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KAPITEL 1

Argumente für die Gefühle der Tiere und weshalb sie von Bedeutung sind

Viele Tiere zeigen ihre Gefühle ohne Scheu in der Öffentlichkeit, für alle sichtbar. Und wenn wir aufmerksam sind, sagt uns das, was wir von außen sehen, viel darüber, was in Kopf und Herz eines Individuums vorgeht [1]. Wir werden feststellen, dass sorgfältige wissenschaftliche Forschung bestätigt, was wir intuitiv wissen: Tiere fühlen und ihre Gefühle sind für sie ebenso wichtig wie unsere Gefühle für uns.

Vor ein paar Jahren waren mein Freund Rod und ich mit unseren Fahrrädern in der Gegend von Boulder, Colorado, unterwegs, als wir Zeugen eines sehr interessanten Verhaltens von Elstern wurden. Elstern sind Rabenvögel und sehr intelligent. Eine Elster war offensichtlich von einem Auto erfasst worden und lag tot am Straßenrand. Vier weitere Elstern standen um sie herum. Eine näherte sich dem Leichnam, pickte sanft mit dem Schnabel an ihm – genau wie ein Elefant den Leichnam eines anderen Elefanten mit dem Rüssel berührt – und trat zurück. Eine weitere Elster tat es ihr nach. Als nächstes flog eine der Elstern auf, kam mit einigen Gräsern im Schnabel zurück und legte diese neben den Leichnam. Eine andere Elster tat dasselbe. Dann standen alle vier Elstern für einige Sekunden still, bevor eine nach der anderen davonflog.

Hatten diese Vögel über das, was sie da taten, nachgedacht? Zeigten sie dem Freund ihren Elsternrespekt? Oder hatten sie nur gehandelt, als ob sie Anteil nehmen würden? Waren sie lediglich tierische Roboter? Ich möchte diese Fragen gerne in ihrer Reihenfolge beantworten: ja, ja, nein und nein. Rod war sehr erstaunt, wie überlegt die Vögel gehandelt hatten. Er fragte mich, ob das normales Elsternverhalten sei, und ich erklärte ihm, dass ich so etwas noch nie zuvor gesehen und auch noch nichts über trauernde Elstern gelesen hatte. Wir können nicht wissen, was sie tatsächlich gedacht oder gefühlt haben, doch die Interpretation ihres Verhaltens gibt uns keinen Grund, nicht daran zu glauben, dass diese Vögel sich von ihrem Freund mit einem Elstern-Lebewohl verabschiedet haben.

Trotz der mehr als drei Jahrzehnte, die ich nun mit dem Studium von Tierspezies verbringe, habe ich nie aufgehört, von den Tieren zu lernen, auf die ich treffe. In der Nähe meines Hauses in den Bergen außerhalb von Boulder, Colorado, leben Rotfüchse. Wenn ich in die Augen eines Rotfuchses schaue, der vor dem Fenster meines Büros sitzt und mich beim Tippen beobachtet, oder wenn ich Rotfuchs-Welpen beim Spielen zusehe oder wenn ich eine Rotfüchsin dabei beobachte, wie sie sich von ihrem toten Partner verabschiedet, kann ich nicht anders, als ernsthaft darüber nachzudenken, wie es wäre, eines dieser Tiere zu sein, die sich mein Hanggrundstück mit mir teilen. Viele Tiere leben auf dem umliegenden Land – Kojoten, Berglöwen, Stachelschweine, Waschbären, Schwarzbären, eine Vielzahl von Vögeln und Eidechsen neben vielen Hunden und Katzen. In all den Jahren waren sie mir Freunde und Lehrer.

Wenn ich über die Gefühle von Tieren nachdenke, kann ich ebenfalls nicht anders, als mich zu fragen: Was ist mit den Insekten? Haben sogar Moskitos ein Gefühlsleben? Natürlich sind die Gehirne von Moskitos nur winzig und verfügen nicht über den Nervenapparat, der für die Entwicklung von Emotionen notwendig ist, deshalb ist es sehr zweifelhaft, ob sie fühlen können. Doch ehrlich gesagt wissen wir es nicht. Eines Tages werden wir vielleicht einen Weg finden, es herauszufinden. Noch wichtiger jedoch ist, ob es für uns einen Unterschied machen würde, wenn es so wäre, und das sollte es. So wie es einen Unterschied für uns macht, dass andere Tiere Gefühle haben. Das Wissen, dass Tiere fühlen – und unsere Fähigkeit sie zu verstehen, wenn sie Freude, Trauer, Eifersucht und Ärger ausdrücken –, erlaubt es uns, mit ihnen in Verbindung zu treten und außerdem ihre Sichtweise der Dinge zu bedenken, wenn wir mit ihnen interagieren. Das Wissen um die Leidenschaften der Tiere sollte einen Unterschied machen in dem, wie wir unsere Mitlebewesen sehen, vertreten und behandeln.

Das Gefühlsleben der Tiere

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