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Nach einer schweren Geburt

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Früher ging man davon aus, daß die erste Geburt eine Art Probe-Geburt sei. Davor konnte man ja nicht wissen, ob die Frau überhaupt gebärfähig war. Man rechnete auch mit großem »Schwund«. Kindbettfieber und andere Infektionen, Verbluten, geschädigte Kinder, all das gehörte zu den Dingen, mit denen man als Frau konfrontiert war. Das Leben war näher am Tode und nicht so selbstverständlich.

Die wundersamen Errungenschaften der ärztlichen Wissenschaft haben den Tod und viele medizinische Probleme im Zusammenhang mit der Geburt fast vergessen gemacht. Heute ist die Mütter- und Kindersterblichkeit äußerst gering. Das ist einerseits phantastisch, hat aber vielleicht auch die mentale Vorbereitung auf das, was eine Geburt bedeuten kann, verändert. Die meisten von uns leben ein einigermaßen kontrolliertes, physisch angenehmes Leben. Die Geburt jedoch kann als das krasse Gegenteil dazu erlebt werden.

Es kann unglaublich schmerzhaft sein, ein Kind zu gebären. Aber in vielen Vorbereitungskursen ist davon die Rede, daß die Schmerzen mit der richtigen Atemtechnik besiegt werden können. Wehen nennt man Kontraktionen. In einigen Geburtsbüchern werden »orgasmusähnliche« Gefühle beim Pressen geschildert. Die Geburt wird in Phasen beschrieben, als etwas Kontrollierbares und Hantierbares. Kein Wunder, daß so viele Frauen nach der ersten Geburt wie unter Schock stehen und sich irgendwie betrogen fühlen.

»Warum hat mir niemand gesagt, was mich erwartet? In der Geburtsvorbereitung haben wir zwar das Atmen trainiert, aber als es dann soweit war und ich gebären sollte, konnte ich damit überhaupt nichts anfangen. Es tat ja so teuflisch weh. Ich habe mich wirklich von meinen Hebammen betrogen gefühlt.«

Helena, 38, ein Kind

Ein Kind zu gebären bedeutet auch, alle Masken fallen zu lassen, jegliches Gefühl von Kontrolle zu verlieren und sich nur noch dem Vorgang hinzugeben. Der Schmerz blockiert ja alle anderen Impulse außer dem, zu gebären. Für eine Frau, die es gewohnt ist, ihr Leben in die Hand zu nehmen und alles zu steuern, für die kann es schwer sein, wirklich loszulassen. Und auch für jene, die sich nicht auf andere verlassen wollen, kann eine Geburt eine Herausforderung sein.

Es können Ihnen Dinge widerfahren sein, die Sie als totalen Übergriff erlebt haben. Eine Hebamme, die Sie nicht versteht, ein Arzt, der die Kontrolle übernimmt, obwohl Sie es nicht wollen, oder eine Betäubung, die nicht gegeben wurde, obwohl Sie darum gebeten hatten.

Aber wie Sie Ihre Geburt im nachhinein erleben, ist nicht nur eine Frage der tatsächlichen Ereignisse. Wenn Sie finden, daß es schwer war, dann war es schwer. Auch wenn alles für eine »normale Geburt« spricht.

»Ich habe mein Kind in vier Stunden bekommen. In allen Papieren steht, daß ich eine prima Geburt hatte. Sie wurde eingeleitet, und deshalb bestanden die vier Stunden aus einer einzigen Wehe. Es war wie eine große Explosion, eine chemische Vergewaltigung.

Als ich mein zweites Kind bekam, mußte ich sehr viel Zeit darauf verwenden, es überhaupt zu wagen, noch einmal zu gebären.«

Helen, 33, zwei Kinder

Nur das eigene Erleben zählt. Lassen Sie niemanden behaupten, die Geburt wäre gut oder schlecht verlaufen oder Sie hätten keinen Grund »zu jammern«. Sprechen Sie mit anderen. Es tut gut zu erzählen, immer und immer wieder, was genau passiert ist und wie es sich angefühlt hat. Weinen Sie, wenn Ihnen danach ist. Schreien und lachen Sie. Wenn Sie das Bedürfnis nach einem physischen Ausleben haben, dann braucht das Nervensystem das, um das Erlebnis einzuordnen.

In vielen Krankenhäusern in Schweden arbeitet man mit neuen Methoden, um eine Geburt vorzubereiten. Eine Methode sind Tonkassetten, die schwangere Frauen sich einige Monate vor der Geburt anhören können. Man hört 20 Minuten ruhige Musik und bewußtseinstrainiernde Gedanken. Ein wichtiger Teil der Vorbereitung ist, daß der Schmerz vorhanden sein wird, daß er eine Funktion hat, und daß wir Frauen so beschaffen sind, daß wir ihn aushalten können.

Mit diesen Tonbändern erreicht man phantastische Ergebnisse. Die durchschnittliche Geburtszeit ist gesunken, weil die Frauen mit den Bändern besser entspannen können. Dammrisse waren seltener, weil sie besser auf die Signale des Körpers beim Pressen achten konnten. (In diesem Zusammenhang ist das Buch »9 Monate... und viele Fragen« von Gayle Peterson empfehlenswert, A.d.R.)

Im Danderyd Sjukhus in Stockholm bietet die Chefhebamme auch Gesprächstherapiestunden für Paare mit traumatischen Geburtserlebnissen an. Andere Krankenhäuser haben einen ähnlichen Service. Scheuen Sie sich nicht, auch in Ihrer Klinik danach zu fragen.

Wenn Sie die erste Geburt bearbeiten, kann die nächste noch besser werden. Und auch wenn Sie keine Kinder mehr wollen, haben Sie das Recht, mit dem, was passiert ist, vertraut zu werden.

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