d. § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WpHG dargestellt.
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Nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WpHG und § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 3 KWG ist die Finanzportfolioverwaltung als „Verwaltung einzelner oder mehrerer in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung)“ zu verstehen. Der Sache nach entsprechend definiert wird der Begriff der Finanzportfolioverwaltung durch die Richtlinie 2004/39/EG vom 21.4.2004, die in ihrem Artikel 4 Abs. 1 Nr. 9 diese als Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen eines Mandats des Kunden festlegt, sofern diese Portfolios ein oder mehrere Finanzinstrumente enthalten.
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Durch den Entscheidungsspielraum unterscheidet sich die Finanzportfolioverwaltung von der Anlageberatung und Anlagevermittlung.[1] Verbleibt die Dispositionsbefugnis zu den einzelnen Geschäften – zum Beispiel in Form eines Zustimmungserfordernisses[2] – bei dem Anleger selbst, ist das Bestehen eines Entscheidungsspielraumes beim Finanzportfolioverwalter ausgeschlossen.[3] Aufgrund fehlender Entscheidungsbefugnis scheidet die Vermögensverwaltung dann aus und es verbleibt eine Anlagevermittlung oder Anlageberatung.[4]
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Hauptanwendungsfall der Finanzportfolioverwaltung ist die Vermögensverwaltung.[5] Voraussetzung hierfür ist die Verwaltung von – dem Vermögensverwalter wirtschaftlich nicht als eigenes zustehenden – Vermögen, durch Investitionen in Finanzinstrumente im Sinne des § 2 Abs. 2b WpHG, wobei ihm bei den im Kundeninteresse vorzunehmenden Anlageentscheidungen ein Ermessensspielraum zusteht.[6] Dieser liegt vor, wenn die Anlageentscheidungen auf dem eigenen Ermessen des Verwalters beruhen und von diesem dementsprechend ausgeführt werden können und scheidet aus, wenn er eine von ihm getroffene Entscheidung erst wirksam umsetzen kann, nachdem ihr der Anleger zugestimmt hat (Zustimmungsvorbehalt).[7] Der Vermögensverwalter disponiert über das Depot des Anlegers ohne vor jeder Anlageentscheidung Rücksprache mit diesem zu halten, unter Vorrang des Kundeninteresses und unter Zugrundelegung der gegebenenfalls vereinbarten und damit bindenden Anlagerichtlinien.[8] Die individuell vereinbarten Anlagerichtlinien dienen dazu, dem Vermögensverwalter die Kenntnis der persönlichen Umstände des Anlegers zu verschaffen und im Vorfeld die Art der einzelnen Anlagen, die Anlageziele des Kunden sowie das Verhalten des Verwalters festzulegen.[9] Gesetzlich gefordert wird die Informationsbeschaffung für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen durch § 31 Abs. 5 S. 2 WpHG, wonach „von den Kunden Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen einzuholen [sind], soweit diese Informationen erforderlich sind, um die Angemessenheit der Finanzinstrumente oder Wertpapierdienstleistungen für die Kunden beurteilen zu können“ (sogenannte Explorationspflicht)[10]. Die im WpHG statuierten Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunternehmen gelten gemäß § 2 Abs. 4 WpHG für Finanzdienstleistungsunternehmen, die Finanzportfolioverwaltung anbieten, mithin auch für den Vermögensverwalter. Kennzeichnend ist somit das Element der Dispositionsbefugnis des Vermögensverwalters, aber auch jenes der Dauer des Rechtsverhältnisses, da ihm die fortdauernde Verpflichtung obliegt, für das Vermögen des Anlegers Sorge zu tragen.[11]
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Zur Begründung der Dispositionsbefugnis und fremdnützigen Vermögensfürsorgepflicht ist der Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrages von konstitutiver Bedeutung. Erst dieser berechtigt den Verwalter zu anlagerichtlinienkonformen eigenständigen Dispositionen und schafft die notwendige Selbstständigkeit und Bewegungsfreiheit.[12] Abzugrenzen ist dieser von dem Depoteröffnungs- respektive Depotvertrag in Form eines Verwahrungsvertrages.[13] Dieser begründet keine Vermögenssorge, Beratungspflicht oder Dispositionsbefugnis der Bank, des Brokers respektive des Verwalters und belässt die volle Verantwortung für Anlageentscheidungen beim Kunden.[14]
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In Deutschland wird die Vermögensverwaltung weitestgehend in Form des Vertretermodells durchgeführt.[15] Eigentumsrechtlich hat dies zur Folge, dass das Eigentum an dem zu verwaltenden Vermögen beim Anleger verbleibt.[16] Der Vermögensverwalter wird bevollmächtigt über das Vermögen des Anlegers als offener Stellvertreter zu disponieren.[17] Vertraglich schuldet der Vermögensverwalter dem Anleger die Mehrung und Verwaltung des angelegten Vermögens, wobei er aber nur für die sachgerechte Vornahme der Verwalterhandlungen einzustehen hat.[18] Aufgrund der Maßgeblichkeit des Anlegerinteresses dient die Vermögensverwaltung der Besorgung eines objektiv fremden Geschäfts und wird mithin als Geschäftsbesorgung im Sinne des § 675 BGB qualifiziert.[19]
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Gemäß §§ 675, 666 BGB ist der Vermögensverwalter verpflichtet, dem Anleger retrospektiv „die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäftes Auskunft zu geben und nach Ausführung des Auftrages Rechenschaft abzulegen“. Prospektiv schuldet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Anleger gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WpHG „alle zweckdienlichen Informationen […], soweit dies zur Wahrung des Interesses des Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist“. Die §§ 675, 667 BGB verpflichten den Vermögensverwalter dazu „dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben“.
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Versucht man nun die Dienstleistung der Finanzportfolioverwaltung schablonenartig mit der Phänomenologie des Churning in Relation zu bringen, zeigt sich, dass es sich bei dieser Finanzdienstleitung um die klassische Dienstleistung handelt, im Rahmen derer die Spesenschinderei betrieben werden kann und auch wird. Der potentielle Täter hat hier nach Abschluss des konstitutiven Verwaltungsvertrages mit Erteilung der Vollmacht den nötigen Zugriff auf das Depotkonto (formelle Kontokontrolle) und die Dispositionsbefugnis zur Tätigung der einzelnen An- und Verkäufe. Ein solcher Verwaltungsvertrag inklusive der Einräumung einer vollumfänglichen Vertretungsbefugnis mit der Folge der Dispositionsbefugnis zu den einzelnen Geschäften wird nur im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung geschlossen.
Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund › D. Die zentralen Finanzdienstleistungen des WpHG › II. Die Abschlussvermittlung