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Senat und Reich

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Als der Julier zur Welt kam, blickte die Republik bereits auf eine lange Erfolgsgeschichte zurück. Im Zuge ihrer Auseinandersetzung mit Karthago hatten die Römer erst Sizilien, dann Sardinien und Korsika, die Gallia Cisalpina (Oberitalien) und Spanien besetzt. Es folgten in kurzen Abständen Makedonien/Epirus, Achaia/Griechenland, Afrika/Numidien, Kleinasien und die Gallia Narbonensis (Südfrankreich). Während Caesar seine politische und militärische Karriere vorantrieb, verloren auch noch Kilikien, Kreta und Kyrene, Pontus und Bithynien, Syrien/Judäa und Zypern ihre Selbstständigkeit. Jährlich wechselnde Statthalter aus der fernen Zentrale am Tiber sorgten für Recht und Ordnung – freilich nur in dem Maße, wie es ihren eigenen Interessen und den Erfordernissen des Staates entsprach. Das Personal, mit dem Rom die sich potenzierenden Anforderungen in seinem Herrschaftsraum zu bewältigen suchte, war erstaunlich klein. Dreihundert Senatoren und dreißig ausführende Magistrate standen zur Verfügung, um das politische Arbeitspensum abzudecken. Selbst als Sulla zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. die Mitgliederzahl des Senats auf sechshundert und die der Exekutivbeamten auf 44 anhob, änderte dies kaum etwas. Die Aufgaben, denen sich die Senatoren gegenübersahen, wurden immer vielfältiger. Aus ihren Reihen kamen Einzelrichter, Geschworene von Sondertribunalen und die Beiräte der obersten Justizbeamten (Praetoren). Senatoren gehörten den verschiedensten Priesterkollegien an und dienten im Offizierskorps der Feldherren. Wurden Friedensverträge oder Provinzialordnungen erlassen, reisten sie als Legaten mit dem beauftragten Magistrat ins Ausland. Außerdem waren sie häufig in diplomatischer Mission unterwegs. Auch Provinzgouverneure griffen in aller Regel auf befreundete Standesgenossen zurück, wenn sie ihren Stab zusammenstellten. Immer weniger Angehörige des Senats konnten sich deshalb unmittelbar an der Willensbildung des Gremiums beteiligen.

Als weiteres Manko entpuppte sich der Umstand, dass der Staat keine eigene Finanzverwaltung aufgebaut hatte. Da der Senatsaristokratie seit dem Jahr 218 Handels- und Geldgeschäfte gesetzlich verboten waren, entwickelte sich parallel zum Amtsadel (Nobilität) eine Unternehmerschicht, die ihren Reichtum rein wirtschaftlichen Aktivitäten verdankte. Die sogenannten Ritter (equites), die ihren Wehrdienst zu Pferde ableisteten, verzichteten überwiegend auf eine politische Karriere, schlossen sich zu großen Gesellschaften zusammen und konzentrierten sich auf ihre Tätigkeiten als Bankiers, Steuereintreiber, Baulöwen, Fabrikanten oder Heereslieferanten. Der Warenverkehr zu Wasser und zu Lande lag in ihrer Hand. Das Gewinnstreben dieser Neureichen und die pekuniären Interessen der senatorischen Statthalter prallten gerade in den Provinzen unmittelbar aufeinander. So sahen sich die Unterworfenen nicht selten doppelt ausgebeutet. Dass diese Konkurrenz auch innenpolitischen Zündstoff barg, zeigt die Entscheidung des Volkstribunen Gaius Gracchus (123/122), die Geschworenengerichte, die Anklagen gegen erpresserische Gouverneure wegen Amtsmissbrauchs verhandelten, ausschließlich mit Rittern zu besetzen. Hatten die patrizischen und plebejischen Familien zuvor mit den zu Wohlstand gelangten Emporkömmlingen Hand in Hand gearbeitet, wurde der Konflikt zwischen den Ständen nun gleichsam institutionalisiert. Die führenden Schichten standen sich unversöhnlich gegenüber.

Der Reichtum, der gerade aus dem Osten nach Rom floss, zeitigte noch andere, unerwartete Konsequenzen. Immer kostspieliger wurde der Kampf um Ämter und Ehren in der Republik; der Aufwand, den die Nobiles zur öffentlichen Selbstdarstellung trieben, erreichte schwindelerregende Höhen. Auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten drehte sich das Karussell schneller und schneller. Schon in den Wahlkämpfen setzten die Wohlhabenden einen großen Teil ihres Vermögens ein, um ganze Stadtbezirke zu bestechen. So kam ein verhängnisvoller Wettlauf in Gang, der die Oberschicht spaltete in weniger begüterte Hinterbänkler, die kaum zu Wort kamen, und superreiche Konsulare, deren Votum die Richtlinien bestimmte. Nicht viel mehr als zwei Dutzend Geschlechter beherrschten die Republik. Im zweiten Jahrhundert kamen 83 Konsuln aus nur acht Familien. Sie mussten – sofern sie ihre finanziellen Verluste wieder wettmachen wollten – nach ihrem städtischen Amtsjahr entweder irgendeine Provinz ausplündern oder einen beuteträchtigen Krieg vom Zaun brechen.

Das wachsende Arbeitspensum, die zermürbenden Händel mit den Rittern und die explodierenden finanziellen Aufwendungen lähmten den Senat allerdings weniger als seine Spaltung in Optimaten und Populare. In diesen Gruppierungen so etwas wie Parteien im modernen Sinne sehen zu wollen, die unterschiedlichen Programmen folgten, wäre allerdings verfehlt. Denn ihre Mitglieder gehörten alle der Aristokratie an, die keinen Zweifel daran ließen, dass sie die Monopolstellung des Amtsadels jederzeit gemeinsam verteidigen würden. Unterschiedlich waren allenfalls die Methoden, mit denen sie um Macht und Ansehen rangen. Während die Optimaten verbissen die Autorität des Senats verteidigten, der die altüberlieferte Staatsordnung verkörperte, stützten sich die Popularen auf Volksversammlungen, um Senatsbeschlüsse auszuhebeln und ihren Willen durchzusetzen. Wenn Letztere dabei hin und wieder Verbesserungen auf dem Gebiet der Miet- und Schuldenpolitik oder der Agrar- und Getreidegesetzgebung versprachen, verfolgten sie meist nur das Ziel, die stadtrömischen Massen zu ködern. Gerade im letzten vorchristlichen Jahrhundert kam es bei Gesetzesabstimmungen und Wahlen häufig zu schwerwiegenden Rechtsverstößen. Aus Wortgefechten wurden Pöbeleien, aus Handgreiflichkeiten brutale Schlägereien. Am Ende dieser Entwicklung standen regelrechte Straßenschlachten. Optimaten wie Populare hetzten Knüppelgarden aufeinander, Andersdenkende wurden durch Drohungen eingeschüchtert. Terror und politischer Mord prägten bald den Alltag.

Caesar im Senat niedergestochen!

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