Читать книгу Normale Verrückte - Markus H. Foedisch - Страница 16

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Kapitel 11


Reitan macht einen neuen Plan.

Er nahm die vor ihm liegende Zeitung zur Hand und las den Artikel.

Es wurde berichtet, dass die allgemeinen Erwartungen hinsichtlich der Ergebnisse des Klimagipfels in Valencia bereits in Vorhinein nur äußerst gering waren.

Die Erwartungshaltung war die, dass sich der Gipfel abspielen würde, wie die unzulänglichen Versuche in der Vergangenheit, die Klimaveränderung wenigstens zu begrenzen: Die Entwicklungs- und Schwellenländer würden sich großteils weigern, verbindliche Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen ihrer Ländern zu akzeptieren, da nach ihrem Dafürhalten die Industrieländer für die Klimaveränderung verantwortlich waren und sie zudem in einer verbindlichen Verpflichtung ein Hemmnis für die Entwicklung ihrer Länder erblickten.

China lehnte ohnehin jede Beschränkung der Ausbeutung seiner fossilen Energieträger kategorisch ab und baute gerade im Süden des Landes die weltgrößten Braunkohlekraftwerke, um seinen enormen Energiehunger zu stillen. Auch die USA vertraten den Standpunkt, dass einem ungehemmten Wirtschaftswachstum alles untergeordnet werden müsse.

Eine große Umweltschutzorganisation wies darauf hin, dass die CO2Konzentration in der Erdatmosphäre mittlerweile über 400 parts per million lag und richtete einen fast verzweifelten Appell an die Regierungen der Welt, endlich gegenzusteuern. Seit dem ersten UN-Klimagipfel in Rio vor mehr als zwanzig Jahren hatte sich von zahllosen Absichtserklärungen abgesehen nicht wirklich viel getan, die weltweiten Treibhausgasemissionen waren in diesen Jahren massiv gestiegen, statt zu stagnieren oder gar zurückzugehen.

Reitan hatte als Junge immer gerne Geschichten von Robin Hood gelesen, Robins Kampf gegen den diabolischen Sheriff von Nottingham und sein Einsatz für die Armen und Entrechteten hatten ihm imponiert, er hatte die Schilderungen von Hoods Abenteuern anfänglich für historische Ereignisse gehalten, erst später hatte er erfahren, dass es lediglich Fiktion war.

Er dachte nach.

Wenn er den Staat davon überzeugen konnte, dass er eine wirkliche Gefahr darstellte, würden die Behörden sicher versuchen, ihn zu eliminieren. Es gab aus staatlicher Perspektive kaum Alternativen zu dieser Handlungsweise - zu groß wäre das Risiko, dass mit einer Verhaftung einherginge. Womöglich gelänge es dem Terrorristen - diese Bezeichnung würde sicherlich von Seiten des Staates für ihn gewählt werden - noch im letzten Augenblick, die Bombe zu zünden.

Ein Scharfschütze würde ihn vermutlich verlässlich und mit einem Schuss ins Jenseits befördern. Bei einem Kopfschuss fühlte man keinen Schmerz. Sie würden sicher den Besten schicken, den sie hatten.

Damit würden sich alle Probleme Reitans lösen: Er wäre wunschgemäß tot, die Bombe in sicherer Verwahrung des Staates und wenn er einen höheren Sinn seiner Tat konstruieren konnte, würde er der Nachwelt nicht als x-beliebiger Selbstmörder im Gedächtnis bleiben, sondern als Mann, der sein Leben für seine Überzeugungen hingegeben hatte. Und Gracia wäre wohl auch nicht mehr zum Lachen zumute.

Er traf einen Entschluss.

Reitan würde vorgeben, die Regierung unter Zuhilfenahme seiner Atomwaffe - er sah diese mittlerweile als sein nunmehriges privates Eigentum an - in Richtung einer radikal geänderten Klimapolitik zu erpressen. Dieses Thema war aktuell, erfüllte Reitans Zweck ebenso gut wie ein beliebiges anderes und er würde als der Mann in die Weltgeschichte eingehen, der völlig auf sich allein gestellt versucht hatte, die Klimapolitik der Welt positiv zu beeinflussen.

Man würde diese Tat niemals vergessen. Man würde ihn niemals vergessen.

Um nicht der Regierung die Deutungshoheit über die Ereignisse zu überlassen, musste er lediglich ein politisches Manifest produzieren und kurz vor seinem Tod ins Internet stellen - ähnlich wie Anders Behring Breivik, der norwegische Attentäter, vorgegangen war.

Mit dem entscheidenden Unterschied, dass bei Reitans Tat niemand ums Leben kommen sollte - mit Ausnahme von Reitan selbst, logischerweise.

Er würde den Behörden nach und nach eine Spur legen, die seinen Todesengel sicher zu ihm führen würde, ohne dass die Behörden gewahr werden würden, nur willfährige Erfüllungsgehilfen Reitans zu sein. Eine letzte gute Tat würde sein Leben beenden und ein Platz in der Weltgeschichte war doch ein schöner Grabstein, wie Claus Reitan fand.

Sein Tod würde ihn zu wahrer Größe führen - das hatte sein Leben nicht vermocht.

Es galt nun, einige Vorbereitungen zu treffen.

Reitan stand auf, ging zu seinem Tresor, gab die Kombination ein, öffnete ihn und entnahm ihm seinen Pass, zwei seiner privaten Kreditkarten, seine Waffenbesitzkarte und 200.000 Euro in Cash, die er dort für unvorhergesehene Fälle bereithielt, in denen er eine größere Menge Bargeld benötigte. Eine Angewohnheit, die er von seinem Vater übernommen hatte.

Er steckte alles in die Innentasche seiner Anzugjacke und steuerte sodann den Tisch an, auf dem immer noch sein S&W Revolver in der offenen Kiste lag. Er klappte sie zu, klemmte sie sich unter den linken Arm, schnappte sich noch seine auf dem Boden stehende Laptoptasche mit seinem tragbaren Computer und verließ sein Büro.

Er hatte viel zu tun, sollte sein Plan erfolgreich sein.

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