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Unterhändler des Imperiums

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„Sind Sie sicher, dass sie mich wollen?“ fragte Hansen, ein wenig ungläubig.

„Sie haben ausdrücklich nach Ihnen verlangt“, antwortete Gouverneur Steinbeck, der sich nicht ganz sicher zu sein schien, ob er das ganze amüsant finden sollte oder nicht.

„Sie haben denen gesagt, wie die letzte Geiselnahme ausgegangen ist, oder?“

„Sie meinen, dass Sie dafür gesorgt haben, dass alle Geiselnehmer umgekommen sind?!“

„Ja.“

„Habe ich denen gesagt. Sie wollen Sie trotzdem haben.“

„Ahhh-haaa“, murmelte Hansen. Das ganze kam ihm ein wenig merkwürdig vor. „Naja, dann…“

„Machen Sie sich auf den Weg.“

„Ja.“ Er nickte. „Das mach ich dann wohl besser.“

Als er aus seinem Büro auf die Brücke seines Schiffes trat, sah ihn Vingst, seine erste Offizierin, fragend an.

„Es gibt eine neue Geiselnahme“, sagte er. „Hier sind die Koordinaten.“ Vingst wollte dazu ansetzen, etwas zu sagen, aber er unterbrach sie: „Ich hab die Fragen auch gestellt. Sie wollen uns. Mich, um genau zu sein.“

Vingst nickte.

Hansen, Kapitän der IF Helgoland, gab seinem Navigator die Koordinaten. Dann wandte er sich wieder seinem ersten Offizier zu. „Ich denke, wir sollten uns dann mal mit der Situation auseinandersetzen.“

„Heißt das, Sie haben nicht vor, den Komplex zu stürmen und alle umzubringen?“

„Nur als Plan B.“

Sie schritten durch die Korridore zu einem kleinen Besprechungsraum.

„Ich find es wirklich merkwürdig“, meinte Vingst.

„Dass es schon wieder eine Geiselnahme gegeben hat?“

„Nein, dass man Sie für die andere nicht zur Rechenschaft gezogen hat.“

„Das irritiert mich, ehrlich gesagt, auch ein bisschen. Aber sie haben es zumindest versucht. Man hat mir angeboten, die Mission in den Weinbaum-Nebel zu leiten.“

Vingst hob eine Braue.

„Ist das Beförderung oder Strafe?“

„Da bin ich nicht ganz sicher.“

Der Captain blieb stehen und öffnete die Tür.

„Wie begründen sie es denn?“

„Dass ich so gut mit Außerirdischen kann“, sagte er und ließ der jungen Frau den Vortritt. „Es ist eine gemeinsame Mission mit anderen Völkern, so eine Art Versuch, ob das klappt. Und wenn es klappt, dann will man gemeinsam das Universum erforschen.“

„Klingt doch ganz interessant.“

„Das tut es.“

„Haben Sie abgelehnt?“

Sie nahm an dem Tisch Platz und begann, auf die Tasten des kleinen Displays zu drücken.

„Noch nicht. Es sieht so aus, als würde es noch ein paar Jahre dauern, bis sie die Mission wirklich auf den Weg schicken können.“

„Kulturelle Probleme?“

„Mehr umwelttechnische. Die einen atmen Sauerstoff, die anderen Methan – da muss man erstmal ein Schiff entwickeln, das all dem gerecht wird.“

„Klingt trotzdem irgendwie spannend.“

„Ich kann Sie denen ja als Kapitän empfehlen.“

Vingst lächelte. „Tun Sie das!“

„Kann aber noch ewig dauern, bis die Reise losgeht.“

„Ich bin ja noch jung.“

„Da haben Sie recht. So“, Hansen öffnete die Dateien, die man ihnen geschickt hatte, „was haben wir denn hier?“

„Zwei Sektoren von hier. Eine Kolonie der Duoga.“

„Eine gemeinsame Kolonie“, korrigierte der Captain. „Ein Versuch. Duoga und Menschen leben gemeinsam auf einem Planeten. Keine Botschaft, kein Imperium.“

„Klingt nach einem interessanten Projekt“, meinte Vingst. „Was meinen Sie, kann so was funktionieren?“

„Ich denke, wir sind auf dem Weg, das herauszufinden.“

„Auch wieder wahr.“ Vingst sah auf einen kleinen Bildschirm. „Eine Gruppe Duoga hat den menschlichen Provinzgouverneur und seine Mitarbeiter in ihre Gewalt gebracht.“ Sie sah auf. „Ein Provinzgouverneur?“

„Eher so was wie eine Art Bürgermeister. Ein Mensch, der die Menschen vertritt. Die Duoga haben auch einen Provinzgouverneur.“

„Aber den hat man nicht als Geisel genommen.“

„Ob wir daraus etwas schließen können?“

„Gut möglich.“ Vingst legte ihre Stirn in Falten. „Warum will man Sie?“

„Ich bin eben sehr beliebt?“

Sie sah ihn mit schiefem Kopf an.

„Ich bin der einzige Kapitän des Imperiums, der jemals in einer solchen Sache verhandelt hat. Möglicherweise der einzige Kapitän überhaupt, der das in den letzten paar Jahrhunderten gemacht hat.“

„Ja“, sie nickte, „aber fanden Sie Ihre Herangehensweise besonders diplomatisch?“

„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber fanden Sie die Situation besonders diplomatisch?“

„Auch wieder wahr. Es bleibt trotzdem ein Rätsel.“

„Möglicherweise nicht mehr lange. In zwei Tagen haben wir den Planeten erreicht und vielleicht bekommen wir dann ein paar Antworten.“

„Es sei denn, ein Kapitän mit Ihrem Verhandlungsgeschick beendet die Geiselnahme vorher.“

„Ich bin ziemlich sicher, der Kriegslord hätte die Geiseln so oder so getötet. Ich glaube nicht, dass es einen diplomatischen Weg gegeben hätte.“

„Und wenn die Situation anders gewesen wäre?“

Vingst wusste, dass der Captain von einer Welt stammte, bei der Diplomatie nicht unbedingt an erster Stelle stand. Eine industrielle Welt, eine reiche Welt, die in einen blutigen Konflikt verwickelt gewesen war. Einer der wenigen Kriege zwischen Menschen und einem anderen Volk. Es hatte viele Verluste gegeben, beide Seiten hatten mit unschönen Methoden gearbeitet, deshalb war Kapitän Hansen durchaus in der Lage, harte Entscheidungen zu treffen – und zu ihnen zu stehen. Dazu gehörte auch, gnadenlos zu sein, wenn es darauf ankam.

„Sobald ein Entführer eine der Geiseln tötet, verliert er das Recht, wie ein Verhandlungspartner behandelt zu werden“, sagte Hansen leise. Solchen Leuten konnte man nicht vertrauen. Und solche Leute verdienten es, dass sie die Situation, für die sie verantwortlich waren, ebenfalls nicht überlebten. „Hoffen wir also, dass wir es diesmal mit vernünftigeren Geiselnehmern zu tun haben.“

Als sie New Xtrpwtz erreichten, hatte sich die Situation noch nicht in Wohlgefallen aufgelöst – aber damit hatte auch niemand ernsthaft gerechnet. Sie hatten sich inzwischen mit der Gesellschaftsstruktur auf dem Planeten auseinandergesetzt, um möglicherweise herauszufinden, wie es zu dieser Geiselnahme gekommen war. Offenbar war New Xtrpwtz ein sehr reicher Planet. Jedenfalls, was die Bürger des Imperiums anging, die dort lebten. „Die menschliche Gemeinde“, wie es so schön hieß, die ihren eigenen Lokalgouverneur bestimmt hatte, war eine kleine Gruppe von Unternehmern, die alle ihr Geld im Bereich der Stoffe verdiente. Auf New Xtrpwtz gab es riesige Plantagen, auf denen Seide, Baumwolle und ein paar andere Dinge angepflanzt wurden, aus denen man Stoffe machen konnte, edle Stoffe, schöne Stoffe, die die Synthetik aus dem reichen Teil des Imperiums fast vollständig verbannt hatte. Synthetik trug man nur, wenn man auf Raumschiffen arbeitete oder im Weltraum, auf den feineren Welten trug man feineren Zwirn. Und das meiste davon kam von New Xtrpwtz. Es gab aber auch Abnehmer außerhalb des Imperiums. Die Maburi waren in der Lage, phantastische Dinge mit Stoff zu gestalten und kauften hier mit Begeisterung. Was die menschliche Gemeinde zur reichsten Gemeinde innerhalb, oder, korrekter, knapp außerhalb des Imperiums gemacht hatte. Jeder in der Gemeinde war im Stoffgeschäft und der gewählte Gouverneur war der reichste von ihnen. Einzig die Rolle der Duoga schien ein wenig undurchsichtig zu sein.

Die Duoga waren ein Volk von käferartigen Wesen, das sehr geschickt und schnell war und mit seinen vielen Armen viele Dinge gleichzeitig oder eine Sache sehr schnell machen konnte.

Hansen und Vingst hatten einander über den Tisch angesehen.

„Und?“ hatte er gefragt.

„Mehr steht hier auch nicht“, hatte sie gesagt.

Das war ihnen beiden ein wenig merkwürdig vorgekommen, zumal das Imperium von seinen Gouverneuren, innerhalb und außerhalb des Reichs, erwartete, über die Aktivitäten von „Außerirdischen“, ein lange veralteter Begriff, der aber trotzdem noch immer verwendet wurde, informiert zu werden. Das hatte der Gouverneur von New Xtrpwtz bisher offenbar weitgehend unterlassen und dass das bislang niemandem aufgefallen war, lag nur daran, dass das Imperium noch relativ jung und seine Flotte noch relativ klein war – genau wie sein Beamtenapparat. Man hatte Mühe, bei all den Welten die Übersicht zu behalten, von Imperialen Besuchen gar nicht zu reden. New Xtrpwtz hatte das Imperium immer gut mit Stoffen versorgt und immer pünktlich und korrekt seine Steuern gezahlt – da stellte man keine weiteren Untersuchungen an.

Doch das hatte sich nun geändert, die Situation hatte sich geändert und möglicherweise zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt schwenkte ein Imperialer Kreuzer in den Orbit des Planeten ein, um nach dem rechten zu sehen.

Schon aus dem Weltraum konnte man die Plantagen erkennen, die sich über riesige Landstriche des Planeten zogen. Es gab ein paar Fabriken, in denen die Ernte zu Stoffen und Tuch verarbeitet wurde, es gab ein paar Raumhäfen, auf denen die Stoffe für den Transport in die Galaxis verladen wurden, aber was es nicht zu geben schien, waren große Maschinen. Auf den Listen der Gemeinde wurden auch keine Wartungstechniker oder dergleichen aufgeführt, lediglich Händler.

„Sagen Sie denen, dass wir da sind“, befahl der Captain seinem Kommunikationsoffizier und der rief sofort die Geiselnehmer. Sie befanden sich in dem Regierungssitz des Gouverneurs, einem kleinen Schloss, das direkt neben seinem Privatsitz, einem größeren Schloss, lag. Den Sensoren nach hatten etwa 50 Duoga das Gelände besetzt und etwa 2.000 bewegten sich um das Gebäude herum. 14 menschliche Lebenszeichen wurden auf dem Bildschirm angezeigt, die Geiseln, wie Hansen annahm.

„Die Entführer melden sich, Sir.“

„Auf den Schirm.“

Ein kleines, käferartiges Wesen erschien auf dem Bildschirm. Es sah unsicher in die Kamera und ein anderes, möglicherweise weibliches Wesen, erschien neben ihm und schien ihm aufmunternd den Rücken zu streicheln.

„Sind Sie Kapitän Hansen?“ fragte das Wesen.

„Kapitän Harald Hansen von der Imperialen Fregatte Helgoland, was kann ich für Sie tun?“ Er hatte diese Frage schon einmal gestellt. Streng genommen stellte er diese Frage immer. Es war eine höfliche Art, ein Gespräch zu beginnen und dem Gegenüber zu zeigen, dass man nichts von ihm wollte, aber durchaus bereit war, ihm zu helfen, wenn das gewünscht war, so eine Art Geste der offenen Arme. Er hatte diese Frage auch den letzten Geiselnehmern, mit denen er zu tun gehabt hatte, gestellt und er war gerade jetzt zu dem Schluss gekommen, dass das keine Frage war, mit der man das Gespräch mit Geiselnehmern beginnen sollte.

„Sie sind hier, weil wir Sie hier wollen“, sagte das käferartige Wesen.

„Sind Sie da ganz sicher? Sie wissen, wie meine letzte Verhandlung mit Wesen, die Geiseln genommen haben, ausgegangen ist?“

„Das wissen wir. Wir haben von Ihnen gehört. Deshalb wollen wir Sie. Ich bin Plpptrt Wng, das hier ist meine Gefährtin Plpptrt Sgn.“ Einer seiner vielen Arme deutete auf das Wesen neben ihm.

„Wie geht es den Geiseln?“ fragte Hansen. Er hatte ein Sonderkommando bereitstellen lassen, das im Zweifel den Komplex stürmen konnte. Er hatte die Waffen in Alarmbereitschaft, falls es Kraftfelder oder fremde Schiffe zu zerstören gab, aber die Sensoren hatten weder das eine noch das andere entdeckt. Die Geiselnehmer hatten keine Schutzschilde errichtet und sie schienen keine Schiffe zu haben, mit denen sie entkommen wollten. Möglicherweise waren sie einfach nur noch unerfahrener auf dem Gebiet der Geiselnahme als er, hatte Hansen gedacht, aber vielleicht gab es auch andere Gründe dafür. Und er war hier, um diese Gründe herauszufinden.

„Allen Geiseln geht es gut“, sagte Plpptrt Wng. „Sie haben genug zu essen und zu trinken und sie dürfen die Tiloetten besuchen.“ Manche Begriffe, das musste Hansen immer wieder feststellen, brachten die Übersetzungsprogramme, die die Kommunikation mit fremden Völkern so viel einfacher gemacht hatten, immer wieder an ihre Grenzen. Das Wort „Toiletten“ stand auf dieser Liste ganz weit oben.

„Gut“, meinte Hansen und dachte nach. Sollte er versuchen, diesmal diplomatischer zu sein oder sollte er seinem Gegenüber von Anfang an klarmachen, worauf er sich hier eingelassen hatte? Er entschied sich für das Letztere, denn immerhin hatte Plpptrt Wng ihn extra angefordert. „Damit es keine Unklarheiten zwischen uns gibt“, begann der Kapitän deshalb, „Sie können mit mir über alles reden und all Ihre Forderungen stellen und ich werde sehen, was ich für Sie tun kann. Sollten Sie jedoch auch nur eine der Geiseln töten, sind die Verhandlungen auf der Stelle vorbei, weil Sie damit zeigen, dass man Ihnen nicht vertrauen kann. Und sollten Sie mehr als eine Geisel töten, werde ich dafür sorgen, dass Sie und keiner Ihrer Leute diese Sache überlebt.“ Er machte eine kurze Pause. „Habe ich mich deutlich ausgedrückt?“

„Das haben Sie, Kapitän Hansen.“

„Gut.“ Hansen nickte. „Wäre es möglich, dass ich mit einer der Geiseln spreche?“

„Natürlich“, sagte Plpptrt Wng und seine Gefährtin verschwand kurz aus dem Bild und kam einen Augenblick später mit einem hoch gewachsenen Menschen zurück. Er wirkte gut durchtrainiert, sonnengebräunt, reich und gesittet. Sein graues Haar war glatt zurückgekämmt, aber er sah nicht aus, als hätte man ihn misshandelt.

„Bitte nennen Sie uns Ihren Namen“, meinte der Captain. „Fürs Protokoll.“

„Ich bin Gouverneur George Treeman.“

„Sie sind auch Leiter des größten Unternehmens auf dem diesem Planeten?“

„Ja, Captain.“

„Herr Treeman, wie hat man Sie bisher behandelt?“

„Wir sind alle sehr gut behandelt worden.“

„Okay.“ Hansen kratzte sich am Kinn. „Die Situation ist… ein bisschen knifflig“, meinte er dann. „Offiziell ist dieser Planet nicht dem Imperium unterstellt, was die Frage, ob ich hier offizielle Schritte unternehmen kann…“

„Wir sind Bürger des Imperiums!“ rief Treeman schnell. „Wir alle. Alle Menschen. Wir zahlen unsere Steuern, wir beliefern das Imperium, wir leben nur außerhalb. Wir sind Bürger des Imperiums“, wiederholte er.

„Gut“, meinte Hansen, „schön, dass das geklärt wäre.“

„Sie müssen uns befreien“, sagte Treeman nun eindringlich. „Bitte!“

„Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Hansen sah nun wieder zu Plpptrt Wng. „Tja, dann wäre jetzt vielleicht ein guter Zeitpunkt, dass Sie uns Ihre Forderungen nennen.“

„Es tut uns sehr leid“, begann Plpptrt Wng und Hansen hatte sofort ein mulmiges Gefühl. Eine solche Eröffnung verhieß selten etwas Gutes. „Wir haben leider keinen anderen Weg gesehen“, fuhr das käferartige Wesen fort, „wir haben versucht, mit unserer Regierung zu sprechen, aber die hat uns verkauft. Damit hatten wir keine Rechte mehr. Wir hatten kein Recht, mit Ihrer Regierung Verbindung aufzunehmen. Es ist uns untersagt. Deshalb… deshalb haben wir diesen Weg gewählt. Es tut uns sehr leid.“

„Sehr“, bestätigte Plpptrt Sgn, seine Lebensgefährtin.

„Ich fürchte, ich verstehe nicht“, meinte Hansen langsam. Für gewöhnlich war das der Zeitpunkt, wo die Terroristen anfingen, ihre Geiseln zu ermorden, sich selbst in die Luft zu sprengen und zu schreien, dass sie das für irgendeinen Gott tun würden. Jedenfalls in dem Hintergrundmaterial, das sich Hansen nach seinem ersten Kontakt mit Geiselnehmern beschafft hatte. Und dieses „Hintergrundmaterial“, wie es das Imperiale Archiv genannt hatte, bestand zu einem Großteil aus alten Filmen und Büchern. Da waren viele dieser Situationen eskaliert und schlecht geendet und er hatte das ungute Gefühl, dass man hier gerade auf einen derartigen Höhepunkt zusteuerte. Unsicher blickte er hinüber zum Waffenschaltpult. Er konnte das gesamte Anwesen mit ein paar Klicks zerstören – aber damit würden auch alle Geiseln tot sein und nichts war damit gewonnen.

„Wir sind hierher gekommen“, erklärte Plpptrt Wng nun, „um frei zu sein. Man sagte uns, wir würden auf Menschen treffen, eine Art, die wir nicht kannten. Man sagte uns, wir sollten friedlich mit den Menschen zusammenleben.“

„Was ist passiert?“

„Wir kamen hierher. Wir trafen die Menschen. Die Menschen zeigten uns, wie wir unsere Fähigkeiten einsetzen konnten.“

„Und wie konnten Sie das?“

„Wir sind gute Arbeiter. Wir haben alle Felder bestellt und geerntet. Wir haben aus der Ernte Stoffe gesponnen. Wir sind gute Arbeiter.“

Hansen hatte eine Idee.

„Hat man Sie dafür bezahlt?“

„Nein. Man hat uns Nahrung gegeben und Wasser. Sonst nichts.“

„Und Sie mussten arbeiten. Für die Menschen.“

„Ja. Es gibt hier keine Maschinen, denn sie sind nicht nötig. Wir machen alle Arbeit. Für die Menschen.“

„Wie Sklaven.“

„Als Sklaven. Wir waren Sklaven in unserer Welt. Wir wollten hierher, um frei zu sein. Man hat uns belogen.“

„Sie haben mit Ihrer Regierung gesprochen?“

Plpptrt Wng gluckste zustimmend. „Wir wollten nicht mehr ausgenutzt werden. Wir wollten fort. Auf eine andere Welt. Man hat es uns verboten.“

„Ihre Regierung hat es Ihnen verboten?“

„Erst die Menschen. Als wir gehen wollten. Sie haben es uns verboten. Wir haben uns an unsere Regierung gewandt. Sie hat es uns verboten. Sie sagte, wir gehören jetzt den Menschen.“

Hansen drehte sich zu seiner ersten Offizierin um. „Gab es da nicht irgendwelche Abschlagszahlungen, die an die Regierung der Duoga gezahlt werden?“

Sie rief kurz ein paar Akten auf, dann nickte sie. „Für alle Einnahmen werden Abschlagszahlungen an die Duoga geltend gemacht – die man steuerlich geltend gemacht hat.“

„Aha“, Hansen rieb sich das Kinn. „Also nicht nur für die Sklaven gezahlt, sondern sich das auch noch vom Finanzamt zurückerstatten lassen.“ Er wandte sich wieder an Plpptrt Wng. „Sie sind also Sklaven der menschlichen Gemeinde, weil Ihre Regierung Sie an diese Menschen verkauft hat?!“

„Ja“, bestätigte das Wesen.

„Und Ihre Forderungen?“

„Wir wollen frei sein. Wir wollen diesen Menschen nicht mehr gehören. Wir haben gehofft, Sie könnten helfen. Deshalb tun wir dies.“

Hansen nickte nachdenklich. Dann fragte er: „Sind irgendwelche Geiseln zu Schaden gekommen?“

„Nein“, antwortete Plpptrt Wng.

„Gut.“ Hansen dachte nach.

Vingst trat neben ihn. „Sie sehen so aus, als planten Sie etwas, das Sie das Kommando kosten könnte.“

„Sie kennen mich einfach zu gut“, lächelte er. „Denn genau das habe ich vor.“ Er erhob sich und trat vor den Bildschirm. „Plpptrt Wng, ich sehe, dass Sie sich nicht an Ihre Regierung wenden können – denn Ihre Regierung ist offensichtlich nicht mehr für sie zuständig. Sie hat sie an die menschliche Gemeinde von New Xtrpwtz verkauft, an Bürger des Imperiums.“ Er machte eine kurze Pause. „Bürgern des Imperiums ist es aber nicht erlaubt, Sklaven zu haben. Sklaverei ist im Imperium verboten und Sie haben uns die Beweise erbracht, dass diese Menschen, die sich als Ihre Herren aufspielen, der Sklaverei und damit eines Verbrechens schuldig sind. Ich werde umgehend dafür sorgen, dass diese Angelegenheit eingehend untersucht wird und alle in diese Verbrechen involvierten Personen angezeigt und angeklagt werden.“

„Betrifft das nicht die komplette menschliche Bevölkerung von New Xtrpwtz?“ fragte Vingst leise.

„Klingt das so, als wäre das mein Problem?“

„Ich habe die Befürchtung, nein.“

„Und Sie haben absolut recht.“ Hansen lächelte. „Das bedeutet, Plpptrt Wng, da Ihre Regierung Sie verkauft hat und da Bürgern des Imperiums der Besitz von Sklaven verboten ist, dass Sie keinen Besitzer haben, also offensichtlich keine Sklaven und damit frei sind.“

Plpptrt Wng jauchzte auf und seine Gefährtin streichelte ihm freudig den Rücken.

„Das bedeutet auch, dass man Sie der Geiselnahme anzeigen wird, aber ich denke, angesichts der Situation wird man es bei einer Verwarnung belassen, solange keine der Geiseln zu Schaden kommt. Ist das eine Entscheidung, mit der Sie leben können?“

„Das ist es, Kapitän Hansen“, rief Plpptrt Wng.

„Gut.“ Hansen nickte. „Dann möchte ich Sie jetzt darum bitten, alle Geiseln freizulassen und sich für ein paar Befragungen zur Verfügung zu halten.“

„Wir lassen die Geiseln frei. Wir halten uns zur Verfügung. Wir danken Ihnen.“

Der Bildschirm erlosch und Hansen seufzte zufrieden. „Das hätte auch ganz anders ausgehen können“, meinte er.

„Sie meinen mit einem Blutbad?!“

„Sowas in der Art, ja.“

„Und was, wenn er uns belogen hat und sie in Wirklichkeit eine Bande von Terroristen sind, die nur darauf aus ist, über das Imperium herzufallen und uns alle zu töten?“

„Na, dann bekommen Sie Ihr Blutbad doch noch!“

Doch das Blutbad blieb aus. Als drei Schiffe des Imperialen Gerichtshofs New Xtrpwtz erreichten, stellte man fest, dass alle Vorwürfe, die Plpptrt Wng gegen die Menschen erhoben hatte, der Wahrheit entsprachen. Es dauerte einige Monate, bis man die Konditionen ausgearbeitet hatte, nach denen man die Duoga für ihre bereits geleisteten Tätigkeiten entschädigte. Es dauerte weniger lange, einen Großteil der menschlichen Gemeinde anzuklagen und auf eine nahe gelegene Welt des Imperiums auszufliegen, wo ihnen in den nächsten Jahren der Prozess gemacht werden würde. Ein Vertreter des Imperiums wurde eingesetzt, um dafür zu sorgen, dass die Produktion auf New Xtrpwtz nicht nachließ, aber dass diejenigen der Duoga, die sich entschieden hatten, auf dem Planeten zu bleiben, dafür auch angemessen entlohnt wurden.

„Und wieder hat man Ihnen das Kommando nicht entzogen“, meinte Vingst grinsend.

„Man hat mir angeboten, Botschafter des Imperiums auf Duoga zu werden.“

„Na, da würden die sich aber freuen.“

„Das hat sich die Admiralität auch gedacht und das war ihnen dann doch eine Spur zu gefährlich.“

„Zumal Sie viele Duoga als ‚den Befreier der Sklaven’ feiern.“

„Ich schätze, das hat nicht unerheblich dazu beigetragen. Dafür hat die Admiralität jetzt ein schönes Druckmittel gegen die Duoga. Wann immer die ihnen krumm kommen wollen, können sie sagen: ‚Wir schicken Ihnen gerne Kapitän Hansen als Botschafter.’ Das dürfte eine Menge Konflikte beenden.“

„Wo Sie doch sonst eher welcher auslösen.“

„Wir leben eben in einer nicht perfekten Galaxis.“

„Und was machen wir jetzt?“

Hansen hob die Schultern. „Warten wir auf die nächste Geiselnahme.“

„Wird die kommen?“

„Das steht wohl zu befürchten, jetzt, wo das ganze so populär geworden ist.“

„Und wen wird man dann als Verhandlungsführer anfordern?“

„Na, wen wohl?“

„Keine rosigen Aussichten.“

„Das seh ich auch so!“

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