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Kapitel 17

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Kenzos Mama sitzt allein in der Küche, legt ihr Gesicht in beide Hände und weint. Sie blickt auf das Bild, das an der Küchenwand hängt. Sie hat viele Bilder von einem Künstler namens Vincent, mit dem sie aber nie zur Schule gegangen ist. Sie hat Kenzo angelogen, denn Vincent existiert nur in ihrer Fantasie. Aber er schenkt ihr die Bilder, durch ihn kann sie wunderbare Dinge malen, auch wenn es traurige Bilder sind. Vincent sitzt dann in ihrem Kopf und sie malt, wie er es ihr eingibt.

Für Kenzo sind diese Ölfarbenbilder nichts Besonderes, weil er sie zu verschwommen und undeutlich findet. „Was zeigen die denn?“, hat er einmal gesagt. „Das sind ja nicht mal richtige Landschaften oder Gesichter! Die sehen einfach nur traurig aus!“ Die Mutter hätte fast geweint, als er das gesagt hatte. Kenzo hat ja keine Ahnung, dass sie die Bilder selbst malt, wenn er in der Schule ist.

Inzwischen will Kenzos Mama ihre Therapie aufgeben. Die Therapie hilft ihr nicht, sie will einfach nicht mehr unter Menschen, da ist zu viel Schmerz – und sie hat Angst vor neuem Schmerz. Sie ist jetzt schon so traurig, dass ihr das Nachdenken schwerfällt. In ihren Gedanken ist dann manchmal gar nichts – alles ist schwarz und ausgeblendet und unweigerlich ist dann auch alles um sie herum, sogar ihr Sohn Kenzo, nicht wirklich da für sie.

Außerdem kann sie nur malen, wenn sie einsam ist. Es ist nicht immer schlecht, wenn man allein ist, denkt Kenzos Mama manchmal. Denn beim Malen will sie allein sein – nur weil sie beim Malen allein ist und sich von allen Menschen verlassen fühlt, kann sie diese traurigen Bilder malen, nur dadurch sitzt Vincent in ihrem Kopf, denkt sie, denn Vincent ist so etwas wie der Ausdruck ihrer Traurigkeit. Er schenkt ihr diese Bilder und sie findet seine Bilder eigentlich schön – auch wenn die meisten Menschen diese Bilder wahrscheinlich nicht schön finden würden, weil die Bilder so traurig aussehen.

Die Mutter blickt auf das Bild, das ihr gegenüber an der Wand hängt. Vincent hat sie darauf gemalt: einen Greis, sein Gesicht in beide Hände gelegt – er ist traurig, verzweifelt, zutiefst erschüttert. Er hat Angst. Er sitzt allein und gekrümmt auf einem Stuhl in einem leeren Raum. Nur einen Kamin gibt es hinter ihm und im Kamin brennt Feuer, aber dem alten Vincent ist trotzdem kalt. Kenzos Mama ist auch oft kalt. Sie fühlt sich dann ebenso wie der traurige Greis auf dem Bild: alt, schwach und kalt.

Die Königin von Verlorenherz

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