Читать книгу 2020 Schöne Neue Weltordnung - Martin Zedlacher - Страница 18

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Kapitel 5

Simon Roth hatte seine Kleider bis auf die Unterwäsche abgelegt und schlüpfte in den Sicherheitsanzug. Wenig später stand er vor dem Eingang zum BSL-4-Labor und steckte eine Key Card in ein Lesegerät. Leise surrend umkreisten ihn die Laserstrahlen des Computerscans, der den biologischen Anzug auf seine Funktionstüchtigkeit prüfte. Anschließend betrat er die Schleuse und kuppelte zwei Schläuche an die Adapter seitlich unter seinem Helm. Danach glitt die Sicherheitstür zum Labor zur Seite. Die Schleuse bestand aus rostfreiem Stahl und war innen mit Düsen für Chemikalien besetzt, einer Desinfektionsdusche.

Huang Li, der leitende Wissenschaftler vom BSL-4-Labor in Wuhan, spürte ein Kribbeln im Nacken, als sich die Schleuse öffnete. Roth betrat das Hochsicherheitslabor, das eine sterile Atmosphäre ausstrahlte. Ultraviolettes Licht schimmerte auf das Mobiliar, auf dem sich Elektronenmikroskope, Reagenzgläser und Sezierinstrumente befanden. Roth näherte sich dem Wissenschaftler, der ebenfalls einen Schutzanzug trug, mit behäbigen Schritten.

„Huang Li?“

„Ja, Mister Roth. Verzeihen Sie, dass ich Sie von meiner Assistentin abholen ließ. Ich habe seit dem Ausbruch des Corona-Virus viel zu tun“, entschuldigte sich Huang Li.

„War mir ein Vergnügen. Yuen Ying hat mir interessante Dinge über Wuhan erzählt. Vor allem die 5G-Technologie in Verbindung mit der Corona-App ist beeindruckend.“

„Ja, wir sind stolz darauf, die 5G-Technologie und Corona-App bereits einsetzen zu dürfen.“

„Haben Sie die Ware?“, fragte Roth über den Sprechfunk im Anzug. Seine Stimme klang in dem Schutzhelm hohl und dünn.

Huang Li nickte und wandte sich einer Gefriertruhe zu, auf der das Symbol für biologische Gefahrstoffe angebracht war. Nach Eingabe des Codes deaktivierte sich die Verriegelung mit kaum hörbaren Klicken. Beim Anheben des Deckels stieg eine Dampfwolke auf. In der Gefriertruhe lagen Glasröhrchen mit einer hochinfektiösen Flüssigkeit auf Metallgestellen. Während Huang Li auf die Röhrchen starrte, schnellte sein Puls in die Höhe. Seine Hand zitterte, als er das Metallgestell mit den Röhrchen herausnahm und seinem Auftraggeber übergab. Dann schloss er die Truhe, woraufhin sich der Verriegelungsmechanismus von selbst aktivierte.

„Wird das reichen?“, wollte Roth wissen, der die Röhrchen gleich in einen Transportbehälter gab.

„Millionen von Viren passen in einen Tropfen“, erklärte Huang Li. „Genug, um die halbe Welt mit Covid-19 zu infizieren.“

Roths Miene hellte sich auf. „Hört sich gut an. Aus was besteht die Flüssigkeit?“

„Wir haben Corona-Viren mit Influenzaviren gekreuzt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Wenn die Viren in den Körper gelangen, versagt zumeist das Immunsystem. Aber nicht jeder wird daran erkranken. Bei den meisten Menschen vor allem bei Kindern kommt es nur zu leichten Grippesymptomen.“

„Gegenmittel?“

„Hydroxychloroquin.“

„Das Malaria-Medikament?“

„Richtig. Ein hervorragendes Mittel gegen alle Arten von Viren und Bakterien. Hilft auch bei schweren Fällen einer Lungenentzündung. Aber Vorsicht! Sie dürfen das Mittel nicht zu hoch dosieren. Sonst sterben die Patienten daran.“

Die beiden Männer sahen sich durch die Plexiglasscheiben der Schutzhelme komplizenhaft an.

„Wie ist der Verlauf?“

„Wenn sich jemand mit dem Virus infiziert, klagt er über grippeähnliche Symptome: Gliederschmerzen, leichtes oder hohes Fieber, Kopfweh, Halsschmerzen, Müdigkeit. Wie bei einer saisonalen Grippe. Bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen kann es jedoch zu Komplikationen kommen. Wollen Sie die Testpersonen sehen?“ Roth nickte. „Kommen Sie!“

Huang Li führte Roth hinaus in den Korridor, einen Flur entlang, durch eine gesicherte Stahltür in die Leichenhalle. Beim Betreten der Halle gingen bläuliche Neonröhren an. Auf den Seziertischen lagen leblose Körper, die mit weißen Laken bedeckt waren. Sie hielten vor einer stählernen Bahre, wo nur noch die Füße herausragten.

Roth schien beeindruckt. Woher haben Sie die …?“ Er sprach den Satz nicht zu Ende, weil er unter dem Helm kaum atmen konnte.

„Zumeist Obdachlose, Aidskranke, Menschen, die gegen das kommunistische System rebellieren, Drogensüchtige, die keine Angehörigen haben, also auch von niemanden vermisst werden.“

„Das nenne ich professionelle Arbeit.“

„Danke, Sir.“

„Was haben die Tests ergeben?“

„In der ersten Versuchsreihe hatten wir eine Todesrate von drei Prozent, innerhalb von vier Wochen“, verkündete Huang Li stolz. „Die weiteren Tests ergaben ähnliche Ergebnisse. Er wandte sich seinem Auftraggeber zu. „Haben Sie schon einmal einen Menschen gesehen, der an einer Lungenentzündung starb?“ Roth schüttelte den Kopf. Der Wissenschaftler schlug das Laken bis zur Brust herunter. Der nackte Körper einer männlichen Leiche kam zum Vorschein. Das Gesicht war völlig verzerrt. Der Anblick erinnerte an einen Menschen, der vor dem Tod verzweifelt um Luft gerungen hatte. Huang Li schlug das Laken über die Leiche zurück. „Zufrieden?“

Roth nickte und fing plötzlich an zu hyperventilieren.

„Atmen Sie nicht so schnell!“

„Der Schutzanzug engt mich ein, ich bekomme kaum Luft“, beschwerte sich Roth.

„Gehen wir nach draußen“, schlug Huang Li vor. Er kannte das Problem, wenn Menschen es nicht gewohnt sind, einen Schutzanzug zu tragen. Auf dem Weg zum Labor kam ihnen eine Gruppe Soldaten in Schutzanzügen entgegen. Sie hatten die Aufgabe, die Leichen im Krematorium zu verbrennen. Huang Li lag eine Frage brennend auf der Zunge. „Eine Sache noch. Wie wollen Sie die vielen Leichen entsorgen?“

„Das lassen Sie nur unsere Sorge sein. Wichtig ist, dass das Virus effizient und zuverlässig wirkt.“

„Darauf können Sie sich verlassen!“

Die beiden Männer starrten sich wieder einen Moment durch die Plexiglasscheibe an.

„Wann können wir mit dem Impfstoff rechnen?“

„Noch im diesem Jahr. Die Tests haben gute Resultate geliefert. Im Besonderen die RNA-Genmanipulation, die zur Unfruchtbarkeit bei Frauen führt. Der Impfstoff mit den Nano-Robots war bisher nicht effizient. Da sind wir im Versuchsstadium.“

„Okay, wir zählen auf Sie und Ihr Forscherteam. Wie Sie wissen, benötigen wir mindestens 14 Milliarden Impfdosen. Werden Sie pünktlich liefern?“

Huang Li nickte. „Wir schaffen das!“

Roth setzte ein diabolisches Grinsen auf. „Ich nehme an, dass ich keine Empfangsbestätigung unterschreiben muss.“

„Ein Scheck über zehn Millionen Dollar tut es auch“, forderte Huang Li erwartungsvoll.

Über Roths strenges und hochmütiges Gesicht huschte ein Lächeln. „Nehmen Sie auch Bargeld? In der Umkleidekabine befindet sich ein Koffer gefüllt mit druckfrischen Dollarscheinen.“

Jetzt erhellte sich auch Huang Lis Gesicht.

2020 Schöne Neue Weltordnung

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