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Ein origineller Choreograph. Harry Neufeld

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Ein 31-jähriger Tänzer und Choreograph hat großen Anteil am Erfolg der Operette Gruß und Kuß aus der Wachau. Eine vielversprechende Karriere, die 1926 in Bad Ischl ihren Anfang nimmt – der 17-jährige Harry Neufeld spielt im musikalischen Schwank Die letzte Jungfrau von Ernst Reif und Rolf Tennen mit Musik von Fritz Janowitzer. Der Zeitschrift Die Bühne ist dies sogar eine Abbildung wert.

»Im verregneten Ischl gingen Kurgäste mit Schauspielern eine Kompagnie ein, die zu einer Aufführung im Kurtheater führte, zugkräftig, witzig, anmutig, würdig, das Haus auch bei schönem Wetter zu füllen«, schreibt Die Bühne am 19. August 1926. »Harry Neufeld, eines der jüngsten Wiener Tanztalente, studierte ganz auffallend hübsche Tänze ein.« Der Sohn des Gynäkologen Julius Neufeld reüssiert also schon in jungen Jahren – wie das der Vater sieht, bleibt offen. Dieser schreibt wenige Monate zuvor, am 29. April, ebenfalls in der Bühne einen Artikel mit dem Titel Wie bekomme ich schlanke Beine? Und er geht auch auf die Tänzerinnen ein: »Es gibt jedoch auch starke Beine ohne starken Fettansatz infolge sehr gut entwickelter Wadenmuskulatur, wie man dies bei Tänzerinnen sehr häufig sieht«, stellt er fest – wohl eine Erkenntnis, die er in Gesprächen mit seinem Sohn gewonnen hat.

Harry kann erstaunlich früh in Wien Fuß fassen: 1929 tritt er mit nur 22 Jahren an der Seite der gefeierten Operetten-Diva Sári Fedák an der Renaissance-Bühne im brandneuen »Volksstück mit Gesang« Juliska von László Bús-Fekete auf. Ein paar Stationen an Provinztheatern muss auch er absolvieren: Er spielt den Boni in Die Csárdásfürstin am beliebten Kurtheater im oberösterreichischen Bad Hall und den Jim-Boy in der Paul-Abraham-Novität Die Blume von Hawaii am Stadttheater Baden, eine Rolle, die er 1935 auch im Colosseum in Wien verkörpern wird. 1932 debütiert er an der Volksoper in der Operette Freut euch des Lebens, doch bleibt dies ein einmaliges Gastspiel. Ab 1935 dominiert er alle Produktionen des Wiener Stadttheaters als Darsteller und Choreograph: In der legendären Produktion von Im weißen Rössl im Mai 1935 spielt er immerhin den schönen Sigismund an der Seite der berühmten Louise Kartousch und des ebenso gefeierten Ernst Arnold. In Emmerich Kálmáns Gräfin Mariza spielt er den Kolomán Zsupán und entwickelt die Choreographien. Er ist Teil eines neuen Schwungs: »Im Stadttheater triumphiert die Jugend. Jung sind die Direktoren, jung sind die Darsteller. Ein frischer Geist erfüllt das Haus, in dem mit so manchem gebrochen wurde, was bis vor kurzem in der Theaterwelt unumstößliches Gesetz schien. Es hat sich schon gezeigt, daß die neuen Wege, die vom Bühnennachwuchs beschritten wurden, die richtigen sind.«26


Harry Neufeld, hier als Tänzer des Paares rechts

Zwischen diesen beiden Talenten bewegt sich Harry Neufelds kurze Karriere weiter. Ob Der Zigeunerbaron oder Die gold’ne Meisterin, Der Vogelhändler oder Der Orlow, Die schöne Helena oder Benatzkys aktueller Erfolg Das kleine Café – der Künstler ist wieder in seiner Doppelfunktion im Einsatz. Gruß und Kuß aus der Wachau fordert nur den Choreographen, was sehr viel positive Resonanz erfährt. Wenige Wochen später flüchtet die 30-jährige Theaterhoffnung in die Schweiz, um von Luzern über Antwerpen auf dem Schiff Copacabana nach Rio de Janeiro zu gelangen. 490 Schweizer Franken kostet die Reise in die Freiheit.27

Wie er seine Karriere in Brasilien fortsetzt, bleibt im Dunkeln. Wenige Informationen finden sich, eine Produktion 1949 und die Mitwirkung an einer Vorstellung des Teatro Independente Europeu, des »Freien Europäischen Künstlertheaters«, in Rio de Janeiro im Jahr 1950. Eine vielversprechende Karriere verliert sich einfach. Und doch bleibt die Hoffnung, dass sich jemand an diesen kreativen Künstler erinnert.

So wie Harry Neufeld verschwindet auch der nur drei Jahre ältere Kurt Hesky in Brasilien.



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