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Das gemeinsame Ende beginnt in Bad Ischl

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1937 finden sich Kurt Breuer und Hugo Wiener mit einem der brillantesten Köpfe der Unterhaltungsbranche zusammen, dem großen Fritz Löhner- Beda, dessen Talente vielfältig und dessen Produktivität schier unerschöpflich ist: Erfolgslibretti vor allem für Franz Lehár schafft er ebenso wie unzählige Schlager, aber auch Gedichte, denen oft eine ernste Note innewohnt. Er engagiert sich für den jüdischen Sportverein Hakoah und tritt oftmals spöttisch und dabei durchaus ernst gemeint gegen den allzu starken Anpassungswillen des jüdischen Bürgertums auf – sein Gedicht Wie man sich trefft im Ampezzotal bringt dieses Thema auf den Punkt.


Fritz Löhner-Beda in Bad Ischl

Am 18. August 1937 berichtet das Neue Wiener Journal: »Salzburg, 17. August. Jara Benesch, der Komponist des ›Gütigen Antonius‹, ist in Salzburg eingetroffen, um mit einigen hier weilenden ausländischen Theaterdirektoren Verhandlungen wegen Aufführungen seiner neuesten Operette zu führen. Der Komponist erzählt darüber: ›Ich habe während des Sommers gemeinsam mit Doktor Beda, Kurt Breuer und Hugo Wiener eine neue Operette geschrieben, die den Titel ›Gruß und Kuß aus der Wachau‹ führt. Es handelt sich um eine typisch österreichische Operette. Das neue Werk enthält eine große Rolle für Imhoff, dann drei Soubrettenpartien, eine Tenorrolle und zwei jugendliche. Auch diese Operette ist in Bildern abgefaßt. Die acht Hauptnummern sind fertig. Ich glaube, daß besonders ein Wienerlied für Imhoff, ferner ein Tango und eine lustige Nummer für das Buffopaar besonders gefallen werden. Wo die Uraufführung sein wird, weiß ich noch nicht, jedenfalls kommt hiefür Wien oder Prag in Frage. Wenn ich meine Salzburger Verhandlungen beendet habe, fahre ich nach Ischl zurück, um dort die Partitur zu vollenden.«10

Fritz Löhner-Beda steuert also nun die Liedtexte für Jara Beneš’ neues Werk Gruß und Kuß aus der Wachau bei. Es entstehen der Tango So ein kleines Geheimnis, das ländliche Walzerlied Gib mir ein saftiges Busserl, die Swing-Polka Komm heut Nacht zu mir, das Marschlied Wir brauchen keine Weiber net und der Foxtrott Aber Otto, Otto!. Tradition und Moderne in Musik und Text, eine bunte Mischung, die Komponist und Texter perfekt beherrschen. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Glauben sie jedenfalls.

Hugo Wiener erlebt die letzte Vorstellung in Freiheit von Gruß und Kuß aus der Wachau an der Volksoper am 11. März 1938: »Das Haus war ausverkauft, aber halb leer. Ich ging in die Direktionsloge, um mir das Stück, vielleicht zum letzten Mal, anzusehen. Es war eben das Ende des ersten Aktes. Anstatt beide Arme zu heben und ins Publikum zu winken, wie es angeordnet war, hob eine unserer Solistinnen, die ich besonders protegiert habe, damit sie das Engagement bekommt, den rechten Arm zum Hitlergruß. Willi Stettner gab ihr einen Schlag auf das Handgelenk, daß sie den Arm sinken ließ. Aber was nützte es? Andere hatten es ihr bereits nachgemacht.«11

An diesem Abend befinden sich auch Fritz Löhner-Beda und Alexander Kowalewski in der Volksoper: »Beda war besonders gefährdet, weil bereits verschiedene Anzeigen der österreichischen Neidgesellschaft gegen ihn vorlagen«, berichtet Hugo Wiener später in seiner Autobiographie Zeitensprünge. »Anzeigen konnte jeder jeden, und wenn der Angezeigte Jude war, war er von vornherein schuldig. Und Beda hatte einige Dummheiten gemacht. So hatte er täglich, beim Betreten des Cafés Heinrichhof, dem Ober zugerufen: ›Bringen Sie mir den Völkischen Beobachter! Ich möchte sehen, was der Tapezierer macht!‹ Wir bestürmten ihn, ins Ausland zu fahren, und zwar sofort. Beda weigert sich. So schlimm wird es nicht werden.«12

Der 55-jährige Fritz Löhner-Beda wird am 13. März 1938 verhaftet und am 1. April in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert, wo er gemeinsam mit Hermann Leopoldi das Buchenwald-Lied erschafft: »O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen, weil du mein Schicksal bist. Wer dich verließ, der kann es erst ermessen, wie wundervoll die Freiheit ist! O Buchenwald, wir jammern nicht und klagen, und was auch unser Schicksal sei, wir wollen trotzdem Ja zum Leben sagen, denn einmal kommt der Tag: Dann sind wir frei!« Für Fritz Löhner-Beda kommt dieser Tag niemals. Am 4. Dezember 1942 wird er im Konzentrationslager Auschwitz erschlagen.


Fritz Löhner-Bedas letzter Meldezettel

Hugo Wiener und Kurt Breuer können fliehen und sich ein neues Leben aufbauen – in Kolumbien und New York.



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