Читать книгу Die Tage von Gezi - Martin Niessen - Страница 21

Mine

Оглавление

Mine hatte sich kurz nach Marc verabschiedet. Den Plan, im Park zu übernachten, hatte sie auf dem Rückweg zum Taksim-Platz aufgegeben und war stattdessen nach Hause gegangen. Nicht, weil Vedat sie darum gebeten hatte, sondern weil das Zelt ihrer Freundin Şebnems ihr in ihrem reichlich angeschickerten Zustand plötzlich viel zu unbequem vorkam. Es war so klein, dass Mines Isomatte nicht mehr neben Şebnems Luftmatratze gepasst hatte. Bäume hin, Bäume her, sie wollte in ihrem eigenen Bett schlafen. Vedat war noch wach gewesen, als sie heim kam. Und sauer. Sie hatten sich gestritten.

Es war eine Grundsatzdiskussion geworden. Sie sprach, mit schwerer Zunge, von der Verantwortung des Einzelnen und meinte den Park, er von Verantwortung dem Partner gegenüber und meinte sie. Irgendwann im Laufe der Nacht – sie diskutierten lange – hatte Vedat mit der Hand auf den Küchentisch geschlagen und geschrien, dass es reiche, dass sie, seine Frau, doch einmal auf ihn hören könne. Sie hatten sich beide erschrocken. Vedat fand als Erster die Sprache wieder.

»Es tut mir leid, ich habe das nicht so gemeint. Ich mache mir nur Sorgen. Natürlich kannst du dich für Bäume einsetzen, aber ich habe heute in der Kaserne gehört, dass die Stadtverwaltung sich die Besetzung des Gezi-Parks nicht länger gefallen lassen will. Es heißt, dass Sondereinheiten zusammengezogen werden, um den Park vollständig zu räumen. Auch wir wurden heute Nachmittag in Alarmbereitschaft versetzt.«

Den Park vollständig räumen? Mine konnte nicht glauben, was ihr Mann ihr da gerade gesagt hatte. Das würden die tun? Sie war schlagartig nüchtern und vergaß über diese Nachricht sogar, dass Vedat zum ersten Mal, seit sie sich kannten, den Herrn im Hause hatte raushängen lassen. Es dauerte eine Weile, bis sie ihre Fassung zurückerlangt hatte.

»Gut, dann müssen du und deine Kollegen mich halt mit Gewalt aus dem Park heraustragen!«

Dann stand sie wortlos auf und ging ins Bett. Als Vedat kam, tat sie, als ob sie schliefe.

Am nächsten Morgen war Vedat bereits weg, als sie mit pochenden Kopfschmerzen und einem ziemlich ekligen Geschmack im Mund um viertel vor neun aufwachte. Vor lauter Ärger hatte sie sich vor dem Zubettgehen noch nicht einmal die Zähne geputzt. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel. »Ich rufe dich nachher an. Sei bitte vorsichtig. Ich liebe dich!«, stand da in Vedats ordentlicher, wenn auch etwas kleiner Handschrift. Mine löste eine Kopfschmerztablette in Wasser auf, trank mit zittriger Hand, duschte und zog sich an, packte ein paar frische Klamotten in ihren Tagesrucksack – Schlafsack und Isomatte, sie hatte einfach Vedats genommen, waren ja noch in Şebnems Zelt im Park – und ging los. Als sie ihr Mobiltelefon in die Hand nahm, um Marc auf dem Weg eine SMS zu schreiben, erschrak sie und blieb stehen. Das Telefon zeigte ihr Dutzende verpasste Anrufe und mindestens genauso viele SMS im Eingangsordner an. Sie tippte die SMS zu Ende, dann begann sie zu lesen. Die Polizei hatte den Park gestürmt! Während sie gemütlich zu Hause im Bett gelegen hatte, um ihren Rausch auszuschlafen! Wut kochte in ihr hoch. Auf diese Faschisten von der Stadtverwaltung und der Polizei! Und auf sich selbst, weil sie nicht da gewesen war, um ihren Freunden beizustehen. Glücklicherweise hatte sich Şebnem offensichtlich rechtzeitig in Sicherheit bringen können, eine der Nachrichten und zahlreiche Anrufe waren von ihr. Und soweit sie es anhand der Informationen auf ihrer Mailbox beurteilen konnte, war auch anderen Freunden nichts passiert, was angesichts des Lärms, der im Hintergrund der aufgezeichneten Gespräche wütete – sie hörte Schreie, Explosionen, Motorengeräusche, die wahrscheinlich von den Wasserwerfern herrührten, die in den Park eingedrungen waren, und Polizeisirenen –, fast ein Wunder war.

Şebnem meldete sich bereits nach dem ersten Klingeln. Ihre Freundin klang müde und gleichzeitig irgendwie aufgekratzt.

»Mine, da bist du ja! Alles gut bei dir?«

»Ja, bei mir ist alles gut. Ich habe zu Hause geschlafen. Aber das erzähle ich dir alles gleich. Wie geht es dir? Wo bist du?«

»Ich bin mit den anderen auf dem Taksim-Platz. Ich habe nichts abbekommen. Die anderen auch nicht. Aber wir werden wieder in den Park gehen, sobald sich die Polizei zurückzieht.«

»Okay, ich bin gleich da.«

Mine rannte zur Metrostation Osmanbey und nahm den nächsten Zug nach Taksim, während sie in diversen sozialen Netzwerken die Nachrichten zu den Ereignissen der Nacht und des Morgens überflog. Es waren so viele, dass sie gar nicht dazu kam, auch noch die zahlreichen Videos anzuschauen, die da gepostet worden waren. Şebnem und sie hatten sich vor der Filiale einer amerikanischen Kaffeehauskette neben dem Marmara Hotel verabredet. Auf der zu dem Café gehörenden Terrasse saß bereits ihre Freundin, zusammen mit ein paar jungen Leuten, von denen Mine nicht alle kannte. Sie grüßte in die Runde und umarmte Şebnem, als sei ihre Freundin gerade von einer jahrelangen Weltreise zurück oder gar von den Toten auferstanden. Şebnem befreite sich lachend aus ihrer Umklammerung.

»Hol dir erst einmal einen Kaffee, den brauchst du, so wie du aussiehst. Bist du oder bin ich mit Gas eingenebelt worden?«

Mine war froh, dass ihre Freundin schon wieder lachen und Witze machen konnte. Sie stand gerade an der Kasse, als sie eine Nachricht von Marc bekam. Er sei auf dem Weg zum Dolmabahçe, schrieb er. Und dass er sich melden würde. Mine tippte eine kurze Antwort ins Handy und setzte sich dann mit ihrem Latte macchiato im Pappbecher und einem Schokoladenmuffin zu den anderen.

»Erzähl!«

Und Şebnem begann zu erzählen. Dass sie am Vorabend, als Mine mit Meltem, Serap, Erol und dem Engländer verschwunden war, mit ein paar Freunden noch ein spontanes Konzert im Park besucht und heftig mitgetanzt hatte. Dass sie dann irgendwann, weit nach Mitternacht, in ihr Zelt gegangen war, sich aber keine Sorgen gemacht hatte, dass Mine nicht da war, weil sie sie ja mit den anderen unterwegs wusste, und bald einschlief. Dass sie aufwachte, weil plötzlich alle um sie herum zu schreien und mit Sprechchören begannen: »Gezi bizim, Taksim bizim«. Dass sie noch gar nicht richtig aus dem Zelt gekrochen war, als plötzlich alle wegrannten und die ersten Tränengasgranaten zwischen den Zelten einschlugen. Dass sie im Halbdunkel – es dämmerte gerade erst – nur noch ihre Schuhe und ihren Tagesrucksack griff – glücklicherweise hatte sie sich nicht ausgezogen, weil die Nacht recht frisch gewesen war – und auch weglief, auf nackten Füßen, als sie einen Wasserwerfer und eine Hundertschaft der Polizei auf sich zukommen sah. Dass die Menschen um sie herum in Panik waren, manche taumelten und zusammenbrachen, wenn neben ihnen eine Granate explodierte und Gas verströmte. Dass die Polizisten mit ihren Knüppeln auf die einschlugen, die stehen blieben, um denen zu helfen, die gestürzt waren, und auf die selbst auch. Dass im Strahl der Wasserwerfer Menschen und Zelte wie Blätter im Wind herumgewirbelt wurden. Dass ihre Augen tränten, ihre Lunge brannte, weil der Gasnebel überall war und sie nicht mehr wusste, wie sie es aus dem Park heraus geschafft hat. Dass sie irgendwann, da war es bereits hell, auf einer Bank vor dem Divan Hotel am nördlichen Ausgang des Parks saß und ihr jemand Wasser ins Gesicht schüttete, um das Gas aus ihren Augen zu spülen.

Mine hörte sprachlos zu, während der ungekaute Bissen des Muffins vom Speichel zu einem Brei verarbeitet wurde und ihr schließlich in den Rachen lief, sodass sie einen Hustenanfall bekam. Als sie sich schließlich gefangen hatte, krächzte sie nur noch:

»Scheiße, Vedat hat mir gesagt, dass es so kommen würde. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell passiert.«

Sie erzählte Şebnem von dem Streit mit ihrem Mann.

»Ich hätte dich direkt anrufen müssen, um dich zu warnen. Es tut mir leid. Diese Bastarde!«

In diesem Moment klingelte Mines Telefon. Es war ihre Mutter, die sich ganz aufgeregt erkundigte, wo sie sei und wie es ihr gehe. Mine beruhigte sie, sagte, dass es ihr gut gehe und dass sie zu Hause geschlafen hätte. Den ersten Teil der Frage ignorierte sie und würgte das Gespräch ab. Es sei gerade schlecht, sie würde sich später melden. Sie drehte sich wieder zu ihrer Freundin um.

»Ich rufe jetzt Marc an, weißt du, der englische Journalist, mit dem ich gestern unterwegs war. Dem musst du das alles erzählen.«

Bevor Şebnem irgendetwas erwidern konnte, hatte Mine bereits Marcs Nummer gewählt, es klingelte auch, aber er ging nicht dran. Marc war ein guter Typ, fand sie. Nicht optisch, groß und blond zwar, mit markantem, scharf geschnittenem Gesicht und sympathischen Lachfalten um die Augen, aber zu schlaksig für ihren Geschmack. Und auch ein bisschen zu alt, er könnte ja fast ihr Vater sein. Aber er hatte Humor und unglaubliche Geschichten von seinen Einsätzen als Reporter erzählt. Gleichzeitig strahlte er eine große Ruhe und Besonnenheit aus. Marc hier zu wissen würde ihr Sicherheit geben, denn Şebnems Erzählungen hatten ihr, auch wenn sie es natürlich nicht zugab, doch etwas Muffensausen bereitet. Sie probierte es wenig später ebenso erfolglos noch einmal. Es klingelte lange, bis die Ansage kam, dass der angerufene Teilnehmer vorübergehend nicht zu erreichen war. Als alle ihren Kaffee ausgetrunken hatten, ging die kleine Gruppe über den Platz zum Eingang des Parks. Die Polizisten ließen sie passieren. Es war deutlich voller als gestern Nachmittag, stellte Mine überrascht fest. Und das knapp sechs Stunden, nachdem die Polizei den Park geräumt hatte. Was für eine Strategie verfolgen die Behörden?, dachte Mine, und dass sie Vedat anrufen müsse. Vielleicht wusste er ja, was die Polizei vorhatte. Durch die verschiedenen Eingänge sah sie Menschen in den Park strömen, die meisten jung, aber auch viele, die deutlich älter waren als sie und ihre Freunde, manche sogar im Alter ihrer Eltern. Şebnem und sie machten sich auf, um ihr Zelt zu suchen. Da, wo es gestanden hatte, stand nun ein neues. Im Gras daneben leuchtete etwas rot – ein angekokeltes Stück Schaumstoff, der sich bei näherer Betrachtung als Rest von Vedats Luftmatratze entpuppte. Soll er sie sich doch von seinen tollen Kollegen ersetzen lassen, dachte Mine mit plötzlicher Bitterkeit.

Die beiden beschlossen, mit der Metro zu einem Einkaufszentrum zu fahren, in dem es ein Outdoorgeschäft gab. Sie suchten sich zwei günstige Schlafsäcke aus, zwei einfache Isomatten aus Schaumstoff und ein Zweimannzelt. Da es Şebnems Zelt gewesen war, das die Polizei bei der Räumung zerstört hatte, bezahlte Mine das neue. Ihre Eltern waren großzügig, vor allem ihr Vater steckte ihr immer wieder Geld zu, zusätzlich zu dem Konto, das er für sie eingerichtet hatte und monatlich mit einer Summe auffüllte, mit der sie ziemlich gut über die Runden kam, ohne neben dem Studium arbeiten zu müssen.

Zurück im Park suchten sie sich einen Platz, was gar nicht so einfach war, denn es schien fast, als ob halb Istanbul im Gezi-Park zelten wollte. Die Zahl der Demonstranten war im Laufe des Tages auf sicherlich zehntausend angewachsen, an provisorischen Ständen wurden kostenlos Essen und Getränke ausgeben, die Sympathisanten gespendet hatten. Zum Schutz gegen Tränengas wurden Masken verteilt, wie sie Mediziner im Operationssaal trugen, oder solche, die Bauarbeiter oder Handwerker benutzen, wenn es bei der Arbeit ordentlich staubt. Medizinstudenten hatten ein mit einem roten Kreuz markiertes Pavillonzelt aufgestellt. Auf zwei Tischen standen neben Verbandsmaterial und Pflaster auch Sprühflaschen mit einer wässrigen Lösung bereit.

»Das ist Maaloxan.«

Şebnem hatte ihren fragenden Blick richtig interpretiert.

»Ein Medikament gegen Magenbeschwerden, das mit drei Teilen Wasser gemischt wird und das Gas neutralisiert.«

»Woher weißt du das? Hast du, ohne dass es mir aufgefallen ist, von Jura auf Medizin umgesattelt?«

»Nein.«

Mines Freundin lachte.

»Das hat mir Ersin erklärt, der schlaksige Typ mit dem Anarchie-A auf dem T-Shirt, der eben mit Kaffee trinken war, weißt du? Der ist nicht nur Medizinstudent, sondern auch sehr erfahren mit Reizgas. Er ist in der ÇARŞІ.«

ÇARŞІ, die schon legendäre Fanvereinigung von Beşiktaş, dem Fußballclub, dessen Stadion unterhalb des Taksim-Platzes am Bosporus lag. Mine hatte nicht viel Ahnung von Fußball, Vedat zog sie mit ihrer Unkenntnis immer auf, aber sie interessierte sich einfach nicht dafür. Doch die ÇARŞІ kannte selbst sie. ÇARŞІ hieß eigentlich nur »Markt«, aber genau daher kamen die Mitglieder dieser eingeschworenen Truppe: aus den engen Gassen des Stadtteils Beşiktaş, nördlich des Dolmabahçe gelegen, mit seinen kleinen Läden und Fischrestaurants. Wenn Fenerbahçe der Club der Neureichen war und Galatsaray der der Mittelklasse, dann war Beşiktaş der Arbeiterverein, mit traditionell politisch links stehender Anhängerschaft. Und weil sich die ÇARŞІ nicht an das Verbot politischer Äußerungen in Fußballstadion hielt, sei es auf Bannern oder in den Fangesängen, gab es nach fast jedem Heim- und so manchem Auswärtsspiel Auseinandersetzungen mit der Polizei.

»Gut zu wissen.«

Mine hakte Şebnem unter und sie schlenderten weiter. Es schienen immer mehr Menschen in den kleinen Park zu drängen. Zelte wurden aufgebaut, Banner zwischen Bäume gehängt, mit Botschaften wie »Wir geben unseren Park nicht her« oder »Taksim gehört uns«. Menschen hockten in großen Gruppen zusammen, junge und alte, Männer und Frauen, einfach gekleidete und Anzug tragende. Es wurde diskutiert, viel gelacht und Musik gemacht. Ein friedliches Bild, dachte Mine, hätten etliche Demonstranten nicht Motorrad- oder billige Bauarbeiterhelme getragen, in Gelb oder Blau, und Ski- oder Schnorchelbrillen und Mundschutze um den Hals hängen gehabt, die Mine daran erinnerten, dass hier vor wenigen Stunden noch Chaos und Gewalt geherrscht hatten und durchaus die Gefahr bestand, dass es erneut dazu kommen könnte.

Sie versuchte erneut, Marc anrufen, aber er antwortete nicht. Sie hatte gerade wieder aufgelegt, als ihr Telefon klingelte. Es war Vedat.

»Hey Süße, wo bist du?«

»Wo wohl? Im Park natürlich!«

Während er offensichtlich Süßholz raspelte, wollte sie keinen Hehl daraus machen, dass der Streit der letzten Nacht für sie noch nicht vergessen war.

»Hör mir bitte zu, Mine.«

Vedats Stimme klang fast flehentlich,

»Ich möchte, dass du den Park verlässt. Die Polizei wird ihn stürmen! Ich habe gerade …«

Sie unterbrach ihn wütend.

»Was erzählst du da? Das hat sie doch schon. Während ich brav zu Hause bei meinem Mann war. Und genau das wird mir nicht noch einmal passieren. Heute Nacht bleibe ich hier!«

»Lass mich bitte ausreden. Ich habe gerade den Marschbefehl erhalten, ich werde noch heute mit meiner Einheit zum Taksim-Platz verlegt. Du weißt, was das heißt! Ich bitte dich, geh da weg!«

Mine fühlte, wie sich ihre Kehle zusammenschnürte. Vedat war bei der Çevik Kuvvet Polis, eine Sondereinheit, die für ihr hartes, ja überhartes Durchgreifen bekannt war.

»Wann? Wann schlagt ihr los?«

Sie merkte, dass sie gegen den Kloß in ihrer Kehle anschrie. Seine Stimme hingegen klang sehr leise.

»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Bitte, Mine, geh nach Hause.«

»Nein! …«

Bevor sie weiterreden konnte, war die Verbindung weg. Das Display ihres Telefons war schwarz und blieb es auch. Der Akku war leer.

»Komm, Şebnem, das war Vedat, ich muss zu den Organisatoren. Wir müssen die Leute warnen. Die Polizei wird wiederkommen.«

Sie zog ihre Freundin am Arm vom Tisch weg und sie gingen über den Platz zurück in den Park. Sie steuerten auf das weiße Pavillonzelt in der Mitte zu. Auf Stühlen an zwei Holztischen saßen mehrere Frauen und Männer – alle älter als Şebnem und sie, zwischen Anfang dreißig und Ende vierzig, schätzte Mine –, die sich angeregt unterhielten.

»Entschuldigung, ich muss euch was Wichtiges sagen.«

»Hallo. Ich bin Murat von der Taksim-Plattform. Was können wir für dich tun?«

Der Mann, der sie ansprach, hatte lange lockige Haare, die noch tief dunkel, fast schwarz waren, aber graue Haare im Bart und tiefe Lachfalten um die Augen, die verrieten, dass er vermutlich bereits in seinen Vierzigern war.

»Hi, ich bin Mine. Mein Mann ist Polizist. Ich habe eben mit ihm telefoniert und er hat gesagt, dass die Polizei den Park wieder räumen wird.«

»Danke, das wissen wir bereits. Nur nicht wann. Hat dein Mann was dazu gesagt?«

»Nein, er wusste es auch nicht, aber er soll noch heute mit seiner Einheit hierhin verlegt werden.«

»Gut.«

Murat nahm einen Zettel, schrieb seinen Namen und eine Nummer darauf und reichte ihn Mine.

»Hier ist meine Handynummer. Da kannst du mich rund um die Uhr erreichen. Sobald du etwas weißt, ruf mich bitte an!«

»Mach ich.«

»Und danke noch einmal für die Info!«

Murat rief es ihr hinterher, nachdem sie sich bereits verabschiedet hatten. Den Rest des späten Nachmittags und den ganzen Abends verbrachte Mine mit ihren Freunden im Park, ging von einem Spontankonzert zum nächsten, tanzte, lachte, trank Dosenbier. Viel später, es war schon Nacht und sie lag bereits im Zelt, wunderte sie sich, dass sich Marc nicht gemeldet hatte. Und auch Vedat hatte nicht mehr angerufen. Erst da fiel ihr wieder ein, dass ihr Akku leer war.

Die Tage von Gezi

Подняться наверх