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3. Insbesondere öffentliche Ausschreibungsbedingungen
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Zu Missverständnissen kann das Merkmal der „Vielzahl“ von Verträgen bei der öffentlichen Ausschreibung von Aufträgen führen.
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Beispiel 12
In den Ausschreibungsbedingungen einer Gemeinde betreffend die Errichtung eines schlüsselfertigen Bürogebäudes für die Gemeindeverwaltung heißt es: „Der Bieter verpflichtet sich für den Fall, dass er im Zusammenhang mit dem Ausschreibungsverfahren an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen teilgenommen hat, zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3 % der Auftragssumme.“
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Die Klausel im Beispiel 12 erscheint nach außen hin als AGB, weil sie einer Vielzahl von Bietern (nämlich potentiell unbegrenzt vielen) als feststehende Klausel präsentiert wird. Gleichwohl handelt es sich nicht um eine AGB, wenn die Klausel nur für ein einziges Bauvorhaben verwendet wird; denn dann ist sie darauf gerichtet, Bestandteil nur eines einzigen Vertrages, nämlich über die Erbringung von Bauleistungen für dieses eine Gebäude zu werden. Es fehlt daher an der erforderlichen „Vielzahl“ von Verträgen[19]. Wohl aber liegt eine AGB vor, wenn die Klausel für alle Ausschreibungen des Bauherrn gleichermaßen verwendet wird; dann ist das Merkmal der „Vielzahl“ von Verträgen erfüllt[20].
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Die so gefasste „Vertragsstrafe“ hat der BGH[21] als Garantieversprechen angesehen und nach § 307 I BGB für unwirksam erklärt: Eine Vertragsstrafe liege in Wahrheit nicht vor. Vertragsstrafen sei die Zielsetzung eigen, dass sie den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten anhalten und dem Gläubiger die Möglichkeit geben sollten, Schäden erleichtert zu liquidieren, ohne sie im Einzelnen nachweisen zu müssen. Wäre das die Funktion der wiedergegebenen Klausel, so müsste sie sich auf den Bieter beschränken, der den Zuschlag erhalten habe und mit dem ein Vertrag zustande gekommen sei. Vertragsstrafen würden des Weiteren niemals bereits bei Vertragsschluss verwirkt, sondern erst mit einer späteren Pflichtverletzung. An allen diesen charakteristischen Merkmalen einer Vertragsstrafe fehle es hier. Vielmehr komme die Klausel auch gegenüber denjenigen Bietern zur Geltung, welche den Zuschlag nicht erhielten; ja sie greife selbst dann ein, wenn die Ausschreibung aufgehoben und der Auftrag letztlich überhaupt nicht vergeben werde. Zudem sei die Strafe, so denn tatsächlich eine Teilnahme an Submissionsabsprachen erfolgt sei, in dem Zeitpunkt, in dem sie der Bieter abgebe, bereits verwirkt. Damit ziele die Klausel auf eine Schöpfung vertragsfremder neuer Geldforderungen und folglich auf eine Bereicherung der ausschreibenden Stelle ab, die mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren sei.