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Februar 1914

Das Café Lafayette war warm und gemütlich und duftete nach einer Mischung aus Kaffee, Brandy und gutem Essen. Leah und Joe blieben an ihrem Marmortisch über dem Brandy sitzen, weil sie keine Lust hatten, sich wieder in den eisigen Nieselregen und Nebel zu wagen, der schon den ganzen Tag über New York hing. Obgleich Joe sich hinter seiner Abendzeitung versteckte und in die Nachrichten aus Europa vertieft war, presste sich sein Bein gegen Leahs, als wollte er sagen: Ich bin bei dir. Sie war zufrieden. Fast.

Wenigstens waren sie heute Abend zusammen, und Joe machte keine Anstalten zu gehen. Weder zog er alle paar Minuten seine Taschenuhr hervor, um zu sehen, wie spät es war, noch rutschte er unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Es war mittlerweile so, dass sie ihn ständig beobachtete, unsicher, nervös auf den Moment wartend, in dem er aufstehen, ihr einen Kuss geben und verkünden würde: »So, ich gehe. Bis später dann.«

Aber manchmal bedeutete »später« Mitternacht, wenn er auf Zehenspitzen ins Schlafzimmer geschlichen kam und der schwache Geruch eines fremden Parfüms an ihm haftete.

Letzten Dienstag war er erst morgens nach Hause gekommen. Sie hatte ihren Mund nicht halten können. Sie setzte sich im Bett auf und sagte mit vor Erregung überschnappender Stimme: »Wo bist du gewesen, verdammt noch mal?«

»Ich habe im Liberal Club eine junge Dame kennen gelernt, ein Mädchen aus Vassar, und... na ja, dann sind wir alle zu einem späten Abendessen runter zu Polly’s gegangen und ich habe sie heimgebracht. Wir hatten wohl ein bisschen zu viel Wein getrunken, denn ich bin eingeschlafen. Tut mir Leid.«

»Es tut dir Leid! Was tut dir Leid? Dass du eingeschlafen bist? Nicht, dass du die Nacht mit einer anderen Frau verbracht hast? Einer Frau, die du gerade erst kennen gelernt hattest?« Dann brach sie in Tränen aus. »Wieso tust du mir das an?«

Er nahm sie in die Arme und sagte: »Leah, ich dachte, wir hätten eine Vereinbarung. Entsinnst du dich nicht? Wir haben verabredet, dass wir beide tun und lassen können, was wir wollen.«

»Aber ich begreife es nicht! Ich dachte, du liebst mich!«

»Das tue ich doch, Liebling! Dieses Mädchen... sie bedeutet mir nichts. Sie war da, ich war in der Stimmung, sie machte mir schöne Augen und wir haben’s getan. Aber ich bin zu dir zurückgekommen. Du bist es, zu der ich immer zurückkommen werde. Das weißt du. Sie... sie habe ich schon vergessen.«

Inzwischen war sie hysterisch. »Ich nicht! Das kann ich nicht!«

»Leah, Leah, bitte hör auf zu weinen. Es ist die Sache nicht wert, wirklich. Ich liebe dich. Also... bitte, Leah.«

»Du bist letzte Nacht nicht nach Hause gekommen! Ich dachte, du seist... ich war sicher, du seist tot

Er drückte sie enger an sich. »Es tut mir aufrichtig Leid, Leah. Verzeihst du mir? Ich verspreche, dass es das nächste Mal nicht wieder vorkommen wird.«

Das nächste Mal! Die Worte durchbohrten ihr Herz wie Dolche. Wie konnte er sie lieben und trotzdem mit anderen Frauen schlafen?

Leah nippte an ihrem Kaffee. Nun, sie war nicht mehr das unschuldige kleine Fabrikmädchen, das sie gewesen war, als sie zum ersten Mal mit ihm ins Bett ging. Sie war neunzehn, bald zwanzig, eine erwachsene Frau. Und sie lernte schnell; das war immer schon so gewesen. Sie hatte ihren eigenen Kopf. Das sollte Joe mittlerweile wissen. Doch in mancher Hinsicht waren Männer dumm.

Sie fing an, ein neues Lied zu summen, das sie kürzlich bei Schirmer’s gehört hatte, »Keep the Home Fires Burning«. Joe hatte losgeprustet, als sie es gestern Abend gesungen hatte. »Was für ein altmodischer, sentimentaler Blödsinn!«, sagte er. »Sing was Flotteres, irgendwas von Irving Berlin!« Und er war lachend mit ihr in einem flotten Twostep im Wohnzimmer herumgehüpft. Doch jetzt gab er keinen Kommentar von sich; er schien sie nicht einmal zu hören, so vertieft war er in seine Zeitung.

Beim Klang von Jane Armstrongs samtiger Stimme allerdings schnellte sein Kopf ruckartig hoch. »Oh, da sind ja die Turteltäubchen, allein zu zweit, wie üblich. Darf ich einen Dreier draus machen?«

Joe sprang rasch auf, um ihr, ein breites Lächeln auf dem Gesicht, den Stuhl zurechtzurücken. »Drei sind nicht zu viel, wenn die entzückende Miss Armstrong mit von der Partie ist, die momentan mit den Waverly Place Players in dem herzzerreißenden Melodram More Sinned Against than Usual auftritt.«

Sie lachten beide fröhlich, während Leah sich zu einem Lächeln zwang. Joes Frauen, eine vage Vorstellung, die sich leicht verdrängen ließ, waren eine Sache; Jane Armstrong, die gertenschlanke, verführerische Schauspielerin mit den großen, geheimnisvollen blauen Augen, die alles zu verheißen schienen, war eine andere. Jane ließ sich auf den Stuhl gleiten, den Joe ihr hinhielt, und bedachte Leah mit einem rätselhaften Lächeln.

»Sie sehen reizend aus«, murmelte sie und sagte dann, zu Joe gewandt: »Die ganze Truppe freut sich schon auf die Fotos, die Sie von uns gemacht haben.«

Das war eine Neuigkeit für Leah, und sie warf Joe einen bösen Blick zu. Er senkte die Augen. Er hatte ihr nicht erzählt, dass er die Waverly Place Players fotografiert hatte, und plötzlich wurde Leah klar, warum. Nicht nur, weil er mit Jane zusammen gewesen war, sondern auch, weil er es umsonst getan hatte. Und er beklagte sich ständig über ihren Geldmangel!

»Ja, ich kann es selbst kaum erwarten, die Bilder zu sehen«, sagte Leah mit ihrem süßesten Gurren. »Ich hoffe, du hast ihnen einen guten Preis gemacht, weil wir doch alle Künstler sind, die ums Überleben kämpfen.«

Joe schwieg, und Jane lächelte ein wenig und legte ihm eine Besitz ergreifende Hand auf den Arm. »Er hat überhaupt nichts von uns verlangt, ist das nicht wundervoll?«, sagte sie mit fast demselben Gurren. Es war sehr schwer zu erraten, wann Jane beleidigend war, denn das winzige Mona-Lisa-Lächeln schien ihre Lippen nie zu verlassen.

»Vielleicht«, meinte Leah, »will er eine Gegenleistung.«

Jane sog heftig die Luft ein, und Joe sagte errötend: »Leah!«

»Freien Eintritt zu allen Vorstellungen«, ergänzte Leah, ihr eigenes Minilächeln aufsetzend. »Weiter nichts, Joe.«

Jane gab ein klingendes Lachen von sich. »Natürlich hat Joe freien Einlass... und Sie auch, Leah. Berufen Sie sich am Eingang nur auf mich, jederzeit.«

Eine Antwort blieb Leah durch die Ankunft von Walter Morris erspart. Er gähnte und streckte sich. Er war der unbefangenste Mensch, den Leah kannte. Es war ihm egal, wie er aussah, oder was man über ihn dachte. »Ich bin beim Zeitunglesen dort drüben auf einem Diwan eingeschlafen«, sagte er und zeigte auf die Bar. »Darf ich einen Tropfen Brandy nehmen, um wach zu werden?«

Ohne auf eine Antwort zu warten, setzte er sich neben Leah und zog den Stuhl dichter an sie heran. Als er seinen Arm auf ihre Stuhllehne legte, streiften seine Finger ihre Schulter. Joe starrte ihn einen Moment lang drohend an, aber statt etwas zu sagen, wandte er sich wieder Jane Armstrong zu.

»Sie können aus meinem Glas trinken«, sagte Leah kühn. Es war ihr gleich, was passierte; Joe würde genau das kriegen, was er verdiente.

Walter Morris hatte sie in letzter Zeit sowieso in Gedanken verfolgt. Nicht, dass sie sein Bild willkommen hieß, das nicht; aber es erschien ihr trotzdem immer wieder, sogar in ihren Träumen. Auf sie wirkte er wie Satan mit seinem dichten, schwarzen, seidig glänzenden Haar, von dem ihm ständig eine Locke in die Stirn fiel, sodass er den Kopf in den Nacken werfen musste wie ein feuriges Pferd, um sie aus dem Weg zu schaffen. Und diese tief liegenden schmalen Augen! Seine muskulösen Hände waren mit borstigen schwarzen Haaren bedeckt, seine Ohren liefen spitz zu wie bei einem Faun.

Er war böse; es bestand kein Zweifel daran, dass er böse war. Warum konnte sie Joe sonst so sehr lieben, wie sie es tat, und geriet trotzdem in seinen Bann? Eines Tages würde Walter Morris mit träger Hand nach ihr greifen und sie nehmen, und sie würde verschwinden, sich total in ihm auflösen. Schon beim Gedanken an ihn wurde ihr heiß und kalt.

Und Joe, der seinen ganzen Charme über die blonde Verführung verströmte, würde Walter diesmal nicht aufhalten, da war sie sicher. Sie war froh, dass sie heute ihr Medaillon trug. Es wirkte altmodisch, war aber ihr Glücksbringer. Und so unruhig, wie ihr Herz schlug, brauchte sie bestimmt Glück.

Joe erhob sich und sagte: »So, ich gehe jetzt.« Leah verspürte einen schmerzhaften Stich, verdrängte ihn jedoch. Sie hatte gehofft... Aber ganz gleich, was sie gehofft hatte, die freie Liebe war frei, und man konnte einen Mann nicht an sich ketten und ihn zwingen, bei einem zu bleiben. Doch dasselbe gilt für eine Frau, dachte sie wütend.

Sie schaute Joe offen an. Er konnte immer noch seine Meinung ändern. Da legte Walter Morris seine Hand auf die ihre. Joes Lippen zuckten und spannten sich, und er sagte laut: »Los, Jane, gucken wir, ob wir uns irgendwo vergnügen können.« Worauf Jane sagte: »Oh, das können wir, Zigeuner-Joe, das können wir gewiss.« Und weg waren sie.

Leah wandte sich Walter Morris zu und legte ihre andere Hand auf die seine. Es war das erste Mal, dass sie ihn berührte, und an seinem raschen Blick nach unten sah sie, dass er überrascht war.

»Sie haben mich gebeten, für Sie Modell zu stehen, Walter.«

»Wenn ich mich recht erinnere«, sagte er mit einem trägen Lächeln, »meinten Sie, Sie seien nicht bereit dazu.«

»Jetzt bin ich bereit.«

Der Maler stemmte sich hoch. »Gut. Gehen wir.«

Sein Atelier befand sich im Dachboden eines baufälligen, von der Zeit vergessenen Hauses in der Bedford Street. Ein riesiger Raum mit wuchtigen Balken und schrägen Wänden. Alles war voll gestellt mit Farben und Pinseln, Tiegeln, Flaschen und Leinwänden. Die vielen Fenster waren ausnahmslos schmutzig und eine Menge Staub wirbelte auf, als Walter Planen und Schals und Kleiderhaufen wegräumte. Der Ausguss in der Ecke quoll von dreckigem Geschirr über. Daneben stand eine spanische Wand. Einst war der Raum Chromgelb gestrichen gewesen, doch jetzt bedeckten Ruß und große, finster wirkende Bilder die Wände. Ein Bett war an die hintere Wand geschoben – schamlos hatte Leah als Erstes danach Ausschau gehalten –, die Bettwäsche schmutzig. Würde sie sich auf diese Unordnung legen müssen?

Walter fragte nicht, ob sie gern eine Tasse Tee hätte oder auch nur einen Schluck Wasser; er schaute sie weder an noch bot er ihr einen Stuhl an, sondern stellte einfach eine frische Leinwand auf die Staffelei und begann, Farbtuben und Pinsel und eine große Palette zusammenzusuchen. Als sie gerade dachte, bei der Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wurde, könne sie ebenso gut wieder gehen, drehte er sich um und sagte: »Ziehen Sie sich aus.«

»Ausziehen? Sie meinen... alles?«

»Natürlich meine ich das.« Als sie dastand und nicht wusste, was sie davon halten sollte, fügte er hinzu: »Da ist ein Morgenmantel. Hinter der spanischen Wand. Falls Sie wirklich so schamhaft sind.«

Leah war schockiert. All sein Lächeln und Anstupsen und Zwinkern war nicht... nun, war nicht das gewesen, was sie angenommen hatte. Er wollte sie tatsächlich malen. Was für eine Dreistigkeit! Und dann dachte sie: Na und? Warum nicht? Schließlich war sie hier, oder? Und sie würde sich wie eine komplette Idiotin verhalten, wenn sie protestierend wegrannte. Außerdem... Joe hatte sie wütend gemacht.

Der Morgenmantel hinter der Stellwand war aus billigem Material, bedruckt mit riesigen Rosen in einem grässlichen Pinkton. Und er roch nach Parfüm; kein Parfüm, das ihr gefiel. Doch sie streifte ihre Kleider ab, faltete sie ordentlich und legte sie auf einen Hocker. Dann hüllte sie sich in den Morgenmantel, holte tief Luft und trat hinaus.

Sein Blick begegnete nie dem ihren. Er bellte Befehle: Stellen Sie sich so hin, bewegen Sie sich so, nein, nicht so, Weib, mit gebeugten Knien. Jetzt ziehen Sie den Morgenmantel aus. Ziehen Sie ihn aus, Leah. Was ist los, hat Ihr Schneid Sie auf einmal verlassen?

Verwirrt und ein wenig beleidigt löste sie den Gürtel und ließ den Morgenmantel auf ihre Füße gleiten. Selbst jetzt schienen seine Augen nicht sie zu sehen, sondern irgendetwas um sie herum und hinter ihr. Sie fühlte sich... irgendwie nicht ganz wie ein Mensch.

Es war erstaunlich, wie einfach es mit der Zeit wurde, nackt vor einem Mann zu stehen, den Körper ein bisschen nach rechts, ein bisschen nach links zu drehen, den Kopf zu heben, die Schultern sinken zu lassen. Sobald er zu malen angefangen hatte, redete Walter unaufhörlich.

»Ich wollte Sie schon so lange malen, Leah. Unglaublich, wie geduldig ich war. Wie gelassen ich darauf gewartet habe, dass Sie Ja sagen. Ich habe Sie im Geiste immer wieder auf hundert verschiedene Arten gemalt... In meiner Fantasie habe ich Sie umgedreht und nach vorn gebeugt und nach hinten und Sie gemalt und gemalt...«

Sie durfte nicht länger zuhören. Malen, so erkannte sie, war einfach ein Ersatzwort für ficken; und während er fortfuhr zu beschreiben, wie häufig er daran gedacht hatte, sie zu malen, und wie oft er sie heute gern malen würde, wie es für ihn zur Obsession geworden sei, sie zu malen, wie er davon träumte... spürte sie, wie ihre Brustwarzen steif wurden. Hör auf, befahl sie sich, aber es hörte nicht auf. Sie konnte nichts dagegen tun – es sei denn, sie hob den Morgenmantel auf und zog ihn an. Doch wenn sie das tat, würde er bestimmt... Sie war sich nicht sicher, was er bestimmt tun würde. Sie wusste nur, dass sie wie hypnotisiert war, erstarrt, ihr Schauer über den Rücken liefen, während sie zwischen den Beinen zu glühen begann...

Irgendwann, inmitten ihrer Verwirrtheit, schaute er sie direkt an, und sie glaubte, ihn lächeln zu sehen. Sie erkannte es nicht genau. Um ihre Nervosität zu überspielen, versuchte sie, über etwas Unpersönliches zu sprechen, und aus irgendeinem seltsamen Grund fielen ihr als Themen nur die Wobblies ein.

»Tut mir Leid«, unterbrach Walter ihr Gestammel in dem ihm eigenen gelangweilten Ton. »Gewerkschaften interessieren mich nicht. Und McCreadys Käseblatt lese ich nie. Es ist zu tiefgründig für mich.« Er stieß ein kurzes, bellendes Lachen aus. »Also muss ich zugeben, dass ich auch Ihr Zeug nie gelesen habe, Leah. Aber es heißt, Sie seien verdammt gut, und das glaube ich.«

Er fuhr nicht fort, malte einfach weiter. Dann, als sie gerade dachte, ihr würden die Beine einschlafen, hielt er inne, seufzte auf und sagte: »Okay. Das war’s.«

»Es ist fertig? Darf ich es sehen?«

Ein Achselzucken. »Wenn Sie wollen.«

Nun, natürlich war es ihm egal, was sie davon hielt. Es war bestimmt wieder eine von den grotesken Frauen, die er ständig auf die Leinwand bannte. Deshalb war sie so sicher gewesen, dass seine Einladung, für ihn zu »posieren«, bloß der Vorwand für eine Verführung war. Trotzdem würde sie es sich angucken.

Aber zu ihrem Erstaunen war es ein Bild von ihr. »Oh, mein Gott«, sagte sie. »Es sieht mir ganz ähnlich!«

Er grunzte.

»Aber... die Leute könnten mich erkennen!«

»Was kümmert Sie das? Das ist Kunst, Leah! Sie sind jetzt auf Leinwand verewigt. Noch in Jahrhunderten, wenn sich das Fleisch längst von Ihren Knochen gelöst hat und Ihr reizendes Gesicht zu Staub geworden ist, werden die Menschen dies hier betrachten und denken: ›Wie schön‹.«

Er fand sie schön! »Aber... meine Freunde. Joe. Oh, mein Gott, Joe. Er darf es nie erfahren. Versprechen Sie mir, es nie auszustellen.«

»Seien Sie nicht kindisch. Natürlich werde ich es ausstellen. Es ist sehr gut.«

Zu ihrem Entsetzen fing sie an zu weinen. Sie wollte es nicht; die Tränen kamen einfach, unangekündigt und ungefragt.

»Jetzt sind Sie wirklich kindisch. Aber in Ordnung, ich hänge es nicht auf. Ich drehe es zur Wand. Ich übermale es, wenn ich das nächste Mal Leinwand brauche und mir keine neue leisten kann.« Während er sprach, nahm er die Leinwand von der Staffelei, trug sie zur hinteren Wand und stellte sie in den Schatten. »So. Sind Sie jetzt zufrieden?«

Es war vorbei. Sie konnte sich jetzt anziehen; es stand ihr frei zu gehen. »Bevor Sie mich verlassen, könnten Sie wohl zwei Dollar entbehren? Ich bin diese Woche knapp dran.«

Sie hatte sie und gab sie ihm; er nahm sie mit einem Nicken des Danks entgegen. Sie setzte an: »Nun denn, wenn Sie sonst nichts mehr von mir wollen...«

»Nichts...«

»Dann mache ich mich auf den Weg.«

Leah begann sich anzukleiden, wartete jedoch darauf, dass Walter etwas sagte. Nach all diesen Monaten, in denen er ihr dauernd auf den Fersen gewesen war...! Worum ging es ihm überhaupt? Worauf war er aus gewesen? Auf ihre zwei Dollar? Auf ihren nackten Körper, gemalt auf ein gespanntes Stück Tuch? Aber dann berührte er ihren Arm.

Und da war er, völlig nackt, mit einer Locke, die ihm über ein Auge fiel, Farbflecken auf einer Wange in der Farbe ihrer Haut und ihrer Brustwarzen und ihrer Haare.

In seinen Augen stand leuchtende Glut. Er sagte kein Wort, grinste sie nur an, während er sie an sich zog, seinen Mund bereits gierig auf den ihren pressend.

Die Patriarchin

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