Читать книгу Macht der tiefen Gefühle - Auf der Suche nach dir Gesamtsausgabe Band 1 - 3 - Manuela Dehnert - Страница 14
Kapitel 11
ОглавлениеPaolo schloss an seinem zweiten Tag das kleine Reisebüro auf und wartete auf Maria. Er schaute zur Uhr und stellte fest, dass Maria sich bereits leicht verspätet hatte.
Versteh einer die Frauen. Nie sind sie pünktlich. Wer weiß, was sie schon wieder hat. Sie sah irgendwie blass aus gestern. Vielleicht geht es ihr nicht gut.
Maria hatte versucht, mit Alessandro zu besprechen, wie sie denn nun weiter vorgehen wollten, jetzt, da die Wahrheit ans Licht gekommen war. Aber sie waren nicht wirklich zu einer gemeinsamen Lösung gekommen.
Je mehr Maria bat, die Sache auf sich beruhen zu lassen, so lange, bis Sophia aus dem Urlaub wieder zurück war, desto mehr drängelte Alessandro, es so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen. Er wollte unbedingt vermeiden, dass Sophia ihn hasste für das, was er getan hatte – was sie getan hatten.
Maria ging es auch an diesem Morgen nicht besonders gut. Sie hatte wieder einen dieser Übelkeitsanfälle.
Bis sie endlich die Wohnung verlassen konnte, um sich auf den Weg zur Arbeit zu machen, verging eine ganze Weile. Das gemeinsame Frühstück mit Alessandro ließ sie ausfallen.
Sie war in den letzten Tagen keine gute Gesellschaft gewesen. Alessandro machte sich bereits Sorgen um sie.
Paolo war guter Dinge und hatte frische Blumen für Maria auf ihren Platz gestellt, damit sie sich etwas wohler fühlte. Er hatte bereits Kaffee gekocht, damit er ihn gemeinsam mit ihr trinken konnte.
Alessandro saß zu Hause am Küchentisch und grübelte seit Tagen. Er wusste nicht, was er tun sollte. Wie konnte es nur geschehen, dass Sophia alles erfahren hatte? Warum musste ausgerechnet jetzt diese Frau im Reisebüro auftauchen und ihr alles erzählen? Wieso war er zu feige und hatte es ihr nicht schon längst erzählt?
Er grübelte.
Hätte ich doch nur nicht diesen blöden Abschiedszettel geschrieben, sondern hätte gewartet, bis sie nach Hause kommt. Vielleicht hätte ich es ihr erklären können und sie hätte mich verstanden.
Ziemlich unwahrscheinlich, aber es wäre einen Versuch wert gewesen. Ich mache mir solche Vorwürfe. Wenn ich nur wüsste, wo sie jetzt genau ist. Sie wird sicherlich wieder zurück sein aus Sizilien. Eine Woche wollte sie nur bleiben.
Wenn ich mich richtig erinnere, wollte sie dann gleich noch vier Wochen Urlaub machen irgendwo in der Ferne. Wenn ich wüsste, wo. Darüber kann ich mit Maria aber nicht sprechen. Sie würde es nicht verstehen.
Sie würde ausrasten. Immer ist sie ganz außer sich, wenn wir über Sophia sprechen. Aber etwas muss ich doch tun. Ich halte es keine vier Wochen aus und kann nichts, aber auch gar nichts tun. Das kriege ich nicht hin. Irgendetwas muss ich tun. Was mache ich nur?
Ich habe auch schon überlegt, ob ich ein paar Tage nach Sizilien reise, um mit Sophias Eltern zu sprechen. Vielleicht können sie mir sagen, wo sie ist und ob es Sinn macht, mit ihr zu sprechen. Ich muss wissen, wo sie ist.
Wie soll ich Maria erklären, dass ich ein paar Tage nicht da bin? Ich habe keine Ahnung. Belügen möchte ich sie auch nicht. Ich muss mit ihr reden.
In den nächsten Tagen habe ich keine Vorstellung und in zwei Wochen habe ich wieder eine Woche frei. Vielleicht kann ich jetzt ein paar Tage nach Sizilien fahren, um alles zu klären und ihre Familie um Rat zu fragen.
Nachdenklich zog er sein Handy aus der Tasche, starrte auf das Display und fing an, Maria eine Nachricht zu schreiben. Sie wird mich in der Luft zerreißen, aber ich muss es tun.
Er schrieb:
Hallo mein Schatz,
geht es dir besser? Ich muss dringend die uns so beschäftigende und zermürbende Angelegenheit aus der Welt schaffen. Sei mir nicht böse, ich lasse dich für zwei, drei Tage allein. Ich muss mit Sophias Familie sprechen. Ich muss wissen, wo ich sie finden kann.
Ich weiß, dass du das vielleicht nicht verstehst, aber ich muss das tun. Wir finden vorher keine Ruhe. Wir sehen uns in ein paar Tagen.
Kuss, Alessandro
Wenige Sekunden später summte Marias Handy. Sie hatte sich gerade wieder etwas gefangen und erholte sich von der Übelkeit von heute Morgen, als sie die Zeilen las.
Sie konnte gar nicht glauben, was er ihr schrieb. Augenblicklich versuchte sie, Alessandro auf seinem Telefon zu erreichen. Es klingelte.
Er bemerkte das Klingeln, schaute kurz auf das Display und wartete, bis sie auflegte.
»Was ist denn los?«, wollte Paolo wissen, als er in ihr blasses, verstörtes Gesicht sah.
»Ach nichts. Ich habe einfach keine Kraft mehr. Mir geht es nicht gut und jetzt auch noch das«, erwiderte sie.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte Paolo.
»Nein, da muss ich alleine durch. Manchmal frage ich mich, ob das alles überhaupt noch einen Sinn macht«, erwiderte sie.
»Ich werde aus dir nicht schlau«, sagte Paolo.
»Egal, es ist nicht so wichtig. Lass uns den Kaffee genießen. Ich kann es sowieso nicht ändern, auch wenn es mich wahnsinnig wütend macht«, versuchte sie abzulenken.
Alessandro packte ein paar Dinge zusammen und machte sich auf den Weg zum Flughafen.
Dort angekommen, kaufte er auch ein Flugticket für die nächste Maschine nach Palermo. In ein paar Stunden, heute Mittag, sollte es endlich soweit sein.
Am Nachmittag bekomme ich dann endlich Antworten auf meine Fragen, wo ich Sophia finden kann.
Maria ist bestimmt stinksauer auf mich. Aus ihrer Sicht ist sie das mit Recht. Aber es ist selbstverständlich, dass wir die Dinge bereinigen wollen. Wobei ich noch nicht einmal genau weiß, ob sie es überhaupt bereinigen will, ob sie mir überhaupt zuhören wird, wenn ich mit ihr reden möchte.
Da bin ich mir seit meiner Nachricht neulich gar nicht mehr so sicher. Sie hat nicht geantwortet, nicht mal eine Bemerkung gemacht – nichts.
Ich weiß nicht einmal, was Sophia mit ihrer Familie besprochen hat, ob sie überhaupt ein gutes Haar an mir gelassen hat. Vielleicht wollen sie auch nicht mit mir reden.
Vielleicht ist die Reise dorthin umsonst, aber ich muss es versuchen. Ich empfinde noch sehr viel für Sophia. Gerade jetzt in diesen Tagen bemerke ich, dass ich sie eigentlich doch mehr mag als Maria. Uns verbindet einfach viel mehr miteinander. Ich versuch, diesen Gedanken so gut es geht zu verdrängen.
Wie konnte ich uns nur in so eine Situation bringen? Sie wird nie wieder ein Wort mit mir sprechen, wenn ich das nicht bald klären kann. Sie kann so furchtbar stur sein.
Alessandro verließ den Flughafen und ging ins nächstgelegene Restaurant, um dort die Wartezeit zu überbrücken, bis er einchecken konnte. Er konnte es kaum erwarten, endlich in Mondello einzutreffen.
Maria, die immer noch außer sich vor Wut war und nicht wusste, wie sie am besten damit umgehen sollte, war drauf und dran, ihn wieder zu beschimpfen, nachdem sie ihn am Telefon nicht erreichen konnte.
Doch sie schrieb ihm nur die folgenden Zeilen und schickte die Nachricht ab.
Wie kannst du mir das nur antun Alessandro?
Sie war einfach enttäuscht und fühlte sich wieder einmal im Stich gelassen und bestärkt in ihrer Annahme, dass er es vielleicht gar nicht wirklich ernst mit ihr meinte. Sie war traurig und noch dazu fühlte sie sich schrecklich.
Paolo versuchte, sie zu trösten.
»Ich sehe doch, dass dich etwas bedrückt. Ich würde mich freuen, wenn wir heute nach Feierabend etwas gemeinsam unternehmen. Gerne möchte ich mit dir ausgehen, Maria, um dich auf andere Gedanken zu bringen«, sagte Paolo.
Maria überlegte kurz.
Warum eigentlich nicht. Bevor ich mich die nächsten Tage noch mehr hängen lasse, kann ich die Zeit auch mit angenehmen Dingen überbrücken.
»Okay, aber ich bin bestimmt keine gute Gesellschaft. Also nicht beleidigt sein, wenn meine Laune nicht immer die beste ist«, sagte sie.
»Kein Problem«, erwiderte Paolo und freute sich, dass es ihm gelungen war, sie für einen gemeinsamen Abend zu gewinnen.
»Ich überlege mir etwas Schönes. Dann kommst du auf andere Gedanken«, sagte Paolo.
»Okay – wenn du unbedingt willst«, erwiderte Maria.
»Hast du eigentlich die Blumen schon gesehen, die ich dir auf deinen Tisch gestellt habe?«, fragte er.
»Ja, ach die sind für mich?«, fragte Maria überrascht.
»Ja, für wen denn sonst?«, lächelte Paolo.
»Ich dachte so ganz allgemein für unser Büro«, erwiderte Maria verlegen. »Die sind hübsch«, freute sie sich. Schon lange nicht mehr hatte ihr ein Mann Blumen geschenkt. Sie freute sich über diese Aufmerksamkeit.
Warum hat mir eigentlich Alessandro noch nie Blumen geschenkt? Sophia hat er bestimmt öfter welche mitgebracht. Wieso macht er das bei mir nicht? Manchmal frage ich mich, ob er nur ein Dach über dem Kopf braucht oder ob er mich wirklich liebt. Er versteht mich überhaupt nicht.
Als Alessandro das Restaurant am späten Vormittag wieder verließ, schaute er noch einmal auf sein Handy und fand die Nachricht von Maria.
Schade, dass sie mich nicht versteht. Aber ich muss das hier tun. Enttäuscht steckte er sein Handy wieder ein und begab sich auf den Weg zum Flughafen.
Dort angekommen, hatte der Check-in bereits begonnen, sodass er sich sofort an Bord begeben konnte. Die Maschine war nur halbvoll und der Platz neben ihm war frei. Er konnte es sich für den Flug bequem machen, wenn er das wollte.
Einige Minuten später war die Maschine in der Luft und er sah aus dem Fenster. Die Wolken zogen vorbei und alles sah so friedlich aus.
Alessandro überlegte.
In knapp vier Stunden werde ich mehr wissen. Hoffentlich kann ich mit ihrer Familie sprechen. Da wir sie in der Vergangenheit bereits einige Male gemeinsam besucht haben, gehe ich davon aus, dass sie mich auch anhören werden. Wenn nicht, habe ich ein Problem.
Was mache ich dann? Dann war alles umsonst. Dann muss ich Maria bitten mir zu sagen, wohin sie gereist ist. Aber das will ich auf jeden Fall vermeiden, denn sie wird mich fragen, warum ich das um alles in der Welt wissen will. Es spielt doch keine Rolle mehr. Wir sind getrennt. Wenn ich ehrlich bin, ist mir in den letzten Tagen bewusst geworden, dass ich Sophia gerne zurück haben möchte. Ich will sie nicht verlieren. Ich möchte aber auch Maria nicht wehtun. Einer von beiden muss ich aber wehtun, so leid es mir tut. Ich weiß gar nicht, ob Sophia mich überhaupt zurück haben will.
Aber ich werde alles versuchen, damit mir das gelingt. So wie jetzt kann es nicht weitergehen. Maria versteht mich nicht. Wir sind einfach zu verschieden. Sie schreit ständig nur und ist launisch.
Das habe ich bei Sophia noch nie erlebt. Sie ist meistens ausgeglichen und versucht, alles in Ruhe zu lösen. Wenn ihr dies nicht gleich gelingt, dann zieht sie sich zurück, bis eine Lösung gefunden ist. So kenne ich sie.
Ich habe einen riesigen Fehler begangen, indem ich meine Beziehung zu Sophia so leichtsinnig aufs Spiel gesetzt habe. Dabei war ich mir so sicher, dass ich Maria lieben würde und meine Gefühle für Sophia nicht mehr dieselben waren. Wie konnte ich mich nur so irren?
Während Alessandro so grübelte, fielen ihm die Augen zu und er schlief ein. Als die Maschine auf dem Boden aufsetzte, erwachte er durch ein sanftes Rucken und das Klatschen der Passagiere. Er war in Palermo angekommen.
Er wollte keine Zeit verlieren und lief zur Busstation, um weiter nach Mondello zu fahren. Etwas Zeit verging, bis der nächste Bus hielt und er einsteigen konnte. Auf der Fahrt wurde er langsam nervös. Was, wenn niemand da war oder ihn niemand reinließ?
Was mache ich hier eigentlich? Sollte ich nicht bei Maria sein, wo es ihr offensichtlich in den letzten Wochen nicht so gut ging? Mein Herz treibt mich aber dazu, dies zu tun. Ich muss es einfach wissen. Wo ist Sophia? Was kann ich tun?
Nach einer guten halben Stunde war der Ort Mondello erreicht und Alessandro machte sich auf den Weg zu Sophias Elternhaus.
Vor der Tür angekommen, zögerte er einen kleinen Augenblick. Er betrachtete das Haus, wie es sich so malerisch in die Umgebung einfügte mit seinen sandsteinfarben geputzten Wänden.
Vor dem Haus fiel ihm die üppige Blütenpracht eines Strauches auf, der über und über mit violetten Blüten behangen war.
Er fasste sich ein Herz und klopfte an die Tür. Sekunden vergingen, bis Alisa öffnete.
»Oh, das ist aber eine Überraschung. Alessandro, was machst du denn hier?«, sagte sie sichtlich überrascht.
»Entschuldige bitte, Alisa, aber ich konnte nicht anders. Hallo«, erwiderte er.
»Komm rein. Im Haus redet es sich besser als draußen auf der Straße. Du hast bestimmt etwas auf dem Herzen. Du hast doch die weite Reise nicht umsonst gemacht, oder?«, fragte sie interessiert.
Von Sophia wusste sie bereits, was sich zugetragen hatte. Aber auch wenn es sich um ihre Tochter handelte, war sie froh, dass sie die Gelegenheit hatte, beide Seiten der Medaille zu beleuchten.
»Danke. Ich habe gehofft, dass ich bei euch Antworten auf meine Fragen bekommen kann. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll«, sagte er verzweifelt.
»Inwiefern möchtest du denn Antworten? Worauf willst du denn hinaus?«, fragte Alisa.
»Wie du sicherlich von Sophia weißt, haben wir uns vor ein paar Monaten getrennt, das heißt, ich habe mich von ihr getrennt, weil ich mich in eine andere verliebt habe«, fing er an zu erzählen.
Alisa runzelte die Stirn, während sie ihm zuhörte.
»Warte, bevor du weitersprichst, hole ich Adriano«, entgegnete Alisa.
»Okay«, sagte Alessandro und holte tief Luft.
Alisa ging in den Keller, um Adriano zu rufen. Dieser war gerade dabei, die Weinvorräte zu sortieren. Das tat er am liebsten. Hin und wieder ließ er sich zu einem Tropfen verleiten.
»Adriano, kommst du bitte mal nach oben? Wir haben Besuch. Alessandro ist hier. Es ist wichtig«, rief sie ihm auf halbem Weg in den Keller entgegen.
»Alisa?«, fragte Adriano zurück.
»Ja, komm bitte nach oben. Es ist dringend«, rief sie erneut.
»Ich komme«, antwortete er und ließ seine Arbeit für einen Moment ruhen und machte sich auf den Weg nach oben.
Alisa war in der Zwischenzeit wieder bei Alessandro angekommen, der immer noch nervös in der Küche am Tisch saß und auf die Dinge wartete, die jetzt kommen sollten.
Adriano traute seinen Augen kaum, als er ihn da in der Küche sitzen sah.
Mit finsterer Miene begrüßte er ihn.
»Hallo Alessandro. Was treibt dich zu uns?«, fragte er grimmig.
»Ich möchte mit euch über Sophia sprechen. Ich weiß einfach nicht mehr weiter«, sagte er.
»Aha, und was spielen wir dabei für eine Rolle? Du hast vielleicht Nerven – hier aufzutauchen nach so einer Show, die du abgezogen hast«, sagte Adriano aufgebracht.
»Ich weiß, und es tut mir leid. Ich bin hier, weil ich euren Rat brauche. Ich muss wissen, wo sie ist. Ich muss mit ihr reden und einiges klarstellen«, sagte er.
»Aha, und dafür kommst du extra nach Sizilien? Sie ist nicht hier. Dich muss dein Gewissen mächtig quälen oder was führst du im Schilde?«
»Ich kann verstehen, dass ihr wütend auf mich seid. Ich wäre nicht hier, wenn es nicht wichtig wäre. Sie wollte in die Ferne reisen. Leider weiß ich nicht, wo ich sie finden kann und habe gehofft, dass ihr mir helfen könnt. Ich muss mit ihr reden«, erzählte er »Wenn ich nur wüsste, wo ich sie finde. Ich hab alles falsch gemacht. Sie hat euch sicher alles erzählt. Sie wusste bis kurz vor ihrer Abreise nicht, in wen ich mich verliebt habe, wer meine neue Freundin ist. Dann kam diese Kundin in das Reisebüro und die hat ihr alles erzählt. Dann ist sie ohne ein Wort abgereist.«, sagte er traurig.
»Das kann man nachvollziehen, dass sie verletzt ist, oder? So etwas geht gar nicht. Findest du das etwa normal? Denkst du denn überhaupt nicht nach? Du nimmst ihr mit einem Schlag nicht nur den Partner, sondern auch die beste Freundin. Hast du mal darüber nachgedacht, wie schlimm das für sie gewesen sein muss, nach allem, was sie bereits erlebt hat? Was für ein Unmensch bist du eigentlich?«, fragte Adriano wütend.
»Du weißt doch ganz genau, dass das für sie wie ein schlechter Albtraum gewesen sein muss, da sie vor einigen Jahren schon einmal etwas Ähnliches erlebt hat, als sich ihre große Liebe einfach von heute auf morgen aus dem Staub gemacht hat und niemand wusste wohin. Das hat ihr das Herz gebrochen. Wir dachten, sie könne nie wieder jemandem vertrauen und sich mal wieder verlieben, bis sie dich traf. Wir waren glücklich und haben uns für sie gefreut. Und jetzt das«, redete Adriano weiter.
Alessandro saß mit betretenem Gesicht am Tisch und hatte einen Kloß im Hals.
»In den letzten Tagen ist mir klar geworden, dass ich einen riesigen Fehler gemacht habe und dass ich sie zurück möchte. Ich will sie nicht verlieren. Ich muss sie unbedingt finden und mit ihr reden, damit ich ihr zeigen kann, dass es mir wirklich ernst ist und ich es ehrlich mit ihr meine«, sagte Alessandro.
»Wie willst du das denn anstellen? Denkst du, sie wird dir zuhören? Sie hat denselben Dickschädel wie ihr Vater«, sagte Alisa.
»Ich muss es versuchen. Aber ich weiß nicht, wo ich sie finden kann, wo sie die restlichen Wochen ihres Urlaubs verbringt. Ich habe gehofft, dass ihr es mir sagen werdet«, sagte Alessandro.
»Selbst wenn wir es dir erzählen würden, was wir jetzt nicht tun, da wir erst einmal in Ruhe darüber nachdenken müssen, ob es richtig ist, dies zu tun. Was würdest das ändern, wenn du weißt, wo sie ist?«, fragte Adriano.
»Ich werde mir einen Flug buchen und ihr hinterherreisen, damit ich ihr unter vier Augen erklären kann, was für ein Idiot ich war. Ich fühle mich schrecklich«, sagte Alessandro.
»Mit Recht«, erwiderte Adriano.
»Wir werden heute Abend mit der Familie die Angelegenheit besprechen. Du kannst gerne morgen Mittag wiederkommen und hören, was wir beschlossen haben. Aber sei nicht enttäuscht, wenn wir es dir nicht sagen können. Das will gut überlegt sein«, sagte Alisa.
»Wo willst du denn solange hin?«, fragte Adriano.
»Ich nehme mir hier irgendwo ein Zimmer«, sagte Alessandro.
»Das ist gut. Geh vorne zur Pension an der Ecke. Da kannst du übernachten. Ich hoffe, du verstehst, dass wir dich unter diesen Umständen nicht hier übernachten lassen können, bis alles geklärt ist«, erwiderte Adriano.
»Ja, das verstehe ich. Ich bin froh, dass ihr mich angehört habt«, sagte Alessandro, verabschiedete sich und ging zu der kleinen Pension an der Ecke, um sich ein Zimmer zu mieten. Er hatte Glück und es war auch eins frei.
Am Abend tagte der Familienrat, der aus Adriano, Alisa, Vincenzo, Mauro, Giulia und Anna bestand.
»Wir sollten es ihm sagen und ihn versuchen lassen, sie zurückzugewinnen. Schaut nur, wie lange die beiden schon zusammen waren. Sie haben sich doch geliebt«, sagte Giulia.
»Was, wenn sie es gar nicht mehr will«, sagte Vincenzo.
»Dann kann sie es ihm wenigstens selbst ins Gesicht sagen und er muss sich nicht ein Leben lang vorwerfen, dass er es nicht wenigstens versucht hat«, sagte Mauro.
Nach einer hitzigen Debatte und einigem Hin und Her kamen sie zu dem Entschluss, dass sie es ihm sagen wollten, wo er ihre Sophia finden konnte. Den Hotelnamen konnten sie ihm zwar nicht geben, da sie ihn selber nicht wussten, aber sie wussten ungefähr, wo er sie finden konnte.
Am nächsten Mittag war Alessandro pünktlich zur Stelle. Alisa und die anderen erwarteten ihn und er machte sich Sorgen, als er sah, dass alle versammelt waren. Er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Er wusste nicht, was ihn jetzt gleich erwarten sollte.
Umso erfreuter war er, als die Familie ihm mitteilte, dass sie lange diskutiert, und gut überlegt hatten, ob es Sinn machte, ihm zu sagen, wo er Sophia finden konnte. Nach einigem Hin und Her gaben sie ihm die Adresse. Er war überglücklich.
»Ich danke euch, euch allen. Ihr wisst gar nicht, was mir das bedeutet«, sagte er überglücklich.
»Hoffentlich hast du Erfolg. Mehr können wir nicht für dich tun. Wir wissen nicht, wie sie reagieren wird. Sie muss selbst entscheiden, ob sie dich anhören möchte oder ob sie nie wieder ein Wort mit dir spricht«, sagte Adriano.
»Ja, ich verstehe. Ich danke euch von Herzen«, sagte Alessandro sichtlich gerührt.
»Wann geht denn eigentlich dein Flieger?«, fragte Vincenzo.
»Heute Nachmittag. Ich habe mir gleich heute Morgen telefonisch einen Rückflug gebucht, damit ich keine Zeit verliere«, erwiderte Alessandro.
»Ah, okay, und was willst du nun tun?«, fragte Giulia.
»Ich werde ihr nachreisen und versuchen, mit ihr zu reden«, sagte Alessandro.
»Dann informiert uns bitte, wenn es Neuigkeiten gibt«, sagte Anna und verabschiedete sich von ihm.
Alessandro war erleichtert und froh. Nun konnte er sich auf die Suche nach Sophia machen, um mit ihr zu sprechen.
Es lag nicht mehr in seiner Hand. Er hatte alles getan, was er tun musste. Er wollte sie nur noch finden und das schnell. Er konnte den Zeitpunkt seiner Abreise zurück nach Venedig kaum noch erwarten.
Jetzt lag es also an Sophia, ob sie ihm verzeihen konnte und ob sie ihm überhaupt zuhören wollte. Mehr konnte er nicht tun. Er musste lediglich zu ihr fliegen. Und das wollte er tun, das hatte er sich fest vorgenommen.
Eine halbe Stunde später saß er bereits wieder im Bus und fuhr zurück zum Flughafen, wo wenige Minuten später sein Flieger zurück nach Venedig ging.
Überglücklich, wusste er doch jetzt, wo er sie finden konnte. Groß konnte das Gebiet dort nicht sein.
Nach einem ihm kurz erscheinenden Flug setzte die Maschine in Venedig auf und er war am frühen Abend wieder zu Hause.
Von Maria fehlte jede Spur, obwohl das Reisebüro schon seit einer halben Stunde geschlossen hatte. Vielleicht hatte sie noch eine Erledigung zu machen. Irgendwo würde sie schon sein oder hatte noch jemanden getroffen. Sie wusste nicht, dass Alessandro schon wieder zurück war. Er musste unbedingt mit ihr reden, wenn sie zurück war.
Ironie des Schicksals ist es schon. Musste ich erst nach Palermo fliegen, um zu erfahren, was ich wirklich fühle. Jetzt weiß ich, dass ich Sophia immer noch liebe und Maria nur eine Schwärmerei war. Sie ist nicht die Richtige für mich. Wir passen nicht zusammen.
Doch wie kann ich ihr das erklären? Ich werde ihr zwangsläufig damit wehtun. Aber ich muss die Dinge in Ordnung bringen. Das bin ich Sophia und Maria einfach schuldig.