Читать книгу Macht der tiefen Gefühle - Auf der Suche nach dir Gesamtsausgabe Band 1 - 3 - Manuela Dehnert - Страница 4

Kapitel 1

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An einem so wunderschönen Tag wie heute spazierte Sophia mit einem Eis in der Hand durch die schmalen Gassen von Venedig. Die Sonne schien auf ihre Haut und eine leichte Brise wehte durch ihre langen braunen Haare, um die sie viele ihrer Freundinnen beneideten. Die dunklen Haare passten sehr gut zu ihren braunen Augen. Ihr immer leicht gebräunter Teint verlieh ihrer schlanken Erscheinung noch mehr Ausstrahlung.

Jetzt, in ihrer Mittagspause, wollte sie in aller Ruhe durch die Gassen Venedigs bummeln und sich ein wenig die Zeit vertreiben. Venedig, nach ihrem Studium war sie gemeinsam mit Alessandro hierhergezogen in ein kleines Appartement. Wie sehr hatte sie sich darüber gefreut. Sie liebte die Stadt mit dem besonderen Flair von Anfang an. Die engen Gassen und die große Piazza San Marco mit ihrer Weitläufigkeit mochte sie ganz besonders.

Sie lief über den Markusplatz, vorbei an der Basilica bis hin zur Calle Laga San Marco, wo sich auch das kleine Reisebüro befand, in dem sie seit nunmehr fast zwei Jahren arbeitete. Der Ansturm im Laden war in den letzten Wochen groß gewesen, da die Ferien vor der Tür standen und alle noch einen schönen Platz in der Ferne oder unter Palmen in fremden Ländern haben wollten.

Sie liebte ihren Job im Reisebüro und war froh, dass sie hier gleich so viel Verantwortung übernehmen konnte. Weitestgehend war sie alleine für alle Vorgänge verantwortlich und musste nur hin und wieder Paolo, ihrem Chef, die Zahlen offen legen und ihm berichten, wie es lief und ob es Probleme gegeben hatte. Sie kam gut mit ihrer Kollegin Maria aus, die zwischenzeitlich ihre beste Freundin geworden war.

Sophia wusste noch nicht, ob und wohin es sie in diesem Jahr überhaupt verschlagen sollte. Die meiste Arbeit war im Reisebüro an ihr hängen geblieben und sie hatte sehr viele Überstunden gemacht, um alles im Griff zu behalten. Ihre Beziehung zu Alessandro war dabei auf der Strecke geblieben. Doch was sollte sie tun? Maria versuchte, so gut es ging, ihr zu helfen. Sie hatte ein paar zusätzliche Arbeiten im Büro übernommen.

Die gemeinsamen Abende, die die beiden hin und wieder verbrachten, waren in dieser Zeit immer seltener geworden. Sophia war froh, wenn sie es schaffte, mit Alessandro mal einen Abend gemeinsam zu verbringen, ohne vor Erschöpfung einzuschlafen. Ihr Gewissen hatte sie deswegen schon des Öfteren gequält, aber es ging zurzeit nicht anders.

Eines Abends, es war Ende April, als sie müde von der Arbeit nach einem langen Tag nach Hause gekommen war, fand sie einen Zettel von Alessandro auf dem Küchentisch. Sie hatte gerade diese anstrengende Weiterbildung hinter sich gebracht und traute nun ihren Augen nicht. Was hatte das zu bedeuten?

Das konnte unmöglich wahr sein. Wie gelähmt stand sie da und starrte auf das Blatt Papier. Tränen sammelten sich in ihren Augen und sie konnte nicht viel sehen. Ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust. Alessandro schrieb nie einen Brief. Wenn, dann rief er an oder schickte eine SMS. Nach einem kurzen Moment sammelte sie sich und versuchte, die Zeilen zu lesen.


Hallo Sophia,

mach dir keine Sorgen und warte nicht auf mich. Meine Sachen hole ich in ein paar Tagen.

Ich will dir nicht wehtun, aber ich habe mich in eine andere verliebt. Nein, es ist nicht nur ein Flirt. Ich mag dich sehr, aber ich liebe dich nicht mehr.

Ich weiß, das ist feige von mir, aber bitte versuch, mich zu verstehen. Wir hatten eine schöne Zeit.

Alles Gute, Alessandro

Zuerst dachte Sophia an einen schlechten Scherz, schließlich war sie seit mehr als fünf Jahren mit ihm zusammen und sie waren glücklich und harmonierten sehr miteinander.

Irgendwann wollten sie sogar heiraten. Sollte sie so blind gewesen sein und das alles vor lauter Arbeit nicht bemerkt haben? Oder hatte sie es nur verdrängt? Aber andererseits machte man mit so etwas keine Scherze.

Dann überkam sie die Wut und sie warf die Vase, es war das Erstbeste, was ihr in die Quere kam, mit voller Wucht auf den Boden und stieß einen wütenden Schrei aus. Sie sackte zusammen und setzte sich auf den Boden und weinte.

Sie waren das perfekte Paar, nur dass sie hin und wieder nicht genügend Zeit füreinander hatten, da beide beruflich sehr eingespannt waren. Alessandro arbeitete am Theater und war oft an den Abenden nicht da. Tagsüber waren Proben und Sophia hatte sich sehr im Laden engagiert. So sahen sie sich relativ selten.

Sophia hatte von Männern mit ihren Lügen und Liebesschwüren erst einmal die Nase voll und stürzte sich in ihre Arbeit.

Nur schwer gewöhnte sie sich daran, dass die linke Seite des Bettes leer war. Immer, wenn sie morgens erwachte, blieb ihr Blick dort hängen. Doch Woche um Woche verging und nach und nach kam ihre Lebensfreude zurück, auch wenn sie Alessandro ab und zu vermisste. Um ehrlich zu sein, verging kein Tag, an dem sie nicht an ihn dachte. Alles in ihrer gemeinsamen Wohnung erinnerte sie an ihn. Warum hatte er ihr das nur angetan? Schließlich hatten sie sich einmal geliebt, aber DAS, was er sich jetzt geleistet hatte, konnte sie ihm auf keinen Fall verzeihen. Sie war viel zu verletzt. Sie könnte ihm nie wieder vertrauen. Es war so, als riss man ihr das Herz bei vollem Bewusstsein aus der Brust und trat darauf herum, um es dann achtlos wegzuwerfen.

Ihr Stolz hinderte sie wieder einmal daran über ihren Schatten zu springen und ihn anzurufen. Sie wollte ihn fragen, was er sich dabei gedacht hatte. Sie hatte anfangs bereits ein paar Mal versucht, ihn anzurufen, gab dann aber auf und war zu stolz, als sie bemerkte, dass er sie wegdrückte. Sie lauerte ihm am Theater auf, um ihm eine Szene zu machen. Doch dort hatte sie ihn nicht angetroffen.

Irgendwann gab sie frustriert auf. Doch jetzt, jetzt tat sie nichts – gar nichts. Sie litt still vor sich hin.

Sie hatte gehofft, dass er noch einmal das Gespräch mit ihr suchen würde. In den ersten Wochen hatte sie es versucht und ihm auch eine Nachricht geschickt. Er ignorierte sie. Sie wusste genau, sie hätte sich aufgeführt wie eine Furie, wenn sie ihn hätte zur Rede stellen können. Dann hätte sie sich mit Sicherheit nicht unter Kontrolle gehabt. Das wollte sie sich nicht antun. Sie fühlte sich einsam.

Anfangs war sie wütend. Wütend auf ihn, auf sich, wütend darüber, dass sie nichts bemerkt hatte und darüber, sich so in ihm getäuscht zu haben.

Ihrer Kollegin und besten Freundin Maria schüttete sie ihr Herz aus. Maria war im gleichen Alter wie Sophia, auch neunundzwanzig. Sie wohnten in derselben Gegend und verbrachten durch ihren Job sehr viel Zeit miteinander.

Sophia vertraute ihr. Maria war auch Single. Sie hatten viele Gemeinsamkeiten, daher verbrachten sie einen Teil ihrer Freizeit zusammen.

Paolo, ihr Chef, war vor geraumer Zeit sehr an ihr interessiert gewesen, aber darüber sprach sie nicht gerne. Einmal hatte sie erzählt, dass er ihr Avancen gemacht hätte. Doch mehr hatte sie nicht verraten.

Als Sophia damals ihren Job hier angetreten hatte, war es Maria gewesen, die ihr unter die Arme gegriffen und sie willkommen geheißen hatte. Sophia war neu in der Stadt gewesen und Maria hatte ihr verraten, wo sie vieles günstig bekommen konnte, und hatte ihr auch sonst bei allen Fragen geholfen, die sie so gehabt hatte.

In den Pausen oder nach Feierabend waren sie öfter zusammen essen gegangen und so hatte sich schnell eine Verbundenheit entwickelt. Die beiden fühlten sich von Anfang an wohl miteinander. Manchmal verstanden sie sich ohne viele Worte. Sie konnten über alles reden. Das hatte sie zusammengeschweißt.

Mittlerweile hatten sie sogar ein gemeinsames Lieblingsrestaurant. Am Abend wollten die Frauen dorthin gehen, in eine Osteria am Canal Grande. Dort konnten sie ausgiebig plaudern und bei einem guten Schluck Wein den Alltag vergessen.

Auf der Terrasse des Lokals hatte man eine herrliche Aussicht – man konnte einen Blick auf den Markt erhaschen und auf der einen Seite hatte man freie Sicht auf den Canal Grande.

Luigis Essen war umwerfend. Das Ambiente war ein Traum. Die in zartem Gelb, Weiß und Orange angeputzten Häuser fügten sich perfekt in die Landschaft ein.

Man konnte das bunte Treiben auf dem Markt beobachten, aber auch die Gondoliere sehen, die den Canal entlangfuhren.

Draußen auf der Terrasse waren die weißen Tische und Stühle für maximal vier Personen liebevoll mit einer weinroten Tischdecke und frischen Blumen dekoriert worden.

Laternen umsäumten den Rand der Terrasse, sodass das Licht am Abend für eine romantische Stimmung sorgte. Sophia liebte es und Luigis italienische Spezialitäten.

Im Innenbereich der Osteria war alles in einem zarten Altrosa gehalten. Es harmonierte sehr schön mit den hellen Möbeln. Auch hier hatte man viel Wert auf das Ambiente gelegt. Das Lokal lud zum Verweilen ein. Alle Tische waren eingedeckt und warteten auf ihre Gäste.

Maria hatte in den letzten Wochen nur selten Zeit gehabt, wenn Sophia sie gefragt hatte, ob sie gemeinsam etwas unternehmen wollten. Das war schade. Wie sehr genoss sie die lustigen Abende, die sie miteinander verbrachten.

Zurück im Laden warf sie ihre Handtasche auf den Stuhl in der Ecke und nahm das Kleid, das sie sich nach dem Essen in einer kleinen Boutique gekauft hatte. Auf dem Weg zum Laden hatte sie es aus der Tüte geholt, um es Maria zu zeigen.

Es war ein wunderschönes, leichtes Sommerkleid – und das leuchtende Rot erinnerte sie an ihren ersten Kuss in der Grotte auf Sizilien.

»Daran konnte ich nicht vorbeigehen.«

»Zieh es mal an«, erwiderte Maria.

»Heute Abend, nicht jetzt«, lachte Sophia und nahm beschwingt wieder ihren Platz an dem kleinen Schreibtisch vor dem Fenster ein. Heute war sie gut gelaunt und sprühte nur so vor Energie. Es lag noch eine Menge Arbeit auf dem Tisch und sie machte sich gleich ans Werk.

»Oh, was zieh ich denn dann heute an? Ist irgendetwas passiert, das ich wissen sollte?«, fragte Maria erstaunt.

Sophia lachte und sagte: »Nein, nichts Besonderes. Alles wie immer. Ich habe heute nur Lust dazu, mich mal wieder richtig hübsch zu machen.«

»Ach so«, erwiderte Maria. »Aber du bist hübsch«, fügte sie entrüstet hinzu, denn sie konnte nicht verstehen, warum Sophia daran zweifelte.

»Vielleicht – vielleicht aber auch nicht genug«, setzte Sophia nach.

Sie erntete ein Stirnrunzeln von Maria und ein irritiertes Kopfschütteln. Sophia war sich da in den letzten Wochen gar nicht so sicher, ob sie überhaupt hübsch genug war.

Dann machten sich beide wieder an die Arbeit. Ein paar Stunden lagen noch vor ihnen, dann würden auch sie den Feierabend genießen können.


Die Zeit verging wie im Fluge und einige nette Kunden buchten ihre Traumreise bei Sophia. Kurz vor Feierabend hatte sie noch ein paar Minuten Zeit, sich die Reisen in den neuen Katalogen ein bisschen näher anzugucken.

»Vielleicht sollte ich eine Auszeit nehmen und ganz weit weg fliegen, um auf andere Gedanken zu kommen«, murmelte Sophia vor sich hin.

»Das ist eine gute Idee, aber ganz alleine? Meinst du nicht, das ist zu gefährlich?«, erwiderte Maria.

»Du könntest mitkommen. Wie wäre das?«

Völlig überrascht und ein wenig überfordert wimmelte Maria ab.

»Einer muss sich doch um den Laden kümmern, wenn du dir die Sonne auf den Bauch scheinen lässt. Das geht leider nicht«, erwiderte Maria kurz, aber entschlossen.

»Da hast du recht, schade«, antwortete sie leise.

Sophia hing schon wieder ihren Träumen nach. Sie fühlte sich gut bei dem Gedanken an einen schönen Urlaub und ihr Bauchgefühl täuschte sie selten.

Sie blätterte durch den großen druckfrischen Katalog und blieb auf Seite fünfzehn hängen. Dominikanische Republik stand in weißen Lettern am oberen Rand geschrieben und die Palmen, der schneeweiße Strand und das kristallklare Wasser weckten das Fernweh in ihr.

Ein Seufzer entrann ihrer Brust und sie stellte sich vor, wie es sich anfühlte, den warmen Sand unter ihren Füßen zu spüren. Die Fotos versprachen ein Paradies. Sophia geriet ins Schwärmen.

Hier hatte sie als Kind immer schon einmal hingewollt, aber dafür hatte immer das Geld gefehlt.

Sophia hatte damals gemeinsam mit ihrer Familie in einem kleinen Fischerdorf auf Sizilien in normalen, bescheidenen Verhältnissen gelebt.

Früh hatte sie gelernt, das Geld zusammenzuhalten. Sie war nicht geizig, aber sie war sparsam und gab ihr Geld nicht unüberlegt aus.

Nach ihrem Schulabschluss arbeitete sie ein paar Jahre im Restaurant ihrer Eltern mit. Sie hatte sich Zeit lassen wollen, bis sie anfangen wollte zu studieren. Später war sie nach Mailand gegangen, wo sie Tourismus studierte. Sie hatte dort Alessandro kennen und lieben gelernt.

Sie hatte eine Schwäche für Künstler und hatte ihn schon damals faszinierend gefunden, obwohl er vier Jahre älter war als sie. Instinktiv hatte sie geahnt, dass sie sich an ihm die Finger verbrennen würde, doch das hatte sie nach all der düsteren Zeit, die sie verbracht hatte, beiseitegeschoben. Sie dachte nach all der Zeit darüber nicht mehr weiter nach.

Sie war endlich wieder verliebt gewesen. Sie war sich so sicher gewesen. Das musste Liebe sein. Sie hatte gedacht, sie könnte sich nie wieder verlieben. Hatte sie doch noch ein Jahr bevor sie Alessandro kennenlernte, den Glauben an die Liebe verloren. Es hatte ihr das Herz zerrissen und sie war ein ganzes Jahr lang am Boden zerstört gewesen, bis sie Alessandro traf und langsam das Glück in ihr Leben zurückkehrte.

Er, der braun gebrannte, gut aussehende Typ, der Schwarm vieler Studentinnen, hatte sich für sie interessiert. Er hatte so wunderschöne braune Augen, in denen man versinken konnte, wenn man nicht aufpasste.

Seine dunkelbraunen welligen Haare umrahmten sein makelloses Gesicht. Er war Kunststudent gewesen, als sie ihn kennengelernt hatte. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn schon nach kurzer Zeit nicht mehr vorstellen. Er hatte ihr Komplimente gemacht und war auch so sehr aufmerksam gewesen. Nichts hatte darauf hingedeutet, dass etwas in ihrer Beziehung nicht stimmte.

Sophia sah sich die palmenumsäumten Sandstrände mit ihrem türkisblauen Wasser an und schaute spaßeshalber im Computer nach, ob in dem Hotel überhaupt ein Platz frei wäre und ob es noch Flüge gäbe.

Sie tippte das Reiseziel Karibik ein und den Namen des ausgesuchten Hotels auf der Halbinsel Samana. Der Computer arbeitete und sie traute ihren Augen kaum, als sie angezeigt bekam, dass es tatsächlich noch wenige freie Kapazitäten gab. Sie konnte in drei Wochen losfliegen.

Die Versuchung war groß. Da erinnerte sie sich an einen Satz, den ihre Großmutter oft gesagt hatte, und sie musste lachen.


Versuchungen sollte man nachgeben, wenn es sich lohnt, denn man weiß nie, ob sie wiederkommen.


Maria hatte zwischenzeitlich ihren Schreibtisch verlassen und so fasste Sophia einen Entschluss: Sie würde ihren Chef Paolo anrufen, der in Mailand noch ein Geschäft leitete, in dem er sich jetzt die meiste Zeit aufhielt, und ihn um ein paar freie Tage bitten.

Sie hörte das vertraute Tuten und hoffte, Paolo würde da sein. Bereits nach dem ersten Ton des Freizeichens nahm er den Hörer ab.

»Paolo Reisen hier, Buongiorno«, meldete er sich.

»Hi Paolo, hier ist Sophia aus Venedig.«

»Hi Sophia. Das ist eine Überraschung. Was gibt es denn?«

»Ich wollte fragen, ob du mich ein Weilchen entbehren kannst? Ich würde gerne, wenn es geht, im Juli eine Auszeit nehmen, etwas Urlaub machen und auch sehr gerne mal wieder meine Familie auf Sizilien besuchen«, sagte sie vorsichtig.


Paolo hatte schon des Öfteren zu ihr gesagt, dass sie sich doch mal frei nehmen solle, um auf andere Gedanken zu kommen. Schließlich hatte sie im vergangenen Jahr nicht einen Tag Urlaub gemacht. Sie hatte ständig nur gearbeitet, um den Laden nach vorn zu bringen.

Alessandro hatte während der Spielzeit keinen Tag frei bekommen und alleine hatte sie nicht fahren wollen. Also war sie die ganze Zeit arbeiten gegangen. Sie hatte Spaß daran, doch jetzt brauchte sie eine Pause.

»Sophia, nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. Du weißt, ich schätze dich sehr. Aber am nützlichsten bist du für uns, wenn es dir wieder gut geht. Sag mir nur Bescheid, wie lange du weg bist, damit ich alles organisieren kann für den Laden. Ich werde dich dann solange vertreten«, redete Paolo ihr zu.

»Vielen Dank, Paolo. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist wirklich nett. Die Erholung habe ich bitternötig. Ich war lange nicht bei meiner Familie.«

»Die Familie ist wichtig, Sophia, aber vielleicht solltest du dich auch mal in einem schönen Hotel verwöhnen lassen. Bei der Familie kannst du mit Sicherheit nicht so gut entspannen. Was hältst du davon?«

»Daran habe ich auch schon gedacht, hätte es aber vermessen gefunden, danach zu fragen. Ich hab auch schon ein schönes Hotel in der Karibik gefunden.«

»Das ist völlig okay, also sagen wir einen Monat Erholung und eine Woche Familie. Dann sichere dir das. Du tust das für dich. Es ist völlig in Ordnung. Das wird dir guttun und du hast dir das verdient. Wir werden dich zwar vermissen, aber du hast den Laden sehr nach vorne gebracht. Sieh es als Dankeschön.«

»Ja, das wäre toll! Aber nur, wenn es keine Umstände bereitet. Ist das wirklich okay? Es ist mitten in der Saison«, fragte sie noch einmal nach.

»Ja, es ist wirklich kein Problem. Du hast auch noch deinen ganzen Urlaub vom vergangenen Jahr. Irgendwann musst du ihn nehmen. Ich kann ihn dir unmöglich komplett auszahlen. Du brauchst auch Erholung«, lachte Paolo am anderen Ende der Leitung.

»Oh Wahnsinn. Danke, danke, vielen Dank, Paolo. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue«, sagte Sophia aufgeregt. Sie war den Tränen nah.

»Na dann sichere dir den Platz und erhole dich gut. Ciao Sophia«, sagte Paolo noch zur Verabschiedung.

»Ja, das mach ich. Ciao Paolo.«


Sophia, die immer noch alleine im Laden war, legte den Hörer auf und stieß einen kurzen Freudenschrei aus.

Sie wandte sich ihrem Bildschirm zu und drückte auf BUCHEN. Jetzt war alles unter Dach und Fach. Jetzt gab es kein Zurück mehr.

Karibik, vier Wochen, ich muss total verrückt sein, dachte sie. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie es tatsächlich getan hatte.


Maria kam gerade von der Toilette zurück, als sie einen spitzen Schrei vernahm und aus Angst, es könnte etwas passiert sein, zurück in den Kundenbereich eilte.

»Was ist denn los? Hast du mich vielleicht erschreckt!«, sagte sie aufgebracht.

»Ha, du wirst es nicht glauben. Ich habe es tatsächlich getan«, freute sich Sophia.

»Was denn? Was hast du getan?«, wollte Maria nun ganz genau wissen, denn sie konnte noch immer nichts mit Sophias Bemerkungen anfangen.

»Ich habe endlich Urlaub gebucht und rate mal wohin«, erzählte sie aufgeregt.

»Ich weiß nicht. Mach es doch nicht so spannend. Erzähl schon!«

»Karibik – vier Wochen«, platzte es aus ihr heraus.

»Was? Vier Wochen?«, fragte Maria entsetzt und wurde blass.

»Allerdings.«

»Du kannst mich doch hier nicht alleine lassen und vor allem so lange«, jammerte Maria.

»Du bist nicht alleine. Paolo wird mich hier solange vertreten. Ich habe gerade mit ihm telefoniert und alles besprochen. Vorher fahre ich noch für eine Woche zu meiner Familie nach Sizilien«, sagte Sophia voller Vorfreude.

»Ich muss mich setzen«, sagte Maria.

»Nicht fünf Wochen mit Paolo. Du weißt doch, wie er ist. Irgendetwas hat er. Er ist so komisch zu mir«, druckste Maria herum.

»Ach, das glaub ich nicht. Er ist zwar speziell, aber ich glaube nicht, dass er etwas gegen dich hat«, versuchte Sophia Maria zu beruhigen.

Maria wurde übel und sie wollte nur noch nach Hause.

»Du wirst schon sehen. Alles wird halb so schlimm und ich bin bald wieder da«, sagte Sophia.

»Wann fährst du denn los?«, wollte ihre Freundin nun wissen.

»Also in der zweiten Juliwoche geht es zu meiner Familie nach Sizilien und danach für vier Wochen in die Karibik. Ich freue mich so, dass ich das jetzt endlich gemacht habe. Da wollte ich schon immer mal hin.«

»Aber melde dich zwischendurch und schreib mir eine Karte«, sagte Maria traurig.

»Ja, das mach ich doch. Das weißt du doch. Los jetzt, Maria, lass uns den Laden schließen, wir wollen doch nachher noch zu Luigis Bruder in die Bar. Ich freue mich schon auf heute Abend.«

»Na dann los. Ich freue mich auch«, antwortete sie gedankenverloren und zog die Tür hinter sich zu und schloss den Laden ab.

»Ciao Maria, ich muss hier lang. Bis nachher.«

»Ciao Sophia. Wir treffen uns um acht auf dem Markusplatz. Ich lasse einen Tisch für uns reservieren«, rief Maria ihr noch nach.

»Alles klar, bis später«, rief Sophia zurück und winkte ihrer Freundin, bevor sie um die Ecke bog und im Getümmel auf der belebten Straße verschwand.

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