Читать книгу Macht der tiefen Gefühle - Auf der Suche nach dir Gesamtsausgabe Band 1 - 3 - Manuela Dehnert - Страница 11

Kapitel 8

Оглавление

Panik machte sich in Maria breit. Nachdem sie schon mit einem unguten Gefühl das Reisebüro verlassen hatte, war sie nach ihrem Bankweg zurückgekehrt und stand vor verschlossener Tür.

Wie gut, dass sie ihren Zweitschlüssel dabei hatte. Sie wunderte sich, als sie das Büro betrat und Sophia nicht da war. Zuerst dachte sie, sie wäre zur Pause gegangen, aber ihr Gefühl sagte ihr etwas anderes.

Kaum war sie an ihren Platz zurückgekehrt, hatte sie den Zettel von Sophia gefunden. Sie las die Zeilen und Panik stieg in ihr hoch. Sie erschrak und stand für kurze Zeit völlig orientierungslos neben sich.

Sie dachte angestrengt nach.


Wie konnte ich die beiden hier nur alleine lassen. Ich hätte hierbleiben und verhindern müssen, dass Signora Rossi alles ausplauderte. Oh mein Gott.

Jetzt haben wir ein Problem. Wo ist sie hin? Ich kann sie anrufen, aber was soll ich ihr sagen? Wird sie überhaupt ans Telefon gehen?

Sie ist total gekränkt. Das kann ich verstehen. Das wäre ich auch. Oh Mann, ich fühle mich so mies. Mir dreht sich der Magen um.


Maria hatte es gerade noch zur Toilette geschafft, dann suchte sich ihr Mageninhalt schon den schnellsten Weg nach oben.

Erschöpft griff sie zum Telefon und versuchte, Alessandro zu erreichen. Nach einer gefühlten Ewigkeit ging er endlich ans Telefon.

»Schatz, wir haben ein riesiges Problem. Ich hab es dir doch gesagt, das geht schief. Sie weiß es. Sie weiß alles. Kannst du dir auch nur im Geringsten vorstellen, was jetzt los ist? Kannst du das? Du mit deiner Heimlichtuerei! Jetzt haben wir den Salat. Verdammt noch mal! Musste das sein?«, überhäufte sie ihn mit Vorwürfen.

»Maria! Was ist denn los? Beruhige dich. Was weiß wer?«, versuchte er zu Wort zu kommen, aber es gelang ihm nur schwer.

Maria redete unaufhörlich auf Alessandro ein. Es interessierte sie nicht, ob und was er darauf zu sagen hatte. Sie redete einfach weiter.

»Signora Rossi, die Kundin, von der ich dir vorhin erzählt habe, hat Sophia sicherlich erzählt, dass wir zusammen sind. Sie hat mir einen Abschiedszettel hiergelassen. Sie ist weg Alessandro. Der Laden war zugeschlossen. Sie ist einfach weg. Einfach so. Komm bitte her, sofort!« schrie sie in ihrer Verzweiflung fast durch den Hörer.

»Okay, ich komme. Aber versuch dich zu beruhigen, damit wir überlegen, wie wir weiter vorgehen werden.«

»Weiter vorgehen? Wir müssen endlich alles sagen. Verstehst du es denn immer noch nicht? Wach auf!«

Alessandro legte auf.

Maria lief im Reisebüro auf und ab wie ein Tiger in einem Käfig.

Ein Mensch, der mit dem Rücken zur Wand steht, hat nur einen Weg – nach vorn – mit aller Kraft, koste es, was es wolle. Warum versteht er das denn nicht? Wer weiß, ob überhaupt noch etwas zu retten ist oder ob sie mit mir ein Leben lang kein Wort mehr spricht.


In wenigen Minuten war Alessandro zur Stelle und fand eine völlig aufgelöste Maria, die sobald Alessandro im Laden war, die Tür hinter ihm verschloss und für niemanden mehr zu sprechen war.

»Was tun wir jetzt, Alessandro?«

»Keine Ahnung. Wir müssen erst mal in Ruhe überlegen, was überhaupt alles gesagt worden ist.«

»Sieh dir den Zettel an, den sie mir geschrieben hat. Der ist doch eindeutig.«

Sie fuchtelte wie wild mit dem Zettel vor seinem Gesicht herum und hielt ihm diesen direkt unter die Nase. Alessandro las ihn und wurde blass.

Also doch. Sein Plan, alles für sich behalten zu können, war nicht aufgegangen und soeben wie eine Seifenblase zerplatzt.

Was sollte er jetzt tun?

Er wollte ihr das gerne ersparen und sie sollte es nie erfahren, dass Maria diejenige welche war.

Alessandro war sich in den letzten Wochen gar nicht mehr so sicher, ob er überhaupt noch mit Maria zusammen sein wollte und da konnte er so eine Aktion nicht gebrauchen.

»Sag doch was«, drängte Maria.

»Ja, sie weiß es. Vielleicht sollten wir zunächst herausfinden, wo sie ist«, erwiderte er.

»Sie wird nach Hause gegangen sein. Ich habe noch nicht bei ihr angerufen und das werde ich auch nicht tun. Ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll. Sie hat in gewisser Weise recht, wenn sie so denkt. Wir haben ihr übel mitgespielt. Das war nicht richtig, so zu handeln.«

»Ich weiß und ich wollte das so auch nicht, aber es war für den Anfang besser, da sie sich erst einmal erholen sollte von dem Trennungsschock. Da wollte ich sie nicht auch noch damit belasten, dass du die Frau bist, für die ich sie verlassen habe. Kannst du dir das nicht denken, dass ich ein bisschen Rücksicht nehmen wollte?«

Alessandro war genervt. Er hasste solche Wutanfälle.

»Ja, ich weiß, aber nein – es war nicht richtig. Jetzt haben wir den Salat. Wie sollen wir denn je wieder normal mit ihr reden können? Sie hasst uns«, schrie sie Alessandro an.

Er rang nach Worten und versuchte, sie zu beruhigen. Doch dies gelang ihm nicht.

»Ja das tut sie vermutlich. Ich werde sie suchen. Sie kann nicht weit sein. Ich muss mit ihr reden.«

»Das wirst du nicht tun! Lass sie in Ruhe. Du hast schon genug Schaden angerichtet. Sie macht ab morgen Urlaub bei ihrer Familie. Das wird ihr guttun und sie auf andere Gedanken bringen und vielleicht kommt sie ja darüber hinweg und hat sich etwas beruhigt, wenn sie wieder da ist«, sagte Maria.

»Vielleicht hast du recht. Aber weißt du, was mich stört an dem ganzen Ärger hier?«

Es kam keine Antwort.

Gefühlte Minuten lang war es einfach nur still. Dann durchbrachen sie das Schweigen.

»Nein?«, fragte er noch einmal nach »Ich weiß, ich bin nicht ganz unschuldig daran, aber du schreist schon wieder wie eine wild gewordene Furie herum. Gerade haben wir darüber gesprochen, dass ich deine launische Art nicht ertragen kann und will, und du machst immer so weiter und fängst schon wieder damit an. Ich weiß auch nicht, wo mir der Kopf steht. Da musst du mich nicht noch zusätzlich fertigmachen«, knallte er Maria heftiger als gewollt an den Kopf.

Diese brach in Tränen aus.

»Ich will das nicht. Aber ich weiß nicht, was ich tun soll« heulte sie.

»Ich doch auch nicht. Wir müssen uns nicht gegenseitig zerfleischen, verstehst du? Bleib ruhig. Wir sind beide nicht unschuldig an der Situation, wie sie jetzt ist« sagte Alessandro.

»Ich schließe den Laden ab und hänge ein Schild an die Tür – aus innerbetrieblichen Gründen geschlossen.«

»Hm …«

»Dann lass uns nach Hause gehen und in Ruhe überlegen, was wir tun können. Es tut mir leid, dass ich dich so angeschrien habe. Entschuldige bitte.«

»Ja, es ist immer dasselbe. Du schreist immer gleich, wenn irgendetwas nicht nach Plan verläuft. Kannst du denn überhaupt anders?«, fragte er.

»Ja, kann ich«, sagte Maria kleinlaut.

»Dann zeig es mir doch. Oder bin ich mit einer Furie zusammen?«

Maria sagte kein Wort mehr, nahm ihre Tasche, hängte das Schild ins Schaufenster und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, gingen sie nebeneinander her, vorbei an der Basilica. bis hin zur Piazza San Marco. Immer noch wortlos trafen sie zu Hause ein und keiner der beiden verlor an diesem Nachmittag noch ein Wort. Sie saßen einfach nur still nebeneinander.

Abends, als sie zu Bett gingen, konnte Maria es nicht mehr aushalten und sprach Alessandro an.

»Schatz, ich verspreche dir, dass ich mich in Zukunft besser im Griff habe. Ich wollte dich nicht anschreien heute Nachmittag. Ich wusste nur vor lauter Verzweiflung nicht, was ich tun soll. Es war alles außer Kontrolle geraten. Mir sind die Gefühle durchgegangen. Es tut mir leid. Lass uns nicht so schweigsam miteinander sein.«

Alessandro schaute sie nur an und sagte noch immer kein Wort.

Er war sehr nachdenklich.

»Morgen kommt Paolo. Dann werden sich die Gemüter hoffentlich ein wenig beruhigen. Vielleicht kommst du, wenn du nicht mehr alleine im Büro bist, auch auf andere Gedanken. Ich muss morgen wieder früh raus. Lass uns schlafen« sagte er genervt.

Maria war traurig und mehr als ein leises Gute Nacht bekam sie nicht mehr heraus.


Am nächsten Morgen hatte sich die trübe Stimmung vom Vortag etwas gelegt und sie redeten wieder miteinander.

»War wohl gestern nicht unser Tag, was?«, sagte Alessandro und lächelte Maria an.

»Kannst du wohl laut sagen. Hoffentlich wird der heutige Tag besser«, erwiderte sie.

»Heute kommt Paolo. Denk dran, was ich dir gesagt habe. Versuch, dich mit ihm auszusprechen, damit ihr die nächsten Wochen gut miteinander auskommt, okay Schatz?«

»Jaaa, ich versuche es, versprochen. Wir haben jetzt genug andere Sorgen. Da kann ich Stress mit Paolo nicht auch noch gebrauchen.«

»Ich muss los«, sagte Alessandro und schnappte sich seine Jacke, drückte Maria einen Kuss auf den Mund und verschwand.


Maria blieb alleine zurück und fühlte sich so gar nicht wohl in ihrer Haut. Sie verfiel wieder ins Grübeln.

Wieso war er gestern so merkwürdig? Klar habe ich ihn angeschrien und er fand das nicht toll, aber schließlich hat er uns in diese missliche Lage gebracht.

Gut, nicht nur er allein, ich war auch ein bisschen daran schuld. Aber ich wollte die Situation schon längst aufklären. Nur wollte er das immer nicht. Und jetzt kann es für ihn gar nicht schnell genug gehen, um mit ihr zu reden.

Warum? Jetzt, wo alles zu spät ist, da braucht er mit ihr auch nicht mehr zu reden. Sie wird ihm nicht zuhören. Da kenne ich Sophia. Dafür ist sie zu stolz.

Und warum wollte er wissen, wo sie ist? Er weiß doch, dass sie für fünf Wochen weg ist.


Klar war Sophias Aufbruch alles andere als geplant, aber trotzdem, so viel Spielraum für ihre Entscheidung hatte sie schon, dass sie alleine frei entscheiden konnte, wann sie sich, wo auch immer, aufhielt.

Ihre Freundin war schließlich ungebunden im Gegensatz zu ihm. Er musste nicht mehr wissen, wo sie sich aufhielt. Das ging ihn nichts mehr an. Er hatte sich schließlich von ihr getrennt.

Maria schien es fast so, als täte ihm das irgendwie leid. Oder irrte sie sich? Das konnte doch nicht sein? Sie hatten sich ausgesprochen.

Es war für alle etwas viel gewesen in letzter Zeit. Da war es verständlich, dass die Nerven blank lagen.

Ab jetzt sollte es wieder ruhiger werden. Jetzt war Sophia erst mal im Urlaub und jetzt sollten sie miteinander zurecht kommen.

Schließlich konnten sie ihr Glück noch gar nicht so richtig genießen durch die ganze Heimlichtuerei. Das sollte sich ab jetzt ändern.

Sie überlegte.

Heute werde ich ein bisschen früher ins Büro gehen, damit ich vor Paolo da bin und das Schild von der Tür nehmen kann. Er muss nicht wissen, dass Sophia Hals über Kopf gestern einfach auf und davon ist. Das geht ihn nichts an. Dann stellt er nur viele Fragen. Ich habe keine Lust, diese alle zu beantworten. Danach steht mir wirklich nicht der Sinn.


Maria machte sich fertig, zog ein schönes Kleid an und brach, früher als gewöhnlich auf ins Reisebüro.

Dort angekommen, konnte sie feststellen, dass sie es tatsächlich geschafft hatte, früher dort zu sein, als Paolo. Schnell nahm sie das Türschild ab und sperrte den Laden auf. Sie lüftete gut durch und bereitete alles vor für einen erfolgreichen Start in den Tag.

Der Kaffee lief gerade durch die Maschine, als sie von einer ihr bekannten männlichen Stimme gerufen wurde. Es war Paolo.

»Hallo Maria, schön, dich zu sehen. Wie geht es dir? Alles okay?«, fragte er vorsichtig.

»Hallo Paolo. Ja, alles okay. Mir geht es gut und selbst?«, fragte sie verlegen.

»Ganz gut soweit«, erwiderte er.

»Möchtest du einen Kaffee trinken? Ich habe gerade welchen gekocht«, fragte sie.

»Ja, gerne. Hast du schon gefrühstückt?«

»Ja, habe ich«, sagte sie.

Maria holte das Geschirr aus dem Schrank und Paolo setzte sich an den kleinen Tisch in der Wartezone, die eigentlich für Kunden gedacht war.

»Du kannst dich hier herüber setzen. Ich mache ein wenig Platz, dann passen wir beide hier an den Tisch«, sagte Maria und versuchte zu lächeln.

»Das ist ja noch besser«, strahlte Paolo und ließ sich nicht lange bitten »Maria? Darf ich dich etwas fragen?«

Oh Gott, was kommt jetzt?, dachte Maria.

»Ja«, antwortete sie zögernd.

»Du hast dich sicherlich gewundert, warum ich so schnell nach Mailand gezogen bin und mich nie wieder bei dir gemeldet habe, oder?«

Scheiße … jetzt kommt’s.

Sie war ganz gespannt, was sie erwartete. Wie gut, dass sie dieses Gespräch nicht anfangen musste. Vielleicht konnten sie wirklich alles aus der Welt schaffen und sie würde endlich erfahren, was an dem besagten Abend, der besagten Nacht, passiert war.

»Ja, das habe ich mich in der Tat gefragt. Ich konnte aber keine Antwort darauf finden, außer, dass du etwas gegen mich haben musst. Sonst hättest du dich bei mir gemeldet. Oder hast du mir übel genommen, dass ich panikartig deine Wohnung verlassen habe?«

Scheiße, jetzt ist es raus. Das wollte ich doch gar nicht sagen. Oh Mann.

»Nein, das habe ich dir nicht übel genommen. Ich konnte mit der ganzen Situation so gar nicht umgehen. Wir waren beide angetrunken und du weißt, ich empfinde sehr viel für dich – immer noch. Doch ich glaube, wir sind an dem Abend zu weit gegangen. Zumindest hatte ich später das Gefühl, dass du nicht so glücklich warst damit.«

Oh nein, mir wird übel. Nein, bitte nicht … ich will es lieber doch nicht hören. Oh Mann, egal, ich muss es wissen.

Maria klang fast schon verzweifelt, als sie Paolo nun endlich dazu bewegen wollte, ihr alles zu erzählen. Sie konnte sich noch immer keinen Reim darauf machen.

»Was ist eigentlich passiert? Ich wache manchmal nachts auf und habe Albträume. Dann erinnere ich mich nur an Bruchstücke. Ich kann mich an deine Küsse erinnern, an deine gierigen Hände überall auf meiner Haut und dann erst wieder daran, dass ich in deinem Bett in deiner Wohnung aufgewacht bin, nackt. Ich habe panikartig deine Wohnung verlassen. Mehr weiß ich nicht mehr« sagte Maria verlegen und nervös.

»Hm … nun ja, wie soll ich sagen.«

»Erzähl es mir einfach, Paolo, bitte. Ich muss wissen, was da passiert ist.«

»Wir haben miteinander geschlafen und es war sehr schön. Ich hatte das Gefühl, es hat dir gefallen. Wir konnten gar nicht genug kriegen. Aber als du am Morgen weg warst, war ich mir nicht mehr so sicher. Ich konnte dir einfach nicht unter die Augen treten. Ich wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll.«

Oh nein, es ist ein Albtraum. Bitte lass mich aufwachen und alles war nur ein Spuk, konnte sie ihre Gedanken förmlich hören.

»Hm. Also ging es nicht nur mir so. So was Ähnliches habe ich mir gedacht, also, dass wir miteinander geschlafen haben. Okay, und nun? Am liebsten wäre es mir, wenn wir das Ganze vergessen. Meinst du, wir kommen in der Zeit, die wir zusammen verbringen, gut miteinander aus?«, fragte Maria.

»Ich denke schon«, strahlte Paolo sie an.

»Schön, dann hoffen wir das Beste. Eigentlich auch schön, dass wir das endlich geklärt und aus der Welt geschafft haben. Findest du nicht auch Paolo?«

»Ja, das ist gut. Ich fühle mich gleich viel wohler. Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen? Es sind knapp vier Monate, die wir uns nicht mehr gesehen haben. Kommst du mit Sophia gut zurecht?«

»Ja, alles bestens«, log sie.


Sie wollte ihm nicht die ganze Geschichte gleich am ersten Tag auf die Nase binden. Dass sie Sophia den Freund ausgespannt hatte, ging ihn schließlich nichts an.

Maria fühlte sich jetzt besser. Die Anspannung löste sich ein wenig und die beiden scherzten sogar, während sie ihren Kaffee tranken.

Ihr Gespräch wurde jäh unterbrochen durch die erste Kundschaft, die das kleine Reisebüro betrat, gerade in dem Moment, als Maria sich an die Nacht zu erinnern versuchte.

Macht der tiefen Gefühle - Auf der Suche nach dir Gesamtsausgabe Band 1 - 3

Подняться наверх