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Die Librettisten. Fritz Löhner-Beda, Kurt Breuer und Hugo Wiener

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Zehn Jahre lang, von 1928 bis 1938, schreibt Hugo Wiener Revuen für die Kabarettbühne »Femina«, von 1930 bis 1933 entstehen 25 dieser Werke gemeinsam mit Kurt Breuer. Heute ist in diversen Artikeln über die »Femina« zu lesen, dass nur Hugo Wiener Hausautor war. Warum ist Kurt Breuer verschwunden? Wie Hugo Wiener musste auch Breuer aus Österreich fliehen, Wiener kehrt nach dem Krieg zurück und zählt zu den Größen der Kabarettszene, erfreut sich großer Beliebtheit und schafft mit Schlagern für Cissy Kraner wie Der Nowak lässt mich nicht verkommen oder Ich wünsch mir zum Geburtstag einen Vorderzahn zeitlose Hits, die zum kulturellen Allgemeingut werden.


Kurt Breuer, Zweiter von links, als Autor des Volksstückes Die Zuwag, bei dem nicht nur »eine Schar bekannter Schauspieler, sondern auch eine Registrierkasse und ein Hackstock« mitwirken. Von links nach rechts: Aurel Nowotny (Spielleiter), Kurt Breuer und Armin Friedmann (die beiden Autoren), Maria Walden (sitzend), Alice Lach, Attila Hörbiger, Erika Dannbacher, Karl Staud, Alma Seidler und Eduard Loibner. Das Stück wird am 25. April 1937 in Radio Wien ausgestrahlt. Zeitschrift Radio-Wien am 30. April 1937

Kurt Breuer kehrt nicht zurück, er bleibt in New York der Kleinkunstszene verbunden und gerät in Österreich völlig in Vergessenheit. Zu Unrecht, zählt er doch zu den kreativsten und fleißigsten Textern der Zwischenkriegszeit: Mehr als 90 Werke fließen zwischen 1920 und 1938 aus seiner Feder, nur die Hälfte davon ist in der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten. Wienerlieder, vertont von Ernst Arnold, zählen ebenso dazu wie moderne Schlager, Shimmys, Tangos und Foxtrotts. Das erste publizierte Lied stammt aus dem Jahr 1920: Mein kleines Garcon, Text von Egon Schubert nach einer Idee von Kurt Breuer mit Musik von Gyula Geiger. Auf dieses noch nicht ganz eigenständige Werk folgen 1921 zwei Wienerlieder, danach nimmt die Produktion immer rascher zu.

Gemeinsam mit dem großartigen Komponisten Béla Laszky, einem Meister der leisen und feinen Töne, schafft Breuer das Chanson Da draußen am Thurygrund und die erfolgreiche Operette Die Laune einer Nacht, uraufgeführt am 23. Dezember 1926 am Stadttheater Graz in der Regie Karl Lustig-Preans. Eine ganz außergewöhnliche Produktion, denn der Operette wird eine Filmparodie vorangestellt, zu der Laszky »eine travestierende Kinomusik geschrieben hat«, wie die Zeitung Arbeiterwille bereits am 19. Dezember verrät. »Das Zweite-Akt-Finale bringt die ganze Darstellung einer Filmaufnahme auf die Bühne«, wird weiter ausgeplaudert. Das internationale Interesse ist groß, »zahlreiche Theaterdirektoren, Verleger und Kritiker haben ihr Erscheinen zugesagt«.

Für Graz schreibt Kurt Breuer wenige Wochen später auch die Revue Graz, pass auf! mit dem Team Ida Sinek4 als Co-Autorin und Karl Michael May5 als Komponist. Gemeinsam verfassen sie 1927 auch die Revuen Wien und die Wiener und Komm mit, Pupperl!. Die Zusammenarbeit mit Ida Sinek setzt sich 1932 fort, diesmal mit dem Komponisten Trojan Wellisch – für den »Simpl« und dessen Filiale »Die Rakete« entsteht Mit Volldampf voraus! – Schauplatz ist ein Dampfer. Im nächsten Streich wirkt das »lustige Triumvirat der Fritzen, Grünbaum, Wiesenthal und Schrecker« mit: »Die lustige Warenhausrevue ›Schlager auf Schlager‹ enthält wirklich nur Schlager, die witzig und amüsant durch Kabarettgrößen serviert werden.«6 Am amüsantesten klingt aber Weekend im Schnee mit dem Untertitel Ein vergnügter Aufenthalt in einem Sporthotel. Die Revue gastiert auch an der »Kleinen Bühne« in Prag, dort rezitiert der große Fritz Grünbaum eine »Ouvertüre« und wirkt auch mit.

Am öftesten arbeitet Breuer mit Hugo Wiener zusammen. Ein etwas verwirrender Zeitungsartikel der Wiener Sonn- und Montags-Zeitung vom 15. August 1932 weist auf die gemeinsam verfassten »Femina«-Revuen hin: »Hugo Wiener und Kurt Breuer, die beiden ausgezeichneten Revuedichter, feiern in den nächsten Tagen das 25-jährige Jubiläum ihrer ›Femina-Revue‹.« Die beiden Autoren sind zu diesem Zeitpunkt 28 respektive 36 Jahre alt – es ist also wohl das Jubiläum der 25. gemeinsamen Revue gemeint! »Die beiden jungen Autoren, von denen Revuen im In- und Ausland laufen, waren aus diesem Anlaß Gegenstand herzlichster Glückwünsche.«

Die Presse überschlägt sich mit Superlativen, um die Revuen, die circa alle zwei Monate wechseln, zu beschreiben. Die Herbstsaison der »Femina« im Jahr 1930 eröffnet Direktor Wilhelm Gyimes »mit einem an Reichhaltigkeit und Buntheit alle vorhergegangenen weit übertreffenden Miniatur-Revuebildbogen. Seine bewährten Mitarbeiter Kurt Breuer und Hugo Wiener stellen in fast schon hemmungsloser Ausgelassenheit alles Zeitgenössische auf den Kopf und auf entzückend zapplige Soubrette- und Girl-Beine. Parodistische Singspiele, Burlesken, getanzte und gesungene Schlagernummern jagen einander förmlich auf der kleinen apart dekorierten Szene. Jugend, Schönheit, Talent und Temperament vereinigen sich hier zu einem auserlesenen Ensemble. Statt jeder eingehenderen Würdigung der gut gemeinte Rat: Geht hin und erhebt euch mit ihnen in den siebenten Himmel!«7

Und weiter kann man lesen: »Die Revue Am laufenden Band ist wieder ein sinnbetörender Wirbel von Farbe und schönen Frauen, in den als humoristischer Mittelpunkt in dieser Saison erfreulicherweise Armin Berg gestellt ist.«8 Auch in der Revue Melodie der Straße begeistern »viele köstliche, witzige, pointensichere Sketche« – heute noch wünscht man sich, so manche Szene miterlebt zu haben: »Den Clou des Abends wird zweifellos eine ›Salome‹-Parodie bilden, in der Imhoff um das Haupt Jochanaans tanzen wird …«9 Der korpulente Komiker Imhoff als Salome in der Revue Achtung! Aufnahme! Los! wäre eine Zeitreise wert.

Auch international erreichen die Revuen große Erfolge, 1930 geht die Produktion Etwas für dich mit einem 50-köpfigen Ensemble auf eine zweiwöchige Tournee: Budapest, Zürich, Graz, mehrere deutsche und italienische Bühnen kommen so in den Genuss dieser neuen Form der Unterhaltung.

Die Revuebühne »Femina«, im ehemaligen legendären Jugendstil-Kabarett »Fledermaus« in der Johannesgasse 1 untergebracht, bietet nur Platz für 100 Zuschauer – viel Raum für große Ausstattungsrevuen gibt es also nicht. Und doch funktioniert das Konzept: In der Reduktion aller Mittel liegt das Geheimnis des Erfolges, opulente Ausstattungsrevue en miniature sozusagen begeistert das Publikum, das nahe am Geschehen ist und so rasch in den Sog von Witz, Pointen und Humor gerät.



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