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Klopp, der emotionale Taktik-Rhetoriker

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Im Grunde ist es Ideen-Marketing, das Klopp betreibt. Das mag vielleicht despektierlich klingen, dies wäre es aber nur, wenn man nicht die Notwendigkeit dahinter sieht. Als Fußballtrainer muss man einer heterogenen Gruppe von Personen, die häufig eher egoistisch motiviert sind, einen taktischen Plan vermitteln und bestenfalls noch eine gemeinsame Identität geben. Das funktioniert jedoch nur dann mit vollem Erfolg, wenn jeder versteht, was man sagt – und auch davon überzeugt ist, dass das funktionieren kann. Als Fußballtrainer eines Vereins mit Tausenden oder Millionen von Anhängern muss man noch viel mehr Menschen davon überzeugen, dass man einen guten Plan hat. Und spätestens hier wird es unmöglich, den Plan in allen Einzelheiten zu erklären. Stattdessen muss die Idee so verpackt werden, dass sie intuitiv und emotional zugänglich ist und selbst oberflächlich betrachtet schlüssig erscheint.

Diese Disziplin beherrscht Klopp wie kaum ein anderer im Fußballgeschäft. Pep Guardiola beispielsweise hat trotz größerer Erfolge permanent mit Skepsis bezüglich seiner fußballerischen Idee zu kämpfen. Auch bei Klopp trat diese Skepsis bei Misserfolgen hier und da mal auf. Unter dem Strich weiß er aber nicht nur, sich zu erklären, sondern ihm gelang es sogar, breitflächig zu euphorisieren. Das gelang zu seinem Amtseinstieg in Dortmund wie auch in Liverpool; noch bevor er Erfolge vorzuweisen hatte also. Menschen vertrauen Klopp. Die Basis für diese Fähigkeit: Klopp ist emphatisch. Nicht nur im Fühlen, sondern auch im Denken. Er versteht, wie andere Leute Dinge aufnehmen und verarbeiten. Er fühlt, ob er etwas so erklärt, dass andere es verstehen, dass es andere überzeugt und sogar mitreißt. Das hilft ihm in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit wie auch in der Vermittlung seiner taktischen Inhalte.

So bleiben immer wieder bestimmte Aussagen von Klopp hängen, die die strategische oder taktische Herangehensweise an das Spiel griffig beschreiben und gleichzeitig neuartige Denkanstöße liefern. Zum Beispiel sagte Klopp vor Spielen gegen Bayern, dass man versuche, den Gegner „auf das eigene Niveau herunterzuholen“ – und beschrieb damit, wie man taktisch die gegnerische Spielstärke zerstören wollte. Seine These, das Gegenpressing sei der beste Spielmacher der Welt, wurde etliche Male zitiert. Klopp wirft also alte Denkmuster um, richtet den Fokus auf den taktischen Aspekt, aber er nutzt gleichzeitig auch ein bekanntes Konzept zur Verpackung und emotionalisiert durch die inbegriffene Wertung. Eine eierlegende Wollmilchsau der Didaktik und Rhetorik.

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