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Psychopath

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Der Feuerteufel hatte wieder zugeschlagen. Die Spätnachrichten brachten die Bilder des brennenden Lagerhauses als Top-Thema. Rußgeschwärzte Feuerwehrmänner eilten vor den Kameras umher, während hinter ihnen riesige Rauchsäulen dem Himmel entgegenstrebten. Dem Top-Thema folgten ein paar kurze Meldungen über Politik, Krieg und Sport. Das Übliche. Sandra wollte gerade ihr Fernsehen ausschalten, da verlas der Nachrichtensprecher noch eine Warnmeldung. Ein Triebtäter wurde gesucht – ausgerechnet in ihrer Stadt.

„Sachdienliche Hinweise richten Sie bitte …“ Sandra schüttelte den Kopf – alles nur Bla Bla.

Sie wollte gerade ins Bad gehen, da nahm sie eine Bewegung vor dem Wohnzimmerfenster wahr. War da jemand? Misstrauisch näherte sie sich dem Fenster. In der Dunkelheit der Nacht konnte sie fast nichts erkennen. Die Umrisse des Gartens ließen sich lediglich erahnen. Da waren der Kirschbaum, die Bank, der kleine Brunnen und die Reihe kleiner Ziersträucher, die den Weg zum Haus säumten. Wackelten an dem letzten Gewächs nicht die Zweige?

Das waren genau die Augenblicke in Sandras Leben, in denen sie es bereute, allein zu leben. Ein starker Mann an ihrer Seite wäre in dieser Situation von Vorteil gewesen.

Da war ein Geräusch an der Haustür! Jemand machte sich am Schloss zu schaffen.

Sandra stürzte zum Telefon. Nicht einmal den Hörer hatte sie abgehoben, als hinter ihr ein Klicken verriet, dass die Tür nun offen sein musste. Panisch drückte sie die Zifferntasten. Zweimal die Eins und …

Eine Hand ergriff sie und entwand ihr das Telefon. „Lass das lieber“, raunte ihr eine dunkle Stimme ins Ohr. Im nächsten Augenblick flog das Gerät quer durch das Wohnzimmer und zerschellte mit einem lauten Krachen an der Wand.

Sandra wollte schreien, doch die vermummte Gestalt vor ihr warf sie zu Boden. Dann stürzte der Mann sich mit seinem Körper auf sie. Die Luft blieb ihr weg.

„Du entkommst mir nicht.“

Sandra durfte nicht aufgeben. Mit einem Ruck hob sie ihr Knie und landete einen Volltreffer. Mit einem Schmerzensschrei ließ der Fremde von ihr ab und sie ergriff die Gelegenheit, um ins Badezimmer zu flüchten. Sie schloss die Tür, drehte den Schlüssel.

„Was glaubst du? Wie lange kann mich diese Tür aufhalten?“ Seine Stimme klang gehetzt. Und hungrig. Er würde nicht lange brauchen, um sich von dem Schmerz zwischen seinen Beinen zu erholen.

Das Holz des Rahmens splitterte, als der Mann seinen Körper gegen die Tür warf. „Jetzt ist es soweit“, sagte er. Doch dann hielt er inne. Das Licht im Badezimmer war ausgegangen. Der Boden unter seinen Füßen war nass und ein durchdringender Geruch lag in der Luft. Spiritus.

In der mit Wasser gefüllten Badewanne stand Sandra. In der rechten Hand hielt sie ein Feuerzeug, in der linken eine Dose Haarspray.

„Was für ein Zufall.“ Sandra hatte sich wieder im Griff. Ihre Stimme klang ruhig und kühl. Sie hatte wieder die Oberhand. In die Enge getrieben, wusste sie nun, was es zu tun galt.

„Was für ein absurder Zufall. Die zurzeit meistgesuchten Psychos der Stadt, vereint in einem Haus, um sich gegenseitig zu zerstören.“ Das Feuerzeug flammte auf, das Haarspray wirbelte und der Spiritus explodierte in einer – nach Sandras Meinung – faszinierend schönen Stichflamme.

Kleine Scheißhausgeschichten

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