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Clarksville, Virginia, USA

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2. September 2016

Lieutenant General Maddox war müde und verärgert, als er seinen Wagen unter dem alten Walnussbaum hinter seinem Haus parkte. Er hatte einen mühsamen und entmutigenden Tag vor einem Budgetierungsausschuss im Kongress verbracht und sich mit Händen und Füßen gegen die Etatsbeschneidungen bei den Special Forces zu wehren versucht. Es war ihm dies aber lediglich in einem bescheidenen Maße gelungen, weshalb er sich jetzt, kurz vor dreiundzwanzig Uhr abends nur mehr nach einem Schluck Scotch und seinem Bett sehnte.

Dieser verdammte Hurensohn Marvin James und seine feige Pazifistenbande. Diese Mistkerle werden aus der gesamten US Army noch einen beschissenen Pfadfinderverein machen“, maulte Maddox zornig. Wenn das so weiter ging, mussten die Spezialoperationen drastisch eingeschränkt werden, und das gefiel General Maddox überhaupt nicht.

Maddox hatte seiner gebuchten Gespielin für heute Abend abgesagt. Er war zu müde und zu frustriert und er wusste aus leidiger Erfahrung, dass er unter solchen Voraussetzungen keinen hochbekommen würde. Morgen vielleicht, ja morgen würde er sich wieder mal ein bisschen Spaß gönnen. Aber heute würde er nur mehr ins Bett fallen und schlafen.

Der General sperrte die schwere, alte Haustür auf und betrat das Foyer. Er fand den blinkenden Kasten der Alarmanlage, öffnete ihn und gab seine Kombination ein, um das System zu entschärfen. Dafür blieben ihm etwa dreißig Sekunden Zeit, ansonsten würde ein leiser Alarm die Polizei benachrichtigen. Er schaffte es, die Kombination gerade noch rechtzeitig einzutippen, bevor der Alarm ausgelöst wurde, schloss den Kasten wieder und wankte angeschlagen in sein Arbeitszimmer. Während er den Knoten seiner Krawatte mit einer Hand langsam aufzwang, griff er mit der anderen nach der Flasche mit dem Scotch. Er schenkte sich großzügig ein und hob das Glas an seine fleischigen Lippen. Maddox genoss das Gefühl der Wärme, das sich von seinem Magen aus in seinem übermüdeten Körper ausbreitete. Dann schenkte er sich noch mal nach und ließ sich in seinen großen, fleckigen Ledersessel fallen, den er aus einem Nachlass ersteigert hatte. Der General nippte an seinem Scotch, schloss die Augen und ließ seine Gedanken kreisen. Er hatte keine Ahnung, dass er beobachtet wurde.

Keine fünf Meter hinter dem General stand Steven Crowe auf einem alten Perserteppich und beobachtete die Schwaden blauen Rauchs, wie sie aus dem Sessel zur hohen Zimmerdecke hinaufstiegen. Der General paffte eine dicke Havanna und genehmigte sich mittlerweile sein drittes Glas Alkohol. Crowe fand, dass er nun lange genug im Dunkel der schweren Vorhänge verborgen gewartet hatte und schlich sich langsam vorwärts.

Er musste auf der Hut sein, dachte Crowe. Der General war zwar erheblich älter als Crowe und für einen Mann der Special Forces in einem skandalös schlechten körperlichen Zustand, doch die antrainierten und verinnerlichten Fähigkeiten eines Green Berets, wie der General einer war, oder zumindest früher mal einer gewesen war, verlor man nie ganz. Außerdem war Maddox ein Brocken von einem Mann, der dem wesentlich kleineren Crowe unter Umständen gefährlich werden konnte. Doch wenn Crowe sich keinen Fehler leisten würde, dann hatte der fett werdende Maddox nicht den Hauch einer Chance.

Crowe, dessen Gesicht unter einer schwarzen Sturmhaube verborgen war, trug diesmal schwarze Lederhandschuhe. Wieder war er bedacht darauf gewesen, bei seiner nachmittäglichen Suche in dem großen, leeren Haus keine Spuren zu hinterlassen und er war sich einigermaßen sicher, dass ihm dies auch gelungen war. Und, was noch viel wichtiger war, dieses Mal hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte. Zufrieden spürte er das Gewicht der brisanten Unterlagen und DVDs im Inneren seiner Brusttasche.

Als er nur mehr einen Meter vom General entfernt war, zog er den Plastikschutz von der Spitze der Injektionsnadel, die er einsatzbereit vor sich hielt. Er ließ die Schutzhülle in seiner Tasche verschwinden und presste leicht auf den Kolben, sodass einige Tropfen einer klaren Flüssigkeit austraten und von Crowes Taschentuch aufgesaugt wurden. Er wartete, bis die fleischige Hand des Generals wieder nach dem Glas griff, in dem Wissen, dass sein Gegner dann beide Hände nicht zu einer spontanen Abwehrreaktion frei haben würde, dann griff er an.

Rasend schnell war er an der hohen Lehne des Sessels und beugte sich darüber. Er erblickte den schwitzenden Nacken, sah die grauen, kurzgeschorenen Haare am Hinterkopf des älteren Offiziers und griff mit seiner linken Hand kraftvoll zu. Bevor der General überhaupt wusste, was geschehen war, hatte Crowe ihm grob den Kopf zur Seite gedrückt und die Injektionsnadel durch die weiße Haut gerammt. Der General grunzte erschrocken auf und ließ seine Zigarre qualmend auf den dicken Teppich des Arbeitszimmers fallen, während Crowe den Inhalt der Ampulle in seinen Hals entleerte. Nun ließ der General auch das fast leere Glas fallen und schlug unbeholfen mit der rechten Hand nach seinem Nacken, so als wollte er eine lästige Mücke verscheuchen, die ihn eben gestochen hatte.

Doch Crowe war schneller und hatte die Nadel wieder aus Maddox Fleisch gezogen, bevor dieser zuschlug. Crowe wusste, dass die Betäubung beinahe augenblicklich eintreten wurde, deshalb machte er keine Anstalten Maddox daran zu hindern, unbeholfen auf die Beine zu taumeln. Nur mühsam gelang es dem General, aus dem tiefen Sessel aufzustehen. Und dann, als er beinahe aufrecht stand und sich fluchend nach seinem Angreifer umzudrehen versuchte, verstummte er schließlich, verdrehte die glasigen Augen und brach stöhnend nach vorne zusammen. Noch einmal murmelte Maddox irgendwas Unverständliches, zuckte zwei oder dreimal, dann gab er Ruhe.

„Hab ich dich, Arschgesicht“, murmelte Crowe zufrieden, als er hinter dem Sessel hervortrat und sich zu seiner Beute hinunter bückte. Dass er zufrieden grinste, konnte man wegen der Sturmhaube nicht sehen.

Crowe schwitzte stark, als er den schweren Körper etwa drei Stunden später auf die Rückbank des Lexus wuchtete, der gut geschützt vor unliebsamen Zusehern unter dem alten, ausladenden Walnussbaum hinter Maddox Haus parkte. Crowe hatte sich dazu entschlossen, Maddox in seinem eigenen Auto abzutransportieren, da bei fehlendem General und fehlendem Auto weniger Aufregung entstehen würde, als wenn er nur die Person selber verschwinden lassen würde. So konnte man zumindest einige Tage lang annehmen, der General hätte einen Ausflug gemacht.

Crowe drückte die Tür des Lexus langsam und so leise wie möglich zu, dann vergewisserte er sich, dass das Haus ordnungsgemäß abgesperrt und die Alarmanlage wieder in Betrieb war. Schließlich ging er zum Auto zurück, stellte zufrieden fest, dass alle Fenster der Nachbarschaft dunkel waren und dass zu dieser Zeit, es war mittlerweile nach zwei Uhr morgens, offensichtlich jeder schlief. Da er sein Glück aber nicht überstrapazieren wollte, klemmte er sich nun selber hinter das Lenkrad, startete den Motor und fuhr los.

Er fuhr auf der Virginia Avenue nach Nordosten, überquerte den Kerr Lake und schlug dann eine südöstliche Richtung ein. Crowe fuhr fast drei Stunden lang in östlicher Richtung, bis er das verschlafene Nest Elmwood in North Carolina erreichte. Dort parkte er den Lexus um Viertel vor Fünf Uhr morgens am Pier des kleinen Hafens, gleich neben einem kleinen Anglerboot mit großzügiger Kajüte, das er vor zwei Tagen gemietet und für zwei Wochen im Voraus bar bezahlt hatte.

Crowe war Hector Sanchez, hatte er dem Bootsvermieter in perfektem Spanisch erklärt. Dann, als dieser ihn nicht verstanden hatte, hatte er sein Anliegen in gebrochenem akzentbehafteten Latinoenglisch noch mal kundgetan und daraufhin hatte er schließlich das Boot bekommen. Ein bisschen schwarze Haarfarbe und sein perfektes Spanisch hatten problemlos gereicht, um den ungepflegten Mittsechziger zu überzeugen, sein gutes Angelboot gegen ausreichend Dollars an eben jenen Hector Sanchez zu vermieten.

Nun hatte also Hector Sanchez seinen Lexus abgestellt und den Kofferraum, sowie die hintere Türe geöffnet. Sanchez sah sich um, ob irgendjemand in der Nähe war und stellte zufrieden fest, dass er mutterseelenallein war. Ohne weitere Zeit zu vertrödeln schnappte er sich den immer noch bewusstlosen General Maddox, den er in eine Decke gewickelt hatte und wuchtete ihn sich über die Schultern. Sanchez biss die Zähne zusammen und erklomm die schmale Laufbrücke auf das Achterdeck des Bootes, sah sich noch einmal prüfend um und verschwand dann mit seiner schweren Last im Inneren des Bootes. Wenig später kam er zurück und kletterte wieder in den Wagen. Er startete das Fahrzeug und verließ den schmalen Pier in westlicher Richtung.

Fünf Minuten später parkte er den Wagen in einem dichten Waldstück hinter einem riesigen Frischholzstapel, holte eine große grüne Plastikplane und ein Seil aus dem Kofferraum und bedeckte damit das Auto. Er zog den Schlüssel ab, versperrte den Wagen und zurrte die Plane fest. Dann folgte er dem schmalen Waldweg in leichtem Trab, genoss die frische Morgenluft und setzte seinen Lauf für weitere zwanzig Minuten fort, bis er schließlich leicht schwitzend den Hafen erreichte und an Bord des Bootes ging. Als er die Taue gelöst hatte, startete er den Dieselmotor und tuckerte hinaus in die Swan Bay. Sein Blick ging hinaus über das ruhige Wasser der Bucht, an deren östlichem Horizont die Sonne aufging und warmes weiches Licht über das Boot warf.

Licht, das General Maddox im Bauch des Bootes für die nächste Zeit nicht mehr zu sehen bekommen sollte.

Sanchez war jetzt wieder Steven Crowe und sein grimmiger Blick schien zufrieden. Diese Sache würde er noch mit Freude durchziehen, dachte er, dann würde er verschwinden. Das war er seinen Kameraden schuldig, die er in der Dsungarischen Tiefebene verloren hatte. Und das nur, weil ein verdammter Politiker es so angeordnet, und ein Waschlappen von einem Offizier es nicht verhindert hatte. Und diesen Offizier, der damals untätig die Hände in den Schoß gelegt und zehn mutige Delta Operators für einen sinnlosen Befehlt geopfert hatte, diesen Offizier hatte sich Crowe nun geschnappt.

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