Читать книгу Macht der tiefen Gefühle - Auf der Suche nach dir Gesamtsausgabe Band 1 - 3 - Manuela Dehnert - Страница 5
Kapitel 2
ОглавлениеDie Vorstellung fing gleich an und Alessandro war gerade dabei, sich für die Aufführung umzuziehen, als sein Telefon klingelte. Er zog es aus der Hosentasche.
Maria stand auf dem Display.
Er wunderte sich kurz und ging ran.
»Hallo, wie komme ich denn zu der Ehre? Ist etwas passiert? Du sollst doch nicht so kurz vor einer Vorstellung bei mir anrufen. Da stecke ich in den letzten Vorbereitungen«, meldete sich Alessandro.
»Ich weiß, aber es muss sein. Stell dir mal vor, was ich für einen Tag hinter mir habe. Erst der Andrang im Laden, die Heimlichtuereien und dann macht Sophia auch noch Urlaub. Fünf Wochen, das musst du dir mal vorstellen. Ohne mit mir darüber zu sprechen. Das ist zu viel für meine Nerven. Zu allem Übel wird Paolo sie vertreten. Er war hinter mir her wie der Teufel hinter der Seele. Ich halte das nicht aus«, redete sie viel zu schnell auf ihn ein.
»Du, ich hab gleich Vorstellung. Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich habe wirklich keine Zeit für dich, Maria. Ich muss los. Lass sie doch. Sie wird ein bisschen Ruhe brauchen nach all der Aufregung und den Ereignissen der letzten Wochen. Sei nicht böse, aber ich kann jetzt nicht mit dir telefonieren, Schatz. Ich muss los. Lass uns morgen reden«, erwiderte er.
»Das kann doch nicht wahr sein. Du musst nicht seit Wochen gute Miene zum bösen Spiel machen. Was meinst du, wie sie reagiert, wenn sie das von uns erfährt? Ich bin mit den Nerven am Ende. Jeden Tag muss ich ihr etwas vorspielen und aufpassen, was ich sage. Weißt du eigentlich, wie schlimm das ist? Natürlich nicht. Wann wollen wir es ihr endlich sagen? Sie ist meine beste Freundin«, sagte sie wenig freundlich durch den Hörer.
»Beruhige dich und mach dir einen schönen Abend. Ihr wolltet doch weggehen heute Abend. Wir sehen uns morgen, Schatz. Ich muss jetzt wirklich los. Mach dir nicht immer so viele Gedanken um andere. Ich drück dich«, sagte er und wartete keine Antwort ab, sondern legte einfach auf.
»Hallo … hallo …«, rief sie durch den Hörer, nahm ihn ein Stück vom Ohr weg und schaute auf ihr Display.
»Du kannst doch nicht einfach auflegen. Ich fasse es nicht. Klar hast du gleich eine Vorstellung, aber die zwei Minuten hättest du dir nehmen können für mich«, rief sie ungläubig und völlig entgeistert durch den Hörer, doch es war bereits niemand mehr dran.
Sie schimpfte vor sich hin. Wie gut, dass Alessandro nicht hören konnte, was ihr gerade so alles für Beschimpfungen einfielen. Völlig genervt und auch enttäuscht nahm Maria eine dunkle Jeans und ein schickes T-Shirt aus dem Schrank und zog sich um. Sie machte sich ein wenig zurecht und war schon auf dem Weg zum Markusplatz, wo Sophia bereits auf sie wartete.
Sie war gerade erst ein paar Meter gegangen.
Verdammt, der Tisch, tobte sie genervt vor sich hin.
Den hatte sie total vergessen in ihrer Wut. Schnell wählte sie die Nummer der Bar und dann war Luigi, der in den Abendstunden seinem Bruder aushalf, auch schon dran und reservierte für sie und Sophia einen Tisch.
»Gott sei Dank, wenigstens hat das geklappt. Hoffentlich merkt sie mir meine Laune nicht an. Schlimm genug, dass ich ihr alles verheimlichen muss, aber Alessandro möchte ihr nicht noch mehr wehtun und es ihr noch nicht sagen. Schließlich bin ich ihre beste Freundin. Sie wird mich hassen, wenn sie es erfährt«, murmelte sie vor sich hin.
Inzwischen hatte Sophia lange genug auf dem Markusplatz gestanden und auf Maria gewartet und sie beschloss, hineinzugehen. Sie war an der Bar eingetroffen, da entdeckte sie Luigi, der sie schon winkend begrüßte.
Sie wollte drinnen auf Maria warten. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis sie da war. Sie schrieb Maria eine Nachricht, dass sie nicht auf dem Markusplatz zu warten brauche, sondern gleich in die Bar kommen könne.
Mein Gott, ist Maria hysterisch. So habe ich sie ja noch nie erlebt. Gut, ich kenne sie noch nicht wirklich so lange. Aber nur weil Sophia Urlaub machen möchte, muss sie nicht so überreagieren. Versteh einer die Frau oder steckt da mehr dahinter?, dachte Alessandro. Da riss ihn ein Rufen auf dem Theaterflur aus seinen Gedanken.
»Alessandro, wo bleibst du denn? Da bist du ja. Ich hab dich schon überall gesucht. Es geht jeden Moment los«, kam ihm Marcello, sein Kollege, schon entgegengelaufen.
»Ich wurde aufgehalten. Bin sofort da«, erwiderte Alessandro und richtete noch einmal sein Jackett.
»Stress mit den Frauen?«, fragte Marcello grinsend.
Alessandro machte nur eine abwinkende Handbewegung und näherte sich der Bühne, wo er auf seinen Auftritt wartete und wo es jeden Moment so weit war.
Gerade noch rechtzeitig war er auf den Brettern, die die Welt bedeuteten. Maria hingegen bekam gerade die Nachricht von Sophia und überlegte, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, sich gerade jetzt mit Sophia zu treffen. Erste Gewissensbisse machten sich in ihr breit. Diese verflogen augenblicklich, als sie an der Bar ankam und Luigi sie gleich erblickte und zum Tisch begleitete.
»Guten Abend Maria. Du wirst schon erwartet. Heute ohne Alessandro?«, fragte Luigi neugierig.
Maria legte den Zeigefinger auf ihren Mund, was so viel hieß wie: Es ist ein Geheimnis, nichts verraten, und Luigi verstand.
»Ich schweige wie ein Grab«, sagte er mit einem verschmitzten Lächeln.
Dann war sie auch schon am Tisch bei Sophia angekommen. Sophia freute sich, Maria zu sehen. Sie umarmte sie zur Begrüßung herzlich und Luigi brachte für die Frauen jeweils einen Schoppen Rotwein.
Den tranken sie immer als Erstes. Anschließend kam Luigi mit der Karte voller kleiner Köstlichkeiten.
»Hm, ich weiß gar nicht, was ich nehmen soll«, sagte Sophia.
»Ich habe gar nicht solchen Hunger, war ziemlich spät dran und habe mich jetzt beeilt, um pünktlich herzukommen«, erwiderte Maria und schnaufte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Sophia musste lachen.
»Wir können mit dem Snack ein bisschen warten. Komm erst mal an«, sagte Sophia zu Maria.
»Du hast gut reden«, murmelte Maria.
»Was ist denn los?«, wollte Sophia wissen.
»Ach nichts.«
»Hm.«
»Es ist nur alles gerade ein bisschen viel und nun fährst du auch noch so lange weg. Ich weiß auch nicht. Das hat mich aus der Bahn geworfen. Und vor allem, dass Paolo zu allem Übel die ganze Zeit hier ist. Das stört mich am meisten.«
»Hm, aber freu dich doch, dass du nicht ganz alleine bist in der Zeit und Hilfe hast.«
»Ja, sicher.«
»Oder ist da noch etwas, was dich beschäftigt? Stimmt irgendetwas nicht mit Paolo oder hast du sonst irgendwelche Sorgen?«
»Mich? Was sollte MICH schon beschäftigen? Nein, wie kommst du denn darauf? Nein, nein, alles gut«, versuchte sie, Sophia zu beschwichtigen.
Sie fragt einem Löcher in den Bauch. Als ob die ganze Situation nicht schon schlimm genug ist. Wie lange soll ich ihr noch verheimlichen, dass Alessandro und ich ein Paar sind? Das wird sie mir nie verzeihen. Nicht nach allem, was sie schon erlebt hat. Soll ich es ihr vielleicht einfach alles sagen? Das würde mir wiederum Alessandro nie verzeihen. Aber warum macht er so ein Geheimnis daraus? Ist es wirklich nur aus Rücksicht oder steckt da noch etwas anderes dahinter? Meint er es vielleicht gar nicht ernst mit mir?
»Maria, was ist denn los?« Sophia traute dem Frieden nicht so wirklich.
Irgendetwas machte sie stutzig, gerade, weil Maria so abwiegelte. Irgendetwas hatte sie doch auf dem Herzen, aber was?
»Was?«, stammelte Maria. Sie wirkte abwesend.
»Also findest du nicht, dass du total abwesend bist? Du hast doch was!«, sagte Sophia bohrend.
»Nein, ich habe nichts. Ich bin total überarbeitet«, sagte Maria nervös und zupfte sich an den Haaren herum »Lass uns über etwas anderes reden, okay?«, versuchte sie, Sophia zu überreden.
Da kam auch schon Luigi, um die Bestellung aufzunehmen.
»Gerade im rechten Moment«, lächelte Maria ihn an und war sichtlich erleichtert für die kleine Unterbrechung.
»Was darf ich euch zwei Schönheiten denn heute bringen? Ihr seht umwerfend aus wie immer.«
»Ach, Luigi. Also ich nehme den Parmaschinken mit Melone«, meldete sich Sophia sogleich zu Wort, »Ich habe inzwischen Hunger, als hätte ich den ganzen Tag noch nichts gegessen«, scherzte Sophia.
»Ich nehme das Gleiche, Luigi«, machte es Maria kurz.
»Und zwei Marsala«, rief Sophia Luigi zu, der darauf zurück an den Tisch kam.
»Bring uns einfach etwas Leckeres. Hier schmeckt alles ausgezeichnet, Luigi«, erwiderte Maria lächelnd.
Luigi strahlte und notierte hastig alles und ging davon. Einen Moment lang war es still. Maria brach das peinliche Schweigen.
»Ach Sophia, ich habe so viele Fragen an dich. Wie hast du dir eigentlich deinen Urlaub vorgestellt? Und vor allem, wieso ging jetzt alles so schnell? Wie bist du denn darauf gekommen, so weit weg zu fliegen? Das ist am anderen Ende der Welt. Ist irgendetwas passiert oder hast du jemanden kennengelernt?«, lenkte Maria ab und bombardierte sie mit Fragen, in der Hoffnung, sie würde das kleine Ablenkungsmanöver nicht bemerken und endlich Ruhe geben.
»Ach Maria. Ich werde aus dir einfach nicht schlau. Einmal bist du so fröhlich und dann wieder total verschlossen, launisch und irgendwie abwesend. Egal, du wirst schon wissen, was du tust. Das hoffe ich zumindest. Ich hab dir schon erzählt, dass ich so durch die Kataloge blätterte, und da habe ich dieses Kleinod entdeckt und mir fiel wieder ein, dass ich dort bereits als Kind schon immer einmal hinfliegen wollte. Nur damals war mir das nicht möglich. Da fehlte das Geld und später… später haben meine Eltern mich nicht mehr gelassen. Damals … damals wollte ich mit Stefano dorthin.«
»Stefano?«, fragte Maria neugierig, froh, endlich ein Thema gefunden zu haben, was Sophia immer noch zu beschäftigen schien.
»Ach, Stefano. Du weißt doch, dass ich unsterblich in ihn verliebt war. Er war meine erste wirklich große Liebe. Wir waren unzertrennlich, bis er … Aber die Story kennst du doch schon.«
»Bis er was …?«
»Ach nichts. Ich möchte nicht noch mal darüber reden.«
»Hm.«
»Nun ist es möglich, dorthin zu fliegen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue. Wer weiß, vielleicht lerne ich neue Leute kennen und habe ein paar unvergessliche Urlaubstage. Ein bisschen Tapetenwechsel ist jetzt genau das Richtige.«
»Ach, ich beneide dich. Das ist ganz schön mutig, aber auch leichtsinnig, so ganz allein.«
»Ach Maria, ich muss es einfach tun. Ich muss hier mal raus«, strahlte Sophia.
Währenddessen waren im Theater bereits alle Zuschauer in Aufbruchstimmung.
»Alessandro, sag mal, was war denn vorhin los?«, wollte Marcello wissen.
»Ach Marcello, du weißt doch, dass ich mich vor ungefähr drei Monaten von Sophia getrennt habe.«
»Was? Nein, das wusste ich nicht. Oh, das tut mir leid. Sie ist eine so hübsche Frau. Was ist passiert?«
»Ja, das ist sie. Aber ich habe jemanden kennengelernt und das macht die Sache nicht gerade einfacher.«
»Wie meinst du das?«
»Nun ja, wie soll ich sagen. Es ist Sophias beste Freundin und Kollegin Maria. Du kennst sie auch.«
»Bist du verrückt? Mama Mia. Da ist der Ärger vorprogrammiert. In deiner Haut möchte ich nicht stecken.«
»Ich weiß. Mir geht es damit ja auch nicht besonders, aber es kam einfach so über mich. Maria sieht gut aus, ist immer gut gelaunt, fröhlich und unkompliziert.«
»Aber das ist Sophia doch auch. Ich versteh dich nicht.«
»Es hat sich einfach so ergeben, als Sophia eine Woche in den Hauptsitz ihres Reisebüros nach Mailand musste für eine Weiterbildung. Da habe ich mich ein paar Mal mit Maria getroffen und, weißt du, es war spät, ich war allein. Wir waren schick essen und tanzen und dann … Dann ist es einfach passiert. Seitdem weicht sie mir nicht mehr von der Seite.«
»Oh.«
»Ja, ich finde sie toll, aber es ist nicht Sophia. Ich habe mich von Sophia getrennt. Nur hatte ich nicht den Mut, es ihr persönlich zu sagen, sondern habe ihr nur auf dem Küchentisch eine Nachricht hinterlassen. Sie weiß nicht, dass es Maria ist. Und sie darf es auch unter gar keinen Umständen erfahren, niemals. Sie würde mir die Augen auskratzen bei ihrem Temperament. Aber weißt du, was mich seitdem am meisten beschäftigt?«
»Nein, erzähl.«
»Sie hat anfangs ein paar Mal versucht, anzurufen, aber ich habe sie weggedrückt. Danach hat sie sich nie wieder bei mir gemeldet, nicht ein einziges Mal. Nur einmal hat sie mir eine Nachricht geschickt, aber ich habe nicht darauf reagiert. Dann kam nie wieder etwas von ihr – nichts. Sie hat es einfach so hingenommen. Bin ich ihr denn völlig gleichgültig? Und vorhin rief Maria mich aufgelöst an, um mir zu sagen, dass Sophia jetzt fünf Wochen in den Urlaub fährt. Stell dir das mal vor. Sie war völlig außer sich.«
»Vielleicht braucht sie Abstand oder will einfach nur ihre Ruhe haben. Sie wird verletzt sein oder sie hat dich, so leid mir das tut, nicht geliebt. Aber vielleicht ist sie auch einfach nur zu stolz und verletzt. Keine Ahnung. Aber fünf Wochen sind eine lange Zeit. Warum beschäftigt dich das so? Du hast dich doch von ihr getrennt? Oder hast du doch noch Gefühle für sie? Es klingt fast so, als … Nein, Alessandro, das glaub ich nicht. Warst du etwa zu voreilig und hast dich hinreißen lassen, einen großen Fehler zu begehen? Du hast ein echtes Problem!«
»Am meisten ist Maria gekränkt darüber, dass ich nicht möchte, dass Sophia im Moment von uns erfährt. Ich weiß nicht wirklich, wie sie darüber denkt. Vielleicht macht sie sich Sorgen um uns und unsere Beziehung oder darüber, ob ich es vielleicht gar nicht ernst mit ihr meine.«
»Und? Meinst du es ernst?«
»Ich hab keine Ahnung. Ich weiß nicht, was ich denken und fühlen soll im Moment. Am besten, ich mache auch ein paar Tage frei, um einen klaren Kopf zu bekommen, und fahre irgendwohin, ganz allein. Aber dann habe ich das nächste Problem. Dann will sie bestimmt mit, aber das geht jetzt sowieso nicht. Vielleicht kann ich das so begründen. Mal sehen. Ich muss mir etwas einfallen lassen.«
»Oh Alessandro, das klingt nicht gut.« Nachdenklich kratzte er sich am Kinn, bevor er erneut auf ihn einzureden versuchte.
»Du verstrickst dich immer weiter und fängst an, Maria anzulügen. Was willst du denn wirklich?«
»Wenn du mich das so fragst, weiß ich das ehrlich gesagt im Moment selbst nicht mehr genau. Es ist alles so verfahren. Ich glaub, ich hab alles versaut.«
»Das glaub ich auch. Am besten, du fährst jetzt erst einmal nach Hause und schläfst dich richtig aus. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.«
»Vielleicht hast du recht. Danke für dein offenes Ohr.«
»Kein Problem. Gute Nacht.«
»Gute Nacht.«
Auch in der Bar war es spät geworden. Draußen funkelten schon unzählige Sterne am Abendhimmel. Die beiden gingen einen Moment hinaus, um frische Luft zu schnappen. Es war ein sternenklarer Abend, wunderschön.
»Schau mal, wie schön«, sagte Sophia.
»Ja, ich hab schon lange nicht mehr so intensiv in den Abendhimmel gesehen. Zuletzt mit … ich weiß gar nicht mehr«, zögerte Maria.
»Lass uns gehen, Maria. Es ist schon ziemlich spät geworden. Wir haben noch ein ganzes Stück Weg vor uns.«
»Luigi, bringst du uns bitte die Rechnung?«, sagte Maria.
»Ja, wie immer?«
»Ja«, erwiderten beide lächelnd.
Dann verschwand Luigi in der Bar und kam nach ein paar Minuten zurück.
Sophia beobachtete Maria und sah ihren nachdenklichen Blick. Was hat sie nur zu verbergen? Sie ist schon seit ein paar Wochen so komisch. Wir konnten doch sonst immer über alles reden. Was ist nur mit ihr los? Verheimlicht sie mir etwas?
»Hast du jemanden kennengelernt, Maria?«
Maria erschrak und sagte entsetzt: »Nein, wie kommst du denn darauf? Wann soll das denn passiert sein?«
»Nun ja, so abwegig ist das gar nicht. Schließlich hast du auch mal Freizeit und du siehst super aus, bist groß, schlank, hast lange braune Haare und ein hübsches Gesicht. Du bist im besten Alter und verbringst schließlich deine Freizeit nicht nur mit mir, oder?«
»Ach Sophia, hör auf. Darüber haben wir doch auch schon x-mal geredet. Ich bin müde und möchte jetzt nur noch nach Hause.«
»Okay, für heute höre ich auf, aber ich frage mich wirklich, warum du mich anlügst. Du verschweigst mir doch ganz offensichtlich etwas. Das fühle ich und ich kann es dir ansehen. Ich verstehe nur nicht, warum. Wir konnten sonst auch immer über alles reden.«
»Sophia, bitte«, flehte Maria.
»Ich höre ja schon auf. Machen wir uns lieber auf den Heimweg. »
»Wartet ihr zwei. Ich rufe euch ein Wassertaxi«, sagte Luigi.
»Oh, das würdest du tun? Das ist toll, aber nicht nötig. Wir genießen noch ein wenig den schönen Abend draußen bei einem kleinen Spaziergang. Der tut jetzt gut. Ich muss nur noch mal schnell wohin. Ich bin gleich wieder da«, lächelte Sophia ihn an und ging an ihm vorbei.
Maria machte einen tiefen Atemzug und Luigi konnte ihr ansehen, dass etwas nicht stimmte.
»Was ist denn mit dir? Ist alles in Ordnung?«, wollte er wissen.
»Nein, es ist alles so furchtbar kompliziert.«
»Sag bloß, du hast es ihr immer noch nicht gesagt. Ich dachte, du nutzt heute die Gelegenheit. Du setzt eure Freundschaft aufs Spiel, das weißt du?!«
»Ja, ich weiß. Was soll ich denn bloß tun?«
»Das fragst du mich?«
»Ich muss es noch eine Weile für mich behalten. Ich kann es ihr jetzt noch nicht sagen. Alessandro würde das nicht verstehen. Er hat mich extra darum gebeten. Das muss leider noch eine Weile so bleiben. Also bitte, sag du ihr nichts, ja?«
»Oh, das ist nicht gut. Das gibt Ärger. Das weißt du. Aber okay, von mir soll sie es nicht erfahren. Das müsst ihr unter euch klären.«
»Ja, ich weiß. Wenn das rauskommt, dann bin ich erledigt. Dann sind wir beide erledigt. Ich hab keine Ahnung, wie ich ihr das erklären soll.«
»Hm … da kann ich dir auch nicht helfen. Aber es wird sich schon eine Lösung finden. Da bin ich mir sicher. Mach dir keine Sorgen, sonst wird sie erst recht noch misstrauischer.«
»Du hast leicht reden. Aber vielleicht hast du recht. Ich versuche es in einem günstigen Moment, aber jetzt noch nicht.«
»Da bist du ja, Sophia.«
»Ja, also dann, Luigi«, sagte Sophia und umarmte ihn herzlich zum Abschied.
»Dann bis zum nächsten Mal, Luigi«, verabschiedete sich auch Maria.
»Ciao, ihr beiden. Bis zum nächsten Mal. Kommt gut nach Hause.«
Oh mein Gott. In ihrer Haut möchte ich wirklich nicht stecken. Mir tut Sophia leid. Sie ist so eine tolle Frau. Sie war glücklich mit Alessandro und jetzt so etwas. Und ausgerechnet ihre beste Freundin. Aber andererseits kann ich Maria auch ein klein wenig verstehen. Sie ist schon eine Weile Single und Alessandro ist ein toller Typ, sehr begehrenswert für die Frauen. Das war er schon früher.
Ihm liefen die Frauen immer schon in Scharen nach. Er brauchte nur zugreifen. Aber er hatte nur Augen für die eine, seine Sophia. Na ja, die drei müssen wissen, was sie tun. Mich geht es nichts an, aber schade finde ich es trotzdem.
Auch wenn ich nicht glaube, dass die Liebe zu Maria eine echte Chance hat, sofern man überhaupt von Liebe sprechen kann, egal. Ich werde mich da auf jeden Fall raushalten, denn ich möchte nicht zwischen die Fronten geraten. Das gibt sonst ein Höllenfeuer. Alessandro muss verrückt sein.
Luca, der Kellner, der noch im Türrahmen stand und den beiden Schönheiten hinterherschaute, war irritiert.
»Was guckst du denn so verstört? Ist irgendwas?«, wollte Luigi von Luca wissen.
»Verzeihung, ich verstehe nicht so recht. Hab ich das vorhin richtig gehört, als Maria hier eintraf? Alessandro ist jetzt mit Maria zusammen?«
»Ja, aber das darf niemand wissen. Am allerwenigsten Sophia, hörst du?!«
»Ja, hab schon verstanden. Aber …«
»Nichts aber, basta! Schließ die Vordertür ab. Wir schließen jetzt. Es ist schon sehr spät geworden.«
»Okay, wird gemacht«
Luca begab sich, immer noch in Gedanken versunken, zur Tür.
Alessandro hat sich von Sophia getrennt und ist jetzt mit Maria zusammen. Aber wieso darf Sophia das denn nicht wissen? Er hat sich doch getrennt von ihr. Ich versteh das nicht. Oder will er nichts Ernstes von Maria? Ist es nur ein Abenteuer?
Sophia ist eine kluge Frau und ich bewundere sie schon seit vielen Jahren. Nur leider hat sie mich noch nie so wirklich bemerkt und wahrgenommen. Wenn ich nur wüsste, wie ich das ändern kann.
Jedes Mal, wenn sie hierherkommt, ist sie nicht allein. Auch heute leider nicht. Und sie sah atemberaubend aus in ihrem roten Kleid mit ihren langen braunen Haaren.
Wenn ich nur wüsste, wie ich sie etwas näher kennenlernen könnte. Ich werde mir etwas überlegen, ich weiß doch, wo sie arbeitet. Vielleicht kann ich sie einladen und wir können etwas zusammen unternehmen oder ich gehe mit ihr tanzen.
»Luca!«, rief Luigi aus dem Büro.
»Ja, bin schon da. Was ist denn?«
»Hast du alles abgeschlossen? Können wir den Feierabend vorbereiten? Bist du so weit?«
»Ja, ich bin mit allen Arbeiten soweit durch.«
»Okay, die Abrechnung mach ich gleich noch und dann haben wir es geschafft für heute. Wenn du willst, kannst du schon los. Du musst nicht auf mich warten. Es dauert nicht lange. Das meiste habe ich schon vorbereitet.«
»Super, danke Chef, dann bis morgen. Gute Nacht.«
»Bis morgen, gute Nacht Luca.«
Luca machte sich auf den Weg nach Hause.
Er grübelte noch lange in dieser Nacht über die Dinge, die ihm da zu Ohren gekommen waren nach. Noch immer konnte er es nicht fassen, dass Sophia so abserviert worden war.