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I. Die Kick-Back Zahlungen

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Wird zwischen dem Broker bzw. dem Kreditinstitut und einer Vermittlungs- bzw. Vermögensverwaltungsgesellschaft ausdrücklich oder konkludent die Zahlung sogenannter Kick-Backs vereinbart, so einigen sie sich darauf, dass der Broker oder das Kreditinstitut dem Anleger überhöhte Gebühren in Rechnung stellt und die aufgeschlagene Preisdifferenz der Vermittlungs- respektive Vermögensverwaltungsgesellschaft auszahlt.[1] Entscheidend ist, dass die Retrozession umsatzabhängig gewährt wird.[2] Einschlägig ist dieses Phänomen unter anderem sowohl bei der Einrichtung des Kundendepots als auch bei dem nachfolgenden Erwerb von Finanzprodukten eines bestimmten Emittenten.[3] Die Kick-Back Zahlungen lösen einen Interessenkonflikt beim Vermögensverwalter oder -vermittler aus, der eine neutrale, ausschließlich am Anlegerinteresse ausgerichtete Beratungstätigkeit gefährdet.[4] Zum einen könnte er sich dazu veranlasst fühlen, sich durch vermehrte Umschichtungen des Depots eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen und zum anderen wird er bei der Entscheidung über die Wahl des Brokers respektive des Kreditinstituts nicht mehr völlig frei oder an den Anlegerinteressen orientiert sein. Vielmehr wird er sein Provisionsinteresse mitschwingen lassen und mit dem Vertragspartner kontrahieren, der die großzügigsten Kick-Back Zahlungen gewährt.[5]

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Der BGH differenziert in seiner zivilrechtlichen Rechtsprechung bei dem Begriff der Provisionen formal-begrifflich[6] zwischen der Innenprovision und der Rückvergütung.[7] Um Innenprovisionen handelt es sich, wenn es um nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen geht, die für die Eigen- und Fremdkapitalbeschaffung sowie eine Platzierungsgarantie aus dem Anlagevermögen gezahlt werden.[8] Über die Zahlung von Innenprovisionen muss nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ausschließlich aufgeklärt werden, wenn sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem eine Fehlvorstellung auslösen können.[9] Eine solche Einschränkung der Werthaltigkeit ist nach dem BGH anzunehmen, wenn die Kosten einen Umfang von 15 % des Gesamtaufwandes übersteigen.[10] Demgegenüber handelt es sich um grundsätzlich zur Aufklärung verpflichtende Rückvergütungen, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Anleger über den Vermittler oder Verwalter an den Broker bzw. das Kreditinstitut zahlt, hinter seinem Rücken an den Vermittler bzw. Vermögensverwalter umsatzabhängig zurückfließen, so dass der Anleger nicht dessen besonderes Interesse erkennt, gerade dieses entsprechende Geschäft durchzuführen.[11] Die Rückvergütung wird im Gegensatz zur Innenprovision nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt.[12] Aus dem vom BGH geforderten Merkmal der „hinter dem Rücken“ [13] geleisteten Zahlung wird darauf geschlossen, dass es sich um eine schmiergeldähnliche Zahlung handeln muss.[14] Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn der einen Ausgabeaufschlag zahlende Kunde nicht weiß oder nicht erkennen kann, dass die Bank für den Vertrieb des Produkts eine Zahlung von dem Emittenten erhält.[15] So führt Fullenkamp[16] zutreffend an, dass zumindest dann eine Pflichtverletzung verneint werden müsse, wenn der Kunde im Rahmen der zweistufigen Aufklärung zumindest über das „ob“ der Provision unterrichtet wurde und lediglich die genaue Höhe offengeblieben ist. In diesem Fall wisse der Kunde nämlich sehr wohl, dass die Empfehlung von eigenen wirtschaftlichen Interessen beeinflusst ist. Bei entsprechendem Interesse könne er sich nun nach der genauen Höhe der Provision erkundigen.

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Diese ungleichen Aufklärungspflichten rechtfertigt der BGH in seiner als „Kick-Back III“ bezeichneten Entscheidung damit, dass die eingeschränkte Aufklärungspflicht bei Innenprovisionen an die Fehlvorstellung des Kapitalanlegers über die Werthaltigkeit der Anlage anknüpft, während es bei der grundsätzlichen Offenlegungspflicht der Bank bei Rückvergütungen darum geht, den Anleger auf eine Gefahrensituation hinzuweisen, die sich aus der eingeschränkten Unabhängigkeit und Neutralität des Beraters ergibt.[17] Diese grundsätzliche unaufgeforderte Aufklärungspflicht trifft hingegen grundsätzlich nicht den freien Finanzberater.[18] Den rechtfertigenden Unterschied sieht der III. Zivilsenat des BGH darin, dass der Kunde der Bank für ihre Dienstleistungen Depotgebühren, Kontoführungsgebühren sowie An- und Verkaufsprovisionen zahle und deshalb nicht damit rechnen müsse, dass die Bank bei der Anlageberatung ein eigenes, umsatzabhängiges Provisionsinteresse gegenüber dem Emittenten verfolge. Demgegenüber läge es für ihn auf der Hand, dass der freie Anlageberater, welchem er kein Entgelt für die Beratung entrichte, von der kapitalsuchenden Gesellschaft Vertriebsprovisionen erhalte, die zumindest wirtschaftlich betrachtet, dem vom Kunden an eben diese Gesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden.[19]

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Handelt es sich hingegen um Festpreisgeschäfte, in denen keine Provisionen gezahlt werden, sondern lediglich Gewinnmargen erzielt werden, herrscht sowohl in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit darüber, ob der BGH diese von seiner „Kick-Back“-Rechtsprechung erfasst sehen will.[20] Als Gewinnmarge wird die als Geldbetrag oder Prozentsatz angegebene Differenz zwischen Kosten und Erlös bezeichnet.[21] Das OLG Dresden[22], das OLG Bamberg[23], das OLG Düsseldorf[24] und jüngst das LG Bielefeld[25] haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass reine Gewinnmargen keine Rückvergütungen im Sinne der „Kick-Back“-Rechtsprechung des BGH sein sollen und mithin keine Aufklärungspflichten des Anlageberaters über umsatzabhängige Gewinnmargen bestehen. Das LG Köln[26] und das OLG Frankfurt[27] hingegen halten die „Kick-Back“-Rechtsprechung des BGH auch bei nicht „klassischen“ Rückvergütungen für anwendbar. Ebenfalls für eine Aufklärungspflicht bei Erzielung bloßer Gewinnmargen sprechen sich unter anderem Maier[28] und Späth[29] aus. Das LG Chemnitz hingegen hält eine Handelsmarge nur dann für aufklärungspflichtig, wenn sie „besonders hoch“ sei.[30]

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Strafrechtliche Relevanz erlangen Kick-Back Zahlungen vor allem im Rahmen des Betrugs- (§ 263 StGB) und des Untreuetatbestandes (§ 266 StGB). Zum einen kann das Verschweigen umsatzabhängiger Rückvergütungen den Tatbestand des Betruges durch konkludente Täuschung oder Täuschung durch Unterlassen erfüllen oder das Verschweigen und Nichtherausgeben der Rückvergütung kann zum anderen eine Treuepflichtverletzung im Rahmen der Untreue darstellen.[31]

Teil 2 Das Phänomen ChurningB. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › II. Die Risikogeschäfte

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