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d) Die Verschuldensfähigkeit (Verantwortlichkeit)

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Vorsatz und Fahrlässigkeit können einer Person nur dann vorgeworfen werden, wenn sie sich zur Zeit des Handelns in einem psychisch-geistigen Zustand befunden hat, in dem ihr ein verantwortliches Handeln möglich war. Grundsätzlich schreibt das Recht dem Menschen die Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln (Verschuldensfähigkeit) ohne weiteres zu. Folglich muss die Verschuldensfähigkeit eines Schädigers im Einzelfall nicht besonders behauptet und bewiesen werden. Vielmehr wird die mangelnde Verschuldensfähigkeit als Einwendung relevant: Es kann sein, dass der Schädiger zur Zeit seines Tuns ausnahmsweise nicht in der Lage war, verantwortlich zu handeln.

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Die Gründe der Verschuldensunfähigkeit sind in §§ 827, 828 formuliert (auch für das Verschulden außerhalb des Deliktrechts, siehe § 276 I 2). Im Überblick ergibt sich:

(1) Nicht verantwortlich ist, wer das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 828 I).

(2) Nicht verantwortlich ist weiterhin, wer das siebte, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat (§ 828 II). Nach der Rspr gilt § 828 II nur für Schadensereignisse, bei denen sich eine typische Überforderung des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat (BGHZ 161, 180 – verneint bei Beschädigung eines parkenden Pkw im Gefolge eines Wettrennens von Kindern mit Kickboards auf der Straße; BGH NJW-RR 2005, 327 – verneint bei Beschädigung eines parkenden Pkw durch fahrradfahrendes Kind; anders nun BGHZ 181, 368 Rn 7 ff).

(3) Im Übrigen ist eine Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für den Schaden, den sie einer anderen Person zufügt, nicht verantwortlich, wenn sie bei Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat (§ 828 III).

Die Vorschrift des § 828 ist durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I 2674) neu gefasst. Die seitdem gültige Fassung des § 828 II soll der Erkenntnis Rechnung tragen, dass Kinder auf Grund ihrer physischen und psychischen Fähigkeiten regelmäßig frühestens ab Vollendung des 10. Lebensjahres im Stande sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten (BR-Drucks. 742/01, S. 61f.). Die Regelung hindert unter den gegebenen Voraussetzungen auch die Anrechnung des Mitverschuldens eines unter 10 Jahre alten Kindes (§ 254).

Bei der Regelung des § 828 III kommt es auf die individuelle Feststellung der Erkenntnisfähigkeit des Schädigers an. Dabei stellt das Gesetz einseitig auf die Entwicklung des Intellekts des Jugendlichen ab und vernachlässigt das Problem der Fähigkeit, den Willen gemäß den gewonnenen Einsichten zu steuern.

(4) Nicht verantwortlich ist ferner, wer im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit gehandelt hat (§ 827 S. 1). Hat er sich durch Alkohol oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen Schaden, den er in diesem Zustand widerrechtlich verursacht, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele, außer wenn er ohne Verschulden in den Zustand geraten ist.

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