Читать книгу Starke Bindung von Anfang an - Manuela Apitzsch - Страница 11
BINDUNG IST KEINE EINBAHNSTRASSE
ОглавлениеDas Neugeborene ist biologisch darauf vorbereitet, sich zu binden. Aber wie sieht es auf Seiten der Eltern aus? Was bringt Erwachsene dazu, sich einem schreienden Winzling zuzuwenden und ihn angemessen zu versorgen? Auf Schlaf zu verzichten und ständig Windeln zu wechseln? Hier hat die Natur gut für ihre Nachkommen gesorgt. Wir alle fahren nämlich auf kleine süße Wesen ab. Die großen Augen, der im Verhältnis riesige Kopf mit der hohen Stirn, die Stupsnase und die unbeholfenen Bewegungen: All diese Merkmale rufen in uns den Beschützerinstinkt wach. Das Kindchenschema weckt sogar bei Erwachsenen, die keine Eltern sind, mütterliche und väterliche Gefühle. Menschen sind zudem intuitiv begabt. Ein schreiendes Baby löst bei fast allen Erwachsenen den Impuls aus, es aufzunehmen. Das unbeholfene kleine Kind aktiviert unser Fürsorgeverhalten.
Dazu kommt noch, dass die Mutter nach der Geburt hormonell bestens darauf vorbereitet ist, die Bindung zu ihrem Baby aufzunehmen. Durch die Geburt selbst und durch den Körperkontakt nach der Geburt wird im Gehirn von Mutter und Kind das glücklich machende Oxytocin und das opiatähnliche Hormon Endorphin ausgeschüttet, wodurch sich beide, Mama und Kind, entspannen. Oxytocin ist das Liebes- und Bindungshormon. Es führt dazu, dass wir uns friedlich, entspannt und zufrieden fühlen. Es wird bei Hautkontakt und Kuscheln vermehrt ausgeschüttet – sowohl bei der Mutter als auch beim Baby und fördert das Vertrauen zwischen beiden. Vor allem kleine Babys profitieren daher von ausgiebigem Körperkontakt. Werden sie gestreichelt, gehalten, liebkost und berührt, schüttet ihr Körper vermehrt Oxytocin aus. Übrigens kann man im Blut von Vätern, die bei der Geburt dabei waren, ebenfalls einen deutlich erhöhten Oxytocinspiegel feststellen. Auch sie sind durch das Hormon bereit, sich mit positiven Gefühlen dem Neugeborenen zuzuwenden.
Das Bindungsprogramm des Neugeborenen und die Fürsorgebereitschaft der Eltern ergänzen sich. Auf diese Weise sorgt die Natur optimal für unser Überleben – eigentlich. Wundert euch nicht, wenn euch dieses Wechselspiel nicht von Anfang an gelingt. Das kann die unterschiedlichsten Gründe haben. Wer zum Beispiel selbst eine kühle oder problematische Beziehung zu seinen Eltern hatte, tut sich meist schwerer damit, sich auf sein Kind einzustimmen. Eine komplizierte Schwangerschaft oder eine schwere Geburt beeinflussen den Bindungsprozess. Wenn ihr früher schon einmal eine Fehlgeburt erlebt habt, kann es sein, dass ihr dem gesunden Baby mit gemischten Gefühlen begegnet. Auch Beziehungsprobleme oder finanzielle Sorgen können dazu beitragen, dass ihr euch nicht so ohne Weiteres auf euer Kind einlassen könnt. Lasst euch Zeit und seid geduldig. Vertraut darauf, dass die Liebe immer weiter wachsen wird. Wie schon gesagt: Bonding ist ein Prozess.