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MATHE IST NICHTS FÜR MÄDCHEN

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Diese Selbsteinschätzung ist uns nicht angeboren. Sie beginnt im Kindes- und Teenageralter und kann sehr stark durch Klischees bestärkt werden. Die Gesellschaft schreibt Jungen und Mädchen unterschiedliche Fähigkeiten zu und von klein auf werden je nach Geschlecht unterschiedliche Hobbies als »normal« anerkannt.

In diesem Fall kann ich von Glück sagen, dass mich naturwissenschaftliche Unsicherheit nie betroffen hat. Ich habe Naturwissenschaften geliebt und wäre niemals auf die Idee gekommen, dass ich darin schlecht sein könnte.

Spätestens im Teenageralter lernen Mädchen den Glaubenssatz, dass sie in naturwissenschaftlichen Themen nicht so gut seien wie Jungs. Dass dieser Kelch an mir vorübergegangen ist, verdanke ich in großen Teilen meiner Schule. In der Grundschule und im Gymnasium war ich auf einer katholischen Klosterschule. Wenn du das hörst, denkst du sicherlich nicht zuerst an Naturwissenschaften. Aber diese Schule war besonders – sie war eine reine Mädchenschule und hatte ein vielfältiges naturwissenschaftliches Angebot. Der Gedanke, dass Jungs besser in Mathe sind als Mädchen, fand deshalb nie den Weg in meinen Kopf, da ich nie eine Gelegenheit hatte, mich zu vergleichen. Mit 12 bin ich in den Wahlkurs »Amateurfunk und Technik« eingetreten. Nach Unterrichtsschluss durften wir dort Schaltkreise löten, wir funkten mit dem deutschen Astronauten Thomas Reiter auf der ISS. Per Packet-Radio (ein Verfahren zur digitalen Datenübertragung) holten wir uns die sogenannten Kepler-Daten, die die Umlaufbahn von Flugkörpern beschrieben, um zu berechnen, wann die ISS nachts am Himmel sichtbar sein würde. Ich stellte den Wecker, um zur richtigen Uhrzeit den leuchtenden Stern am Himmel zu beobachten, in dem die Astronauten ihre Forschungsarbeit verrichteten. Das war zu einer Zeit, als wir noch nicht einmal eine Internet-Flatrate daheim hatten.

Nach der Schule verbrachte ich die Zeit am liebsten in einem Elektroladen. Dort konnte man Widerstände, Platinen, Lötzinn und Lötkolben ergattern.

»Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat’s gemacht.«

Bei all dem ist mir nie in den Sinn gekommen, dass ein Elektrofachgeschäft ein ungewöhnlicher Ort für ein 12-jähriges Mädchen ist. Das wusste ich einfach nicht. Ich bin dankbar, dass sich der Glaubenssatz zu Frauen und Technik bei mir nie gefestigt hat.

Mit meinen Platinen und Drähten begann ich »Roboter« zu löten. Zu dieser Zeit gab es eine Sendung im Kinderkanal (KiKa) und einmal wöchentlich wurde DER Kikanier gekürt (ein Kind mit speziellen Fähigkeiten oder Hobbies). Ich bewarb mich dort mit meinen Robotern und wurde ausgewählt. Ein Filmteam kam zu uns nach Hause und später durfte ich mit meiner Familie nach Erfurt ins ZDF-Studio fahren, um bei der Studioaufzeichnung dabei zu sein. Meinen Eltern und dem Team erzählte ich eine erfundene Geschichte: Ich sagte, mein Bruder hat den Bewerbungsbrief geschrieben und ich habe nichts davon gewusst. Es war mir schrecklich peinlich, dass ich mich selbst dort beworben hatte und auch noch genommen wurde. Ich war nicht in der Lage zuzugeben, dass ich stolz auf meine Kreationen war, und schon gar nicht konnte ich einräumen, dass ich der Ansicht war die Fähigkeit zu haben, in solch eine Sendung zu kommen. Wer so etwas von sich dachte, der musste arrogant sein. Das war mein Glaubenssatz.

Das, was mich als Teenager daran hinderte, offen zuzugeben, dass ich selbst aktiv in die Sendung wollte, ist ein bekanntes Phänomen. Wenn Frauen einen Erfolg verzeichnen, vermuten sie die Ursache dafür sehr häufig bei den äußeren Umständen: »Ich hatte Glück«, »Man hat mir geholfen«, »Ich habe hart gearbeitet«. Wenn Männern ein Durchbruch gelingt, suchen sie den Grund dafür eher bei sich: »Ich hab es halt drauf«. Frauen scheuen sich davor, sich Erfolge selbst zuzuschreiben.

Selbstbewusstsein geht durch den Magen

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