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Оглавление7. Kerwetanz
8. Oktober 1939
»Ich darf doch zum Kerwetanz?« Elisabeth ließ sich auf den Küchenstuhl fallen und sah ihre Mutter herausfordernd an.
Die zog die Stirn kraus und stopfte weiter an den Socken. Einen Blick für ihre Tochter erübrigte sie nicht.
»Mutter, bitte. Die anderen gehen auch.« Elisabeth rutschte auf dem Stuhl hin und her. »Ich möchte einfach nur dabei sein.«
»Um zehn bist du daheim.«
Über Elisabeths Gesicht huschte ein Strahlen.
Sie strich ihr blaues Kleid mit den weißen Blümchen glatt und richtete noch einmal den gestärkten Spitzenkragen. Vor dem Spiegel tänzelte sie hin und her und zwinkerte sich selbst zu. Vergnügt hüpfte sie die hölzernen Stufen des Mietshauses hinunter. Bevor sie die Haustür erreichte, kam ihr die alte Frau Jäger entgegen. »Oh, gut siehst du aus! Gehts zum Tanz?«
Elisabeth nickte freudig. »Ja. Ich darf.«
»Na, das ist fein. Schau mal, ob der Strauß noch ordentlich hängt. Und pass genau auf, welchem jungen Mann du den ersten Tanz schenkst.« Frau Jäger zwinkerte ihr zu. »Jetzt aber los. Nicht, dass du zu spät kommst.«
Anni stand an der Straßenecke und winkte. »Los! Die Musik wartet nicht auf uns!«, rief ihr die Freundin aus der Ferne zu.
Elisabeth lief schneller. Bei jedem Schritt klackerten ihre Schuhe auf dem trockenen Boden. Anni trug ein grünes Kleid mit gelben Streifen. Den Saum schloss eine feine Spitzenbordüre ab und unter den Rüschenärmeln wirkten ihre Oberarme, als hätte sie beim Preisboxen mitgemacht.
»Oh schick bist du!« Elisabeth knuffte ihre Freundin in die Seite.
»Danke. Hat mir die Großmutter genäht«, gab Anni zurück und hakte sich bei Elisabeth unter.
Je näher sie an Marthas Gasthof kamen, umso deutlicher war das Stimmengewirr zu hören. Durch die angelaufenen Scheiben sah Elisabeth, wie sich Menschen aneinander vorbeischoben. Gläser klirrten. Anni hob ihr Kleid ein wenig an und schritt königinnengleich die Stufen zum Eingang hinauf. Elisabeth folgte ihr.
Noch ehe sie die Tür erreichten, flog die von innen auf. Ein junger Mann in Uniform, kaum größer als sie selbst, griff Annis Hand. »Treten Sie ein, mein Fräulein.« Er schob Anni galant in den Saal und reichte Elisabeth die Hand. »Darf ich mich vorstellen? Schmitt. Herbert.«
»Guten Abend.« Elisabeth wich seinem Blick aus. Sie wartete darauf, dass er auch sie in den Gasthof manövrierte. Doch er hielt inne. Sofort wurde Elisabeths Mund trocken.
»Moment mal! Du bist doch die hübsche junge Dame, auf die mein Kamerad ein Auge geworfen hat.«
Elisabeth entzog sich seiner Hand. Ihr Blick streifte den seinen und ihre Wangen wurden heiß. Verwirrt senkte sie den Kopf und schob sich an ihm vorbei.
Im Gastraum war die Luft stickig. Der Qualm waberte durch die Gaststube, sodass man kaum etwas erkennen konnte. Eine Gruppe, die angeregt miteinander plauderte, tauchte vor Elisabeth auf. Schnell quetschte sie sich hinter einer der Frauen vorbei. Die Augen zusammengekniffen, entdeckte sie Anni an einem der hinteren Tische.
»Wo bleibst du denn?«, rief ihre Freundin.
Als sie neben ihr stand, antwortete Elisabeth: »Jetzt bin ich ja da.«
Alfred, ein gut aussehender großgewachsener Bursche in ihrem Alter, kam auf Elisabeth zu. »Schenkst du mir einen Tanz?«, fragte er, der sonst so schüchtern war und das schmeichelte ihr.
Augenzwinkernd erwiderte sie: »Ohne Musik?«
In diesem Moment begann die Kapelle eine bekannte Melodie zu spielen.
»Extra für uns«, antwortete Alfred und grinste. Forsch ergriff er ihre Hand und Elisabeth folgte ihm. Zwischen den dastehenden Leuten zwängte er sich hindurch und bahnte den Weg. Auf einmal blickte sie direkt in ein paar dunkelbraune, glänzende Augen, in denen sich die ihren für einen Augenblick fingen. Irritiert blieb sie stehen. Diesen Soldaten kannte sie doch. Jemand zwängte sich lärmend vorbei. Alfred zerrte sie ungeduldig hinter sich her. Schließlich waren sie auf der Tanzfläche angekommen.
Nach dem Tanz bedankte sich Elisabeth bei Alfred. Doch insgeheim hielt sie Ausschau nach dem jungen Soldaten, der ihr so intensiv in die Augen geschaut hatte.
»Wie? Warʼs das etwa schon?«, fragte Alfred und sein markantes Kinn schob sich nach vorn ähnlich wie Karl, der sie immer dann so ansah, wenn er beleidigt war.
Elisabeth rieb sich über die Arme. »Ich glaube, ich muss mal nach Anni sehen. Aber wir finden uns schon wieder.« Sie lächelte Alfred noch einmal zu und verließ die Tanzfläche. Wie gut, dass die Musik jetzt eine Pause ankündigte. Sie schob sich durch die Menge, reckte den Hals und sah sich suchend um. Irgendwo mussten die Soldaten sein. Doch so sehr sie sich auch mühte, sie konnte keinen von ihnen entdecken.
Anni saß am Tisch und war in ein Gespräch mit Bärbel, einem Mädel aus dem Dorf vertieft. Elisabeth beugte sich zu ihr hinunter. »Hast du die Soldaten gesehen?«
»Wen?« Ihre Freundin hob die Augenbrauen. »Nö. Die sind nicht hier.«
Enttäuscht setzte Elisabeth sich an den Tisch der jungen Frauen. Sie versuchte dem Gespräch der beiden Mädchen zu folgen, doch ihre Gedanken wanderten zu den ausdrucksstarken braunen Augen. Sie stellte sich vor, wie der junge Mann sie anlächelte und im gleichen Moment fühlte sie sich leicht und beschwingt. Wie schön es wäre, würde er sie jetzt zum Tanz auffordern.