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A. Das Phänomen
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Ein häufig anzutreffendes Geschäftsmodell im Zusammenhang mit dem Phänomen Churning besteht darin, hohe eigene Gewinne zu erzielen, indem möglichst viele, für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge chancenlose Anlagegeschäfte getätigt werden. Primäres Ziel ist es dabei, uninformierte und leichtgläubige Anleger unter Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich zu deren Nachteil zu bereichern.[1] Klassischerweise kooperieren zu diesem Zwecke dem deutschen Aufsichtsrecht unterliegende Finanzdienstleister mit ausländischen, meist britischen[2] oder amerikanischen[3] Brokerfirmen. Diese ermöglichen den deutschen Finanzdienstleistern den Zugang zur Londoner oder amerikanischen Börse, den diese mangels einer dortigen Zulassung sonst nicht hätten und partizipieren im Gegenzug an deren wirtschaftlichen Erfolg. Da ein Warenterminhandel auch in Deutschland stattfindet, wäre diese Konstellation aber auch unter Beteiligung eines Deutschen Brokers denkbar, der dem an der jeweiligen deutschen Warenterminbörse nicht zugelassenen Dienstleister den Zugang ermöglichen würde. Es ist zwar Usus, aber keinesfalls Notwendigkeit, dass das Depotkonto des Anlegers durch die Brokerfirma eröffnet wird. Ebenso kann das Anlagekonto bei einem deutschen unbeteiligten dritten Kreditinstitut eröffnet werden und die Zahlungsverpflichtungen des Anlegers im Einzugsermächtigungsverfahren vollzogen werden. Der Anleger überweist im ersteren Fall von seinem in Deutschland geführten Konto auf das ebenfalls in Deutschland oder im Ausland geführte Einzelkonto des Brokers das zu Anlagezwecken bestimmte Kapital. Der Dienstleister gibt die Kauf- oder Verkaufsorder seines Kunden sowie seine eigenen anfallenden Provisionen und Gebühren in das Online-System des Brokers ein, wo sie vollautomatisch bearbeitet und verbucht werden.[4] Die in Auftrag gegebenen Geschäfte werden dann vollautomatisiert vom Depotkonto des Anlegers abgewickelt und das Kundenkonto wird wiederum vollautomatisch mit einer Broker-Kommission in einer zwischen ihm und dem Dienstleister ausgehandelten Höhe belastet. Das System schreibt die Nettokommissionen für alle Transaktionen dem Konto des Dienstleisters als Vergütung gut, soweit diese einen gewissen Betrag übersteigen. Selbst für den Fall, dass ein Geschäft vor Abzug aller Gebühren – also in gewisser Weise „brutto“ – einen Gewinn abwirft, machen die mit dem einzelnen Kontrakt verbundenen Provisionen, Gebühren und Gewinnbeteiligungen – „netto“ – für die Gesamtinvestition jede Chance eines positiven Ergebnisses äußerst unwahrscheinlich und lassen den weiteren Verlust der eingesetzten Mittel so gut wie sicher erscheinen.[5] Wird das Anlagekonto durch die berechneten Kommissionen in Gänze ausgeschöpft, spricht man von „leertraden“[6] des Kontos.
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In der Praxis ist Churning bei Direktkontrakten wesentlich häufiger anzutreffen als bei Optionen, weil hier zum Beispiel eine sogenannte Round-Turn-Commission[7] anfällt, die der Anleger im Gegensatz zum Einschuss[8] erst bei Glattstellung bezahlen muss.[9] Der Betrag dieser Round-Turn-Commission reicht von weniger als 1 % bis 7 % des Kontraktwertes.[10] Bei dieser Art der umsatzabhängigen Vergütung ist der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, dass sich der Vermittler bei Direktkontrakten zumindest dazu verleitet fühlen könnte, durch mehrfaches „Ein- und Aussteigen“ – nur auf den ersten Blick in vertretbarer Weise – seine Gebühren zu erwirtschaften und beliebig in die Höhe zu treiben.[11] Nichtsdestotrotz findet Churning aber sowohl bei Futures und Optionen sowie Optionsscheingeschäften statt.