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Die Verschwörung des Catilina
ОглавлениеWir schreiben das Jahr 63 v. Chr. – Caesar wendet sich gegen die Todesstrafe für die Catilinarier.
Am 5. Dezember musste Caesar im Senat minutenlang um sein Leben bangen. Als er die dramatische Sitzung im Tempel der Concordia verlassen wollte, bedrängten ihn die ritterlichen Leibwächter des Konsuls Marcus Tullius Cicero (106 bis 43) mit gezückten Schwertern. Entsetzt sprangen etliche Ratsmitglieder von ihren Sitzen. Nur wenige standen ihm zur Seite oder hielten schützend ihre Toga vor ihn. Ein Zeichen von Cicero und der für das kommende Jahr designierte Praetor wäre erstochen worden. Der Konsul – ein homo novus, der wie Caesars Onkel Marius in Arpinum aufgewachsen war – winkte jedoch ab, »vielleicht aus Furcht vor dem Volk, vielleicht auch, weil er die Ermordung des Mannes als widerrechtlich und ungesetzlich verabscheute« (Plut. Caes. 8, Suet. Caes. 14). Dem Julier aber saß der Schrecken tief in den Knochen – bis zum Ende des Monats betrat er die Kurie nicht mehr.
Was war geschehen? Cicero hatte im Oktober des Jahres eine Verschwörung gegen sich und den Staat aufgedeckt. Lucius Sergius Catilina, aus einem verarmten Patriziergeschlecht stammend, war bei zwei Anläufen, ins Konsulat zu gelangen, gescheitert. Seine Geldreserven gingen zur Neige, die Wahlkämpfe hatten sie erschöpft. Durch die Optimaten in seinem gesellschaftlichen Ansehen (dignitas) gekränkt, plante er einen Staatsstreich. Allen, die ihm folgen würden, versprach er einen allgemeinen Schuldenerlass. Während einer seiner Anhänger im Norden Etruriens ein stattliches Heer von Unzufriedenen sammelte, sollte in Rom selbst die Ermordung Ciceros das Signal zum Aufstand geben. Doch der Konsul erhielt Kunde von dem Anschlag. Am 21. Oktober brachte er den Senat dazu, den Staatsnotstand (senatus consultum ultimum) auszurufen, am 7. November trieb er den Rädelsführer mit seiner Ersten Catilinarischen Rede aus der Stadt, und am 15. November wurde Catilina, der sich zu seinen zusammengewürfelten Truppen nach Etrurien geflüchtet hatte, zum Staatsfeind erklärt. Anfang Dezember flogen fünf prominente Komplizen des verhinderten »Revolutionärs« auf – sie wurden verhaftet, unter ihnen ein amtierender Magistrat.
In der Ratssitzung des 5. Dezember wollte Cicero klären lassen, wie mit den Gefangenen zu verfahren sei. Die beiden für das kommende Jahr gewählten Konsuln sowie die anwesenden 14 Konsulare sprachen sich eindeutig für die Höchststrafe (ultima poena) aus. Danach wurde Caesar als frisch gekürtem Praetor das Wort erteilt: Als Einziger lehnte er die Exekution der Verschwörer ab. Plutarch zufolge erklärte er, »Männer von so hohem Ansehen, so edlem Geschlecht ohne Urteil hinzurichten, verstoße gegen Herkommen und Recht« (Plut. Caes. 7). Man schaffe damit einen Präzedenzfall, der böse Folgen habe werde. Er empfehle stattdessen, sie in italischen Landstädten gefangen zu halten und ihr Vermögen zu konfiszieren. Sobald Catilinas Erhebung niedergeschlagen sei, könne man in aller Ruhe entscheiden, was weiter mit ihnen geschehen solle. Caesars Argumentation war so geschickt, dass die meisten der Senatoren ihr früheres Votum widerriefen. Nun aber trat Marcus Porcius Cato (95 bis 46) auf den Plan, der Mann, der Caesars Erzfeind wurde. Zornig griff er den Julier an: »Unter demokratischer Maske, mit menschenfreundlichen Phrasen bereite er den Umsturz vor ... Er solle froh sein, wenn er nach allem, was geschehen, ohne Verdacht und Strafe davonkomme, er, der ebenso unverhohlen wie frech die Feinde des Volkes herauszureißen versuche.« Statt Erbarmen mit dem bedrohten Vaterland zu haben, stimme er Klagelieder für Männer an, »die nie hätten gezeugt, nie geboren werden dürfen« (Plut. Cato 23). Catos Andeutung, Caesar stecke mit den Feinden unter einer Decke, brachte den Julier in die eingangs erwähnte bedrohliche Lage.
Die fünf inhaftierten Catilinarier wurden noch am selben Abend umgebracht. Cicero ließ die Verschwörer ins Staatsgefängnis auf dem Kapitol führen und in dem zwölf Fuß unter der Erde liegenden Hinrichtungsraum (Tullianum) erdrosseln. Der schweigend wartenden Menge verkündete er die Vollstreckung mit den zynischen Worten: »Sie haben gelebt« (»vixerunt«). Obgleich Caesar den Senat als Verlierer verließ, konnte er abermals einen Erfolg verbuchen. Er war furchtlos als Anwalt der popularen Forderung aufgetreten, dass kein Bürger ohne Anhörung durch die Volksversammlung an Leib und Leben bestraft werden dürfe. Catilinas Heer wurde im Februar 62 bei Pistoia von den Legionen des Senats gestellt und völlig vernichtet. Der Aufrührer selbst fand in der Schlacht den Tod.