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Das Geheimnis im Schuppen

Auf dem Nachhauseweg von der Schule traf Rabbit seinen Spielkameraden Whoopie. Kaum hatte er ihn gesehen, begann er auch schon aufgeregt loszuplappern: „Gestern war mein Onkel Bunny bei uns zum Kaffeetrinken eingeladen und er hat uns eine tolle Geschichte erzählt. Vor Kurzem hatte er ganz in der Nähe ein altes, verfallenes Haus gekauft.“

„Und was ist da so toll dran?“

„Er hat doch tatsächlich in einem alten Schuppen, der auf dem Grundstück steht, eine irrsinnige Maschine gefunden.“ Rabbit hielt kurz inne.

„Was denn für eine Maschine? Jetzt lass dir doch nicht jedes Wort aus deiner Stupsnase ziehen.“ Unruhig hüpfte Whoopie an der Seite seines Freundes hin und her. „Auf so alten Bauernhöfen stehen immer irgendwelche verrosteten Ackergeräte herum.“

„Nein, es war keine Maschine für die Feldarbeit. Das Haus gehörte mal einem Erfinder. Und der Apparat ist vielleicht ein Roboter.“

„Ein Roboter? Du spinnst wohl! Da hat dir dein Hasenonkel einen schönen dicken Bären aufgebunden.“ Whoopie tippte ungläubig mit der Pfote gegen seine Stirn.

„Nein, das ist echt wahr! Mein Onkel lügt nicht.“

Whoopie war von dieser Neuigkeit immer noch nicht so recht überzeugt und schüttelte energisch seine langen Ohren.

„Wenn du willst, gehen wir heute Nachmittag zu ihm. Dann werde ich dir beweisen, dass ich die Wahrheit sage“, schlug Rabbit vor. „Abgemacht?“

„Abgemacht!“, rief Whoopie und schlug mit der Pfote ein.

Um drei Uhr trafen sich die beiden Freunde wie verabredet an der Wegkreuzung.

„Ich bin schon so gespannt auf das, was du mir zeigen willst.“

Eilig hoppelten die beiden den Weg entlang in Richtung Wald. Schon von Weitem erkannte Rabbit das alte, heruntergekommene Häuschen.

„Das sieht ja aus, wie ein Hexenhaus“, bemerkte Whoopie und schüttelte sich. Damit er es besser in Augenschein nehmen konnte, klemmte er sich seine Nickelbrille mit den runden Gläsern auf die Nase. „Da muss aber noch viel Arbeit hineingesteckt werden.“

Als sie näher herankamen, erkannte auch Rabbit, dass die Farbe an den Außenwänden und den Fensterrahmen abblätterte oder zum Teil ganz fehlte. Nur das Dach schien in Ordnung zu sein.

Rabbit hoppelte zur Haustür und suchte vergeblich den Klingelknopf. „Ich klopf mal an die Tür“, sagte Whoopie und schlug mit seiner Pfote gegen die morschen Bretter.

Nichts war zu hören. Auch auf ein erneutes Klopfen erfolgte keine Reaktion.

„Dein Onkel ist nicht zu Hause“, stellte er traurig fest. „Und was machen wir jetzt?“

„Nichts leichter als das“, antwortete Rabbit. „Wir gehen alleine in den Schuppen.“

Schnell nahmen die beiden Hasen ihre Beine in die Pfoten und hüpften los.

„Ist richtig gruselig hier“, stellte Whoopie fest. „Meinst du, wir sollen weiterhoppeln?“

„Du bist wirklich ein Angsthase. Sehen doch echt cool aus, das alte Gemäuer, der verwilderte Garten und der geheimnisvolle Schuppen. Jetzt mach dir nur nicht in deine schicke Hose.“ Rabbit kicherte leise.

Inzwischen waren die Hasenjungen an der Tür des Bretterschuppens angelangt. Mutig drückte Rabbit die verrostete Türklinke hinunter. Ein lautes Quietschen ließ die beiden Häschen zusammenzucken. Mit einem kräftigen Ruck öffnete sich knarrend der eine Flügel.

Whoopie hielt sich vor lauter Angst die Pfote vor sein Gesicht. „Das halte ich nicht aus! Komm lass uns endlich hier verschwinden“, jammerte er.

„Du wirst doch nicht schlappmachen? Jetzt wo wir so nahe an unserem Ziel sind. Ich will unbedingt wissen, was das für eine geheimnisvolle Maschine ist. Du kannst ja gehen, wenn du Schiss hast.“

Doch nun wollte Whoopie auch nicht mehr kneifen. Geduckt schlichen die beiden Hasen durch die Öffnung in die Finsternis hinein. Nur wenige Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg durch die Ritzen in den Holzwänden und tauchten den Schuppen in ein geheimnisvolles Licht. „Dass es so gruselig ist, hätte ich nicht gedacht“, flüsterte Rabbit und drückte sich eng an seinen Hasenfreund. Langsam setzten sie eine Pfote vor die andere, bis sie plötzlich an ein Hindernis stießen. Whoopie schrie erschrocken auf.

Rabbit, der seine Angst auf keinen Fall zeigen wollte, ertastete mit seinen Vorderläufen den vor ihnen liegenden Gegenstand. „Ist nur ein Stück Balken“, beruhigte er den zitternden Whoopie. „Er ist wahrscheinlich von oben heruntergefallen. Ist doch ganz schön morsch diese Bude. Los, gehen wir weiter!“

Eng aneinander gekuschelt setzten sie ihre Entdeckungsreise fort. Sie mussten noch mehrmals über Holzteile hüpfen, die ihnen den Weg versperrten. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und sie konnten immer mehr Umrisse erkennen.

„Da!“, rief Rabbit auf einmal. „Schau, hier ist es. Das muss der geheimnisvolle Roboter sein.“

Eingehüllt in verstaubte, dreckige Decken verbarg sich etwas vor ihnen. Spinnweben spannten sich bis hinauf in das Dachgebälk.

„Und du meinst, die Maschine ist da drunter?“

„Das werden wir spätestens sehen, wenn wir die Verpackung herunterziehen, Whoopie.“ Rabbit hatte seine Überlegenheit zurückgewonnen. Mutig zog er heftig an einem Zipfel der Decke und mit einem Schwupp fiel der Schutz ab und beide Hasen standen in einer undurchdringlichen Schmutzwolke.

„Oh mein Gott“, rief Whoopie aus und hüpfte mit einem Satz zur Seite. Gleich darauf musste er kräftig husten. Auch Rabbit nieste und hustete in einem fort.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der Staub legte und sie wieder freie Sicht hatten. Doch umso größer war jetzt die Überraschung. Vor ihnen stand ein Riesenmonstrum mit Greifarmen und zahlreichen Schrauben, Rädchen und Kabeln.

„Wow, ist das cool!“ Whoopie stand staunend vor dem Ungetüm.

Rabbit, der sich schon etwas näher herangewagt hatte, betrachtete es grübelnd. „Wenn ich nur wüsste, wie man das Ding einschalten kann?“

„Ich glaube, ich weiß wo“, rief sein Hasenfreund erfreut. „Hier ist ein roter Knopf. Das ist bestimmt der Anlasser.“ Eilig hüpfte er auf ein Stahlrohr und versuchte gerade an den großen roten Schalter zu gelangen, als von der Tür her eine Stimme rief:

„Nein, nicht!“

Doch es war zu spät. Whoopie hatte bereits den roten Knopf gedrückt.

„Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Was macht ihr hier in meinem Schuppen?“

Erschrocken fuhren die beiden Hasen herum und sahen Onkel Bunny im Türrahmen stehen. Eine Antwort konnten sich die beiden Häschen sparen, denn in diesem Moment ertönten seltsame Geräusche. Ängstlich hüpften Rabbit und Whoopie zum Ausgang und drückten sich eng an den Onkel.

„Was ist das? Was geschieht hier?“, fragte dieser erstaunt.

Das Ungetüm begann zu schnauben und zu zischen. Unter den Hasenpfoten fing der Boden an zu vibrieren. Aus sämtlichen Öffnungen der Maschine drangen dicke Rauchschwaden heraus. Stangen und Rädchen bewegten sich rhythmisch hin und her. Der Lärm schwoll immer mehr an, sodass sich die ängstlichen Hasen ihre langen Ohren mit den Pfoten zuhalten mussten.

Plötzlich trat Stille ein. Der Nebel verzog sich und das Monstrum stand ruhig an seinem Platz.

„Das ist ja ein Ding!“ Rabbit hatte als Erster die Sprache wiedergefunden. „Und was sollte der ganze Lärm nun?“

Kaum hatte der kleine Hase die Frage ausgesprochen, als ein Plopp die drei zusammenzucken ließ. Dann wieder Stille.

Rabbit nahm seinen ganzen Mut zusammen, näherte sich dem Ungetüm und stieß einen Schrei aus. Schnell liefen die beiden anderen Hasen herbei und Whoopie entfuhr ein Laut des Entzückens. In einer Schale, die an der Maschine befestigt war, lag ein herrlich bunt bemaltes Osterei.

Ute Petkelis wurde im Jahr 1958 geboren und lebt heute mit Mann und Sohn im Main-Kinzig-Kreis. Erst 2004 begann sie mit dem Schreiben. Zunächst waren es Kinder- und Alltagskurzgeschichten, später kamen Märchen hinzu. Einige ihrer Texte wurden bereits in Anthologien veröffentlicht.

Wie aus dem Ei gepellt ...

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